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1942 - Die Hinrichtung
Die Hinrichtung
Die Hinrichtung
Ich spürte das Messer an meiner Kehle, ich spürte, wie es zitterte, wie es meine Haut langsam durchdrang. Ich spürte den Schmerz, die Angst.
„Jetzt bist du dran, du verdammter Jude“, hauchte mir eine kalte Stimme ins Ohr. Ich hörte, wie sie bebte.
"Jetzt wirst du büßen, jetzt wirst du für deine verdreckte Religion bezahlen..."
Immer stärker wurde der Druck, immer stärker der Schmerz, die Angst. Er röchelte, schnaufte. Ich wimmerte um mein Leben, so kurz war es gewesen.
„Halt deinen Mund.“ Er triumphierte. Er stand über mir, er war der Fuchs, ich das Kaninchen, er war der Adler, ich die Maus. Obschon ich ihn nicht sehen konnte, wusste ich, dass er lachte. Siegte. Er konnte entscheiden über Leben und Tod. Er ergötzte sich an meiner Hilflosigkeit, Machtlosigkeit, meiner Angst, an meinem Kampf mit dem qualvollen Tod.
„Lassen Sie mich los,“ wimmerte ich, bettelte ich, „bitte, lassen Sie mich am Leben.“
Doch er lachte nur. Es trieb mir Tränen in die Augen. Tatsächlich, Bilder erschienen, von meinen Eltern, lange war es nicht her gewesen. Unser Geschäft an der Ecke, verbrannt und zerstört. Grölende SS-Leute. Vergangenheit, vorbei, für immer. Warum musste es so enden? Warum musste es überhaupt beginnen?
Ein Schuss, ein Schmerz, ein Schrei: „Bring den Verräter doch um!“, schrie eine andere Stimme, das Stechen in meinem Bein, es war grausam, er hatte mir ins Schienbein geschossen.
„Lass mir doch meinen Spaß...“
Er nahm das Messer wieder an sich, ich begriff, etwas stimmte nicht, die Zeit schien stehen zu bleiben. Ich sah, wie andere Leute in eine Hütte gepfercht wurden, geschlagen wurden. Sie waren nackt, sie schrieen. Alle wussten, was passieren würde. Der Tod, der grausamste aller.
Lange Zeit verging, dachte ich zumindest, es waren jedoch nicht mehr als zwei, drei, vielleicht vier Sekunden, dann rammte er das Messer in meinen Rücken. Ich schrie auf. Die Qual rannte durch meinen ganzen Körper, ich versuchte, mich abzuwenden, mich vor Schmerz zu winden. Doch er hielt mich fest, zog die Waffe aus meinem Rücken hinaus.
„Los, stell dich hin!“
Benommen stand ich auf, brach sofort wieder zusammen, versuchte es noch einmal. Ich verlagerte mein Gewicht auf mein heiles Bein, als ich einen Tritt gegen jenes Bein bekam und erbärmlich auf den harten gefrorenen Boden schlug.
„Geh drei Schritte nach vorne und schau mir ins Gesicht!“
Ich tat wie mir befohlen. Seine kalten starren Augen fixierten mich, der Hass, der blanke Hass stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich konnte mich nicht abwenden. Das silberne Hakenkreuz auf seiner Brust glänzte im Wintersonnenschein, das Licht blendete mich, verdunkelte die Waffe. Dann lächelte er.