3 x 12 oder: Der Tag an dem ich Lufinger traf
Sehr geehrter Herr Libling
Unser gemeinsamer Freund, Herr Aigel, hat mich darauf hingewiesen, dass sich in Ihrer Sammlung die „5 Schilling aus der Grafschaft zu Ebersberg aus dem 14 Jh.“ befinden. Genau diese Münze suche ich bereits seit Jahren und es ist mir ein großes Anliegen diese zu erwerben, da sie die letzte ist, die in meiner Kollektion aus der Grafschaft zu Ebersberg noch fehlt. Ich hatte bereits zuvor versucht Sie zu kontaktieren, erhielt aber von Ihnen keine Rückmeldung. Darum versuche ich es noch einmal, in der Hoffnung, dass ich von Ihnen eine Antwort erhalte. Ich bin auch bereit einen weit höheren Betrag zu bezahlen, als die üblichen 30.000€. Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie sich von dieser Münze nicht trennen möchten, weil sie für Sie einen emotionalen Wert hat. Sollte dies der Fall sein, so verzeihen Sie mir, dass ich sie belästigt habe. Sollten Sie jedoch in Erwägung ziehen, diese Münze zu veräußern, so bitte ich Sie darum mich zu kontaktieren, um einen Preis auszuhandeln.
Eines Abends, ich saß rechts außen am halbrunden Spieltisch in der Rebensberger Hotellounge und mein Glas war reichlich mit weißem Wein gefüllt. Die illustre Runde bestand aus Herrn Dipl. Ing. Schweif, der Chef Konstrukteur in einem Unternehmen für Förderanlagen war; Herrn Wisent, dem Chef einer kleinen Firma die Armaturen für Autos herstellte; Herrn Dr. Slawitch, Chef Internist im örtlichen Krankenhaus, Herrn Mag. Lufinger, der mir gegenübersaß und den ich als einzigen in der Runde nicht kannte; der Würfeldame, deren Dekolleté heute wieder besonders tief geschnitten war und natürlich mir.
Diese Spielerunden wurden von Herrn Schweif organisiert und fanden einmal im Monat statt. Dem entsprechend war Herr Schweif auch mit allen Leuten am Tisch vertraut und war auch an den meisten Spielabenden anwesend. Alle anderen Gesichter und die Anzahl der Spieler wechselten von Mal zu Mal. Wir spielten „Geberpasch“, mit vereinfachten Regeln.
Der erste in der Runde legte etwas Geld auf den Tisch (mindestens 100€) und nannte eine Zahl von 2 bis 12. Der nächste musste dann mindestens den selben Geldbetrag auf den Tisch legen, durfte aber auch erhöhen und nannte dann eine Zahl von 2 bis 12, ausgenommen der zuvor genannten Zahl. Der Nächste musste dann wieder mindestens den Betrag des Vorgängers geben und wieder eine Zahl nennen die noch nicht genannt wurde, usw. War die Runde durch, so warf die Würfeldame ihre beiden Würfel in den Becher, schüttelte ihn zwei, drei Mal und schlug ihn dann auf den Tisch. Die Augen die gewürfelt wurden, wurden zusammengezählt und derjenige der die richtige Zahl genannt hatte, strich alles ein was geboten war. Sollte keiner die Zahl genannt haben, die gewürfelt wurde, was bei nur 5 Spielern ja öfters der Fall war, blieb das Geld auf dem Tisch für die nächste Runde. So konnten sich runden ergeben, bei denen sich etliche große Scheine anhäuften und bei denen die Freude über einen Gewinn, bzw. der Ärger über den Verlust, umso größer waren.
Hatte man die Regeln verstanden, war es ein reines Glücksspiel. Es war ein idealer Spaß um sich ein wenig zu zerstreuen, ohne dass das Gehirn ständig Wahrscheinlichkeiten berechnen musste, oder man gezwungen wurde abzuschätzen, ob ein anderer Spieler gerade blufft, wie beispielsweise beim Pokern. Jeder Depp konnte dieses Spiel spielen.
Der Erste der bieten musste, nannte naturgegebener Maßen die 7, da die 7 bei zwei Würfeln die höchste Gewinnchance bot. Natürlich gab es auch Ausnahmen von dieser Regel, wenn zum Beispiel Herren Wisents Bauchgefühl ihm versicherte, dass beim nächsten Wurf, ganz bestimmt und mit hundertprozentiger Sicherheit, die 9 kommt. Doch üblicherweise nannte der erste die 7, der zweite entschied sich dann meistens für die 6, oder die 8, da diese von der Wahrscheinlichkeit direkt hinter der 7 folgten.
Aber an diesem Abend war alles anders. Geschuldet war dies Herrn Magister Lufinger, der konstant, ungeachtet seiner Position im Spiel, nur auf 2 oder 12 setzte. Dementsprechend gewann er auch kaum eine Runde und der Geldstapel, der sich zu Beginn des Spiels noch auf seiner Seite befand, hatte sich bald auf uns andere Spieler aufgeteilt. Seine Stimmung hatte sich, wie sein Finanzstatus, ebenfalls verschlechtert. Doch obschon er sichtlich deprimiert war, war bei ihm keinerlei Lerneffekt zu erkennen. Es schien ganz so, als würde Herr Mag. Lufinger glauben, in diesem Spiel hatten alle Zahlen von 2 bis 12 die gleichen Gewinnchancen. Sein Verhalten deutete darauf hin, dass er seine Verluste bloß auf schlechtes Glück schob. Ich persönlich dachte nicht daran, ihn auf seinen Fehler hinzuweisen und glücklicherweise, sah sich auch keiner der anderen Spieler dazu gezwungen.
Bald war das Kapital des Magisters aufgebraucht und die paar Scheine, die noch an seiner Seite lagen, reichten nicht mehr aus, um die nächste Runde zu bezahlen. Um vielleicht doch noch die Hürde zu schaffen, zog der Magister sein Portemonnaie und entleerte es auf dem Tisch. Neben ein paar Kreditkarten und Rechnungsbelegen, fielen auch einige Münzen heraus. Da ich ein leidenschaftlicher Münzsammler war, fingen diese Geldstücke meinen Blick, obschon ich natürlich nicht erwartete, in diesem Berg aus Kupfer, etwas Anderes, als ein paar Eurocent zu finden.
Doch eine Münze, mit merkwürdig goldenem Glanz, stach in mein Auge. Konnte es sein? Nein, denn in allem was dieses Universum an Zufällen für mich bereithielt, lag es nicht im Entferntesten in der Möglichkeit, dass diese Münze die war, die ich schon so lange suchte. Und dennoch, sie hatte den richtigen Glanz, die richtige Größe und soweit ich aus der Entfernung erkennen konnte, das Abbild des Grafen zu Ebersberg.
Sofort wandte ich mich zum Magister und bat ihn, mir diese Münze kurz zu zeigen. Er reichte sie willig über den Tisch, ohne den Anschein zu erregen, dass er verstünde, was sich da in seinem Besitz befand. Mit meinen Fingern überprüfte ich das Gewicht. Über die Jahre hatte ich mir antrainiert, Münzen mit den Fingern zu wiegen, so konnte ich sehr gut abschätzen, ob ein Geldstück aus Gold, Silber, oder doch nur Nickel bestand.
Soweit ich abschätzen konnte, war das Stück in meinen Händen aus Gold. Auf Grund dieses Indiz, schwand mein Zweifel über die Echtheit dieser Münze ein wenig, kehrte aber dann in vollem Ausmaße wieder zurück, als ich daran dachte, welch ein unglaublicher Zufall es war, dass sie mir gerade hier in die Hände fiel. War dies vielleicht ein Scherz der anderen Spieler? Ich kannte den Mag. Lufinger bis vor ein paar Stunden noch nicht und hielt es durchaus für wahrscheinlich, dass sich dieser mit dem Dipl. Ing. Schweif abgesprochen hatte, um mich reinzulegen. Obwohl ich mich auf die Schnelle nicht erinnern konnte wann und wo, so hatte ich doch sicher in irgendeinem Gespräch mit einem der anderen Spieler die gerade anwesend waren, über meine Münzsammlung gesprochen und sicherlich dabei auch die „5 Schilling aus der Grafschaft zu Ebersberg“ erwähnt, die mir noch fehlten.
Ein Blick in die Runde zeigte mir allerdings, dass mir und der Münze, niemand Beachtung schenkte. Der Dipl. Ingenieur und der Doktor plauderten miteinander und der Herr Wisent machte der Würfeldame schöne Augen, während alle darauf warteten, ob der Mag. Lufinger vermochte, noch genug Geld zusammenzukratzen, damit die Runde beendet werden konnte.
„Sollen sie sich doch einen Spaß mit mir erlauben!“, dachte ich, es war mir egal. Diese Gelegenheit, auch wenn sie noch so unwahrscheinlich war, konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ich fragte den Magister höflichst, woher er denn diese Münze hätte. Er erwiderte, dass er sie gestern Abend, beim durchstöbern alter Sachen, in seinem Keller gefunden hatte und dass er sie die nächsten Tage schätzen lassen wollte. „Eine Geschichte so glaubwürdig wie auch unspektakulär.“, dachte ich insgeheim und überlegte mir meine nächsten Schritte. Mein jetziges vorgehen war von höchster Brisanz. Sollte ich dem Magister vom wahren Wert dieser Münze erzählen? Ich war mir sicher, dass ich ihm diese Münze noch heute Abend, für einen weit günstigeren Preis abluchsen konnte, als die rund 30.000€ die ich unter normalen Umständen bezahlt hätte. Die Frage war, was wäre geschehen, wenn er anschließend herausgefunden hätte, was diese Münze wirklich wert war. „Egal!“, dachte ich. Im schlimmsten Fall, hätte sich mein Anwalt darum gekümmert. Im Moment zählte nur, welche Lüge ich ihm nun servieren sollte.
Ich wandte mich wieder zu ihm, reichte ihm die Münze und meinte: „Da haben Sie ja einen kleinen Goldschatz in ihrem Keller gefunden. Solch eine Münze bringt auf Sammlerbörsen 1600€, besonders gut erhaltene Exemplare bis zu 1900€.“ Als er das vernahm, wandelte sich der Blick des Magisters von melancholischer Betrübtheit zu freudiger Entzückung. Auch die anderen Spieler wurden plötzlich hellhörig und konzentrierten sich jetzt auf unser Gespräch. Auf die Frage des Magisters, woher ich denn solch fundiertes Wissen über Münzen hatte, erwiderte ich ehrlicher weise, dass ich diese sammle und ich bereit wäre, ihm diese Münze für 1900€ abzukaufen. Geradezu reflexartig, mit gewisser Forschheit, erwiderte der Magister: „Warum nicht gleich 2000€?“
Genau darauf hatte ich gewartet. In ebenso schneller Manier wie er diese Frage gestellt hatte, hatte ich ihm schon meine Hand entgegengestreckt und meinte: „Gut dann eben 2000€.“ Ich erwartete, dass er nun genauso schnell darauf reagierte und meine Hand drückte, um das Geschäft abzuschließen, doch er zögerte. Vermutlich war er eingeschüchtert von meiner schnellen Reaktion, ein Fehler der mir nicht noch einmal unterlaufen sollte. Während er scheinbar angestrengt nachdachte, zog ich meine Hand langsam wieder zurück.
„Ich möchte um die Münze spielen.“, meinte er ein wenig schüchtern. „Verdammt!“, dachte ich zunächst, doch mit Schwierigkeiten war zu rechnen. Das Leben servierte einem nicht alles auf dem Silbertablett. Allein, dass diese Münze hier in diesem Raum war, hatte mein Glück wahrscheinlich auf Jahre hin aufgebraucht. Ab jetzt musste ich sie mir hart verdienen.
Ich ergriff die Initiative und richtete das Wort an die Runde: „Da die hier anwesenden Herren alle keine Münzen sammeln, erachte ich es für unnötig, dass alle am nächsten Spiel teilnehmen. Ich schlage daher vor, dass das Spiel um die Münze, nur zwischen mir und dem Herren Magister Lufinger stattfindet.“ Glücklicherweise waren die anderen Spieler einverstanden und ich musste nur noch die Regeln festlegen. Da ich mit Geld spielte und der Magister mit der Münze, konnten wir nicht die üblichen Regeln verwenden.
Als Gegenwert zur Münze bot ich dem Magister mein gesamtes Geld, das ich an dem Abend erspielt hatte, an die 6000€. Dann verlangte ich von ihm eine Zahl zwischen 2 und 12 zu rufen. Die Tradition, immer die 2 oder die 12 zu nennen, wie den gesamten bisherigen Abend über, setzte er erwartungsgemäß fort. Er nannte die 12. Ich rief die 7 und fuhr mit meiner Bestimmung der Regeln fort: „Da meine 6000€ einen doch deutlich höheren Wert darstellen, als die Münze, schlage ich vor, dass sich das auch im Spiel wiederspiegeln sollte. Meine Gewinnchancen sollten auf den Mehrwert meines Einsatzes angepasst werden. Ich möchte daher, dass 3-mal hintereinander gewürfelt wird. Sollte die 12, die der Magister genannt hat, 3-mal hintereinander fallen, so bekommt er meinen gesamten Einsatz. Sollte die 7 mindestens einmal in den 3 Würfen fallen, so bekomme ich die Münze. Sollte weder das eine, noch das andere Szenario eintreten, so werde ich dem Magister die Münze für 2500€ abkaufen. Stimmt der Magister Lufinger dieser Regelung zu?“
Die anderen Spieler sahen mich skeptisch an, doch sie sagten nichts. Auch die Würfeldame musterte mich mit leicht zugekniffenen Augen, blieb aber professionell in ihrer Rolle als neutrales Medium. Natürlich wäre kein vernünftiger Mensch auf dieses Angebot eingegangen. Während unter 3 Würfen eine hohe Wahrscheinlichkeit bestand, dass darunter einmal die 7 vorkam, war es praktisch unmöglich, dass 3-mal hintereinander die 12 fiel. Doch hatte ich es mit keinem vernünftigen Menschen zu tun. Dies hatte er in den vorübergegangenen Spielrunden mehrfach bewiesen. Selbst wenn er Einspruch gegen diese Regelungen erhoben hätte, so hätte er auf Grund dieses unverschämten Angebots meinerseits, bereits eine schlechte Verhandlungsbasis für seinen Gegenvorschlag gehabt.
Tatsächlich hatte der Magister einen Einwand, aber nicht, wie zu erwarten war, gegenüber der Regelung des Spiels, sondern gegen die Höhe meines Einsatzes. Er wollte diese Regeln nur akzeptieren, wenn ich ihm mehr bot als bloß das erspielt Geld, nämlich alles was ich gerade bei mir hatte.
Der Magister dachte wohl ich hätte noch etwas Geld in meinem Portemonnaie, was auch stimmte, ca. 200 vielleicht 300€. Zusätzlich trug ich noch eine Armbanduhr, die ebenfalls ca. 200€ wert war. Dann war da noch mein Handy, Kaufpreis 600€. Die Schlüssel zu meinem Haus und Auto die sich in meiner Hosentasche befanden, ließen mich kurz zögern, doch dann dachte ich daran, dass in „alles was ich gerade bei mir hatte“ zwar die Schlüssel zu Haus und Auto, aber nicht Haus und Auto selbst enthalten waren. Zu guter Letzt dachte ich noch an meinen Anzug. Wäre der Magister wirklich so herzlos gewesen und hätte mich nackt nach Hause laufen lassen? Diese Überlegung war jedoch unnötig, denn er hätte ohnehin nicht gewonnen. Wichtig war nur, dass er beriet war auf mein Angebot einzugehen. Darum stimmte ich schnell zu und versicherte ihm, dass, sollte er gewinnen, alles was ich gerade bei mir hatte, ihm gehören würde. Ich streckte ihm meine Hand entgegen und der Magister ergriff sie willig. Damit war der geschäftliche Teil abgeschlossen.
Das Gesicht des Magisters spiegelte eine Freude wieder, wie ich sie selten erlebt hatte. War er wirklich so froh, dass er meinen Einsatz ein wenig hochgehandelt hatte? „Welch ein Amateur!“, dachte ich. Diese Naivität zu glauben er habe dadurch Irgendetwas gewonnen, formte meine Lippen zu einem breiten Grinsen, das ich nicht unterdrücken konnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass einmal die 12 bei einem Wurf fiel, war 1 geteilt durch 36. Wollte man dies für drei Würfe hintereinander berechnen, so musste man diese Zahl noch der dritten nehmen. Obschon ich dies nicht auf die Schnelle in meinem Kopf berechnen konnte, wusste ich, dass diese Zahl so verschwindend gering war, dass ich mir keinerlei Sorgen machen musste.
Die Würfel Dame war bereit. Sie nahm die Würfel in ihre zierlichen Finger, zeigte sie noch einmal kurz uns Spielern und warf sie dann in den Becher. Sie schüttelte den Becher und schlug ihn verkehrt herum auf den Tisch. Alles außer einer 12 bedeutete, die Münze gehörte bereits mir. Die Frage war nur, für 2500€ oder gratis. Die Würfeldame hob den Becher und auf beiden Würfeln waren jeweils sechs Augen zu sehen. Dieser Bastard hatte die erste Hürde tatsächlich genommen. Eine ganz leichte Unsicherheit stellte sich bei mir ein, die allerdings sofort wieder verschwand, als ich mir vor Augen führte, dass er dieses Kunststück, diesen unwahrscheinlichen Wurf, noch 2-mal wiederholen musste.
Aus dem Augenwinkel beobachtete ich die Mine des Magisters. Diese hatte sich, wider zu erwarten nicht in Freude, sondern in einen beinahe emotionslosen, leicht aggressiven Blick verwandelt und mit diesem starrte er mich unentwegt an. Bisher hatte er seinen Kopf nicht gewendet um das Ergebnis des Wurfes zu sehen, so als wüsste er bereits, dass der Wurf zu seinen Gunsten ausgegangen war. Er starrte mich nur immerwährend an.
Die Würfeldame bereitete den nächsten Wurf vor. Sie zeigte uns die Würfel, warf sie in den Becher und schüttelte. Noch immer starrte mich der Magister an, bis ich selbst dazu getrieben wurde zurück zu starren. Ich versuchte meinen Gesichtsausdruck auf seien anzupassen, um ihm zu zeigen, dass er mich nicht verunsichern konnte. Doch je länger ich in seine Augen sah, wuchs in mir ein Gefühl der Unsicherheit. Irgendetwas an dieser Situation war merkwürdig und schuld an diesem Eindruck, war alleine der Mann der mir gerade gegenübersaß.
Meine Augen waren nun vollkommen auf seine fixiert und ich erkannte in ihnen ein gelbes Leuchten. Dieses Leuchten, dieses Schimmern, dieses Flackern, zog mich so sehr in seinen Bann, dass ich nicht mehr auf das Spiel achtete. Dadurch bemerkte ich nicht, dass die Würfeldame den Becher bereits gehoben hatte. Ein räuspern der Würfeldame, die darauf wartete, dass einer von uns den Wurf betrachtete, brach den Bann in dem ich mich befand. Ich blickte kurz auf die Würfel und sah abermals zwei Sechsen. Hatte ich irgendeinen Fehler begangen? Selbst mit nur einem Wurf, die Chancen standen immer noch auf meiner Seite, doch diese Tatsache ließ mein Unbehagen nicht kleiner werden.
Wie fremdgesteuert wanderte mein Blick zurück zum Magister, der mich immer noch emotionslos anstarrte. Einzig das Leuchten in seinen Augen war stärker geworden und ich erkannte nun auch was dieses Leuchten war. Es war Feuer und in diesem Feuer sah ich mein Abbild, das sich in den Augen des Magisters spiegelte. Plötzlich fühlte ich einen Stich im Herzen, als hätte man einen rot glühenden Nagel durch meinen Brustkorb geschlagen. Ich hatte Schwierigkeiten zu atmen, legte meine rechte Hand auf die Brust, mit der linken stützte ich mich auf den Tisch. Die anderen Spieler saßen nur regungslos da, ohne auf meinen Zustand zu reagieren. Da dämmerte mir plötzlich, dass unter der Menge an Dingen, die ich gerade bei mir hatte, sich auch meine Seele befand.
Die Würfeldame schlug den Becher noch ein letztes Mal auf den Tisch und hob ihn sogleich wieder hoch. Ich war noch immer in den Augen des Magisters gefangen, daher konnte ich meinen Kopf nicht drehen um das Ergebnis zu sehen.
Langsam wurde der Schmerz in meiner Brust schwächer und ich bekam auch wieder Luft. Die Flammen in den Augen des Magisters glommen ebenfalls ab und ich konnte meinen Blick von ihm lösen. Ich war zwar nun in der Lage das Ergebnis des Wurfes zu betrachten, doch ich hatte zu viel Angst davor. Daher hielt ich meinen Kopf noch in die Richtung des Magisters gewandt und somit die Würfel aus meinem Blickfeld.
Der Magister stand langsam auf, nahm die Münze in die Hand und ging zu mir, auf meine Seite des Tisches. Er bäumte sich vor mir auf und legte das Geldstück vor mich hin. Dann beugte er sich leicht über mich und sprach mit ruhiger Stimme: „Die schenke ich Ihnen, ich habe was ich wollte.“ Anschließend verschwand er aus dem Raum und ich habe den Magister nie wieder gesehen.
Schlussendlich hatte ich die Münze und fühlte dennoch keine Freude, denn dies war der Tag, an dem ich den Teufel traf.