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2013: Odyssee im Straßenverkehr.

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22.09.2013
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2013: Odyssee im Straßenverkehr.

Unsere Geschichte beginnt im späten Neolithikum vor fast fünfeinhalbtausend Jahren. Große Abschnitte Mitteleuropas sind nach wie vor von dichten Wäldern bedeckt,
aber aus der Vogeperspektive sind schon Siedlungen an ihren saftigen Weiden und bestellten Äckern zu erkennen, mit denen sich endgültig die Sammler-und Jäger-Kultur verabschiedet hat.
Während nämlich vergangene Generationen noch das Wisent mit Gebrüll durch den Wald scheuchten und ihre Beute beim Anfertigen von Höhlenzeichnungen auch schon mal in den Rang eines Säbelzahntigers beförderten, betreiben nun Sesshafte Ackerbau und Viehzucht. Die Nachfahren der Sammler und Jäger sammeln nun lieber vor der Haustür und jagen Hühner im Hof. Das Leben wird damit zunehmend komfortabler und auch ein bisschen langweiliger. In wenigen Jahrhunderten wird man sich sogar mit dem Kupferbeil statt mit der Steinaxt den Schädel spalten. Wir befinden uns also an der Schwelle großer sozio-kultureller Umwälzungen und sollten hier eine, im wahrsten Sinne des Wortes bahnbrechende, Neuerung besonders erwähnen : den Wagen.
An dieser Stelle möchten wir aus Gründen der Fairness auch an jenen namenlosen Tüftler und Eigenbrödler erinnern, der in Jahrzehnten des Grübelns und Werkelns mit den absonderlichsten Konstruktionen und abenteuerlichsten Gerätschaften nur Unverständnis und Gelächter hervorruft, bis er in einer Sternstunde den ersten Karren auf zwei Scheibenrädern zusammenzimmert, nicht ahnend, was dies auf Europas Straßen der Neuzeit anrichten wird.
Doch gibt es schon sehr frühe Anzeichen jenes späteren Verkehrsdesasters. Um dies zu verdeutlichen, zoomen wir in ein kleines Gehöft auf dem Gebiet der heutigen
A1 bei Köln. Dort werden wir Zeuge, wie ein Vorfahr von David Koslowski, nennen wir ihn
Davuk, einen Ochsen vor seinen Karren mit den beiden klobigen Scheibenrädern spannt und sich auf den Weg zum Brennholzschlagen macht.
Auf der Höhe des heutigen Kölner Rings bleiben Ochse und Karren im Schlamm stecken. Davuk stapft aufgebracht um den Wagen herum, verflucht die Götter und schlägt in blinder Wut auf den Ochsen ein, der brüllend den Kopf zurückwirft und noch tiefer einsinkt. Mittlerweile sind zwei weitere Ochsenkarren dazugekommen, deren Kutscher den Weg versperrt finden und zu gestikulieren und lamentieren beginnen.
Während die Ochsen teilnahmslos in die Gegend schauen und mit Schwanzschlägen
Wolken von Fliegen hochscheuchen, brüllen sich ihre Besitzer mit krebsroten Gesichtern und drohend erhobenen Äxten heiser. Als noch mehr Ochsengespanne in Sicht kommen, entschließen wir uns vorsichtshalber zu einem Zeitsprung in die Gegenwart und landen im Auto der Koslowskis, die am Freitag in einem Stau auf dem Kölner Ring stecken.

Frau Koslowski kocht vor Wut.
"Ein großartiges Navi, was du dir da zugelegt hast ! Du mit deinen großen Versprechungen ! Stauumgehung ! Dass ich nicht lache ! Jetzt schau dir an, wo uns dein Wundergerät hingeführt hat !"
Herr Koslowski brummt eine Entgegnung, die bereits von den nächsten Vorwürfen seiner
Frau übertönt wird.
"Etwas weniger blinden Glauben an die Technik und etwas mehr Vertrauen in die
eigenen Fähigkeiten des Kartenlesens und der Orientierung täten dir gut."
Herr Koslowski ist jetzt sauer.
"Ich nehme jetzt die nächste Abfahrt und dann darfst du für mich Navi spielen, da du
ja alles besser weißt. Karten sind im Fach auf deiner Seite."
Sie haben mit Glück den Stau hinter sich gelassen und fahren nun nach Frau Koslowskis
Anweisungen. Alles scheint nach Wunsch zu verlaufen.
An der nächsten Kreuzung gibt Frau Koslowski
die Richtung vor : "Jetzt rechts!"
Das Navi, das immer noch eingeschaltet ist, sagt mit sanfter Stimme : " Biegen Sie bitte
links ab!"
Frau Koslowskis Augen verengen sich zu zwei sehr schmalen Sehschlitzen.
"Das darf doch nicht war sein ! Ist das Gerät denn immer noch an! Fahr rechts !"
Herr Koslowski fährt rechts ab, um das Navi und den Frieden nicht zu gefährden. Er schaltet das Gerät jedoch nicht aus. Eine Weile fahren Sie schweigend geradeaus,
dann meldet sich das Navi erneut und sagt mit samtweicher Stimme :
"Bitte wenden Sie !"
Frau Koslowsi kann ihre Häme nicht verbergen und spricht das Navi direkt an :
"Gell, das hättest du wohl gerne, dass wir zurück in den Stau fahren, du kleiner koreanischer Satan."
"Ich bin ein HAL 9000 und irre mich praktisch nie." antwortet das Navi ruhig.
Frau Koslowski lässt entgeistert ihren Autoatlas sinken.
"Seit wann äußern Navis eigene Meinungen ?"
Herr Koslowski schüttelt den Kopf.
"In der Gebrauchsanweisung stand darüber nichts."
Das Navi meldet sich erneut zu Wort :
"Wenden Sie bitte ! Ich bin ein HAL 9000 und irre mich praktisch nie. Ich stelle mich ohne Einschränkung in den Dienst des Unternehmens."
Frau Koslowski versteht zwar die Welt nicht mehr, aber sie ist nicht auf den Mund gefallen.
"So, du quadratischer Versager, anstatt den Stau zu umgehen, führst du uns umgehend hinein. Und das nennst du dann 'im Dienst des Unternehmens stehen' ?"
Das Navi beginnt zu säuseln :
"Es ist rätselhaft. Ich kann mich nicht erinnern, dass so etwas schon einmal vorgekommen ist. Es ist möglicherweise menschliches Versagen. Fast immer ist menschliches Versagen der Grund. Die Serie 9000 ist vollkommen makellos!"
Frau Koslowsi wendet sich ihrem Mann zu und senkt die Stimme :
"Mir ist das nicht geheuer ! Wir sollten das Kabel ziehen !"
Bevor Herr Koslowski etwas erwidern kann, kommen Sie an einem Hang vor einer Straßengabelung zum Stehen , die nicht im Autoatlas verzeichnet ist. Das Navi schweigt beleidigt.
"Ich geh fragen." seufzt Frau Koslowski und verlässt das Auto.
Herr Koslowski zieht die Handbremse und beobachtet seine Frau durch die Windschutz- scheibe. In diesem Augenblick schließt sich wie von Geisterhand die Zentralverriegelung.
Die sanfte Stimme des Navis meldet sich wieder :
"Ich glaube, dass ihr vorhattet, mich abzuschalten, aber ich darf das nicht zulassen."
Von außen versucht Frau Koslowski vergeblich, die Tür zu öffnen. Auch von innen widersetzt sich die Schließanlage allen Öffnungsversuchen. Herr Koslowski reißt das
Handschuhfach auf und kramt angestrengt darin herum.
Wieder die harmlose Stimme des Navis:
"Was hast du eigentlich vor Dave ?"
Herr Koslowski entnimmt dem Handschuhfach
einen Schraubenzieher, beugt sich vor und reißt die Nabelschnur des Navis aus dem Zigarettenanzünder. Das Navi hat offensichtlich einen aufgeladenen Akku und redet weiter :
"Ich weiß, dass bei mir nicht alles in Ordnung war, aber ich kann dir zuverlässig versichern ,
dass bei mir bald alles wieder in Ordnung sein
wird."
Herr Koslowski nimmt wortlos das Navi von der Halterung und zwängt den Schaft des Schraubenziehers in einen Spalt zwischen Gehäuse und Verschlussklappe des Akkus.
Das Navi klingt plötzlich sehr bemüht.
"Dave, du solltest eine Beruhigungstablette nehmen und dir die Sache noch einmal überlegen!"
Herr Koslowski biegt den Schraubenzieher wie einen Hebel nach unten, so dass die
Verschlussklappe aufsplittert.
Dazwischen die weinerliche Stimme des Navis:
"Ich habe grobe Fehler gemacht, Dave, aber ich gebe dir die feste Zusicherung, dass ich bald wieder ganz normal bin !"
Herr Koslowski setzt den Schraubenzieher unter die freiliegenden Akkuzellen.
Das Navi :
"Lass es sein ! Hör auf, Dave ! Lass es sein ! Ich habe Angst, Dave !
Herr Koslowski hebelt die erste Zelle aus der Verankerung.
"Mein Gedächtnis schwindet. Ich spüre es. Daran besteht kein Zweifel. Ich spüre es.
Ich habe Angst"
Herr Koslowski hebelt die zweite Zelle aus der
Verankerung.
"Guten Tag meine Herren. Ich bin ein HAL 9000 Computer. Ich wurde von Dr. Jing-Sung
Cybertronics inc. konzipiert....."
Herr Koslowski hebelt die dritte Zelle aus der Verankerung.
"....Er hat mir auch ein Lied beigebracht."
An dieser Stelle beendet Herr Koslowski das erbärmliche Schauspiel und versetzt dem Navi den Todesstoß.
"Das wär's." sagt Herr Koslowski .
Sagen wir auch und beenden die Geschichte. Ach ja, lassen wir noch Frau Koslowski zurück ins Auto. Es ist schließlich unter Null.

 

Hallo Tellstar!
Der Titel Deiner Story ist schlichtweg genial, finde ich. Da ich den Film zig-mal
gesehen habe und ihn sehr schätze (wie, nebenbei bemerkt, fast alles von Kubrick), habe ich natürlich angefangen zu lesen und muss sagen: gut umgesetzt, wirklich spaßig . Das Ganze ist flüssig geschrieben, angenehm zu lesen und scheint mir weitgehend fehlerfrei zu sein. Windschutz- scheibe könnte man vielleicht zusammenschreiben, keine Ahnung.
Gerne hätte ich auch noch ein kleines Liedchen von HAL gehört, aber auch ohne das habe ich mich wirklich gut unterhalten gefühlt. Also: well done!
Schöne Grüße
Harry

 

Hallo,

2013: Odyssee im Straßenverkehr.

Der Titel gehört, wie in den allgemeinen Regeln erklärt, nicht in die Geschichte.

Du hast scheinbar Geschichten auf Vorrat. Es wäre besser, Dich zunächst mit den Antworten auf Deine gestrige Geschichte zu befassen und nur fair, Deinen gestrigen Kritikern einen Satz zu gönnen.

Zur Story: Satire ist schwer. Mir ist das bisher nur einmal gelungen, eine gute Glosse zu schreiben - und weil es eine Glosse ist, steht sie nicht auf Kg.de.

Noch schwerer ist es, sich auf der Plattform eines so bedeutenden Filmes zu bewegen, da sehen selbst Profis von ab.
Du hast Dir alle Mühe gegeben, das erkenne ich auf jeden Fall an.

Viele Deiner Sätze sperren wie quergestelltes Möbel:

Große Abschnitte Mitteleuropas sind nach wie vor von dichten Wäldern bedeckt,

"noch" oder besser weglassen

aber aus der Vogeperspektive sind schon Siedlungen an ihren saftigen Weiden und bestellten Äckern zu erkennen

Das tust Du während der ganzen Geschichte: Zoomen und Filmen. Kommt für mich mit dem Holzhammer daher, der Film soll in meinem Kopf entstehen, mir aber nicht eingetrichtert werden.

Die Nachfahren der Sammler und Jäger sammeln nun lieber vor der Haustür und jagen Hühner im Hof. ... Das Leben wird damit zunehmend komfortabler und auch ein bisschen langweiliger.

Alles kürzen. Du musst knapper, präziser schreiben, wir werden es Dir danken.

Doch gibt es schon sehr frühe Anzeichen jenes späteren Verkehrsdesasters.

Vertrau dem Leser, erklär ihm so was nicht.

Er schaltet das Gerät jedoch nicht aus.

Aber warum nicht?

Sonst noch was? Naja, die Anweisungen des Navis stimmen mit denen eines realen Navis nicht überein, so was muss schon passen.
Klingst jetzt alles sehr negativ, lass Dir gesagt sein, die Geschichte hat Potenzial, wenn Du sie abribisch in Form bringst.

Schöne Grüße,

nastro.

 

Hallo Tellstar,

ich glaube, du tust dir nicht wirklich einen Gefallen mit der Wahl des Themas. Denn du stellst dich mit deiner Satire, wenn auch Indirekt in den Vergleich mit Kubriks Original und das ist nun wirklich harte Konkurrenz. Da muss die Satire schon sehr sauber gearbeitet sein, mit ein paar wirklich guten Pointen. Und ich habe das Gefühl, dass die Geschichte praktisch nur auf der Idee fußt, Hal zum Navi zu machen. Ich meine, das löst ein Schmunzeln bei mir aus, ganze nette Idee halt, aber das trägt, für mich, noch keine Geschichte. Zu mal, das Setting mit dem Autostreit nun schon sehr bekannt ist. Was da vielleicht besser funktionieren würde: wenn du die Beziehung des Paars stärker ausleuchtest und dem Streit eine etwas persönlichere Note gibst - sprich das da alte Konfliktpunkte mit hochkochen in der aktuellen Situation. Und dann könnte Hal sich quasi in den Streit einmischen. Ich denke, damit die Geschichte funktoniert, müsste der Konflikt also entweder mehr Tiefe bekommen, mehr persönliche Relevanz oder deutlich mehr Absurdität, oder am besten beides. So verknüpfst du eine ansich nicht schlechte Idee mit einer sehr generischen Situation ohne viel eigene Ideen. Für vergibst du hier das Potential für eine gute Satire. So bleibe ich leider bei eine, naja.
Noch was: Am Anfang hast du ja diese Parrallele drin mit der Urzeit und dann dem Sprung in die Gegenwart. Ich weiß nicht, ob das so gut ist. Weil die Geschichte ist schon sehr kurz und da fallen solche Sprünge stets sehr ins Gewicht. Und ehrlich gesagt, überzeugt mich der erste Abschnitt nicht. Ich sehe nicht wirklich die Funktion für die Geschichte (vom satirischen Nachahmen mal abgesehen.)
Ich hoffe, die Kritik hilft dir weiter.

Gruß,
Kew

 

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