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#15 Kommissar Springer und der Provinzfußballer
#15 Kommissar Springer und der Provinzfußballer
Es war ein eiskalter Februarnachmittag, als Kommissar Springer an seinem Schreibtisch im Büro saß und wie üblich seine Fanpost beantwortete. Er hatte ja sowieso nichts zu tun. Schon seit einiger Zeit war in der Stadt, in der der Kommissar ermittelte, kein Verbrechen mehr passiert und daher kam es sogar vor, dass sich der erfahrene Kriminologe ab- und zu langweilte.
Sein einziger Segen waren seine Fans, die ihn auch in schweren Zeiten nicht im Stich ließen und ihn mit ihrer Fanpost bombardierten. Viele der weiblichen Fans des Kommissars schickten dem Kommissar rote Rosen mit der Bitte, sie zu heiraten, doch Springer ignorierte sie. Er wollte nicht erneut von einer Ehefrau angehimmelt werden, denn er brauchte einen weiblichen Gegenpart mit Pfeffer im Hintern. Springer erhielt die Heiratsanträge erst seitdem sich seine Frau von ihm scheiden gelassen hatte. Da sie ohnehin fett und hässlich geworden war, hatte es den Kommissar nicht sonderlich gekümmert. Allerdings hatte es ihn schon gewurmt, dass seine Exfrau einen betrachtlichen Teil des Springerschen Vermögens mit aus der Ehe heraus genommen hatte. Hätte der Kommissar nicht die sichere Einnahmequelle aus seinem monatlichen Gehalt bei der Polizei, hätte es um seine Finanzen düster ausgesehen.
„Herr Kommissar, Herr Kommissar!“ Schon von weitem hörte Springer die Stimme des Polizeidirektors Günter Franz-Horst und versuchte sich hinter seinem Schreibtisch besonders klein zu machen um von Horst möglichst nicht gesehen zu werden.
„Da sind Sie ja!“, rief der Direktor freudig, bevor der Kommissar komplett unter seinem Schreibtisch verschwunden war.
„Ich habe einen neuen Fall für Sie, Springer. Er erfordert wie immer vollen Einsatz, eine exzellente Koordination und hervorragende Kenntnisse der Kriminalistik!“
Kommissar Springer deutete sein Desinteresse an. Er hatte in letzter Zeit nicht mehr soviel Lust zu ermitteln wie früher, da er ein klein wenig depressiv geworden war. Gute Laune hatte er lediglich noch bei Mißgeschicken seiner Mitmenschen, die ihm ab- und zu ein schadenfrohes Gelächter ermöglichten.
„Der Fall wird Sie begeistern, Springer. Es geht um Ihre Lieblingssportart: Fußball!“
Trotz der Nennung Springers einzigstem Hobby konnte Horst keine Begeisterung beim Kommissar auslösen.
„Vielleicht haben Sie schon von der Hoyzer-Affäre gehört...“, lockte der Direktor.
„Habe ich. Als Fan von Fortuna Düsseldorf bin ich von den Spielmanipulationen nicht betroffen, da ich nicht glaube, dass das Freundschaftsspiel Fortuna Düsseldorf – Bayern München unter der Leitung von Schiedsrichter Jansen beeinflusst worden ist!“
„Sie bleiben also bei Ihrem Desinteresse? Soll ich den Fall an einen anderen und– zweifellos schlechteren -Kommissar abgeben?“
In dem Moment kam Assi Meyer in Begleitung eines erkälteten Katers in das Büro.
„Herr Kommissar, wir müssen etwas unternehmen. Das arme Tier hat sich erkältet!“
Springer wandte sich an den Direktor. „Sie haben mich überzeugt. Worum geht es?“
Der Mannschaftskapitän der Fußballmannschaft des 1.FC Kornhausen, der Nachbarstadt der Stadt, in der der Kommissar ermittelte, war im städtischen Teich ertränkt worden nachdem er im letzten Heimspiel sechs Eigentore geschossen hatte und sich nach getaner Arbeit beim Schiedsrichter mit einem Schlag in die Nieren bemerkbar machte, der diese Nettigkeit prompt mit der roten Karte quittierte. Da der Mannschaftskapitän gleichzeitig der Spielertrainer des 1.FC Kornhausen war, hatte niemand den Manipulator rechtzeitig auswechseln können.
Noch am selben Tag hatte sich herausgestellt, dass der inzwischen tote Mannschaftskapitän Schorschi Scheffel eine Millionen Euro bei Wetten gewonnen hatte.
Der Regen peitschte auf den Kommissar mit solcher Wucht ein, dass Springer vor lauter Schmerzen in die Knie gehen musste. Als Kriminologe erster Güte war der Kommissar sauer darüber, dass niemand zum Tatort gekommen war um dem Kommissar einen Regenschirm über den Kopf zu halten.
Im Stadtteich schwammen noch die Überreste des Fußballers, über die sich die Enten bereits her machten. So leckeres Fleisch hatten sie schon lange nicht mehr zu essen bekommen. Da der Kommissar aber die Leiche noch so ganz wie möglich für seine Ermittlungen benötigte, zog er einfach seine Glock und ballerte alle Enten im Stadtteich tot.
Die Federn flogen in alle vier Himmelsrichtungen. Kommissar Springer sprang in den Teich und barg die Leiche. Üble Bißwunden der Enten zierten den Körper des Toten. Für einen Moment wurde dem Kommissar schlecht, bevor ihm bei einer längeren Phase des Denkens wieder einfiel, dass er für solche Situationen einfach zu abgebrüht war.
Nach einer kurzen Phase der intensiven Untersuchung fiel dem Kommissar aufgrund seines untrügerischen Instinkts auf, dass er mit der durch Enten verstümmelten Leiche nichts mehr anfangen konnte. Er entsorgte die Leiche wieder im Teich.
Eine Ente, die der Kommissar bei seiner Säuberungsaktion vorhin übersehen hatte, machte der Leiche den garaus. Wenig später war nichts mehr zu sehen von dem Toten.
„Springer. Kriminalpolizistund Busfahrer!“
Nebenberuflich fuhr Springer nach Feierabend immer zweimal die Route der Linie 791, da er beim Überdenken seiner finanziellen Situation festgestellt hatte, dass sein Polizisteneinkommen seinen gehobenen Ansprüchen nicht genügte.
„Bogart. Vereinspräsident und Platzwart!“ Micky Bogart war ein kleines, nervöses Männchen ausländischer Herkunft, dessen IQ der Kommissar nicht höher als 10 einschätzte.
Durch ein beherztes Eingreifen sprang Springer Bogart an die Gurgel und verlangte, dass er ihm alles über den Mannschaftskapitän erzählte, der ins Gras beißen musste.
„Vielleicht sollten Sie sich an die Wettmafia wenden. Die hat ein eigenes Büro in Kornhausen. In der Betrugsgasse, Haus Nummer 1. Nicht zu verfehlen. Ist das einzige Haus in der Betrugsgasse. Ach ja: das Büro ist getarnt als Waschsalon. Allerdings kehren potentielle Kunden selten zurück...“
„Danke für die Warnung, Herr Bogart. Allerdings bin ich gut versorgt!““ Der Kommissar zückte seine glänzende Glock.
„Ich verstehe!“, sagte der Platzwartpräsident und zog von dannen.
Der Kommissar verlies das Gelände des 1.FC Kornhausen wie er gekommen war: mit seinem schnellen Audi A1, dessen eigene Geschichte allen bekannt sein dürfte...
Die Tür zum Waschsalon war verschlossen. Der Kommissar zauberte aus seinen Boxershorts eine Panzerfaust und schoss sich die Tür auf. Ein großes Loch in der Hauswand ermöglichte nicht nur dem Kommissar den Eintritt, sondern auch tausenden von Ratten, die in der Betrugsgasse ansässig waren.
Den ersten Mafiosi streifte die Glock während das Maschinengewehr in der linken Hand des Kommissars den Schuft in Stücke spaltete. Kein ave maria später wurde der zweite Verbrecher in die ewigen Jagdgrünen befördert. Allerdings durch sich selbst, da der Kommissar so schnell an dem Bösewicht vorbei gelaufen war, dass der die Waffe falsch bewegt hatte und durch den ungeheuren Wirbelwind sich selbst erschossen hatte. So unglaublich das klingt, so ist es doch wahr.
Den Chefmafiosi erwischte Springer ausgerechnet beim Geld zählen.
„Hände hoch! Wer hat Schorschi Scheffler ermordet?“, fragte der Kommissar und kam mit seiner Glock immer näher. Um seine Worte zu verstärken, schoss Springer dem Chefmafiosi ins Bein.
„Paolo Honscha war es!“, weinte er schließlich bitter.
„Den haben Sie als ersten erledigt, als Sie hier hereingestürmt sind!“
„Warum?“ Der Kommissar schoss dem Chefmafiosi jetzt auch ins andere Bein.
„Scheffler hat uns betrogen. Er sollte nur fünf Eigentore schießen und nicht sechs. Alle meine Leute haben auf einen Toresunterschied von fünf und auf einen Platzverweis getippt. Durch ihn hat unser Unternehmen Millionen verloren!“
Springer war angewiedert. Hatten diese Verbrecher denn immer nur Kohle im Kopf?
Ausnahmsweise hielt sich der Kommissar an das Tempolimit auf der Fahrt nach Hause. Im Kommissariat angekommen, ging Springer extrem langsam in sein Büro, griff ganz langsam nach dem Telefonhörer und alarmierte den Krankenwagen für den mehrfach angeschossenen Chefmafiosi. Er war die ganze Zeit nur so langsam gefahren und gegangen, um den Verbrecher noch etwas leiden und über seine Sünden nachdenken zu lassen.
„Herr Kommissar. Haben Sie meinen Kater gesehen? Ich habe festgestellt, dass er nicht stubenrein ist und...“ Reflexartig ballerte Springer sechsmal in die Luft. Assi Meyer hatte Glück, dass er des Kommissars Assistent war, sonst hätte er jetzt womöglich sechs Löcher im Bauch. Aber einen Assistenten würde der Kommissar nie erschießen. Dafür hatte er ein zu gutes Herz.
Und außerdem könnte er ihm noch einmal nützlich sein...