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Abends beim Fernsehen

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24.06.2010
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Abends beim Fernsehen

Abends beim Fernsehen

An einem der zahlreichen trostlosen Regentage im November hatte sich erstaunlicherweise die gesamte Familie zwanglos zu einem Fernsehabend zusammengefunden. Die Glotze flimmerte ausgerechnet im kleinsten und hinterstem Zimmer des ganzen Hauses. Angeblich konnten dadurch die davonlaufenden Heizkosten eingespart werden. Der wuchtige Wohnzimmer-
schrank, als einziger Einrichtungsgegenstand erwähnenswert, nahm ein Großteil des Zimmers für sich in Anspruch. Die armselige aufklappbare Schrankbar enthielt nichts außer kitschig bunten Plastikzahnstocher und einer halbleeren Flasche Sprudel. Im eingebauten beleuchtbaren Regal
lehnten wahllos zusammen geschobene Bücher aneinander, die nie jemand gelesen hatte.
Unsere schwerhörige Großmutter, die sich ausschließlich für Fußball interessierte, verfolgte gebannt, ohne auch nur im Entferntesten zu wissen, wer gegen wen spielte, irgendein langweiliges Gekicke. Wenn ich mich recht entsinne, war es ein Länderspiel. Es wurde viel von Deutschland, die Deutschen, dieser unseren Mannschaft kommentiert und von den Fans im Stadion geschrieen.
Meine jüngere und einzige Schwester, die zufällig mal zuhause geblieben war, was bei ihr so selten ist wie Regen in Zentralafrika, versuchte sich, mit geradezu verbissener Leidenschaft in ihren virtuosen Strickkünsten. Ria beim Stricken zuzusehen, konnte aufregender als ein Psychothriller sein. Ein Wirrwarr von Fäden und Wollknäuel, hing oder rollte kreuz und quer, ohne erkennbaren Ursprung durch das ganze Zimmer und sammelte sich auf rätselhafte Weise in einem Labyrinth aus mörderischen Stricknadeln, welche einen Mehrfrontenkrieg zu führen schienen. Mittendrin lag meine Schwester. Im Sitzen wäre ihre beinahe gewalttätige Art, die verschiedenen Nadeln gegen- und auseinander zu führen, gar nicht vorstellbar gewesen. Was Ria strickte, vermochte von uns keiner zu erraten.

Was anfangs wie der Ärmel eines Pullovers auszusehen schien, konnte schon bald die Form einer Mütze annehmen ohne jemals eine zu werden. Mit der Zeit gewöhnten wir es uns ab zu fragen, an was sie denn gerade arbeite.
Das Außergewöhnlichste an ihrer Strickkunst war allerdings die Art und Weise, wie sie Farben zusammenstellte. Die verschiedensten Formen, ja das komplette Farbspektrum gingen oft so ungewöhnlich ineinander über, dass man beim flüchtigen Betrachten, den wirrsten visuellen Täuschungen verfiel.

Mutter bekam wie immer von all dem nichts mit. Sie lag ordinär schnarchend auf ihrem alten, fleckigen Chaiselongue und träumte von überdimensionalen Staubsaugern. Im Fernseher konnte der spannendste Film des Jahres laufen, sobald Mutter in die Waagrechte kam, war ihr Beitrag zum gemütlichen Fernsehabend gehalten.
Am Kopfende des Sofas stand ein hässliches Stehlämpchen mit chinesischen Schriftzeichen auf dem Lampenschirm. Ich erwähne dies nichtsnutzige Ding nur, weil oben auf dem Schirmkranz eine handvoll Wäscheklammer lagen.
Notwendige Instrumente für Mutters uneigennützigen Abendbeitrag.
Von Zeit zu Zeit, wenn ihre nasalen Kehl- und Grunzlaute einfach nicht mehr zu ertragen waren, angelte sich Vater gelangweilt eine Wäscheklammer und steckte sie Mutter auf die Nase. Er stand dabei nie auf, weil er Angst hatte, die Lage seines morbiden Fernsehsessels, mit dem er übrigens bis heute nicht zu Recht kommt, könnte sich durch die Gewichtsverlagerung unvorteilhaft ändern.

Diese ungewöhnliche Art jemanden aufzuwecken, wurde bei Mutters ohnmachtsähnlichen Schlaf, eine geradezu ausschließliche Methode. Der plötzliche Luftentzug bewirkte zunächst, außer einem noch nervtötenderem Geröchel, nichts. Erst nach einer gemütlich gerauchten Zigarette, fing sich
ihre Hautfarbe langsam an zu verändern. Ausgehend von einer normalen Blässe wurde das verschlafene Gesicht allmählich von einer dunkelroten Farbe überzogen. Der ganze Kopf leuchtete wie die Heizspiralen eines Toasters.

Die Wälzphase konnte beginnen.
Fast schon wollüstig stöhnend warf sich Mutter auf dem quietschenden Sofa herum. Ob wir es wollten oder nicht; sooft wir es auch schon miterleben mussten, wir wurden jedes Mal aufs Neue gezwungen hinzustarren, wie sie es diesmal schaffen würde aufzuwachen. Die haarige Decke, in der sie wie in einer eng anliegenden Fangopackung lag, hatte sie mittlerweile mit wilden Tritten weggestrampelt. Ihr Körper bog sich, wie ein zum Zerreißen gespannter Flitzebogen. Mit dem linken Arm fegte sie so ziemlich alles, was auf dem Tisch stand, unter den Tisch. An diesem Abend war es so gut wie nichts.
Nur ein kleines, offen stehendes Schächtelchen Kleinkaliberpatronen gab schlagartig seinen bisherigen Standort auf. Die Patronen flogen bis in die Staubkussel unter dem Heizkörper. Vater, der die Reichweite von Mutters ausholendem Arm offensichtlich unterschätzt hatte, blickte fassungslos den eben erst mit großer Gewissenhaftigkeit eingeordneten Schusskörpern nach. Sie verschwanden auffällig gleichmäßig unter sämtlichen Sitzgelegenheiten, den schon erwähnten Heizkörper und unter das nicht verrückbare Monstrum von Wohnzimmerschrank.
Mutter verlor derweil bei einer der letzten Volldrehungen auf dem Sofa das Gleichgewicht. Sie schlug ziemlich dumpf auf ihren alten Staubfänger. Wahrscheinlich träumte sie noch kurz vorher davon. Immerhin, sie erwachte benommen, rappelte sich unbeholfen hoch und hob dabei mit dem Hinterkopf die Tischplatte an. Leicht schwankend brachte sie ihr verrutschtes Nachtgewand in Ordnung und verließ, immer noch die Wäscheklammer auf der Nase, kommentarlos das Zimmer.
Ohne aufzublicken klebte Vater verkrampft in seinem Sessel und ölte selbstvergessen seinen alten Wehrmachtskarabiner ein, der schon wie eine Speckschwarte glänzte. Mutters spektakulärer Abgang schien spurlos an ihm vorbeigegangen zu sein. Stattdessen schielte er verstohlen zu einem notdürftig überpinselten Fleck an der Decke.
Vaters nicht gerade ungefährliche Angewohnheit, seine ohnehin blitzblank sauberen Waffen ausgerechnet im Fernsehzimmer zu reinigen, führte vor nicht ganz zwei Jahren dazu, das beim routinemäßigen überprüfen der Funktionstüchtigkeit des alten 98er sich ein Schuss löste, der das morsche Gebälk der Wohnzimmerdecke glatt durchschlug
Damals blieb Mutter die Wälzphase erspart.
Ich weiß auch nicht, aber grundsätzlich nach Mutters Abgang stierte Vater zu dem Fleck an der Decke. So als wäre er noch heute stolz darauf, das er damals ungestraft im Wohnzimmer herumballern durfte.

 

Hallo Reimund
Also in deiner Geschichte gibt es noch eine Menge Fehler, hier eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
im kleinsten und hintersten Zimmer
einer halb leeren Flasche
Nach "Regal" und später "sich" ist ein komischer Absatz
den Fans im Stadion geschrien.
Form einer Mütze annehmen,KOMMA ohne jemals eine zu werden
bis heute nicht zurecht kommt

Du verwendest das Bild vom Regen in Zentralafrika: da gibt es Regionen mit Regenwald, wo es täglich schüttet, wie aus Kannen. Wenn du das Bild behalten magst, solltest du einen Platz finden, mit dem wirklich Trockenheit verbunden ist.
Wenn jemand virtuos ist, dann ist er doch nicht verbissen gleichzeitig? Es geht ihm dann wie von selbst meisterhaft aus der Nadel.
Den Mehrfrontenkrieg mit Stricknadeln finde ich gut. Es würde für mich auch ohne Einleitungssatz gut wirken.

Formulierungen:
als einziger Einrichtungsgegenstand erwähnenswert,
Du liebst Einschübe. Solche Stellen gibt es unzählige und ich finde sie machen die Sätze in dieser Geschichte meist schwächer, unverständlicher und länger.
Einige Sätze sind unnatürlich verkompliziert:
fing sich ihre Hautfarbe langsam an zu verändern
Warum nicht: veränderte sich ihre Hautfarbe langsam?
Mit dem linken Arm fegte sie so ziemlich alles, was auf dem Tisch stand, unter den Tisch. An diesem Abend war es so gut wie nichts.
Ist es wichtig, dass es der linke Arm ist? Warum so ziemlich alles und so gut wie nichts? Das ganze Konstrukt ist konfus.
Staubkussel
Was ist das???
blickte fassungslos den eben erst mit großer Gewissenhaftigkeit eingeordneten Schusskörpern nach
Abgesehen davon, dass da Komma fehlen, ist es wie oben: unhandlich.
Volldrehungen
Komisches Wort. Ich denke Umdrehungen, oder wegen mir: vollendeten Umdrehungen.
Wehrmachtskarabiner
Vielleicht eine Bildungslücke, ich kenn das Wort nicht.
Und dann verwendest du dramatisch viele Adjektive. Das ist sicher vermessen, das gerade ich, mit meiner blumigen Art zu schreiben, das kritisiere, aber wenn sogar mir das auffällt, dann musst du dich zwingend von Einigen trennen. Insbesondere, wenn du zwei hintereinander stellst, solltest du ein besseres Substantiv finden und mindestens eins streichen. In dieser wirklich kurzen Geschichte hast du über 80 Adjektive gebraucht.
Tja, und zum Inhalt. Ich fürchte ich fand es nicht komisch. Ich habe ehrlich gesagt nicht mal geschmunzelt. Vielleicht ist mir die Pointe hinter dem Stil flöten gegangen, ich glaube aber: es gab gar keine. Da liegt Mutti und wälzt sich (das ist ja wirklich noch nicht komisch oder?) und Vati weckt sie mit Wäscheklammern. Puh... ich hoffe du kannst mit der Kritik was anfangen, auch wenn mir die Geschichte nicht gefallen hat.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Reimund!

Da sind schon ein paar skurrile Sachen drin.
Aber meist zu oberflächlich abgehandelt, wie hier:
Das Außergewöhnlichste an ihrer Strickkunst war allerdings die Art und Weise, wie sie Farben zusammenstellte. Die verschiedensten Formen, ja das komplette Farbspektrum gingen oft so ungewöhnlich ineinander über, dass man beim flüchtigen Betrachten, den wirrsten visuellen Täuschungen verfiel.
Besser wäre, du zeigtest mir ein konkretes Beispiel. Also, welche Formen, welche Farben und wie ergibt sich daraus eine Täuschung. Und was bewirken die Täuschungen? Wird einem vielleicht schwindelig oder muss man kotzen, fällt die Oma ins Koma usw.

Ich weiß nicht, ob das jetzt bei dir unter Humor fällt, aber …


Meine jüngere und einzige Schwester, die zufällig mal zuhause geblieben war, was bei ihr so selten ist wie Regen in Zentralafrika,
Zentralafrika ist tropisches Gebiet mit Flüssen, Seen und Regenwald.

Nur ein kleines, offen stehendes Schächtelchen Kleinkaliberpatronen
Kleinkaliber und 98er passen nicht zueinander. Der Wehrmachtkarabiner ist für Mun irgendwas über 7.

Gruß

Asterix


Nachtrag:

Titelzusatz kurz&gut entfernt. Dieser ist dem Wettbewerb vorbehalten. ;)

 

Moin Reimund,

unterm Strich, muss ich leider zugeben, dass mir die Geschichte nicht so gefallen hat.

Zuerst das Thema: das Szenario eines öden Familienfernsehabends finde ich generell nicht spannend genug. Wenn man so etwas macht, dann muss das irgendwie spritziger sein (verleg das Ereignis in den Regenwald oder ein sinkendes Schiff, dann vielleicht).

Bis zur Einführung der Oma, zieht sich allein schon der erste Absatz zu zäh und langatmig dahin. Eine ausladend schlafene Mutter und ein waffennarriger Vater reichen dann aber auch nicht, um mir die Geschichte schmackhafter zu machen.
Vorwiegend fehlen mir richtige Chraktere. Über deine erfahre ich nichts, mal abgesehen davon, dass der Erzähler gelangweilt dokumentiert, die Mutter schläft und der Vater seine Waffen liebt, weil putzt.

Dennoch, einiges fand ich aber auch komisch. Zum Beispiel:

Was Ria strickte, vermochte von uns keiner zu erraten.
Was anfangs wie der Ärmel eines Pullovers auszusehen schien, konnte schon bald die Form einer Mütze annehmen ohne jemals eine zu werden.

Ich erwähne dies nichtsnutzige Ding nur, weil oben auf dem Schirmkranz eine handvoll Wäscheklammer lagen.

Fazit: ich finde, da könnte man mehr draus machen. Sorry.

Lg

fvg.

 
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Hallo Asterix
Vielen Dank für die konstruktive Kritik.
Ich habe bewußt mal was aus der Frühphase meiner literarischen Gehversuche ins Netz gestellt. Wollte mal sehen, wie der Text nach aller Regel der Kunst auseinander genommen wird.
Gruß Reimund

Da sind schon ein paar skurrile Sachen drin.
Aber meist zu oberflächlich abgehandelt, wie hier:
Das Außergewöhnlichste an ihrer Strickkunst war allerdings die Art und Weise, wie sie Farben zusammenstellte. Die verschiedensten Formen, ja das komplette Farbspektrum gingen oft so ungewöhnlich ineinander über, dass man beim flüchtigen Betrachten, den wirrsten visuellen Täuschungen verfiel.
Besser wäre, du zeigtest mir ein konkretes Beispiel. Also, welche Formen, welche Farben und wie ergibt sich daraus eine Täuschung. Und was bewirken die Täuschungen? Wird einem vielleicht schwindelig oder muss man kotzen, fällt die Oma ins Koma usw.

Ich weiß nicht, ob das jetzt bei dir unter Humor fällt, aber …


Meine jüngere und einzige Schwester, die zufällig mal zuhause geblieben war, was bei ihr so selten ist wie Regen in Zentralafrika,
Zentralafrika ist tropisches Gebiet mit Flüssen, Seen und Regenwald.

Nur ein kleines, offen stehendes Schächtelchen Kleinkaliberpatronen
Kleinkaliber und 98er passen nicht zueinander. Der Wehrmachtkarabiner ist für Mun irgendwas über 7.

Gruß

Asterix


Nachtrag:

Titelzusatz kurz&gut entfernt. Dieser ist dem Wettbewerb vorbehalten. ;)[/QUOTE]

Hallo Asterix,
sorry ich bin noch nicht ganz mit dem Procedere beim Anworten vertraut.
Vielen Dank für deine konstruktive Kritik. Ich habe bewußt einen Text aus der Frühphase meines literarischen Werdegangs ausgewählt. Wollte mal sehn, wie er nach aller Regel der Kunst auseinander genommen wird.
Grüße
Reimund

 

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