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„Ich habe kein Geld mehr, können Sie mir etwas geben?“

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10.07.2015
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„Ich habe kein Geld mehr, können Sie mir etwas geben?“

Diesen Satz werde ich wohl noch auf meinem Sterbebett hören. Aus so vielen verschiedenen Mündern habe ich ihn gehört. Manchmal bittend, manchmal fordern, nie ohne Grund. Selbst im privaten Bereich höre ich diesen Satz: „ Du bist doch Sozialarbeiterin und weisst, wie man sich fühlt, wenn alles schief geht und das Betreibungsamt im Nacken sitzt.“ „Ich habe kein Geld mehr, kannst du mir etwas geben?“ Diese Münder sind eher bittend und bitten nie ohne Grund.
Als ich mein viertes Kind geboren hatte, wurde mir von der Krankenkasse eine Haushalthilfe bezahlt. Eine bezaubernde ältere Frau mit viel Herz. Sie hat mir kiloweise frisch gemachte „Spätzli“ eingefroren. Sie hat meinen Kindern nebst dem Putzen, Waschen und Kochen die schönsten Geschichten erzählt. Sie brachte mir beim Stillen des Babys ein Tee ans Bett und umsorgte so die ganze Familie. Ich wusste nicht, wie ich ihr danken soll. Auf meinen Dank erwiderte sie meist: „Ich mache das gerne.“ Nach 6 Wochen war ihr Einsatz bei uns beendet. Ich umarmte sie, dankte und sagte: „ich werde Ihnen nie zurückgeben können, was sie für uns gemacht haben. Sie antwortete lächeln: „Kein Problem ich habe schon viel Hilfe von Menschen erhalten und konnte es Ihnen nie direkt zurückgeben. Ich denke halt, wenn ich anderen helfe ist das ebenso viel wert.
Eine andere Geschichte ist, dass ich bei der Scheidung dringend Geld brauchte für mein Studium als Sozialarbeiterin. Ich fand einen älteren Mann, der bereit war, mit ein zinsloses Darlehen zu gewähren. Ohne grosse Worte überwies er mir das Geld. Wir vereinbarten, dass ich wenn ich das Studium fertig hatte, ihm monatlich Fr. 500. — wieder überwies. Alles klappte wunderbar. Sobald ich anfing richtig zu verdienen habe ich ihm die Raten überwiesen. Nachdem ich 5‘500. — bezahlt habe, rief er mich an und lud mich zu einem Kaffee ein. Er meinte: „Sie können aufhören zu zahlen, für mich ist das Darlehen getilgt“. Er erzählte mir, dass er seit 35 Jahren dieses Geld an andere Menschen vergab und dass er es immer wieder zurückbekommen hatte. Ich war beeindruckt und gerührt.
Vor einiger Zeit habe ich einen Mann kennengelernt, ich war total verliebt in ihn. Er konnte seine Miete nicht bezahlen und bat mich um Fr. 1000.--. Ich habe ihm das Geld gegeben. Nach einem Monat wollte er Fr. 2000. —, er könne die Miete wieder nicht bezahlen. Er setzte mich derart unter Druck, dass ich die Beziehung Knall auf Fall beendete. Er schrieb mir Drohmails ins Büro. Ich antwortete ihm nicht mehr. Er hat aufgehört zu schreiben, und das war gut für ihn, ansonsten hätte ich ihn angezeigt, wegen Belästigung und Bedrohung.
Ich weiss nicht, ob ich das Geld jemals wieder zurück erhalte und meine Schlussfolgerung hätte sein können, niemandem mehr Geld auszuleihen. Vielleicht ist es nicht gerade eine professionelle Haltung, aber ich bin ja auch eine Frau, und dennoch denke ich an die bezaubernde ältere Frau und an den älteren Herrn, die beiden haben mir so viel Gutes im Leben gegeben. Ich spüre ihr Lachen und ihre Herzlichkeit, wenn ich den Satz höre: „ich habe keine Geld mehr, können sie mir etwas geben?

 

Hallo Silea

All die kleinen Geschichten, die du in deiner kurzen Erzählung anreisst haben ja gemeinsam, dass sie von Geld - sei es in Form von Darlehen, Geschenken oder sogar Gestohlenem - handeln. Der sprachliche Ton deiner Erzählung - ruhig und fast schon monoton - hällt das subtil Erschreckende an deinen Erzählungen etwas hintergründig und ich denke das ist gut so. Die Erzählung regt jedenfalls zum Nachdenken an. Ich für meinen Teil denke jetzt, da ich dir diesen Kommentar schreibe, darüber nach, wie es nur soweit kommen konnte, dass dieses Papier derart unsere Leben und zwischenmenschliche Beziehungen beeinträchtigen kann. Jedenfalls super, bitte mach weiter so... ;)

 
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Der Text ist ein Musterbeispiel für den Lehr-Satz "Show, don't tell:" Lass es mich erleben, erzähl nicht nur davon.

Hier wird nichts gezeigt, sondern es wird der große Bogen gespannt und erzählt.

Das ist jetzt nicht unbedingt schlecht, aber es ist so, dass mir der Text eigentlich schon vorgibt, was ich mir dabei denken soll. Der Text ist schon fertig und abgeschlossen. Hier ist er. Nimm.

Bei Texten, in die man eintauchen kann, kann man sich umsehen, sich selbst Gedanken machen und in der Geschichte zu eigenen Schlüssen kommen. Es ist ambivalenter und erlebbarer. Man kann sich in einem Text verlieren.

Hier geht das nicht, sondern es wird nur ein Sinn angesprochen. Das "Hören" eigentlich.

Ich kann mir dann am Ende, wenn die in sich fertige Geschichte zu Ende ist, dann Gedanken machen, die ohnehin schon in mir sind.

Ist natürlich schwierig, wenn man so episodisch erzählt, das in Szenen zu bringen.

 

Hallo Silea,

Ich kann mit deiner Geschichte nicht viel anfangen. Da zählst du Beispiele auf von Geld verleihen, geben oder benötigen ohne auch nur im geringsten die verstanden zu haben, was Geld eigentlich ist. Zumindest nehme ich das von deiner Erzählerstimme an.
Ja, es gibt brave und ehrliche, arme und reiche oder nette und unhöfliche. Was möchtest du damit aussagen? Oder möchtest du nur erzählen, was ohnehin jeder weiß?

LG

BRM

 

Ja... was ist Geld BRM...
ich werde es wohl nie verstehen.... und das ist gut so....
Danke für deine Worte...
Gruss silea

Ich verstehe, was du meinst Quinn... ich nehme es mir zu Herzen
Danke...
Gruss silea

Danke Arvid...
Spannend wie gegensätzlich diese Geschichte angekommen ist... freut mich.
Gruss silea

 

Hallo Silea,

ich finde deine Geschichte sehr schön. Die einzelnen Themen die du anreist sind sehr gut. Aber ich finde du solltest auch mal andere Geschichten schreiben. Nicht nur immer zu einem Thema.

 

Hallo Schnubbi

Wie meinst du das? Ich soll andere Geschichten schreiben, nicht nur immer zu einem Thema?

Griessli silea

 

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