Was ist neu

37 Minuten

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23.01.2018
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37 Minuten

Der süßliche Geruch des Kunstnebels brachte ihn an den Rand einer Übelkeit. Diese Idioten mit ihrer Nebelmaschine, dachte Ben. Als wäre irgendwer auf der Tanzfläche noch nicht benebelt genug. Ben nahm einen letzten Schluck aus der Flasche, bevor er sich seine Jacke überwarf. Er spürte die Vibrationen des elektronischen Basses am ganzen Körper. Durch das bunt flackernde Stroboskoplicht sah er Basti auf sich zukommen.
Basti hatte die Arme weit ausgebreitet und sah ihn erstaunt an.
„Du willst doch jetzt nicht wirklich gehen?“
Er schob noch einen zweiten Satz hinterher, der im lauten verzerrten Wummern der Musik unterging.
„Was?“
Basti rief lauter: „Vergiss die Alte, ist doch geil grad!“
Ben schüttelte den Kopf.
„Lass mal, ich bin raus. Ich bin eh müde. Das Zeug vorhin hat mich echt fertig gemacht.“
“Es ist doch noch nicht mal zwei Uhr!”
Das Haus, das gerade von der feiernden Party-Meute verwüstet wurde, gehörte Jakobs Eltern. Jakob selbst hatte lediglich eine von ihm gemischte Bowle beigesteuert. Sie hatte gar nicht so sehr nach Alkohol geschmeckt, aber Ben wurde seitdem ein leichtes Schwindelgefühl nicht mehr los.
Die Party hier war sowieso nichts für ihn. Die Musik war ihm zu elektronisch, und er hatte das Gefühl, dass die meisten Gäste etwas eingeworfen hatten, von dem sie besser die Finger hätten lassen sollen.
„Wenn sie doch noch kommt, sag ich dir Bescheid, damit du dich richtig ärgern kannst!“ rief Basti. Er musste beinahe schreien, um gegen die Lautstärke anzukommen. „Aber vielleicht nehm ich sie auch einfach mit zu mir!“
Ben grinste nur und legte zum Abschied kurz den Arm um seinen Kumpel. Mit einem Schulterklopfen verabschiedeten sie sich voneinander und Ben verließ die Party.
Sie, das war Jana, die eigentlich auch auf die Party kommen wollte, aber schon den ganzen Abend nicht auf Bens Nachrichten reagierte. Dabei hatte sie sich sehr auf die Party gefreut, weil sie ja neu in der Stadt war. Aber Jana war begehrt, vielleicht hatte ihr einfach jemand ein besseres Angebot gemacht. Ben beschloss, einfach abzuwarten. Sie würde sich schon wieder melden.

Ben sah die Station seines Zuges schon von weitem. Eine hell erleuchtete Insel inmitten des Dunkels. Hier außerhalb der Stadt schien ihm die Nacht sehr viel schwärzer zu sein. Bis auf den leichten Wind gab es kaum Geräusche, zumindest bis der Zug sich durch ein entferntes Rauschen ankündigte.
Die frische Luft hatte Bens Schwindelgefühl kaum gelindert. Die Bowle war Schuld, das war ihm klar. Jakob hatte bestimmt irgendeinen billigen Fusel reingekippt, um die Party auf Kurs zu bringen.

Als Ben die Station betrat, war er glücklich, dass er nicht noch eine Ewigkeit warten musste. Hier draußen gab es nicht so viele Verbindungen, besonders mitten in der Nacht. Der Zug fuhr mit dem vertrauten Poltern ein, gefolgt von dem mechanischen Kreischen der bremsenden Räder und dem Zischen der aufgehenden Türen.
Ben begann seine Kopfhörer zu entzerren und betrat den Waggon vor ihm. Der Zug bestand aus mehreren Waggons, die fließend ineinander übergingen, so dass man ziemlich weit hindurchsehen konnte. Er war der einzige Fahrgast. Das würde nicht lange so bleiben, dachte er sich. Sobald der Zug sich der Stadt näherte, würde es voller werden. Ein ganzer Waggon für ihn alleine, welch Privileg! Ben ließ sich in eine Sitzgruppe fallen und legte die Füße auf den Platz vor ihm. So ließ es sich aushalten.
Er setzte die Kopfhörer auf und stellte die Musik lauter, um das lauter werdende Fahrgeräusch zu übertönen. Der Zug setzte sich in Bewegung. Ben sah aus dem Fenster. Er versuchte gerade, die Konturen der Landschaft zu entschlüsseln, die im Dunkeln an ihm vorbeizog, als sein Handy brummte.
Eine Nachricht von Jana.
„Na, feierst Du schön? Schade, ich konnte einfach nicht. Frag nicht.“
Immerhin ein Lebenszeichen, dachte er sich. Er tippte die Antwort.
„Ich bin schon wieder weg. Hast nicht viel verpasst. Alles gut?“
Da war es wieder, das Schwindelgefühl. Ben musste aufsehen. Wenn er nicht aufpasste, würde ihm noch richtig schlecht werden. Vor seinen Augen drehte sich alles. Er atmete ein paar Mal tief durch. Ganz miese Mischung, das Zeug von Jakob.
Jana antwortete: „Ich hab Dir doch von dem Typen erzählt.“
„Dieser Irre, der dich stalkt? Ist er wieder da?“
Jana war nur wegen dieses Spinners umgezogen. Er hatte ihr ständig aufgelauert und sogar Nächte im Auto vor ihrer Tür verbracht. Irgendwann war es ihr zu viel geworden und sie hatte nicht nur die Uni, sondern auch die Stadt gewechselt.
„Ich weiß nicht. Egal, lass uns morgen quatschen! Komm gut nach Hause!“, schrieb Jana.
„Sag Bescheid, ich würd gern mal mit dem reden!“
Sobald er die Nachricht abgeschickt hatte, kam er sich ein bisschen albern vor. Was für ein Held er doch war. Als keine Antwort mehr kam, schickte er noch ein „Gute Nacht!“ hinterher.
Ben musste erneut tief Luft holen. Er setzte sich auf, streckte sich und öffnete das Schiebefenster. Sofort zog ein kühler Wind durch den Waggon. Besser.
Dann erlosch lautlos das Licht.
Alle Lichter auf einmal, als wäre der Strom ausgefallen. Nicht einmal die Notausgangsschilder waren sichtbar. Schwärze breitete sich aus. Bens Augen benötigten eine Weile, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Das erste, was er nach einigen Sekunden erkennen konnte, war die nächtliche Landschaft draußen. Im Waggon selbst zeichneten sich lediglich die Konturen der Sitze ab, wo der Mondschein auf sie traf. Die Dunkelheit erstreckte sich auf alle Wagen, so weit er sehen konnte.
Ben stoppte die Musik. Das Fahrgeräusch hörte sich ganz normal an, ein gleichmäßiges Poltern untermalt von einem metallischen Rauschen. Was war passiert? Ben stand auf und ging ein paar Reihen nach vorne. Er konnte auch am Ende der Wagenreihe nichts leuchten sehen. Eine plötzliche Schwindelattacke übermannte ihn und er musste sich festhalten. Zu schnell aufgestanden. Die Konturen des Wagens um ihn herum schienen zu verschwimmen. Ben musste sich setzen. Er schloß die Augen.
Tief durchatmen, alles gut, dachte er sich. Das ist bloß ein Stromausfall im Wagen.
Als er die Augen wieder öffnete, sah er einen Schatten ein paar Sitzreihen vor ihm. War das ein Mann? Es lag beinahe der ganze Waggon zwischen ihnen, aber warum hatte er die Gestalt beim Einsteigen nicht gesehen? Der Typ müsste doch auch beunruhigt sein wegen des Stromausfalls.
Ben atmete noch einmal tief durch, dann stand er auf. Hatte der Mann ihn vorhin auch nicht gesehen? Oder schlief er? Nach ein paar Schritten rief er hinüber.
„Hallo?“
Keine Antwort.
„Hallo? Was ist denn mit dem Zug los?“
Blöde Frage, wurde ihm klar, woher sollte der Typ das wissen.
Ben erkannte, dass es eine Gestalt im schwarzen Kapuzenpulli war, er sah breite Schultern, aber das Gesicht lag im Schatten. Bei der Dunkelheit konnte er nicht mehr ausmachen.
„Hören Sie mich? Geht es Ihnen gut?“
Ben ging noch ein paar Schritte weiter. Der Typ regte sich nicht.
Na super, dachte sich Ben. Egal, der Typ war keine große Hilfe. Die Lichter waren immer noch aus, und es würde noch ein paar Minuten dauern bis zur nächsten Station. Irrte er sich, oder wurde der Zug etwas langsamer? Ben drehte sich um und ging wieder zu seinem Platz. Als er sich hinsetzte und wieder in Fahrtrichtung sah, erkannte er, dass der Mann aufgestanden war. Er sah definitiv zu Ben herüber.
„Hallo?“ rief Ben ihm entgegen.
Keine Reaktion. Der schaut doch tatsächlich in meine Richtung, dachte sich Ben. Der sieht mich.
Die Gestalt setzte sich langsam in Bewegung. Und kam weiter auf Ben zu.
Ben setzte sich auf. Er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Bloß keinen Ärger jetzt.
Ben sah nach draußen. Da vorn kam eine Station. Er konnte die ersten Wohnhäuser erkennen. Da steigen sicher Leute zu.
Der Typ kam immer noch näher. Aber er hatte scheinbar keine Eile.
Ben versuchte es noch einmal.
„Hey, weißt Du, was mit dem Licht los ist?“
Keine Antwort.
Dann ertönte ein lautes, metallisches Klacken. Und mit einem anschwellenden Surren gingen die Lichter wieder an. Der Typ war jetzt gut zu erkennen. Er war etwas größer als Ben, und hatte einen schwarzen Trainingsanzug an. Er schien nach wie vor in Bens Richtung zu sehen, auch wenn sein Gesicht durch die Kapuze kaum zu erkennen war.
Draußen zogen Häuser vorbei. Die Station. Ben war erleichtert. Gleich würde schon jemand zusteigen. Als Ben seinen Blick zurück in den Wagen wendete, sah er, dass der Trainingsanzug sich hingesetzt hatte. Was ist denn das für einer, dachte Ben sich. Gut, dass er jetzt zurück in der Zivilisation war.
Das Quietschen der Bremsen kündete den Halt an, der Zug wurde langsamer. Ben bemerkte, wie sein Körper sich entspannte. Dann zischten die Türen. Der Bahnsteig war hell erleuchtet, aber leer.
Ein paar Sekunden verstrichen. Dann hörte Ben eine Frauenstimme. Ein Lachen. Ein Pärchen kam in sein Blickfeld. Sie kamen näher, gingen dann aber vorbei und verließen den Bahnsteig. Mist, dachte Ben. Irgendwer muss doch hier jetzt einsteigen. Er hatte keinerlei Lust, mit dem Typen länger allein in einem Wagen zu sitzen. Aber hier aussteigen? Dann müsste er ewig auf den nächsten Zug warten.
Weitere Sekunden verstrichen. Dann hörte Ben tiefere Stimmen, scheinbar zwei. Einer der beiden grölte vor Lachen. Dann kamen sie leicht schwankend in Bens Blickfeld.
Genau hier hin, dachte sich Ben. Mit den Jungs im Waggon würde der Spinner da vorne schon keinen Ärger machen. Und tatsächlich: zwar hätte der eine beinahe die Türöffnung verfehlt, aber dann schafften sie es doch noch in den Waggon. Ein Piepen ertönte und der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Die plötzliche und unvermutete Bewegung stellte die neuen Fahrgäste vor sichtliche Schwierigkeiten, aber sie schafften es doch, sich zwischen Ben und den Trainingsanzug in eine Sitzgruppe fallen zu lassen.
Ben setzte seine Kopfhörer wieder auf und schloss die Augen.
Das nächste Bier trinke ich auf euch, dachte er in Richtung der Neuankömmlinge.
Die Übelkeit war immer noch da. Er versuchte, gleichmäßig zu atmen. Als er nach einer Weile die Augen wieder öffnete, war er mit den Betrunkenen allein im Wagen. Der Typ war verschwunden.

Am Hauptbahnhof holte sich Ben zwei Cheeseburger, um die Wartezeit zu überbrücken, und vielleicht seinem Magen etwas zu tun zu geben. Aber sie halfen kein bisschen gegen die Übelkeit, und er schleppte sich leicht schwitzend auf den Bahnsteig, wo er in die U-Bahn nach Hause steigen wollte.
Noch eine Viertelstunde, dachte sich Ben. Das schaffe ich jetzt auch noch.
Ein Windzug aus dem Tunnel kündigte das Einfahren der Bahn an. Auf dem Bahnsteig war richtig was los. Die meisten waren unterwegs zur nächsten Party, wie es schien. Zusammen mit den anderen Fahrgästen betrat er den Wagen. Er beeilte sich, um einen Sitzplatz an einem Fenster zu ergattern. Erschöpft ließ er sich fallen.
Eine Nachricht von Basti.
„Gut, dass Du vorhin weg bist. Hier sind gerade die Bullen eingefallen. Irgendwas ist mit dem Zeug von Jakob. Hier darf keiner weg und draußen stehen Krankenwagen. Gehts Dir gut?“
Kein Wunder, dachte Ben. Das erklärt, warum die alle so komisch drauf waren. Und auch, warum ihm schlecht war. Gut, dass er nur ein Glas von Jakobs Wundermischung getrunken hatte.
„Mir gehts okay, mir ist nur etwas übel. Und Dir? Was ist denn drin gewesen?“ schickte Ben zurück.
Als nicht direkt eine Antwort kam, steckte er sein Telefon wieder ein. Doch dann durchfuhr es ihn wie ein Stromschlag.
Der Kapuzenmann saß im selben Wagen wie er.
Und er sah in Bens Richtung.
Ben konnte sein Gesicht immer noch nicht erkennen. Der Fremde saß ein paar Reihen weiter vorne. Zwei Grüppchen des Feiervolks waren zwischen ihnen. Deswegen hatte Ben ihn wohl zunächst übersehen.
Ben drehte sich um. Hier waren überall Menschen. Der Typ würde doch hier keinen Ärger anfangen. War er ihm gefolgt?
Es waren nur noch drei Stationen bis zu Bens Wohnung. Nicht, dass der nachher noch an derselben Haltestelle aussteigt wie ich, dachte er sich. War er paranoid? Vielleicht hatte der Typ einfach zufällig denselben Heimweg wie er? Nein, der Mann war vorhin eindeutig auf ihn zu gekommen. Irgendwas war komisch mit dem.
Da hatte Ben eine Idee.
Er stand auf.
Ben bewegte sich in Richtung der hinteren Tür. Er musste sich durch eine Gruppe offensichtlich angetrunkener Jungs winden, die keinerlei Anstalten machten, ihn durchzulassen. Da vorn war schon die Haltestelle. Der Zug wurde langsamer.
Ben wartete, bis der Wagen zum Stehen gekommen war, und drückte den Türknopf. Die Türen glitten mit einem Zischen auf.
Ben trat schnell heraus und machte einen Schritt nach links, weg von der Tür.
Der Bahnsteig war vollständig leer.
Ben blickte nach rechts in Richtung der nächsten Tür.
Wenn der Typ ihm jetzt folgte, würde Ben wieder einsteigen.
Und wenn der Typ dann ebenfalls wieder einsteigen würde, würde Ben mit Sicherheit wissen, dass er ein Problem hatte.
Er wartete ein paar Sekunden. Nichts passierte.
Ein Piepen ertönte. Ben sah hinüber zur nächsten Tür. Nichts. Es war überhaupt niemand ausgestiegen.
Mist, dachte Ben. Mit einem Satz war er wieder im Wagen, kurz bevor die Türen sich wieder schlossen. Von den Anwesenden hatte niemand sein Gehampel bemerkt. Ben sah hinüber zu der Stelle, wo er den Kapuzenmann gesehen hatte. Verschwunden.
Er war definitiv nicht ausgestiegen. Aber hier war er auch nicht.
Ben lief weiter nach vorn, zu der Stelle, an der er ihn zuletzt gesehen hatte.
Er musste sich an einer Stange festhalten, als der Zug etwas ins Wanken geriet. War er jetzt völlig durchgeknallt? Bildete er sich den Kapuzenmann nur ein? Wie konnte es sein, dass der Typ ihm die ganze Zeit gefolgt war, und immer ganz plötzlich verschwand, wenn es gerade passte?
Dann wurde ihm alles klar.
Das war sicherlich dieses miese Zeug von Jakob. Irgendetwas hatte er beigemischt, um die Fete anzuheizen. Irgendwas Halluzinogenes.
Ben hatte keine Erfahrungen mit Drogen, wenn man mal über die zwei Züge an einem Joint zu Beginn des Studiums hinwegsah. So war das also, dachte er. Na danke, Jakob. Zuhause würde er erstmal googeln, was das gewesen sein könnte. Sicher irgendwas chemisches.
Er holte sein Telefon heraus. Keine neuen Nachrichten.
„Was war denn jetzt drin in dem Zeug?“ fragte er Basti in einer Nachricht.
Basti antwortete nicht.
Als der Zug in Bens Haltestelle einfuhr, hatte er sich vollends beruhigt. Er stieg aus und atmete ein paar Mal tief durch.
Die Übelkeit war verschwunden, bemerkte Ben. Immerhin. Vielleicht würde es jetzt besser werden. Die paar Meter Fußweg zu seiner Wohnung würden sicher den Rest erledigen.
Ben ging die Stufen hinauf an die Oberfläche und betrat die leere Straße.

Zwei Minuten bis zur Kreuzung, dann nochmal drei bis zum Haus.
Ben kannte jeden Busch und jeden Stein auf dieser Strecke, in den zwei Jahren, in denen er hier wohnte, war er ihn unzählige Male gelaufen. Ben freute sich auf sein Bett.
Basti hatte nicht mehr geantwortet. Wer weiß, was da los war. Vielleicht war sein Kumpel auch schon unterwegs nach Hause. Ben war gespannt auf die Einzelheiten. Jakob hatte jetzt sicher ein Problem. Selbst Schuld, dachte Ben.
Er sah seine Reflektion in einem der Schaufenster an der rechten Straßenseite.
Durch die Dunkelheit war das Spiegelbild sehr klar zu erkennen.
Ben zuckte zusammen.
Ungefähr fünfzig Meter hinter ihm war noch jemand. Ben stoppte. In der Spiegelung erkannte er, dass die Gestalt ebenfalls anhielt.
Ben entspannte sich. Mit einem Grinsen drehte er sich um.
Der Kapuzenmann. Seine Halluzination war wieder da. Erstaunlich, was einem das Gehirn so vorspielen konnte, dachte Ben. Für ein paar Sekunden standen beide einfach da.
Na gut, mal sehen, wie weit die Illusion geht.
Ben setzte sich in Bewegung. Mit großen Schritten ging er auf den Kapuzenmann zu.
Der Mann ging ebenfalls los.
Es waren nur noch dreißig Meter. Ben versuchte, Details zu erkennen, aber in der Dunkelheit war es völlig unmöglich, irgendetwas an dem Typen zu erkennen.
Dann sah er, wie der Mann etwas aus der Tasche zog. Es blitzte kurz auf, als es das Licht einer Straßenlaterne spiegelte.
Ein Messer.
Ben verlangsamte seinen Schritt.
Zwanzig Meter. Der Kapuzenmann ging jetzt schneller.
Ben blieb stehen. Das war eindeutig ein Messer. Der Typ kam immer schneller auf Ben zu.
Es ist nur eine Illusion, dachte Ben. Es ist nur in deinem Kopf.
Der Typ war nur noch wenige Meter entfernt. Er streckte den Arm mit dem Messer weit nach rechts, als würde er zum Schlag ausholen.
Dann hörte Ben zum ersten Mal seine Stimme.
„Sie ist nichts für dich!“ sagte sie trocken.
Ben erstarrte.
Es dauerte wertvolle Augenblicke, bis es ihm gelang, seinen Körper aus der Starre zu befreien und sich in Bewegung zu setzen.
Wenn das eine Illusion war, war sie ihm eindeutig eine Spur zu heftig. Er drehte sich um und rannte los.
Der Kapuzenmann begann, ebenfalls zu rennen.
Scheiße, dachte Ben, ich weiß genau, wer das ist.
Er lief auf die Kreuzung zu, so schnell er konnte. Noch einmal nach rechts, dann würde er schon vor seinem Hauseingang stehen.
Der Typ weiß dann, wo ich wohne. Die Erkenntnis traf ihn noch rechtzeitig. Der Typ war nicht schneller als er, das war gut. Ben beschloss, einen Umweg zu nehmen. Das hier war seine Gegend. Hier kannte er jede Ecke.
Er lief einen Fahrradweg zu seiner linken herunter. Rechts über den Spielplatz würde er laufen. Der war fast vollständig eingezäunt, aber eine Stelle des Zaunes fehlte, direkt da, wo er an das Haus grenzte. Ben hatte die Stelle schon oft als Abkürzung zur Tankstelle benutzt.
Er bog nach rechts ein. Der Sand des Spielplatzes unter seinen Füßen brachte ihn ins Rutschen. Ben fiel hin. Er stützte sich mit dem Ellenbogen ab. Sofort richtete er sich wieder auf. Er ignorierte den stechenden Schmerz in seinem Arm.
Ben lief weiter. Der Typ verlor langsam den Anschluss. Jetzt nach rechts, unter dem Ast hindurch. Da war die Öffnung. Ben drückte sich an der Hauswand entlang und verließ den Spielplatz. Er bog schnell um die Ecke, damit sein Verfolger ihn nicht sehen konnte. Er war jetzt beinahe einen vollständigen Kreis gelaufen, die Tür seines Hauses war schon in Sichtweite. Noch im Laufen holte er den Schlüssel heraus.
Erst kurz als er vor der Tür stand, nahm er sich die Sekunde, um einen Blick nach hinten zu werfen. Niemand da.
Ben machte auf und drückte die Tür hinter sich ins Schloss. Die Treppenhausbeleuchtung ging an.
Scheiß Bewegungsmelder, dachte Ben. Er sprang mit großen Sätzen die Treppe hinauf. Hoffentlich würde der Typ das Licht nicht sehen. Schon war er an der Wohnungstür.
Rein, Tür zu.
Ben schloss die Tür und lehnte sich dann mit dem Kopf dagegen. Das war knapp gewesen. Er war völlig außer Atem.
Sieh nach, dachte er.
Vom Balkon aus würde er auf die Straße herunter sehen können. Er ließ das Licht in seiner Wohnung ausgeschaltet und bemühte sich, die Tür zum Balkon leise zu öffnen.
Hier vom vierten Stock aus hatte er einen perfekten Überblick.
Bens Herz machte einen Satz. Das Adrenalin war wieder zurück.
Unten, auf der anderen Seite der Straße, stand der Kapuzenmann. Er war ihm hier her gefolgt. Oder hatte er von vornherein gewusst, wo Ben wohnte? Der Mann setzte sich in Bewegung. Auf Bens Hauseingang zu.
Ben sprang zurück in die Wohnung. Er versuchte, sein Handy aus der Tasche zu holen. Dabei fiel es ihm zu Boden. Ben hechtete hinterher. Notruf. Er wählte die 110. Es klingelte einmal. Ben setzte sich vor die Eingangstür. Schon hörte er die Schritte auf der Treppe.
Wäre er doch bloß nicht auf den Balkon gegangen. Im Haus gab es keine Namensschilder. Der Typ hätte ihn nicht so schnell gefunden. Aber vielleicht wusste er auch schon, auf welcher Etage Ben wohnte.
„Hallo?“
Die Polizistin am anderen Ende der Leitung. Ben gab seine Adresse durch und dass gerade ein Einbruch passieren würde.
„Der Typ ist direkt hinter der Tür verdammt! Schnell!“
Die Polizistin riet ihm, zu tun, was der Einbrecher wollte, und ihn nicht zu konfrontieren. Sicher nicht, dachte Ben.
Da hörte er schon ein Kratzen am Türschloss. Wollte der Typ die Tür knacken? Dann wurde es ruhig.
Das nächste was Ben hörte waren schnelle, lauter werdende Schritte. Dann fühlte er, wie er von der Tür in Richtung der gegenüberliegenden Wand gedrückt wurde. Der Mann hatte die Tür aufgebrochen. Ben schoss hoch und lief ein paar Schritte rückwärts. Es war immernoch dunkel in der Wohnung.
Dort wo die Tür offen stand, zeichnete sich im Dunkel die Gestalt ab. Sie hatte immer noch das Messer in der Hand.
Das musste er einfach sein, schoß es Ben durch den Kopf. Der Wahnsinnige, der Jana aufgelauert hatte.
Ben konnte nur fliehen. Zeit gewinnen. Die Polizei würde kommen.
Er drehte sich um und lief in Richtung des Badezimmers. Die Tür würde nicht lange halten, aber immerhin. Er warf sie hinter sich zu und drückte sich dagegen.
Der Schrank. Er hatte eine Schere in dem Schrank. Er machte einen Satz nach vorn, riss die Schranktür auf und riss alles aus den Regalen. Dort war sie. Er nahm die Schere in die Hand. Da sprang die Tür hinter ihm auf. Ben packte die Schere mit der ganzen Faust , warf sich herum und schlug einfach zu.
Einmal, zweimal. Er hatte getroffen, das bemerkte er schnell. Direkt in den Hals. Der Angreifer setzte sich nicht zur Wehr und ging mit einem Glucksen zu Boden. Er wandte sich kurz, die Hände an seinen Hals gepresst. Ben sah auf die Blutlache, die sich auf dem Boden zu bilden begann. Die Schere in seiner Hand war ebenfalls voller Blut. Er warf sie ins Waschbecken und rannte aus dem Raum.
Im Flur ließ er sich zu Boden fallen. Bens Augen waren weit aufgerissen. Was war da gerade passiert?
Hatte er den Typen umgebracht? Panik breitete sich in ihm aus. Er stand auf und lief zurück zum Badezimmer.
Da lag der Typ.
Er sah sehr wirklich aus.
Die Blutlache wurde immer größer.
Ben warf die Badezimmertür hinter sich zu.
Er ging den Flur entlang. Im Wohnzimmer ließ er sich auf das Sofa fallen. Er war so müde. Sein Körper schmerzte überall. Seine Hände waren voller Blut. Seine Jacke aufgerissen.
Er saß eine Weile so da und dachte überhaupt nichts. Starrte ins Dunkel.
Sein Blick wanderte auf die Kommode. Ein Foto seiner Familie, bei einem der letzten Familienurlaube aufgenommen. Alle lächelten ihn an.
Dann hörte er Stimmen im Treppenhaus. Nach wenigen Augenblicken hörte er die Rufe.
„Polizei! Wir kommen jetzt rein.“
Hatte er wirklich jemanden erstochen? Wie in Trance registrierte er, wie die Beamten einen Raum nach dem anderen sicherten. Gleich würden Sie das Badezimmer sehen. Gleich war alles vorbei. Er hatte jemanden umgebracht. In Notwehr. Aber jemanden umgebracht.
Als die Polizisten ins Wohnzimmer kamen, stand er auf.
„Ist er wieder weg oder wie? Wohin ist er gegangen?“
„Er ist im Badezimmer.“ Antwortete Ben ruhig.
„Ist er nicht. Ist er vielleicht geflohen?“ Ben stand auf. Er hatte Probleme, das Gleichgewicht zu halten. Einer der Beamten packte ihn.
„Der ist völlig weg. Verstehst Du, was ich sage?“ fragte der Polizist.
Ben riss sich los und lief mit großen Schritten in Richtung des Badezimmers.
Der Boden war blitzblank.
Ben sackte zusammen.
Schlafen, einfach schlafen.

 

Hallo liebe Wortkrieger,

ich bin neu hier und dies ist meine erste Geschichte. Überhaupt die erste, also seid ein wenig gnädig ;) Ich hoffe, sie unterhält euch ein wenig. Viel Spaß beim Lesen!

michail

 

Hallo michail,

willkommen hier, ich selbst bin auch noch nicht soo lange dabei.

Eine Frage:

Überhaupt die erste, also seid ein wenig gnädig

Wie soll ich das verstehen? Willst Du getätschelt werden oder möchtest Du offene, ehrliche Kritik?

Gruß
Geschichtenwerkwer

 

Hallo Geschichtenwerker,

Mir war nicht bewusst, dass das auch so negativ aufgefasst werden könnte. Ehrliches Feedback wäre mir am Wichtigsten. Wie auch immer es dann ausfällt.

Gruß
michail

 

Hallo michail,

erstmal ein herzliches Willkommen und ein großes Kompliment! Wenn das tatsächlich die erste Geschichte ist, die du je geschrieben hast, bist du eindeutig ein großes Talent! Ich bin voll dabei gewesen und habe den Eindruck, dass auch du ganz in der story drin warst, als du sie geschrieben hast. Alles stimmt. Du baust Atmosphäre auf, steigerst die Spannung, so dass ich unbedingt weiterlesen musste. Inhaltlich wie auch sprachlich habe ich kaum etwas auszusetzen. Ich schreib einfach mal, was mir aufgefallen ist:

1) Die Überschrift ist mir nicht ganz klar. Was haben die 37 Minuten zu bedeuten? Dauert es so lange, bis Ben zu Hause ist? Oder bis die Droge wirkt? Hier könntest du den Bezug zum Titel im Text noch mal klarer herausarbeiten, sonst weiß ich nicht, was es damit auf sich hat.

2) Zu viel "Ben". Manchmal könntest du auch " er" schreiben oder den Satz so formulieren, dass klar ist, Ben ist gemeint, muss aber nicht immer namentlich erwähnt werden.

3) ..."schien ihm die Nacht sehr viel schwärzer zu sein ..." schien würde ich weglassen, denn sie ist sehr viel schwärzer ohne Licht.

4) ..." stellte die Musik lauter, um das lauter werdende ..." 2x lauter. Würde ich anders formulieren, vielleicht "drehte die Musik auf."

5) ..." Er war etwas größer als Ben, und hatte einen schwarzen ..." Komma weg.

6) ..."Als Ben seinen Blick zurück in den Wagen wendete ..." klingt etwas holprig. Vielleicht: Als er sich erneut umwandte/umsah.

7) ..."dachte Ben sich ..." sich würde ich weglassen.

8) ..."Dann hörte Ben tiefe Stimmen ... Dann kamen ..." 2x dann, und im Satz davor und danach auch noch mal. Vielleicht kannst du das irgendwie anders formulieten. Auch "kamen" kommt zu oft vor, hier solltest du präziser werden. Schlendern, schlurfen, torkeln usw.

9) ... "Sitzplatz an einem Fenster ..." Am Fenster reicht, denke ich. Klingt auch flüssiger.

10) ... " Er ging den Flur entlang ..." Das ist mir zu lasch in der Situation. Er wird wohl eher rennen. Überhaupt reagiert mir Ben oft ein wenig zu cool. Basti erzählt ihm, dass die Bullen eingefallen sind und in der Bowle irgendeine Droge war. Ben hat keine Drogenerfahrung und nimmt das einfach so hin. Keine Paranoia, nichts. Stattdessen überlegt er, später zu googeln, was das wohl für eine Droge war. Das wirkt unglaubwürdig. Sollte er wirklich auf psychedelischen Drogen sein, wäre seine gesamte Umwelt verzerrt und würde sich nicht nur auf eine einzige Halluzination reduzieren. Einem Bekannten von mir hat mal jemand Stechapfel ins Glas getan. Der hat dann auch Gestalten gesehen, die er für real hielt. Trotzdem begrenzte sich das nicht nur auf eine Person.

11) ..."Das musste er einfach sein ... Der Wahnsinnige ..." Noch so ein Beispiel. Ben ist in Lebensgefahr und denkt da ganz cool drüber nach.

Unklar ist mir auch die Reflektion im Schaufenster. Gut, is schon klar, er is druff, aber so wirklich merkt er es ja nicht. Ich kombiniere: Es ist dunkel, Ben spiegelt sich im Schaufenster und sieht, dass der Typ 50(!) Meter hinter ihm ist. Das Bild krieg ich nicht so ganz hin. Und selbst, wenn das was mit der Droge zu tun hat, sollte Ben auffallen, dass grundsätzlich mit seiner Wahrnehmung etwas nicht stimmt. Das ist den Leuten normalerweise bewusst, wenn sie sich - wie Ben - noch normal fortbewegen können. Alles andere scheint ja völlig real zu sein, und die Polizei kann er auch noch anrufen.

Abgesehen von den Logikfehlern fand ich die Geschichte aber, wie gesagt, sauspannend und habe sie in einem Rutsch durchgelesen. Mehr davon!

Liebe Grüße von Chai

 

Hallo michail,

leider habe ich keine Zeit, vollständig durch Deinen Text zu gehen. Ich habe die Geschichte auch nur überflogen.

Ich fange aber mal an, etwas an Deinen Sätzen rumzumeckern, was Du mir nicht übel nehmen darfst, denn es soll nur eine Hilfestellung sein:

Der süßliche Geruch des Kunstnebels brachte ihn an den Rand einer Übelkeit. Diese Idioten mit ihrer Nebelmaschine, dachte Ben. Als wäre irgendwer auf der Tanzfläche noch nicht benebelt genug. Ben nahm einen letzten Schluck aus der Flasche, bevor er sich seine Jacke überwarf. Er spürte die Vibrationen des elektronischen Basses am ganzen Körper. Durch das bunt flackernde Stroboskoplicht sah er Basti auf sich zukommen.

Generell, finde ich, sollte man beim Schreiben versuchen, unnötigen Ballast loszuwerden (wenn mir das doch selbst leicht fiele ...). Warum? Weil man als Leser (normalerweise) keine Lust auf unnötigen Ballast hat. Bei Kurzgeschichten ist die Toleranz tendenziell noch geringer als z. B. bei Romanen.

Wenn man den ersten Satz nimmt, dann steckt in ihm eine ganze Menge unnötiger Information.

Zunächst das Adjektiv "süßlich". Ist das wichtig? Meine Antwort ist "nein", außer Dir wäre es wichtig, dass Dein Protagonist generell auf süßlichen Geruch mit Übelkeit reagiert. Dafür finde ich aber keinen Anhaltspunkt in Deiner Geschichte.

Dann folgt die ungelenke Formulierung "an den Rand einer Übelkeit". Darunter kann ich mir nichts vorstellen, denn die Übelkeit ist ein Zustand, der entweder vorhanden ist oder nicht. Die Übelkeit kann vielleicht stark oder schwach ausgeprägt sein, aber was der Rand der Übelkeit sein soll, erschließt sich mir nicht.

Ferner sehe ich auch nicht, dass die Stärke der Übelkeit für die Geschichte eine Rolle spielen soll.

Außerdem ist es auch ganz schön wenn man den Namen des Protagonisten früh einführt. Dieses Indirekte Einführen im zweiten Satz finde ich nicht besonders elegant. Aber da hat auch jeder seinen eigenen Geschmack.

Du könntest also z. B. den ersten Satz so schreiben:
"Der Kunstnebel drehte Ben den Magen um."

Um die Lesbarkeit zu erhöhen, empfiehlt es sich, Gedanken anders zu formatieren, z. B. kursiv.
Dann würden die nächsten Sätze lauten:

Diese Idioten mit ihrer Nebelmaschine! Als wäre irgendwer auf der Tanzfläche noch nicht benebelt genug.

Damit sparst Du auch gleich das "dachte Ben", was den Lesefluss unterbricht.

Der zweite Satz mit dem "benebelt" kann, glaube ich, gestrichen werden, denn in Deiner Geschichte geht es darum, dass Ben so eine Art Halluzination hat, sodass die anderen Leute unwichtig ist.

In dem Sinne auch gleich die Frage, wozu ist der folgende Satz notwendig?

Er spürte die Vibrationen des elektronischen Basses am ganzen Körper.

Klar, damit sagst Du, dass es laut ist. Ja, und? Wenn die Vibrationen die Übelkeit verstärken würden, hätte der Satz eher seine Berechtigung.

Das ganz kurz um ersten Absatz.

Generelle Anmerkungen:

Kennst Du "Show, don't tell"? Dieser Rat meint, dass man vor allem Emotionen und Charaktereigenschaften besser darstellt, indem man sie "zeigt" anstatt zu benennen. Wie jeder Rat ist auch dieser mit Vorsicht zu genießen und ich lote da selber gerade die Grenzen aus. Der Vorteil von "Show" ist, dass es eine gewisse Lebendigkeit in den Text bringt. Der Nachteil ist, dass der Text dadurch oftmals länger wird.

In Deiner Geschichte ist mir aber aufgefallen, dass Du praktisch nur erzählst und nichts zeigst, wodurch der Text farblos wird.

An Deiner Stelle würde ich in einem nächsten Schritt den Text kürzen und jede Information herausnehmen, die für Deine Geschichte irrelevant ist, z. B. so, wie ich es an den ersten Sätzen aufgezeigt habe.

Vielleicht kannst Du damit etwas anfangen, ansonsten vergiss es einfach.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hi michail !

Ich habe mich heute Mittag mit dem Handy schon an deine Geschichte gesetzt, schaffe es allerdings erst jetzt meine Kritik fertig zu schreiben.

Grundsätzlich möchte ich dir folgendes sagen:
Ich finde, dass du einen guten Schreibstil hast, es ist sehr angenehm zu lesen und mir hat die Geschichte an für sich (eigentlich) gut gefallen. Bei der schieren Masse an Geschichten die hier gepostet werden finde ich ist deine eine der wenigen, die es tatsächlich geschafft hat mich direkt zu packen. Leider muss ich aber auch sagen, dass es mir hierbei hauptsächlich um den ersten Teil bzw. den Anfang deiner Geschichte geht. Warum wirst du unten in der Kritik dann erfahren.

Ruh dich aber nicht all zu sehr auf diesem Kompliment aus, denn: man merkt deutlich, dass es dir an Übung und Erfahrung fehlt. Das ist aber nicht schlimm, denn das kann man problemlos aufarbeiten. Der Grundstock ist meiner Meinung nach vorhanden, nenn es »Talent« wenn du an so etwas glauben magst, aber der Rest fehlt dir natürlich noch. Sprich: es kommt eine Menge harter Arbeit auf dich zu (wenn du das willst, haha).

Grundsätzlich kann ich dir ein paar schnelle Tipps zuschieben, bevor ich meine eigentliche Kritik raushaue.

Schau mal hier rein: http://www.andreaseschbach.de/schreiben/buchtipps/buchtipps.html das ist eine wahre Goldgrube für jeden Schriftsteller. Selbst wenn man kein Fan von Eschbach oder Science Fiction ist, die Buchempfehlungen sind genial.

Da würde ich dir definitiv die »Stilfibel« empfehlen, ist ein geniales Buch um seinen Horizont bezüglich Satzbau, Wortwahl etc. zu erweitern. (Leider nicht was Satzzeichen und Rechtschreibung angeht, sonst würden meine Texte in der Hinsicht nicht so grauenvoll ausfallen :x... )

Außerdem »Garantiert schreiben lernen«, was eine in meinen Augen abgöttisch gute Technik vorstellt um Texte oder Szenen zu schreiben bzw. um den Schalter der Kreativität umzulegen. Eignet sich optimal für Kurzgeschichten.

Zuletzt kannst du auch mal hier schauen: https://marcusjohanus.wordpress.com/2011/07/29/wie-man-ein-verdammt-gute-kurzgeschichte-schreibt/ Marcus Johanus erklärt hier sehr gut, wie man es schafft um (mit seinen Worten) eine verdammt gute Kurzgeschichte zu schreiben. Vor allem das Sieben-Punkte-Programm von Dan Wells ist super.

So viel mal dazu. Reine Anregung, denn ohne Arbeit und Wissen schreibt niemand einfach so gute Texte und schon gar keine mit Bestseller-Charakter.

Jetzt zu meiner Kritik. Lass dich nicht irritieren falls das jetzt ein wenig im Kontrast zu dem steht was ich oben gesagt habe. Es ist leider wie die Schwaben sagen: nix gemeckert ist genug gelobt!
Ich habe einfach beim Lesen etwas mitgeschrieben und falls jemand oben schon etwas ähnliches geschrieben hat tut es mir leid:


Der süßliche Geruch des Kunstnebels brachte ihn an den Rand einer Übelkeit.

Finde ich als Einstieg in Ordnung. Vielleicht "der" Übelkeit anstatt "einer"? Und über "süßlich" würde ich auch nochmal nachdenken, ohne liest es sich in meinen Augen besser und den Geruch von Kunstnebel hat man im Kopf, wenn man das Wort "Kunstnebel" liest.

Diese Idioten mit ihrer Nebelmaschine, dachte Ben. Als wäre irgendwer auf der Tanzfläche noch nicht benebelt genug.

Gut geschrieben, man lernt die Stimmung/Ansicht des Charakters kennen, Identifizierung erfolgt.

Ben nahm einen letzten Schluck aus der Flasche, bevor er sich seine Jacke überwarf. Er spürte die Vibrationen des elektronischen Basses am ganzen Körper. Durch das bunt flackernde Stroboskoplicht sah er Basti auf sich zukommen.

Warum trinkt er aus einer Flasche? Der vorige Kontext weißt eher auf eine Disco oder so hin und weniger auf den eine Hausparty. Ich war noch nie auf einer Hausparty, in der jemand eine Nebelmaschine aufgefahren hat und in der Disco ist es jetzt nicht üblich aus Flaschen zu trinken (außer Bier, daran dachte ich beim Lesen allerdings nicht).

Die Party hier war sowieso nichts für ihn. Die Musik war ihm zu elektronisch, und er hatte das Gefühl, dass die meisten Gäste etwas eingeworfen hatten, von dem sie besser die Finger hätten lassen sollen.

Lass das »hier« wen und ich unterschreibe. Allerdings würde ich mir wünschen, dass du das besser umschreibst. Warum hat er den Eindruck, dass sie besser nichts eingeworfen hätten? Drehen die Leute ab, liegen sie total verschimmelt in den Ecken oder hat er einfach generell was gegen Drogen und mag es darum nicht?
Muss man natürlich nicht beschreiben, kann man auch einfach so stehen lassen. Aber da Drogen im Rest des Textes weiterhin eine Rolle spielen wäre das zumindest mal ein Ansatz um den Charakter besser kennen lernen zu können.

„Wenn sie doch noch kommt, sag ich dir Bescheid, damit du dich richtig ärgern kannst!“ rief Basti. Er musste beinahe schreien, um gegen die Lautstärke anzukommen. „Aber vielleicht nehm ich sie auch einfach mit zu mir!“

Dass er schreien muss weil die Musik arg laut ist hast du vorher schon erwähnt. Ein kurzes "schrie Basti noch zum Abschied" oder so würde denke ich ausreichen.

Sie, das war Jana, die eigentlich auch auf die Party kommen wollte, aber schon den ganzen Abend nicht auf Bens Nachrichten reagierte. Dabei hatte sie sich sehr auf die Party gefreut, weil sie ja neu in der Stadt war. Aber Jana war begehrt, vielleicht hatte ihr einfach jemand ein besseres Angebot gemacht. Ben beschloss, einfach abzuwarten. Sie würde sich schon wieder melden.

Hier hast du Jana gut und geschickt vorgestellt ohne das sie aufgetaucht ist. Streich das "ja" im Satz "weil sie ja neu..." Weg, dass ist unnötig. Auch im folgenden Satz das "Aber" kannst du streichen. Es passt nicht so ganz, zu einem aber brauchst du bei einem »aber« irgendwie einen Gegensatz und den gibt es ja hier nicht.
Etwas schade finde ich die Gleichgültigkeit, die Ben hier an den Tag legt ("er würde einfach abwarten, sie würde schon kommen"), dass passt nicht zu seinem restlichen Verhalten. Schließlich ist er ja nur wegen ihr auf der Party, oder?
Falls du rüberbringen wolltest, dass er den Coolen spielt, habe ich das hier nicht erkannt.

Eine hell erleuchtete Insel inmitten des Dunkels. Hier außerhalb der Stadt schien ihm die Nacht sehr viel schwärzer zu sein. Bis auf den leichten Wind gab es kaum Geräusche, zumindest bis der Zug sich durch ein entferntes Rauschen ankündigte.

Schön geschrieben, ruft tolle Bilder hervor. Nur "inmitten des Dunkels" liest sich etwas schepp. Vielleicht eher "Die Haltestelle hob sich wie eine Insel aus der Dunkelheit hervor." Oder irgendwie "im Kontrast zu" würde evt. leichter zu lesen sein. Und "leichter Wind" gefällt mir auch nicht zu 100%, vor allem im Zusammenhang mit Geräuschen passt mir "leicht" nicht so rein.

Der Zug fuhr mit dem vertrauten Poltern ein, gefolgt von dem mechanischen Kreischen der bremsenden Räder und dem Zischen der aufgehenden Türen.

Vertrautes poltern passt nicht zu "kreischenden bremsen" und "zischenden Türen". Etwas vertrautes ist ruhig und entspannt, die anderen Geräusche wirken bedrohlich und aggressiv.

Ben begann seine Kopfhörer zu entzerren und betrat den Waggon vor ihm. Der Zug bestand aus mehreren Waggons, die fließend ineinander übergingen, so dass man ziemlich weit hindurchsehen konnte. Er war der einzige Fahrgast. Das würde nicht lange so bleiben, dachte er sich. Sobald der Zug sich der Stadt näherte, würde es voller werden. Ein ganzer Waggon für ihn alleine, welch Privileg! Ben ließ sich in eine Sitzgruppe fallen und legte die Füße auf den Platz vor ihm. So ließ es sich aushalten

Vielleicht "entwirren" statt "entzerren"?
Den zweiten Satz könnte man kürzen, du willst ja nur sagen, dass er den kompletten Überblick von einem Ende bis zum anderen hat. Finde ich ungeschickt ausgedrückt.
Die Dinge, die er denkt würde ich hier nicht durch den Begleitsatz "dachte er sich" ausdrücken. Generell finde ich gibt es viel bessere Wege Gedanken auszudrücken, keine Ahnung vielleicht eher durch so was wie "er hatte im Gespür, dass sich das bald ändern würde." Oder so.

Den Ausdruck "welch Privileg" finde ich auch nicht so top. Wenn dann "was für ein Privileg", aber auch dann würde ich darauf verzichten und es anders schreiben.

Er setzte die Kopfhörer auf und stellte die Musik lauter, um das lauter werdende Fahrgeräusch zu übertönen.

Zweimal direkt nacheinander"lauter", muss ich hoffentlich nichts dazu sagen.

„Na, feierst Du schön? Schade, ich konnte einfach nicht. Frag nicht.“
Immerhin ein Lebenszeichen, dachte er sich. Er tippte die Antwort.
„Ich bin schon wieder weg. Hast nicht viel verpasst. Alles gut?“
Da war es wieder, das Schwindelgefühl. Ben musste aufsehen. Wenn er nicht aufpasste, würde ihm noch richtig schlecht werden. Vor seinen Augen drehte sich alles. Er atmete ein paar Mal tief durch. Ganz miese Mischung, das Zeug von Jakob.
Jana antwortete: „Ich hab Dir doch von dem Typen erzählt.“
„Dieser Irre, der dich stalkt? Ist er wieder da?“

Ab hier geht es für mich mit dem Text leider langsam bergab. Der Chat zwischen den beiden ist ein bisschen lahm, klingt nach Alltagszeug und als wäre ihm nichts besseres eingefallen zu schreiben. Man lernt etwas neues über Jana kennen, das wiederum ist gut. Du erwähnst allerdings zum dritten Mal auf wieder sehr ähnliche Weise wie deinem Protagonisten wegen der Bowle schwindelig ist. Auf die Art und weise klingt es solangsam sehr wiederholend und auch etwas lahm.

Jana war nur wegen dieses Spinners umgezogen. Er hatte ihr ständig aufgelauert und sogar Nächte im Auto vor ihrer Tür verbracht. Irgendwann war es ihr zu viel geworden und sie hatte nicht nur die Uni, sondern auch die Stadt gewechselt.
„Ich weiß nicht. Egal, lass uns morgen quatschen! Komm gut nach Hause!“, schrieb Jana.
„Sag Bescheid, ich würd gern mal mit dem reden!“
Sobald er die Nachricht abgeschickt hatte, kam er sich ein bisschen albern vor. Was für ein Held er doch war. Als keine Antwort mehr kam, schickte er noch ein „Gute Nacht!“ hinterher.
Ben musste erneut tief Luft holen. Er setzte sich auf, streckte sich und öffnete das Schiebefenster. Sofort zog ein kühler Wind durch den Waggon. Besser.
Dann erlosch lautlos das Licht.

Hier kriege ich das Gefühl, dass Jana kein besonderes Interesse an Ben hat. Das ist aber für mich in Ordnung, weil es irgendwie bis zu diesem Punkt logisch klingt. Er gibt sich ja auch keine wirkliche Mühe sie für sich zu gewinnen. Aber irgendwie glaube ich nicht, dass du das so wolltest.

Es weckt auch nicht so wirklich mein Interesse oder mein Mitleid oder sonst was. Löst in mir eher so ein bisschen Fremdscham aus. Warum reißt er sich nicht zusammen? Warum am Ende noch dieses "gute Nacht"? Er agiert nicht auf seiner Maximalkapazität. Wenn Jana eine so wichtige Person für ihn ist, wo ist dann sein Einsatz? Schließlich hat er seinen ganzen Abend für sie in den Sand gesetzt und jetzt wackelt er wie ein Hund mit dem Schwanz wegen einer kleinen SMS... Das ist zwar in Realität häufig bei Jugendlichen so, aber in einer Geschichte erhoffe ich mir etwas mehr.

Ich komme hier jetzt auch zum Ende meiner Kritik und das nicht ohne Grund: Bis hierhin fand ich die Geschichte toll, der Rest ist ziemlich karg...

Und das fängt bei mir ab dem Punkt an, als plötzlich das Licht ausgeht und der mysteriöse Mann mit Kapuzenpullover auftaucht. Das ist mir einfach zu geschleckt. Der Typ taucht auf, Ben versucht mit ihm zu reden, er reagiert nicht. Plötzlich ist er wieder weg, dann taucht er wieder auf, dann ist er wieder weg und auf einmal wieder da und verfolgt Ben in seine Wohnung... Und das Ende vom Lied: Ben hat ihn sich nur eingebildet und ist laut Polizei auf Drogen...

Das hab ich schon hundertmal wo anders gelesen und wurde schon tausendmal verfilmt und dir ist das leider nicht besonders gut gelungen. In meinen Augen zumindest. Dein Ende kommt nicht an das Niveau von deinem Anfang heran, es klingt abgedroschen und hastig. Und ich finde es schade, denn das Potential für eine gute Geschichte ist eigentlich gelegt.

So long,

Cowboy

Ps: Was zur Hölle hat eigentlich der Titel mit der Geschichte zu tun ... ?

 
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Hi Chai,

zunächst erstmal vielen lieben Dank für das tolle Feedback, freut mich, dass Dir die Geschichte grundsätzlich gefallen hat. In erster Linie möchte ich gern Texte schreiben, die gut unterhalten, auch wenn ich weiß, wie viel stilistisch noch im Argen liegt. Ich hoffe, durch Learning by Doing weiterzukommen, daher hilft mir Dein Feedback sehr. Zu Deinen einzelnen Punkten:

1) Die Überschrift ist mir nicht ganz klar. Was haben die 37 Minuten zu bedeuten? Dauert es so lange, bis Ben zu Hause ist? Oder bis die Droge wirkt? Hier könntest du den Bezug zum Titel im Text noch mal klarer herausarbeiten, sonst weiß ich nicht, was es damit auf sich hat.

Ersteres, ich wollte in der Überschrift den Rahmen der Geschichte abstecken. Alles spielt in 37 Minuten. Ich wollte damit einen Endpunkt setzen, aber angekommen ist das bisher bei niemandem ;)

Die stilistischen Anmerkungen werde ich in eine Überarbeitung einfließen lassen. Danke dafür - interessant, was man selbst so alles überliest...

Der Punkt zum Thema "zu cool" ist natürlich völlig richtig - er ist tatsächlich relativ teilnahmslos in vielen Momenten. Ich wollte den Charakter in den Passagen mit den Nachrichten wohl zu offen halten - etwas mehr Kontur wäre sicherlich wünschenswert.
Auch seine Reaktion auf die Erkenntnis ist wohl eher unterzeichnet...

Das Schaufenster liegt direkt vor ihm, er läuft darauf zu - ich denke, da bin ich im Text nicht klar genug.

Ich denke Dein Punkt am Schluss - dass er nur die Gestalt sieht, aber kaum andere Probleme hat, hat eine ganz besondere Tragweite - da werde ich ganze Teile überarbeiten... Vielen Dank für den Hinweis!

Es freut mich wirklich sehr, dass Du die Geschichte spannend fandest - das ermutigt wirklich, mich an die Nächste zu setzen!!

Danke und einen schönen Abend
michail


Hallo Geschichtenwerker,

vielen Dank für Deine Kritik.

Ich glaube zu wissen, worauf Du hinauswillst, an vielen Stellen fehlt die Präzision in der Beschreibung und Formulierung. Zu minimalistisch möchte ich gar nicht werden, da ich finde, dass viele Kleinigkeiten dem Text eine Farbe geben - aber der Ton sollte dann eben doch passen.

An manchen Stellen bin ich da schon recht zufrieden, an an anderen überhaupt nicht. Wahrscheinlich sollte ich den Text ein wenig ruhen lassen, um ihn dann noch einmal mit frischen Augen zu lesen und dann zu überarbeiten. Dabei werden mir Deine Anmerkungen sehr helfen.

"Show, don't tell" ist mir geläufig, und ich habe an vielen Stellen auch versucht, danach zu schreiben - wenig direkt zu beschreiben, sondern eher durch die Handlung und dir Reaktionen der Personen. Beispiel Basti und Ben - man sollte die Freundschaft im Umgang der beiden sehen, anstatt zu lesen, dass sie beste Freunde sind.

Ich hatte beim schreiben eher das Gefühl, zu wenig zu beschreiben - scheinbar ist dem absolut nicht so. Vielen Dank für Deine Tips!

Schönen Abend und viele Grüße
michail


Hallo LonesomeCowboy,

wow, danke für die vielen Anmerkungen und Tips. Toll, dass Du Dir so viel Zeit genommen hast, meinen Text zu kommentieren. Mir hilft das sehr weiter.

Andreas Eschbach ist mir natürlich ein Begriff. Ich denke, dass dort auch viele Bücher dabei sind, die mir beim Prozess helfen werden, im Moment bin ich dann doch eher noch am Herumprobieren. Aber es hilft schon sehr, Rückmeldung zu bekommen, allein und im stillen Kämmerlein entwickelt man sich nicht so leicht weiter...

Du hast viele Punkte im ersten Teil herausgegriffen, die anders formuliert sein könnten. Der süße Geruch, die Bierflasche, die Wirkung der Droge auf die Tanzenden - da ist vieles ausbaufähig.

Danke aber vor allem für den Punkt mit den Nachrichten zwischen Ben und Jana. Tatsächlich ist der Charakter Ben in vielen Momenten eher teilnahmslos. Das scheint Dich nachhaltig aus dem Text geworfen zu haben - Schade.

Ich fand tatsächlich das Spiel zwischen zwei Interpretationen, die aus Perspektive des Protagonisten nicht eindeutig als richtig oder falsch erklärt werden können, interessant. Er kann aus seiner Position nicht unterscheiden, ob etwas wahr ist oder nicht. Und stellt dann fest, dass sich auch falsche Wahrnehmungen sehr echt anfühlen können.
Ich fand das interessant - schade, dass ich Dich damit nicht abholen konnte.

Zum p.s.: Der Titel sollte die Gesamtdauer der beschriebenen Handlung abstecken, ich fand das als Einstieg nicht schlecht. Scheinbar ist das aber bei niemandem angekommen ;)

Nochmals vielen Dank also, ich hoffe, ich habe bei meiner Überarbeitung oder bei einer meiner nächsten Geschichten mehr Erfolg dabei, durch mitzunehmen!

Viele Grüße und einen schönen Abend
michail

 
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Hallo Michail!

Ich habe deine Geschichte tatsächlich bloß deswegen angeklickt, weil ein guter Freund von mir Michail hieß, und ich nie wieder einen Michail kennengelernt habe.

Deine Story hat mir wirklich sehr gut gefallen. Du machst vieles sehr richtig. Ich weiß nicht, wie lange du schon schreibst, ob du intuitiv ein Händchen für hast, oder schon länger dabei bist. Jedenfalls liest sich dein Stil sehr gut, keine Schreibfehler, keine unnötige Nabelschau, wie es leider bei sehr vielen Neulingen hier vorkommt, stattdessen ein sehr spannender Plot, keine Logikfehler, tolle Wendungen, ich finde es wirklich super. Gleich zu Beginn hattest du mich am Haken, als es um das Mädchen ging - da wollte ich einfach wissen, wie das ausgeht. Super. Dass dein Prot etwas im Drink hatte, war mir relativ schnell klar - dass jemandem so schwindelig von etwas Alkohol ist, das ist schon unnormal, und ich dachte relativ schnell daran. Dass es dann auch so gekommen ist, war keine große Überraschung; aber trotzdem fand ich das Szenario mit dem Mann in der Bahn, und ob er eine Halluzination ist oder nicht, extrem spannend. Sogar richtig gruselig, als der Strom ausfiel usw. Was mir auch gut gefällt, dass du schön szenisch schreibst, dass du direkt neben deinem Helden stehst und schreibst was er denkt, tut, und mich das als Leser miterleben lässt. Dein Held handelt auch nie irrational oder des Plotes wegen unnatürlich oder dämlich, sondern jede seiner Handlungen sind absolut nachvollziehbar, und so nehme ich dir jede Szene ab, die du mir erzählst, und die Spannung kann sich so natürlich vollends ausbreiten. Behalte das unbedingt bei.

Alle Lichter auf einmal, als wäre der Strom ausgefallen. Nicht einmal die Notausgangsschilder waren sichtbar. Schwärze breitete sich aus.
Ab und zu hast du noch so ein paar kleine Mätzchen im Text. Schwärze breitete sich aus. Das Bild ist schief - Tinte kann sich in Wasser ausbreiten, oder ein Fleck auf dem Boden, aber Schwärze? Wenn das Licht ausfällt, ist sie schlagartig da, sie fließt ja nicht wie Wasser durch den Waggon und breitet sich aus.

Ansonsten habe ich nichts als Lob. Hat mir wirklich sehr gut gefallen. Die Kunst ist natürlich, stetig neue Geschichten, neue Figuren zu erfinden - und weil zu viel Lob am Anfang manche zu satt man, und sie die Beine hochlegen und denken: Ich kann es ja jetzt, jetzt brauche ich nichts mehr machen: Bleib dran, weitermachen. Nur zu denken, man könnte, wenn man denn bloß täte, heißt noch nicht, es wirklich zu schaffen. :)
Bin gespannt.

Alles Gute
zigga

 

Guten Morgen zigga,

vielen lieben Dank für Deine Worte, es freut mich sehr, dass Dir meine Geschichte gefallen hat. Ich stehe noch ganz am Anfang, das ist mir bewusst. Auf jeden Fall ermutigst Du mich, dran zu bleiben und weiter zu arbeiten.

Ich schreibe normalerweise keine langen Texte, das ist mit Abstand das Umfassendste, was ich seit Jahren zu Papier gebracht habe. Außerdem habe ich einen echten Anfängerfehler gemacht, denke ich, weil ich den Text viel zu schnell nach "Fertigstellung" online gestellt habe. Es wäre besser gewesen, den Text noch etwas ruhen zu lassen, um ihn dann nochmal mit frischem Blick zu überarbeiten. Das werde ich im nächsten Schritt auch tun. Da sind schon noch so einige Mätzchen drin, die ich jetzt durch die Anmerkungen hier besser erkennen kann.

Schön, dass Du generell mit meinem Erzählstil etwas anfangen kannst. Ich habe mich beim Schreiben hauptsächlich auf den Plot und die Szenen konzentriert, und für den Anfang thematisch einen sehr begrenzten Rahmen für die Geschichte gewählt. Obwohl auch da noch viel Platz nach oben ist, werde ich versuchen, mehr Augenwerk auf die Charaktere und die Formulierungen zu legen.

Mir liegen noch ein paar andere Geschichten auf der Zunge, aber ich glaube, auch durch das Überarbeiten dieses Textes komme ich ein Stück weiter.

Nochmal vielen Dank für Deine Anmerkungen und viele Grüße!
michail

 

Hi michail,

Du machst schon einiges richtig, führst alles relevante der Story schön ein und deutest den Twist auch reichlich an. So wie man es nun einmal macht. Wenn das wirklich deine allererste Story sein soll, beneide ich dich um dein rohes Können. Meine ersten Werke sind deutlich verbesserungswürdiger.

Viel Spaß im Forum
Grayson

 

Hi Bas,

vielen Dank fürs Lesen und Deine Eindrücke! Ich habe beim Finale versucht, irgendwie kinetischer zu werden, da ist es wohl ein wenig mit mir durchgegangen. Es sollte schon auch ein wenig gehetzter sein, aber das geht auch anders, denke ich.

Das mit den Grabbeltisch-Thrillern ist ein tolles Kompliment für mich, mehr will diese Geschichte natürlich vom Ansatz her auch nicht sein. Trotzdem gibt es da noch eine Menge Dinge, die ich gern nochmal anpacken würde.

Ich werde Deine Punkte zum Finale in der nächsten Überarbeitung - so mich nicht eine andere Geschichte mehr packt in der Zwischenzeit - einfließen lassen. Etwas mehr "Fleisch" würde vielleicht helfen :)

Vielen Dank nochmal und einen schönen Abend!
michail

Hi Grayson,

vielen Dank für die tollen Worte, das freut mich sehr. Wenn ich recht nachdenke, hab ich in Schulzeiten schonmal versucht, Drehbücher zu schreiben. Ich bin allerdings nie über ein paar Szenen hinausgekommen. Erst recht habe ich die Niemandem außerhalb eines sehr engen Kreises zu lesen gegeben - wahrscheinlich zurecht. Ich habe damals aber ein Buch - ich glaube von David Mamet - gelesen, das mir sehr gefallen hat. Da ging es einfach um das Geschichtenerzählen an sich. Tatsächlich ist das aber die erste vollständige Geschichte.

In den Kommentaren bisher sind so viele Dinge, die ich jetzt viel klarer sehe, daher bin ich wirklich froh, hier angekommen zu sein. Ich muss jetzt erstmal eine Menge lesen, glaube ich. Hier gibt es eine Menge zu entdecken.

Vielen Dank noch einmal und einen schönen Abend!
michail

 

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