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Abendprogramm

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Abendprogramm

Es ist Samstag. Meine Uhr zeigt 22 Uhr 13 an. Ich sitze in einem Lokal im 1. Wiener Gemeindebezirk und trinke mein fünftes Bier. Wie das Lokal heißt, weiß ich nicht. Ich war im Begriff, mich mit einem Freund zu treffen, der mir kurzerhand per Handy mitgeteilt hat, daß er doch nicht kann, weil ihm seine Freundin Streß macht. Ich habe aufgelegt und bin ins nächst beste Lokal rein.

Der Laden sieht ziemlich heruntergekommen aus. Im Gegensatz zur Kellnerin, deren hin- und her wippendes Gesäß eine wahre Augenweide ist, als sie mir mein Bier bringt und wieder hinter die Bar abschiebt. Leise Musik dringt an mein Ohr. Als ich mich auf die Suche nach den Lautsprechern mache, muß ich feststellen, daß sie ziemlich gut in der Einrichtung versteckt wurden. Lediglich ein paar Kabeln die in einem Wandverputz verschwinden deuten darauf hin, daß es irgendwo welche geben muß.

Ich rauche eine Zigarette nach der anderen und versuche an nichts zu denken. Nicht so einfach, ehrlich. Ständig muß ich an meine Arbeit denken, an meine Freundin, an meinen Vater. Kann nicht behaupten, in letzter Zeit besonders gut drauf zu sein. Irgendwie scheint sich jeder vorgenommen zu haben, mir Ärger zu machen. Ich trinke mein restliches Bier auf einen Zug aus und gehe aufs Klo. Dort stinkt es nach Pisse. Gut, das tut es in den Klos von Lokalen immer, aber hier ist es wirklich schlimm. Ich atme so flach es geht und erledige schnell mein Geschäft. Breitbeinig stehe ich da und knöpfe mir schließlich die Hose zu. Die fünf Bier scheinen im Stehen stärker zu wirken als im Sitzen. Egal. Ich verlasse das Klo, nachdem ich mir ein wenig Wasser auf die Hände gespritzt habe und gehe zurück an meinen Tisch.

Außer mir befinden sich noch ein paar andere Gäste im Lokal. Sie sitzen ein paar Tische weiter und unterhalten sich leise. Ich winke die Kellnerin her, die schließlich ihren Prachtkörper in meine Richtung lenkt um meine Bestellung aufzunehmen. Ich versuche bei der Bestellung so lange wie möglich Augenkontakt zu halten. Sie hat die größten Augen, die ich jemals gesehen habe. Irgendwie kann ich nicht feststellen, ob sie grün oder blau sind. Ich werfe ihr einen verwegenen Blick zu, der jedoch keine Wirkung zeigt. Sie schiebt wieder Richtung Bar ab, zapft ein Bier und bringt es mir. Sie lächelt kurz höflich und ist kurz darauf auch schon wieder weg. Naja, was soll’s. Ich bin für sie vermutlich genauso interessant wie Atomphysik. Scheiße, bei der könnte ich wahrscheinlich nicht mal landen, wenn ich um Hausecken besser aussehen würde. Ich stecke mir eine neue Zigarette in den Mund und trinke mein Bier. Mein sechstes. Langsam habe ich das Gefühl, als würde ich alles durch einen feinen Schleier sehen. Vielleicht hätte ich doch vorher etwas essen sollen. Ich hatte aber irgendwie keinen Appetit. Und vorher einen Abstecher nach Hause machen, einen Happen einwerfen und möglicherweise meiner Freundin in die Arme laufen kam für mich noch weniger in Frage.

Ich sehe erneut auf die Uhr, 22 Uhr 29. Irgendwie vergeht die Zeit heute nicht. Ich beschließe auszutrinken und mir ein Lokal zu suchen, wo ein wenig mehr los ist. Ich winke die Kellnerin erneut her und wende wieder meinen Frauenfängerblick an, der an ihr abprallt. Dennoch gebe ich ihr mehr Trinkgeld als üblich. Sie lächelt wieder ihr höfliches Lächeln, sieht mich aus ihren handflächengroßen Augen an, streift das Geld ein und ist auch schon wieder weg. Ich mache einen letzten Zug von meiner Zigarette, drücke sie im Aschenbecher aus und verziehe mich.

Als ich das Lokal verlasse merke ich, daß es ziemlich kühl geworden ist. Ich mache den Zipp meiner Jacke zu und schlendere die Straße entlang. Ich fühle mich ein schwerelos und befinde mich zum ersten Mal seit Tagen in einer Gemütsverfassung, die der Zufriedenheit sehr nahe kommt. Warum sich über tagtägliche Sachen aufregen? Scheiß drauf, das Leben ist auch so kurz genug. Ich spiele mit dem Gedanken nach Hause zu gehen und mit meiner Freundin zu reden. Warum ich nicht mehr mit ihr zusammensein will. Wie es soweit kommen konnte. Warum sie mit diesem gottverdammten Wichser gevögelt hatte, als ich in der Arbeit war. Wie ich es herausgefunden hatte. Aber irgendwie ziehen mich diese Gedanken wieder unweigerlich hinunter. War auch nur annähernd etwas wie gute Laune aufgekommen, so ist nun keine Spur mehr davon übrig.

Ich bleibe stehen, atme tief durch und stecke mir eine Zigarette zwischen die Lippen. Ich halte das brennende Feuerzeug unter die Spitze und inhaliere tief. Scheißangewohnheit. Irgendwann sollte ich damit aufhören. Nur wozu? Ich gehe in Gedanken die Möglichkeiten durch, dem Rauchen endgültig den Rücken zu kehren, als mich dieser Typ an einer Straßenecke von der Seite anquatscht. Ich soll ihm eine Zigarette geben. Ich bleibe stehen und mustere ihn. Er trägt eine Lederjacke, Jeans uns Stiefel. Neben ihm steht offensichtlich sein Freund, einen Kopf größer und mit dem dümmsten Gesichtsausdruck, den ich jemals gesehen habe. Ich frage mich kurz, ob er schwachsinnig ist. Ich greife in meine Jackentasche und halte ihm meine geöffnete Packung hin. Der Typ mit der Lederjacke greift hinein, zieht sich drei oder vier Zigaretten raus und grinst hämisch. „Für später.“

Ich ziehe die Packung weg, werfe ihm einen dreckigen Blick zu und frage ihn spontan, ob ihm jemand ins Hirn geschissen hat. Sein Grinsen verschwindet und er macht einen Schritt auf mich zu. Ich bleibe gelassen stehen und warte auf seine Antwort. Er baut sich breitbeinig vor mir auf und meint, ich solle mein Maul nicht aufreißen, sonst würde er mir ein Messer reinstecken und umrühren. Ich warte ein paar Sekunden um die Situation abzuchecken. Gehe ich auf ihn los, greift vermutlich sein gehirnamputierter Freund ein. Der ist mir eine Nummer zu groß. Ich versuche in sekundenschnelle einzuschätzen, ob der Kerl wirklich ein Messer einstecken hat, als auch schon seine Faust geflogen kommt. Obwohl ich meinen Kopf im letzten Moment zur Seite drehe, trifft er mich mitten am Ohr. Ich höre ein Knacksen und der Schmerz explodiert in meiner Ohrmuschel. Zeit für einen Tanz.

Nachdem ich den Schlag eingesteckt habe, beschließe ich, das ganze schnell zu beenden. Keine Spielchen heute. Ich mache einen Schritt auf ihn zu. Der Blödmann steht da, als würde er auf den Bus warten. Ich täusche einen Schlag mit der Faust an und trete ihm anschließend mit meinen Bundesheerstiefeln mit voller Wucht gegen sein Schienbein. Er schreit auf, torkelt kurz und stürzt sich auf mich. Wir schlagen mit Fäusten aufeinander ein. Irgendwann erwische ich ihn im Gesicht. Meine Faust erzeugt ein klatschendes Geräusch, als sie ihm seitlich über die Nase fährt. Er stößt ein grunzendes Geräusch aus und Blut schießt ihm aus den Nasenlöchern. Das gute alte Nasenbein, immer wieder ein Erfolg! Mittlerweile ist mir auch schon aufgefallen, daß ich aus dem Ohr blute. Mein Hals ist naß und warm, als ich mir schnell mit der Hand über das Ohr fahre, trieft sie vor Blut. Der Anblick macht mich rasend. Ich schnappe mir ein Haarbüschel und reiße daran. Der Kopf des Typen schnellt nach vorne. Ich schubse ihn mit dem Gesicht in ein parkendes Auto, dessen Besitzer den Fehler gemacht hat, es genau an dieser Ecke zu parken. Er kracht mit dem Kopf gegen die Autotür und rutscht am Blech entlang Richtung Gehsteigkante. Ein guter Zeitpunkt mich um den Hornochsen zu kümmern, der sich Gott sei dank nicht eingeklinkt hat. Ich drehe mich um und sehe das Riesenbaby mit vor Angst geweiteten Augen an der Hausmauer stehen. Ich stoße ein grunzendes Geräusch aus und mache zwei Schritte auf ihn zu. Obwohl er abwehrend und mit flehendem Blick die Arme hebt, donnere ich ihm zweimal die Faust ins Gesicht. Blinzelnd und wimmernd kauert er sich zusammen und schlingt die Arme um seinen Kopf. Ein letzter Tritt in seinen fetten Arsch beweist mir, daß ich vor dem Jammerlappen nichts mehr zu befürchten habe. Als ich mich umdrehe sehe ich, daß der andere Kerl aufgestanden ist und an der Po-Tasche seiner Jeans rumfingert. Blut sickert immer noch aus seiner Nase und aus einer Platzwunde an seiner Stirn. Er steht geduckt da und versucht irgend etwas aus seiner Tasche zu ziehen. Ich habe nicht vor zu sehen, worum es sich dabei handelt. Ich gehe auf ihn zu und wuchte ihm mein Knie gegen sein Kinn. Mit einem häßlichen Geräusch krachen seine Kiefer aufeinander und er geht zu Boden, die eine Hand noch immer in seiner Tasche. Ich drehe mich noch mal nach dem Riesenbaby um, aber der Typ kauert immer noch an der Hausmauer und zittert. Ich verpasse dem Typen am Boden noch einen letzten Tritt in die Rippen, ehe ich weitergehe.

Während ich mich aus dem Staub mache beginnt mein Ohr unangenehm zu pochen. Das Blut hört nicht auf zu fließen, ich kann jedoch nicht feststellen, was für eine Verletzung ich davongetragen habe. Als ich vorsichtig mit den Fingern in der Ohrmuschel rumtaste, zucke ich zusammen. Das Scheißding ist aufgeplatzt! Mit wunden Knöcheln fahre ich mir in meinen Hosentaschen herum um ein Taschentuch zu finden, das ich mir ans Ohre halten kann, aber leider ohne Erfolg. Fluchend und blutend entferne ich mich von der Straßenecke und beschließe eher in Seitengassen zu bleiben, damit mich niemand sieht.

Als ich eine Viertelstunde gegangen bin merke ich, daß ich stocknüchtern bin. Jedoch keine Spur von Aufregung. Ich strecke meine blutverschmierten Finger aus und versuche festzustellen, ob ich zittere. Nichts.

Ich erreiche einen kleinen Park mit Bäumen und Sitzbänken. In der Mitte befindet sich ein Brunnen, in den leise Wasser plätschert. Ich wasche meine Hände und versuche vorsichtig das Blut von meinem Hals zu bekommen. Nicht so einfach. Nachdem ich mich halbwegs gesäubert habe, setze ich mich auf eine Parkbank und rauche eine Zigarette. Echt wahnsinnig, wie schnell die Wirkung des Biers nachgelassen hat! Ich atme den Rauch ein und mir fällt auf, daß ich daran dachte, damit aufzuhören. Erneut spiele ich mit dem Gedanken mit meiner Freundin zu reden. Will ich mich wirklich von ihr trennen? Ich bin mir nicht sicher, sonst hätte ich das vermutlich schon längst getan. Und mit ihr zusammenzusein ist schließlich besser als allein zu sein.

Ich sitze noch eine Zeit lang auf der Bank und denke über dies und das nach. Als mir schwindlig wird, hebe ich die Hand und taste noch mal mein Ohr ab. Es sickert immer noch Blut aus der Platzwunde. Ich reibe meinen Zeige und Mittelfinger und ekle mich vor dem Gefühl, das das Blut auf meinen Fingerspitzen verursacht. Als ich auf die Uhr sehe, ist es 23 Uhr 48. Noch früh. Ich beschließe, noch ein wenig sitzen zu bleiben und ein paar Zigaretten zu rauchen. Damit aufhören kann ich morgen auch noch.

 
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Hallo grOOvekill@!

Ich benutze den allseits recht beliebten und wirklich originellen Ausdruck „sinnfrei“ nur sehr selten, um ihn nicht überzustrapazieren und ihm so seinen Sinn zu lassen. Aber hier paßt er wie die Faust aufs Aug. Meiner Meinung nach halt.

Abgesehen davon, daß ich keinen Sinn in Deinem Text erkenne, liest sich der Stil bzw. die verwendeten Ausdrücke eklig.
Auch ist mir die Sache mit dem Rauchen etwas suspekt, da Du erst schreibst, daß er (beginnend kurz nach 22:13 Uhr) »eine Zigarette nach der anderen« raucht, sich um 22:29 noch eine anraucht, um sich dann drei Absätze später noch einmal eine anzurauchen, und das samt Klopause, dann frag ich mich, wie der die raucht. Ein Zug, mit dem er die Hälfte auf einmal wegraucht, ein zweiter Zug und ausdämpfen? – Eigentlich wäre ja mit dem ersten Satz die Sache erledigt gewesen, wo Du ja schon sagst, daß er eine nach der anderen raucht.

Ausdrücke wie...

als sie mir mein Bier bringt und wieder hinter die Bar abschiebt
schließlich ihren Prachtkörper in meine Richtung lenkt
Sie schiebt wieder Richtung Bar ab
...sind in meinen Augen ein Graus. Und erzähl mir bitte nicht, „Sie schiebt wieder Richtung Bar ab“ sei Wienerisch, das ist bestenfalls Transdanubianisch... Außerdem hat sie durch diese Ausdrücke in meinem Kopf einen Barbapapa-Körper bekommen. Die schieben vielleicht herum, aber sicher nicht Deine Kellnerin. – Oder hat sie tatsächlich einen Barbapapa-Körper? Der Ausdruck...
sieht mich aus ihren handflächengroßen Augen an
läßt fast darauf schließen... :lol:


Sie hat die größten Augen, die ich jemals gesehen habe.
mit dem dümmsten Gesichtsausdruck, den ich jemals gesehen habe
steht da, als würde er auf den Bus warten
wie originiell...

frage ihn spontan, ob ihm jemand ins Hirn geschissen hat.
Das ist wohl Wienerisch, macht sich aber bestenfalls in einer Mundartgeschichte gut, und auch dann eher als direkte Rede.

Über die Schlägerszenen laß ich mich jetzt gar nicht aus, einzig würde mich interessieren, ob Du erwartet hast, daß man bei Meldungen wie dieser lacht:

Ich schubse ihn mit dem Gesicht in ein parkendes Auto, dessen Besitzer den Fehler gemacht hat, es genau an dieser Ecke zu parken
Wenn ja, dann muß ich das noch nachholen...

Die häufigen Wortwiederholungen fallen da gar nicht mehr ins Gewicht.

Sorry für die schlechte Kritik, aber eine bessere konnte ich da wirklich selbst mit gutem Willen nicht schreiben. :(

Liebe Grüße,
Susi

 

Tja Häferl, was soll ich da sagen? Schade, daß ich deinen Geschmack nicht getroffen habe. Ob die Story sinnvoll ist oder nicht, lasse ich mal so im Raum stehen. Die Tatsache, daß ich sie im Alltags-Thread gepostet habe und nicht unter Humor, sollte eigentlich Aufschluss darüber geben, ob ich vorhatte, dem ganzen einen "lustigen" Touch zu geben. Möglich, daß dir in deinem bisherigen Leben eine derartige Situation noch nicht untergekommen ist. Sie ist sinnlos und führt zu nichts. Nichtsdestotrotz kommt so etwas vor. Über deine Haarspaltereien bezüglich des Rauchens kann ich nur Lachen. Es soll tatsächlich Kettenraucher geben, die 10 Zigaretten in einer halben Stunde wegputzen, schon mal gehört? Deine Barbapapa-Meldung ist unsachlich und unzutreffend, ich nehme sie daher nicht ernst. Und irgendwelche Mundart-Stories wirst du von mir sicherlich nie lesen, da ich sie für vollkommen überflüssig und blöd halte, ohne jetzt irgenjemandem zu nahe treten zu wollen, der dort Stories postet.

Naja, alles in allem tut es mir leid, daß du so über mein "Werk" denkst. Hm.. Warte mal.. Nein, tut es nicht! Wer mit solchem Stoff nichts anfangen kann, ist wohl im Romantik oder Philosophisches-Teil dieses Forums besser aufgehoben.

 

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