- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 18
È pericoloso sporgersi
Ich möchte mich nicht zu sehr loben, will nicht behaupten, dass ich eine universelle Definition des Maskulinen abgebe,…das berichten andere über mich, aber als Mann, der auch Mann sein kann, sehe ich mich schon. Ich hatte einen Schlag weg bei den Frauen, wie man so schön sagt. Tja, entweder man hat´s oder man hat´s nicht!
Eine ganze Weile schon, saß ich gelangweilt in einem verräucherten Abteil der Deutschen Bundesbahn, sah einen Bahnhof nach dem anderen abfahren und beobachte nun, wie Wälder und Wiesen an mir vorbeiflogen.
Plötzlich erwachte ich aus meiner Lethargie.
Sie war blond, wasserstoffblond, hatte eine äußerst weibliche Figur, benutzte roten Lippenstift, trug einen dunkelroten Rock wie ich ihn kürzer nie sah und eine weiße Bluse, dazu Pumps, sehr erotisch!
„Ein Wahnsinnsgerät“ dachte ich.
Ich ließ sie in meinem Abteil Platz nehmen.
„Hallöchen“
Eine Reaktion blieb vorerst aus. „Null Problemo“ sagte ich mir. Sie hatte eine zweite Chance verdient. Ich habe im Laufe meiner Eroberungsfeldzüge erkannt, dass sich Frauenherzen mit der Zeit erwärmen, zumindest bei mir.
„Wo wollen wir denn hinfahren?“
Ein sparsames Lächeln als Antwort, mehr war ihr nicht zu entlocken. Allerdings schien es mir nur eine Frage der Zeit, wann ich ihre Teflon-Schicht durchdringen würde.
„È pericoloso sporgersi“
Ich stutzte. Eine italienische Braut!
„È pericoloso Stefan, Signorina Sporgersi“
Hatte den Anschein, als würde ich vor einer kleinen Sprachbarriere stehen!
„Capuccino, wir beide, ich holen!“
„Si“
„Ja! Ich, wer sonst… Sie?“
„Si!“
„Ja, sag ich doch.“
Capuccino trinken war nur Mittel zum Zweck, aber darüber war sie sich natürlich auch im Klaren, das übliche Spiel eben. Was für ein "Höllengerät"!
„È pericoloso sporgersi“
„Klar doch.“
Dachte bei dem Mädel könnte heut´ was gehen, kurz die Brühe wegschlürfen…!
Ich sprang auf, lief durch die Wagons zum Speisewagen, drückte dem Kellner einen Schein in die Hand, der mir darauf in Windeseile zwei Tassen des Gesöffs, (ich konnte das Zeug nicht ausstehen) mit Tablett, bereitstellte. Der Zug hielt. Darüber war ich recht froh, denn das ermöglichte mir einen noch schnelleren Rücktransport, ohne die Hälfte zu verschütten.
Ich wollte mir gerade wieder mein „Bilderbuch-Lächeln“ aufsetzen, da bemerkte ich, dass meine kleine Signorina das Abteil verlassen hatte.
Tja, ihr Pech, wahrscheinlich hatte sie ihren Zielbahnhof eher erreicht, als sie selber vermutete. Wie mag sie sich jetzt wohl fühlen, ohne mir „Arrivederci“ gesagt zu haben? Nun, ich hoffe sie wird nicht allzu traurig sein! Ihr Leben geht weiter.
Ich schaute aus dem Fenster, beobachte die Winkenden und die Umarmenden und den Bahnhof, der sich verwinzigte und schließlich ganz hinter einer Baumgruppe verschwand. Bald löste ich mich von vorbei fliegenden Häusern und Feldern und kehrte zurück ins Abteil.
Meine Blicke wanderten und blieben auf der Fensterablage haften. Ein kleines Schildchen war darauf montiert.
Bitte nicht aus dem Fenster lehnen
Don´t lean out
Ne pas se pencher au dehors
È pericoloso sporgersi