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#14: Kommissar Springers Comeback
#14: Kommissar Springers Comeback
In einem kleinen Waldhäuschen in der Stadt, in der Kommissar Springer ermittelte, saß der erfahrene Kriminologe auf dem Fensterbänkchen und starrte Löcher in die Luft. Es hatte Streit gegeben zwischen ihm und seiner Frau, weil der Kommissar sich weigerte, seiner Frau im Haushalt zur Hand zu gehen. Seine Argumente bezogen sich fast ausschließlich auf seine Männlichkeit und sein gutes Aussehen, so dass sich Frau Kommissar Springer dazu entschlossen hatte, ihrem Mann einen Denkzettel zu verpassen indem sie ihn vor die Tür setzte. Keine Arbeit, keine Sklavin. Kommissar Springer war kurz davor, durchzudrehen.
Dann ereignete sich aber folgendes: Polizeidirektor Günter-Franz Horst kam mit Blaulicht den kleinen Waldweg zu des Kommissars Waldhäuschen gefahren.
Sicherheitshalber hatte Springer seine Schrotflinte von der Wand genommen und zielte auf seinen ehemaligen Chef.
Günter-Franz Horst kam ungeachtet der Bedrohung den Waldweg hoch zu dem schmucken Häuschen und klingelte Sturm. Eine Kugel peitschte durch die nassfeuchte Luft und verfehlte den Eierkopf des Polizeidirektors nur um wenige Zentimeter.
„Herr Kommissar, Herr Kommissar. Ich komme in Frieden!“, brüllte Horst lauthals und suchte in einem Brenesselnest Schutz. Unrasiert und ungewaschen öffnete der Kommissar das Türchen seiner Hütte. Der Direktor war rot angelaufen. Er hatte Schmerzen, weil das Nesselgift anfing, zu wirken.
„Jetzt kommen Sie wieder angekrochen, Herr Horst!“, echauffierte sich Springer und ging auf seinen ehemaligen Chef zu.
„Ihr ehemaliger Assistent Meyer ist beim Anblick einer Leiche ins Koma gefallen! Wir brauchen Sie, Herr Kommissar. Sie sind doch der Beste! Die übereilte Hinausstellung aus dem Dienst bereue ich zutiefst und hoffe Sie, mit einem 13. Monatsgehalt dazu bewegen zu können, wieder in unser Team einzusteigen!“, rief Horst aus dem Brennnesselgebüsch.
Des Kommissars ehemaliger Assistent Meyer war Kommissar Springers Nachfolger geworden, doch der Kriminologe hatte nur die Stunden gezählt, bis der ewig näselnde Assi scheitern würde.
Besonders hart getroffen hatte den Kommissar die Beförderung des Hundes Blinddog zum offiziellen Polizeihund. Der Hund seines ehemaligen Assistenten Meyer war ihm und Springer immer vor den Füßen herumgelaufen und hatte die Lösung des ein-oder anderen Falls verhindert. Obwohl der Kommissar an sich Tiere mochte (mit denen er nicht Gassi gehen musste) hasste er den Hund abgrundtief. Auch durch ein Geburtstagsständchen anlässlich des 37. Geburtstages des Kommissars hatte der Hund nichts an ihrem kritischen Verhältnis ändern können.
„Und? Werden Sie wieder ermitteln?“ Der Polizeidirektor sah dem Kommissar flehend in die Augen. Völlig unvermutet tauchten auf einmal aus dem Wald die Fans des Kommissars auf, die ihre Autogrammblöcke nicht zu Hause vergessen hatten.
„Einverstanden. Ich bin wieder im Team!“
Explosionsartiger Applaus brach über den Kommissar hinein. Viele seiner Fans weinten vor Glück.
Um den Kommissar zusätzlich zu motovieren, hatten seine Fans 1.000.000 Euro an Spenden zusammenbekommen, um ihrem Idol wieder auf die Beine zu helfen. Springer nahm das Geld ohne danke zu sagen und sprang in seinen schnellen Audi A1. Mit diesem Auto hatte er schon so machen Fall gelöst. Ursprünglich hatte der Audi irgendjemand anderem gehört, der beim Pinkeln auf einem Rastplatz auf der A1 vergessen hatte, sein chickes Auto abzuschließen. Der Kommissar hatte die Gunst der Stunde genutzt und war mit dem Auto undefinierbarer Marke auf und davon gefahren. Audi A1 hieß das Auto, damit der Kommissar vor seinen Kollegen angeben konnte.
Als der Kommissar mit 550 km/h auf den Polizeiparkplatz geprescht kam, traten ihm Tränen in die Augen: die gesamte Belegschaft des Reviers Nord-West hatten ihm zur Ehre eine riesige Fete veranstaltet. Jeder war da, der Rang und Namen hatte. Die Liste reichte vom Bürgermeister über Millonäre bis hin zu Prominenten, deren Bekanntsheitsgrad aber weit unter dem des Kommissars lag.
Springer genoss den geselligen Abend und trank ordentlich einen über den Durst. Gegen 22.00 Uhr musste er mit dringendem Verdacht auf eine Alkoholvergiftung ins städtische Krankenhaus eingeliefert werden.
„Herr Kommissar, Sie sind berühmt. Sie haben eine Vorbildfunktion gegenüber den Teenagern. Sie dürfen sich nicht so gehen lassen!“ Chefarzt Frederik Pickel schimpfte mit dem Kommissar gar fürchterlich. Springer zeigte dem Herrn Doktor seinen ausgestreckten Mittelfinger und formulierte mit seinen Lippen die Worte „leck mich am Arsch!“.
Wie es der Zufall so wollte, wurde der Kommissar in ein Zimmer mit dem Komapatienten Thorsten Meyer gelegt. Die Krankenschwester entschuldigte den ekligen Gestank in dem Zimmer mit der Platzproblematik am städtischen Krankenhaus. Als privat versicherter homo sapiens hätte der Kommissar eigentlich das Recht auf ein Einzelzimmer gehabt! Kurz drohte er mit juristischen Schritten, bevor der Chefarzt den Raum betrat und den Kommissar zum Magenauspumpen abholte.
Während der wieder zum Assistenten degradierte Assi Meyer in seinem Bettchen lag, nutzte der Kommissar die ihm zur Verfügung gestellte Zeit und suchte nach allen möglichen Beleidigungsformen für seinen Assistenten, nachdem er vom Magenauspumpen zurückgekehrt war.
Die Beleidigungen reichten von A wie absoluter Waschlappen bis Z wie Zotalversager. Dem Kommissar war kein Wort mit Z eingefallen, deshalb hatte er einfach eines umgeändert.
Während der Kommissar einen Tag nach seiner Auslieferung des Nachmittags seine Lieblingssendung „Streit um 3“ schaute, ruckelte auf einmal das Bett des Assistenten. Der Kommissar machte sich vor Schreck in die Hose, bevor ihm einfiel, dass er für solche Sachen ja eigentlich zu abgebrüht war.
„Sie sind ja wieder aus dem Koma aufgewacht!“, wunderte sich Springer und kratzte sich am Kopf. Leider etwas zu feste, denn plötzlich fing er an zu bluten.
„Jawohl!“, strahlte der Assi und fühlte sich wunderbar,
„Ich bin ja so froh, dass ich wieder unter dem Lebenden weile!“
„Da sind Sie aber der Einzige!“, hätte Kommissar Springer fast laut gesagt, konnte sich aber gerade noch zurück halten.
„Herr Kommissar. Sie wurden doch bestimmt als mein Nachfolger eingesetzt, oder täusche ich mich in meiner Vermutung?“ Der Kommissar schüttelte den Kopf.
„Nun denn. Sie mögen mich ja vielleicht für einen unverbesserlichen Angsthasen halten, aber ich bin deswegen ins Koma gefallen, weil sich die Leiche, die ich begutachten sollte, bewegt hatte!“
Springer lachte sich ins Fäustchen: jetzt war sein Assi auch noch verrückt geworden!
„Ich schwöre Ihnen, dass ich Ihnen die Wahrheit sage!“, sagte Meyer und hob die Hand zum Schwur.
„Ich glaube Ihnen ja!“, lachte der Kommissar und schlug sich auf die Schenkel. Er hatte vollkommen vergessen, wie lustig sein Assistent sein konnte.
Da öffnete sich die Tür und eine Krankenschwester kam herein. Sie schob einen Toten in das Zimmer.
„Platzprobleme in der Pathologie!“, erklärte sie und der Verwesungsgeruch der Leiche füllte den Raum. Assistent Meyer, von Natur aus zart beseitet, erbrach sich in einen Blumenkübel.
Springer rümpfte seine Nase. Er wusste nicht, was schlimmer war: der Verwesungsgeruch oder der Gestank aus dem Erbrochenen des Assis.
„Schwester, ich möchte verlegt werden. Hier stinkts!“, brüllte der erfahrene Kriminologe der sich entfernenden Schwester hinterher. Seine Bitte wurde bedauerlicherweise ignoriert.
„Da, die Leiche: sie bewegt sich!“, kreischte der Assistent auf einmal los. Der Kommissar sprang wie von einer Tarantel gestochen aus seinem Bettchen auf.
„Himmel hilf!“, schrie er. Die Leiche erwachte zum Leben und lief durch das Krankenzimmer.
„Ich bin doch gar nicht tot!“, rief sie und fing an zu randalieren. Zuerst schmiss sie den Blumenkübel um, in die sich der Assistent des Kommissars Minuten zuvor erbrochen hatte und schlug dann mit dem Kopf vor die Tür. Springer klingelte nach der Schwester.
„Oha!“, sagte die Schwester bei ihrem Eintreffen, ,,Das kann passieren! Kleines Mißverständnis in der Pathologie. Wir scheinen den Pathologen Ulrich Heckert mit der Leiche verwechselt zu haben. Heckert scheint einfach nur an seinem Arbeitsplatz gedöst zu haben!“ Fröhlich pfeifend begleite sie Herrn Heckert aus dem Zimmer.
„Wahnsinn! Mit unserer Wirtschaft geht es wirklich den Bach runter!“, murmelte der Assistent.
Der Kommissar konnte es immer noch nicht fassen.
„Wir scheinen überall unterbesetzt zu sein. So etwas darf doch gar nicht passieren!“ Und im Stillen glaubte er seinem Assi, dass er eine sich bewegende Leiche gesehen hatte.
„Heutzutage ist nichts mehr unmöglich!“, sagte der Assi.
Der Kommissar sah wütend zur Zimmerdecke. Dies würde er in Zukunft ändern! Er würde wieder für Ordnung sorgen, in dem Land, in dem er ermittelte. Er würde seine Fälle noch brutaler lösen, um schneller zum Erfolg zu kommen.
Als hätte Meyer die Gedanken seines Chefs erraten, reichte er ihm wortlos seinen Autogrammblock. Der Kommissar unterschrieb und lächelte. Er hatte noch viel vor.