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(v. Daigoro)
In der Wohnstube flackert ein blau-weißes Licht durch den großen dunklen Raum. Er sitzt direkt vor dem Fernseher. Um ihn ist alles schwarz, finster und leer. Mitten im Raum steht nur ein großer Sessel, in welchem er sitzt, und ein rauschender Fernseher. Sonst ist nichts zu sehen oder zu hören. Er rührt sich kaum. Wie betäubt starrt er auf den Bildschirm, nimmt nicht wirklich wahr, was dort zu sehen ist. Ein Störbild. Es mischen sich immer wieder einzelne Bruchteile von einem Film in das nervöse Störbild. Der Film sieht amateurhaft aus, eine Videoaufnahme. Der Ton dazu, es klingt merkwürdig, er läuft rückwärts. Nicht wie der Film, diese einzelnen Bruchteile. Es klingt wie, als würde jemand schreien. Laut, quälend, schrill und um sein Leben flehend. Man sieht nur Leichen. Leichen, Tote, töten. Alles Frauen. Das ist alles, was man erkennen kann. In seinem Gesicht spiegelt sich blankes Entsetzen, als würde es ihm übel sein. Ein kalter Luftstrom zieht durch den Raum. Er fängt an zu zittern, greift an die Armlehnen am Sessel, stützt sich ein wenig auf und schaut vorsichtig in den Raum. In seinem Kopf zerrt der Gedanke, dass er nicht allein war, dass er beobachtet wird, von irgendwem oder ... irgendwas. Schwer und unbeweglich versucht er aufzustehen, aber seine Beine sind wie Gummi.
Doch was ist das? Auf dem Bildschirm sieht er sich plötzlich selbst. Nirgends aber ist vor ihm eine Kamera zu erkennen. Die Nahaufnahme kann jedoch nur so gedreht werden, wenn die Kamera direkt vor seinem Gesicht wäre. Im Hintergrund formt sich langsam eine Gestalt. Weiß, verzerrt und geisterhaft. Sie wird größer, immer mehr Form und Details sind zu erkennen. Ein langes weißes Nachthemd, lange schwarze Haare, die wie durchnäßt schwer über das Gesicht herunter hängen. Doch vom Gesicht ist nichts zu erkennen. Die Gestalt steht starr und steif in der dunklen Ecke. Sein Herz rast wie verrückt und er hört dieses laute Rauschen und Pochen im Ohr. Sein Puls, sein Blut, sein Leben. Wird er es jetzt verlieren? Er dreht sich ganz langsam um, versucht diese Gestalt mit eigenen Augen zu sehen. Sein Blick füllt sich mit Angst, Anspannung und Entsetzen. Sein ganzer Körper ist angespannt und ihm fährt ein kleines kaltes Kribbeln durch den Körper. Er spürt förmlich wie dieses Kribbeln vom Rücken in den Nacken steigt und wie eine kalte Flüssigkeit, die sich am Körper entlang schlängelt .
Langsam bewegt vom Sessel weg in Richtung Tür. Dabei schaut er die Gestalt immer an und konzentriert sich auf jede einzelne Bewegung. Er muss einen Bogen um sie laufen, um an die Tür zu gelangen. Langsam setzt er jeden einzelnen Schritt leise hinter einander. Doch die Gestalt dreht sich mit, um auch ihn immer anstarren zu können,... so scheint es. Es ist, als würde sie schweben, ganz leicht über dem Boden. Sie dreht sich steif stehend mit, dabei macht sie keinen einzigen Schritt, nichts bewegt sich an ihr. An der Tür angekommen, versucht er die Tür ganz leicht zu öffnen. Durch den ersten Türspalt fällt ein wenig Licht in den dunklen Raum. Er nutzt die Chance, um genaueres von ihrem Gesicht heraus zu bekommen. Sie hebt langsam ihren Kopf ... öffnet ihre Augen ... es ist alles schwarz in ihren Augen, als wäre da nichts. Als hätte sie statt Augen nur zwei eingeschnittene Löcher. Ihm wird es heiß und kalt, mit dem Gedanke, dass sie ihn mit diesen Augen gerade anstarrt. Dieses flackernde Licht vom Fernseher, lässt Formen und Schatten in ihrem Gesicht zittern und permanent verändern. Plötzlich geht der Fernseher aus. Und alles was sein Blick einfangen kann, sind ihre schwarzen bedrohlichen Augen.
Er reißt die Tür auf und rennt so schnell er kann durch den Gang. Doch seine Beine sind schwer wie Blei. Jeder einzelne Schritt bereitet ihm Schmerzen und er kann sich kaum konzentrieren, stürzt auf die Treppe im Gang. Keucht, hustet und ächzt. Greift wild um sich und versucht sich irgendwie hoch zu ziehen. Er wirft ein Blick zum Wohnzimmer zurück und sieht wie diese Gestalt langsam durch die Tür kommt, die sich dann genau in seine Richtung dreht und direkt auf ihn zu geschwebt kommt. Steif stehend und nur wenige Zentimeter über den Boden schwebt sie auf ihn zu. Er schreit und zerrt sich mit aller Kraft Stufe für Stufe nach oben. Die Schmerzen bringen ihn dabei fast um den Verstand. Sein Herz pocht so laut in seinem Kopf, daß er glaubt, sein Blut würde ihm bald aus den Ohren spritzen und sein Kopf würde explodieren. Und von hinten kommt diese Gestalt immer näher auf ihn zu, zwar langsam aber immer näher.
Er spürt wie es um ihn kälter wird, wie ein kalter Luftstoß durch den Gang zischt und die Dunkelheit mit sich zu ziehen scheint. Er wedelt wild mit den Armen nach oben, als ob er nach dem Licht greifen wollte, das nun nur noch oberhalb der Treppe leuchtet. Je näher die Gestalt kommt, desto lauter scheint sie ein seltsames bedrohendes Geräusch von sich zu geben. Es klingt wie ein tiefes Grummeln und Ächzen. Als würde diese Gestalt immer lauter atmen wollen, als eine Vorbereitung zu einem extrem lauten Schrei. Die Stimme von der Gestalt klingt als würden tausend Stimmen gleichzeitig sprechen und atmen. Wie ein Asthmatiker, der nach zu ersticken droht. Sie streckt langsam ihre Arme aus und will nach ihm greifen. Er schreit immer lauter, je näher sie kommt. Sie ist fast da und er kämpft sich verzweifelt aufwärts. „Oh Gott! Bitte nicht!“, schreit er immer wieder. Keucht und ächzt. Sein Atmen liegt ihm wie schwere Brocken in der Kehle. Sie ist schon ganz nah. Er dreht sich mit letzter Kraft auf den Rücken. Ihre Augen sind zornig und die schwarzen, spitzen und langen Fingernägel können es kaum erwarten, sein Fleisch zu durchbohren. Er hält sich die Arme vor das Gesicht, und schreit sich das Leben aus der Kehle. Sein Hals tut ihm weh, durch das stechende Vibrieren in der Kehle merkt er, dass er schreit, doch er kann nichts davon hören.
Er senkt die Arme und findet sich wieder in einem dunklen Raum. Es ist wieder das große Wohnzimmer. Der Fernseher flackert. Rund um ihn herum ist alles schwarz und bedrückend dunkel, nichts ist zu hören außer das Rauschen des Störbildes im Fernseher. Er schaut wild um sich und sucht nach der Gestalt, versucht sein Atmen zu regulieren und sich zu beruhigen. Voll konzentriert schärft er sein Blick durch jede Ecke in diesem riesigen Raum. Keine Spur von ihr. Seine Finger krallen sich ganz fest in den Sessel. Es fällt ihm unheimlich schwer sich zu beruhigen, weil seine Angst einfach zu groß ist. Alles ist so dunkel und es kann von überall etwas sein. Die einfachsten Schatten und Gegenstände sehen suspekt aus. Und durch das Flackern des Fernsehers sieht es so aus, als würden sich Dinge im Raum verändern und bewegen. Einfache Dinge, die sonst immer als was ganz natürliches aufgenommen wurden, setzt ihn nun immer außer Atem. Die Heizung, mit kleinem Plätschern. Dann das Knarren im Holz vom Parkettboden oder Schränken. Immer wieder kreist sein Blick durch den Raum. Und diese unheimliche Stille, die alles, was sonst leise war nur noch lauter macht. Sein Herzklopfen, sein Atmen, jede Bewegung von ihm, verursacht ein Geräusch, dass ihn verraten kann. Doch dann schwenkt er seinen Kopf automatisch direkt nach vorn, zum Fernseher. Wieder die Bilder von toten Frauen, der Ton läuft rückwärts. Diese Schreie, die Leichen, immer wieder, immer lauter. Diesmal fängt jedoch jede Leiche an, nach wenigen Sekunden, die Augen zu blinzeln und ihn höhnisch auszulachen. Wie erstarrt, klebt sein verstörter Blick an dem Bildschirm. Dieses geisterhafte und unerträgliche Lachen macht ihn nervös. Etwas drückt sich von unten gegen seine Oberschenkel. Plötzlich bemerkt er, daß er auf einem Sessel voller schwarzer Haare sitzt. Doch bevor er sich panisch erheben kann, kommen von überall aus dem Sessel Hände mit langen schwarzen Fingernägeln geschossen, die nach ihn greifen und ihn festhalten. Die Finger bohren sich tief ins Fleisch. Quälend schreit er laut durchs Zimmer, so daß ihm seine warme Kehle wieder schmerzt. Einige Hände pulen sich tief in seinen Bauch. Er spürt regelrecht, daß sie wie Würmer in seinen Eingeweiden hin und her schlängeln und ihm die Luft rauben. Mit einem fast zu erstickendem Speien, spritzt ihm das Blut aus dem Mund und er fühlt, wie ihm seine ganze Kraft verläßt. Ein Gefühl, tausendmal schlimmer aber vergleichbar mit dem, wenn man sich die Nahrung aus dem Magen bricht und glaubt an dem Gebrochenem zu ersticken. Zwischen seinen Oberschenkel drückt sich ein Kopf aus dem Sitz. Es ist der Kopf der Gestalt. Die langen schwarzen Haare bedecken noch ihr Gesicht. Sie hebt ihren Kopf, um ihn anzuschauen. Langsam schlitzen sich zwei Augen und ein Mund in ihr Gesicht, woraus eine schwarze Flüssigkeit austritt, was man als Blut vermuten könnte. Er keucht und hechelt laut nach dem letzten Fetzen Luft in seiner Lunge. Die Schmerzen sammeln sich überall in ihm und explodieren dann quer durch seinen Körper. Ihr Gesicht formt sich zu einem bösartigen Ausdruck. Sie lächelt ihn an und spricht wieder aus tausend Stimmen: „Willst du mich ficken?“. Sie lacht ganz teuflisch und beißt ihm in den Schritt.
„ Oh mein Gott, er blutet! Schwester! Schnell, kommen sie doch. Er blutet aus dem Mund!“, ruft eine alte Frau, die im Flur steht und beim Vorbeigehen zufällig in das Zimmer geschaut hat. „Wie kann das passieren? Die ganze Decke ist voller Blut.“, sagt die Schwester entsetzt als sie in das Zimmer gestürmt kommt. „Der arme Mann. Was für eine Krankheit hat er?“ – „Wenn sie ihn in Wirklichkeit kennen würden, würde es ihnen nicht mehr Leid tun. Er ist einer der schlimmsten Serienmörder im Bundesstaat. Er hat etwa 10 Frauen entführt, grausam gequält, vergewaltigt und getötet. Er zerstückelte die Frauen und warf die Leichen in einen Wald. Es dauerte Monate, bis man die Leichen fand. Bei einer wilden Verfolgungsjagd mit der Polizei, kam er aus unverständlichen Gründen von der Fahrbahn ab und krachte gegen einen Baum. Seit dem liegt er bei uns im Koma.“. Sie wischt ihm das Blut aus dem Gesicht und versucht zu schauen, wohin das Blut überall geflossen war. Neben ihr hüpft der digitale Herz-Pulsmesser wild über den Bildschirm. Das Piepen des Gerätes scheint sich nicht mehr zu beruhigen und bleibt konstant in einem wilden Tempo. Sie schaut mit Sorge zu der alten Frau und erzählt mit leiser Stimme weiter: „Viele meinen, es ist eine Art Vorhof zum Tod. Ein ewig langer Schlaftraum. Anhand der Herzrhythmus - Analysen und solchen blutigen Ereignissen hier, kann man vielleicht erraten, was er träumt. Zumindest hat er immer wieder Alpträume, und sie scheinen immer schlimmer zu werden. Er ist gefangen in seinem eigenen Körper, er spürt Schmerzen und kann sich nicht dagegen wehren. Vielleicht ist das schlimmer, als langjährig im Gefängnis zu sitzen, oder sogar schlimmer als der Tod. Sobald keiner aber die Erlaubnis erteilt, ihm den Stecker zu ziehen, wird er sicherlich die nächsten 40 Jahre so weiter leben.“ – „ Und vom wem muß die Erlaubnis kommen?“ – „ Familienangehörige, aber er hat keine. Nur eine Schwester, und die war sein erstes Opfer.“. Sie zeigt der alten Frau ein Foto, dass neben sein Bett steht. Ein hübsches Mädchen, mit langen schwarzen Haaren, gekleidet in weiß, die mit einem engelhaften Ausdruck und kindlichem Lächeln unbeschwert in die Kamera grinst.