69
Absturz
Ich riss meine Augen auf, als lautes Donnern die letzen Reste meiner Bewusstlosigkeit wegfegte.
"Das Flugzeug ist abgestürzt!", war mein erster Gedanke, als ich die Verwüstung vor meinen Augen realisierte. Sitze, Menschen und Zeugs, dass früher mal Teil der Inneneinrichtung des Flugzeuges gewesen sein musste lagen überall verstreut herum und ich fühlte mich, als läge ich inmitten einer Müllhalde. Mein Kopf tat weh. Natürlich war es abgestürzt, kein Zweifel. Ich versuchte mir klarzumachen, was genau geschehen war, aber es fühlte sich an, als ob Fässer von Teer in meinen Schädel hineingefüllt worden wären. Ich schüttelte meinen Kopf und begann, mich langsam an Details zu erinnern. Ja, da waren diese Flugzeugentführer gewesen. Vier oder fünf maskierte Männer in langen Mänteln. Einer von ihnen hatte irgendwas in der Hand gehabt, was wohl eine Bombe gewesen sein muss. Ich habe die Situation nicht genau verfolgen können, weil ich im hinteren Teil der Maschine saß. Soweit ich verstanden hatte, stellten sie keine Forderungen und wollten auch den Kurs nicht ändern. Dafür hatten sie je zwei der Passagiere vornüber aneinander gefesselt. Wozu das gut sein sollte, wollte sich mir noch immer nicht erschließen. Vielleicht wollten sie nicht, dass irgendjemand was am Absturz ändern konnte. Jedenfalls hatten sie dann die Piloten erschossen und waren mit Fallschirmen abgesprungen. Die Maschine ging bald daraufhin zum Sturzflug über und ich hatte einen Gegenstand an den Kopf geknallt bekommen, woraufhin ich die Besinnung verloren hatte.
Oben
Die Frau, an die ich gefesselt worden war, kam jetzt auch zur Besinnung. Ich stellte fest, dass die Turbulenzen es geschafft hatten, dass wir jetzt umgekehrt herum lagen. Jeder hatte den Schritt des anderen vor Augen. "Position 69- Wie in einem schlechten Porno", dachte ich, während ich unwillkürlich auf die Unterwäsche der Frau sah. Sie hatte leuchtend weiße Höschen unter einem strengen Geschäfts-Rock an. Was ich von ihr sah, war gar nicht mal so übel, auf jeden Fall hatte sie hübsch anzuschauende Beine.
"Was ist passiert?", kam zwischen meinen Beinen hervor.
"Sieht so aus, als ob wir abgestürzt wären", sagte ich, und rieb mir den Kopf an einem Sitz, um vollständig wach zu werden.
"Ich kann da unten nichts sehen, sind die anderen tot?", sagte sie und ich wunderte mich, dass sie ziemlich gefasst klang für jemanden, der gerade abgestürzt war. Kein Zeichen der Hysterie in ihrer Stimme.
"Was sind sie von Beruf?", fragte ich.
Offenbar ein Missgriff, denn sie seufzte laut.
"Das ist doch jetzt nicht der Zeitpunkt für Small-Talk, Mister. Wir haben eine Katastrophe überlebt. Wir wissen nicht, wo wir uns hier befinden. Vielleicht geht das Flugzeug demnächst in Flammen auf. Können Sie vielleicht jemanden sehen, der nicht gefesselt ist?"
Ich schaute mich um, aber niemand bewegte sich.
"Ich glaube, die sind alle tot. Auf jeden Fall haben sie alle gefesselt, das haben Sie doch selbst gesehen..."
Sie sagte daraufhin nichts, aber ich spürte, dass sie wütend war. Sie zitterte am ganzen Körper.
Sie probierte sich mehrfach mit einem Ruck loszureißen, aber alles was sie erreichte war, dass sie mir ihren Absatz ins Gesicht jagte.
"Tschuldigung", sagte sie in einem besänftigenden Tonfall, "aber sie wollen doch auch hier raus, oder?"
Es vergingen Stunden, ohne dass sich Nennenswertes tat. So verführerisch der Anblick vor mir auch sein mochte, mir wurde langsam langweilig. Ich hatte eine Zeitlang versucht, herauszufinden, was für eine Marke ihre Strumpfhose war. Die roten Schuhe waren eindeutig aus Leder, das hatte ich festgestellt, als ich vorhin vorsichtig reingebissen hatte. Genauste Untersuchung der Form ihrer Waden brachte mich zur Vermutung, dass sie wohl regelmäßig trainieren musste. Und so wenig wie man auf ihnen Stoppel sah, rasierte sie sie entweder sehr gründlich oder sie war eine der mit Glück gesegneten Frauen, auf deren Beinen nichts entstellendes wuchs. Dann erinnerte ich mich, dass ich mal einen Beitrag auf CNN gesehen hatte, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Beinbehaarung und sexueller Libido bei Frauen beschäftigt hatte. Der Wissenschafter in dem Bericht hatte behauptet, ein Gerät erfunden zu haben, der die ungefähre Anzahl der Orgasmen einer Frau pro Jahr vorausberechnen konnte. Alles was nötig war, war ein Schwarz-Weiß-Scan des unteren Wadenbereiches. Je mehr dunkle Haare, desto mehr Orgasmen. Wenn ich ihre Unterschenkel in diesem Licht betrachtete... Naja, der Mann hatte aber im gleichen Beitrag einen Zusammenhang zwischen der Länge des Ringfingers und der männlichen Potenz hergestellt, weswegen ich den Gedanken wieder beiseite wischte. Langsam wusste ich nichts mehr mit meiner Zeit anzufangen, weswegen ich wieder den zarten Versuch eines Small-Talks wagte.
"Wir haben uns vorhin nicht vorgestellt, ich bin Jack", sagte ich gedanklich eine Hand ausstreckend.
"Hallo Jack. Freut mich, Sie kennenzulernen, ich bin Susan."
Ich hatte gehofft, wir würden uns gleich duzen, aber sie schien darauf aus zu sein, die Distanz halten zu wollen. Sie war sicher blond. Ich konnte mich beim besten willen nicht erinnern, aber ich schwor bei allem, was mir heilig war, dass sie blond war.
"Da es jetzt offensichtlich auf eine oder zwei Minuten nicht ankommt, wollen Sie mir nicht verraten, was Sie von Beruf sind?". Ich versuchte es so beiläufig wie nur möglich klingen zu lassen.
"Klar, Jack. Jetzt ist es eh egal. Ich bin der Anti-Terror-Agent, der diesem Flugzeug zugeteilt worden ist. Wie Sie sehen, habe ich einen beschissenen Job abgeliefert..."
Sie klang immer noch heiter, fast unbeteiligt. Fast ums Leben gekommen, den Job schlecht gemacht, und sie ist noch gut drauf. Ich wollte mir mit aller Macht vorstellen, wie diese Frau wohl aussah. Von unten sah sie auf jeden Fall fantastisch aus. Wenn wir hier rauskommen, dachte ich, bin ich doch sicher der erste, mit dem sie einen Trinken geht. Dieser Trost entspannte mich ein wenig und ich schlief ein.
Ich träumte, dass wir auf dem Mount Everest waren. Ein riesiges, behaartes Monster, ein Yeti kam durch die Luke rein, entfesselte uns und ich sah endlich das Gesicht des Anti-Terror-Agents. Es war dem des Yeti nicht unähnlich. Eine furchtbar hässliche lange Nase, überall schwarze Warzen und eine Behaarung, die das ganze Gesicht einnahm. Das genaue Gegenteil von den Waden, dachte ich. Das einzige, was ich richtig geraten hatte, war die Haarfarbe. Sie war wirklich blond. Ein blonder Yeti, der sich zusammen mit seinem Freund, der ihn befreit hatte über sein Mittagessen machte. Mich. Sie stellten sich vor mich, der blonde Yeti entblößte seine Reißzähne und fragte:
"Na, was sagt meine Gesichtsbehaarung über meine Orgasmen aus? Was schätzt du, wieviel ich wohl pro Jahr habe? He?"
Sie drückte ihr Pelzgesicht in meins und Schrie:
"Antworte sofort! Wieviele Orgasmen habe ich? Wieviel! Antworte sofort!"
Ein periodisches Piepsen riss mich aus diesem Horror vom Alptraum auf. Ich beschloss, die Idee mit dem Trinken gehen erst einmal fallenzulassen, schenkte aber meine Aufmerksamkeit dem Hoffnung verheißenden Piepsen. Es kam irgendwo von da unten.
"Was ist das?", fragte ich vorsichtig.
Sie schüttelte sich und zog, um ihren Arm freizubekommen.
"Verdammt, es ist der Sender. Wenn ich nur eine Hand freihätte."
Ein lautes Ausatmen bedeutete, dass es ihr nicht gelungen war. Das Piepsen hielt aber unaufhörlich an.
"Es ist doch gut, dass es piept, oder?", fragte ich noch mal noch vorsichtiger, immer noch an den Traum denkend.
"Nein, es ist gar nicht gut. Es bedeutet, dass wir in einem Funkloch stecken. Wahrscheinlich versuchen sie verzweifelt, uns zu finden. Wenn ich nur hier rauskäme, vielleicht ein paar Meter weiter und sie wüssten sofort, wo wir sind. Verdammt..."
Sie schlug mit ihrem Kopf auf die Fesseln ein, traf aber nur mein Knie, das sofort Signale des Jammers an mein Hirn sendete.
"Aua! Hören sie sofort damit auf! Sie schlagen mich ja zum Krüppel!"
Irgendwann war das Piepsen verstummt. Meine Begleiterin führte es auf ein allmähliches Versagen der Batterien zurück. Normalerweise würde das Gerät so lange weitermachen, bis entweder a) die Batterien aus waren oder b) das Gerät aus dem Funkloch herausgekommen war. Da b) unmöglich schien, folgerten wir scharfsinnig, dass a) richtig sein musste. Die Bewegung des Schiffsrumpfes, die wir eben mit einem Schauer auf dem Rücken vernommen hatten, belehrte uns eines besseren und wir waren gewillt, antwort b) in Erwägung zu ziehen. Als ich zum Fenster schaute und sah wie sie allmählich von Wasser umschlossen wurden, wurde mir klar, dass das nicht unbedingt die bessere Option war. Der Rumpf knarrte unter den Wassermassen, aber ein dumpfes Donnern, der das Flugzeug erbeben ließ, zeigte an, dass wir unten angekommen waren. Wenigstens waren wir nicht tief, dachte ich.
"Jetzt müssten sie uns doch orten können. Die haben doch bestimmt Taucher, die uns hier rausholen..."
Ich hörte an der entstandenen Stille, dass sie nicht meiner Meinung war.
"Schön wärs", sagte Sie, "Wenn wir nur zwei Meter unter Wasser sind, ist das Signal zu schwach, um empfangen zu werden. Vergessen Sies..."
Die ganze Zeit über hatte sie zuversichtlich geklungen, aber die Wasserung schien sie nicht mutig zu stimmen.
"Verdammte Kacke", sagte ich, "Was machen wir jetzt?"
"Es sieht nicht grad rosig aus. Selbst wenn wir uns befreien könnten. Wir kommen nie von selbst an die Oberfläche. Wie tief sind wir wohl? Drei Meter? Fünf Meter? Egal, bei dem Wasserdruck können wir die Luke niemals öffnen. Die Fläche ist zu groß, verstehen Sie?"
Im folgenden zeichnete sich immer mehr der tiefverwurzelte Charakterzug meiner Notlagenkumpanin ab- sie war eine Frau der Tat. Sie wollte uns da raus haben, das schien sie sich als Security-Agent schuldig zu sein. Deswegen hatte sie vor zwei Minuten damit angefangen, sich rhytmisch in den Fesseln vor-und zurückzubewegen, um sie möglicherweise ein Stück zu weiten. Sie konnte nicht ahnen, in welch eine Verlegenheit sie mich damit brachte, als ihr (in meinen Gedanken hübscher blonder) Kopf mit einer Frequenz von etwa 1 Hertz auf meinen Schritt einzuschlagen begann und die übergeordneten Regionen meiner Großhirnrinde den triebhaften Automatismen des Rückenmarks zu weichen begannen. Von Myelinhüllen, die die Nerven umgaben in der Wirkung verstärkt, wanderte das Signal dann schnurstracks in die Lendengegend, wo das Auffüllen der Schwellkörper begann. Mit einem Wort: Ich bekam einen Ständer.
Ich ärgerte mich sogleich über die Reaktion in meinem Gesicht, denn es war vollkommen sinnlos, dass ich jetzt rot wurde. Sie konnte ja nichts von meinem Kopf sehen. Dafür hatte sie den Frontalblick auf die ältesten Gegenden der Menschheit, um die sich Sagenumwobenes rankte. Meine Erektion schien nun genug angewachsen zu sein, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, denn sie hörte abrupt mit dem Geschlängel auf. Ein langer, unfassbar peinlicher Moment folgte, in dem ich wünschte ich könnte aus meinem Körper ausbrechen, eintausend Kilometer fortrennen um mich dann irgendwo im Sand zu verbuddeln. Ich tat aber das einzige, was ein Mann in meiner Situation tun konnte: Ich zählte von Zehn ab rückwärts.
Da sie sich jetzt auch nicht mehr bewegte, hatte ich mit meiner Rückwärtszählerei Erfolg. Ich wartete, ob sie mich jetzt verbal Ohrfeigen würde. Aber das genaue Gegenteil passierte. Sie sagte:
"Wollen wir uns nicht duzen?"
Es war schwer, den heiter-ironischen Ton zu überhören, mit dem sie das sagte.
Die Stimmung war daraufhin ins Lagerfeuer-mäßige gewechselt. Susan begann, aus ihrem Leben zu erzählen.
"Ich war drei Jahre lang in Cambrigde bevor ich merkte, dass Plattwürmer und von ihnen paralysierte Ameisen doch nicht mein Lebensziel waren. Zum Entsetzten meiner Eltern schmiss ich dann das Biologiestudium und verlegte mein Interesse auf den Krieg. Ich ging zur Army. Sie suchten damals Frauen für die", sie deutete mit den Fingern Anführungsstriche an, "körperlich leichten Aufgaben. Kein Wunder also, dass ich mich bei den Marines um einen Platz in der Sonder-Kampf-Einheit bewarb. Sie haben zunächst abgelehnt, mit der Begründung, mein bisheriger Lebenslauf ließe darauf schließen, dass ich für eine derartige Ausbildung ungeeignet sei. Ein Glück für mich, dass sie ein Boxturnier um den letzten verbleibenden Platz in der Einheit ausgetragen haben. Obwohl meine Gegner im Durchschnitt das doppelte von mir wogen, ging ich ohne Gesichtsschutz in den Ring, ließ ihnen ein paar Minuten ihr männliches Ego, dann schlug ich sie einer nach dem anderen KO. Der letzte verbliebene Platz war meiner und ich war bei den Marines dabei..."
Sie muss mein Erstauen gespürt haben, denn sie hielt inne. Wahrscheinlich war sie es auch gewohnt, dass der Zuhörer an dieser Stelle nachhackte, also tat ich ihr den Gefallen.
"Du schlugst Bewerber bei den Marines KO?", das war das intelligenteste, was mir im Moment einfiel.
"Ich bin ein Halbblut. Mein Vater war einer der wenigen Cherokee-Indianer, die mehr der eigenen Stärke als dem Feuerwasser vertrauten. Meine Mutter war Schwedin. Es hielt mich nicht besonders lange Zuhause, aber eins konnte ich von meinem Daddy doch lernen: Es kommt nicht darauf an, wie stark du bist, oder wieviel du kannst. Es ist nur wichtig, dass du an dich glaubst."
Ihre Ausführungen wurden jäh von einem Donnern unterbrochen. Wir fingen an, zunächst leicht, dann mit immer größer werdenden Amplitude hin- und her zu schaukeln. Als die rhytmische Bewegung soweit fortgeschritten war, dass wir an ihrem Scheitelpunkt fast in der waagrechten waren, wurde mir klar, dass das Flugzeug jetzt keine Flügel mehr besaß. Entweder waren sie gleich beim Absturz abgerissen oder es war eben jetzt passiert. Wie auch immer, es musste ein sehr starker Sturm da draußen toben. Ein fürchterlicher Knall ging durch den Flugzeugrumpf, als wir an irgendeinen Felsen stießen. Die Sauerstoffmasken, die bei einem Notfall automatisch von oben heruntersprangen, fühlten sich erst jetzt an ihre Funktion erinnert und flogen unter Luftdruckgeräuschen von der Decke. Keine der sechzig Leichen, die zu zweit aneinander gefesselt das Flugzeuginnere schmückten wollte davon Notiz nehmen. Sie verteilten sich nach dem Zufallsprinzip im ganzen Raum, als wollten sie die stochastischen Gesetze bestätigen und vermengten sich auf unappetitliche weise mit Inneneinrichtungsteilen und Gepäckteilen, die ein loses Eigenleben führten. Die Gesetze der Wahrscheinlichkeit wollten bei so viel Verkehr, dass auch wir von umherfliegenden Teilen getroffen werden und so geschah es dann auch, dass mich ein kleiner Koffer am Kinn traf und ins Reich der Schlafenden beförderte.
Wieder hieß mich der Yeti willkommen. Ich schauderte, als ich die Cherokee-Indianer-Verkleidung sah, die sich bis zum bersten über seinen dichten Pelz wölbte. Die Stoffstickereien passten nicht ganz zum Marinehelm, der eben so auf den riesigen Wollknäuel von Kopf passte. Er hatte rote Boxhandschuhe an. Bei den Schuhen wusste ich nicht genau, ob ich sie als Springerstiefel oder Boxerschuhe identifizieren sollte, aber es spielte keine Rolle. Ich wusste, was er wollte. Er wollte mir zeigen, dass auch ein Yeti, sei er noch so unkoordiniert und tapsig gegen einen Menschen im Boxring bestehen konnte. Es war ja nur eine Sache des Selbstvertrauens. Wie um mir das zu beweisen tänzelte er im Ring und stierte grimmig zu mir herüber. Ich war schweißgebadet vor Angst. Hatte ich bei unserem letzten Zusammentreffen die leise Vermutung, dass es sich um einen Traum handelte, wirkte dieser doch ungemein real. Ich versuchte, mich an Mechanismen zu erinnern, die das Aufwachen herbeiführten. Ich zwickte mich in den Arm, biss in meinen Unterarm und tappte sogar mit ganzer Wucht auf einen Zeh. Es brachte nichts. Der Yeti schlug wie aus dem nichts eine Gerade, die bereits das Potential hatte, mich auszuknocken. Das Problem war, dass ich schon KO war. Die kleine Kiste hatte das vorhin besorgt. Ich stand also da und nahm das Gewitter seiner schweren Schläge, die mich, wenn nichts passierte, sicher bald umbringen würden.
Nach einer Weile wurde ihm dieser einseitige Sparring doch zu bunt und er riss sich die Handschuhe von den Pranken. Wie es aussah, wollte er es jetzt mit Ringen versuchen, denn er drehte mich kopfüber herum und steckte mich zwischen seine gewaltigen haarigen Oberschenkel. Ich erkannte den Wrestling-Move aus dem Fernsehen. Back-Supplex hieß er, glaub ich. Ich hatte aber nicht genügend Zeit, mir weiterhin darüber den Kopf zu zerbrechen, denn er begann mit mir auf den Ringpfosten zu steigen. Offensichtlich hielt er sich für den "Undertaker", den ich aus dem Fernseh-Wrestling kannte und dessen finaler Move es war, seinen Gegnern das Licht auszublasen. Natürlich nur zur Show. Das Blut, das mir langsam in den Kopf stieg, nährte aber die Vermutung in mir, dass es sich hierbei keinesfalls um Spaß handelte. Jetzt war er oben. Er brüllte noch etwas auf schwedisch, dann sprang er los.
Unten
Ich wachte auf. Meine Erleichterung darüber, dass es nur ein Traum gewesen war verflog schnell, als ich feststellte, dass mein Kopf pochte. Er bebte im Rhythmus des Pulsschlages und fühlte sich an, als ob er mindestens so rot wie eine Aubergine wäre. Ich schüttelte ihn mehrfach, in der Annahme, es mit Nachwirkungen des scheußlichen Albtraumes zu tun zu haben, aber da irrte ich mich. Sobald ich die Augen aufschlug wusste ich, was los war. Das Flugzeug war um 180 grad gerollt und befand sich auf dem Rücken. Meine Theorie wurde bestätigt, als ich hochschaute und die Reihe der Sitze an der Decke kleben sah. Die Welt hatte sich gedreht, ich war jetzt unten und Susan oben.
Der Schmerz des im Kopf gestauten Blutes wurde schnell grauenhaft. Ich schaute auf meine Uhr. Drei Stunden. So lange hatte sie es in dieser Position ausgehalten, ohne ein Wort zu sagen. Ich nahm mir innerlich vor, wenigstens eine Stunde zu schaffen. Egal, wie sehr es wehtat, und ob ich zwischendurch ohnmächtig wurde. Eine Stunde ohne einen Klagelaut, dann würde irgendetwas passieren müssen, damit ich nicht wie ein überreifer Blutegel explodierte...