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A Peck of Trouble in 16 Episodes - Ein Lied
Episode 7. Ein Lied
Getrübt prallte sein Blick auf den Fernseher. Josh war es egal was lief. Ihm war alles egal. Die ganze Welt war beschissen. Hin und wieder nippte er an der Flasche Bier, die vor ihm auf dem Tisch stand. Zum Rauchen war er zu faul. Generell war er zu faul. Unzählige rasante, lukrative oder auch total bescheuerte Ideen hatte er heute entwickelt. Stets motiviert von der Faulheit, die ihm aus allen Poren tropfte. Schleppend erhob er sich und schaute durch das Wohnzimmer. Sein Blick fiel auf das Klavier. Die Tasten beobachteten ihn. Es schien als würden sie danach gieren herunter gedrückt zu werden. Erschöpft lies er sich auf dem Hocker nieder. Nun sprach ihn auch der weiße Zettel im Notenständer an, der unentwegt auf den Bleistift unter ihm deutete. Joshs Hand fuhr langsam auf die Klaviatur und seine Finger bahnten sich auf die Töne, deren Akkord erklingeln sollte. Das Klavier schrie ihn an. Er spielte einen zweiten Akkord, dem ein Dritter folgte. Doch konnte er das Instrument nicht zufrieden stellen. Auch Papier und Bleistift weigerten sich nun beschmutzt zu werden. Josh ließ erneut die Finger über die Tasten gleiten. Keine Akkorde, nur einzelne Töne. Wieder schrie das Klavier ihn an. Konzentrationssuchend legte er seine Hand über seine Augen und atmete aus. Eine weitere kurze Tonfolge. Das Klavier wartete ab. Josh ergänzte die Tonfolge durch den passenden Akkord. Der Bleistift und der Zettel blickten ihn fragend an, doch er wartete auf die Zustimmung des Klaviers, dass sich noch immer skeptisch äußerte. Mehrfach stellte er Töne um und variierte den Akkord. Das Klavier war erfreut.
Mit zittriger Hand hob Josh den Bleistift an und schrieb die Noten auf das Papier. Kratzend legte der Stift die Idee nieder. Joshs Augen begannen vor Erleichterung zu leuchten. Das alte Instrument hatte ihm eine Chance gegeben und er war bereit sie zu nutzen. Ton für Ton arbeitete er sich in der Melodie weiter. Stets zwischen einer hitzigen Diskussion mit dem Klavier und dem befreienden Kratzen des Bleistifts. Seine Finger begannen sich in der Selbständigkeit vergangener Tage wieder zu finden. Sein Kopf kehrte der Welt vollkommen den Rücken, um sich der Harmonie der Töne hinzugeben. Das zu Beginn noch groß und unbeherrschbar scheinende Klavier war nun ein Teil Joshs. Es rebellierte nicht mehr bei falschen oder langweiligen Tönen, es übte konstruktive Kritik und seine 88 Tasten versuchten ihm neue Ideen zu offerieren. Hämmernd schlug Josh seine Finger in die Tasten und genoss jede Stimmung die er erzeugte in vollen Zügen. Die kleinen Schlägel innerhalb des Klaviers, schlugen widerstandslos auf die ihnen zugeteilten Saiten ein.
Der Bleistift und vor allem aber das Papier standen Josh mit breiter Brust gegenüber, voller Stolz, die Melodie verschriftlicht darstellen zu dürfen. Er war abhängig. Die Sucht hatte von ihm Besitz ergriffen. Wie in Trance schwebte Josh durch die Musik. Ohne Angst in den Spiegel der eigenen Faulheit zu blicken. Die Melodie erklärte ihm seine Situation auf eine Art und Weise, die so sanft und so liebevoll war, das jede Erkenntnis Freude erzeugen konnte ohne dabei Information einbüßen zu müssen. Josh merkte wie er anfing zu atmen, wie ihm das heiße Blut durch die Venen schoss. Weiter immer weiter. Mal schneller mal langsamer. Sein gesamter Körper kochte und das Spielen wurde zum Wahn. Immer wieder neue Bilder, immer wieder neue Wahrheiten und immer wieder pures Glück.
Als die rechte Hand zum Schlussakkord auf die Tasten fiel, öffnete Josh die Augen. Alles war wie immer, aber sah anders aus. Sein Herz schlug wie verrückt. Zufrieden Griff er nach der Schachtel Zigaretten auf dem Klavier und riss ein Streichholz an. Energisch presste er den Qualm aus seinen Lungen in den Raum. Das Herz beruhigte sich und der Körper dankte für die Suchtbefriedigung. Durch die Schwaden hindurch linste er aus dem Fenster. „Ich glaube es ist Zeit rauszugehen.“ Sagte er zu sich selbst.