Was ist neu

Ärzte an Bord

Mitglied
Beitritt
21.11.2016
Beiträge
16

Ärzte an Bord

Mit der Leichtigkeit einer Feder flog die Boeing durch die Luft und hinterließ dicke Kondensstreifen im blauen, wolkenlosen Himmel. Sie befand sich nun auf halber Strecke zwischen New York und ihrem Ziel Frankfurt am Main. Unter ihr erstreckte sich das weite Blau des atlantischen Ozeans, der in allen Himmelsrichtungen mit dem Horizont zusammen lief.

In der Business Class, genauer gesagt ganz vorne im Mittelgang, saß der Passagier E. Müller, dem schon seit Stunden ein Gefühl von Schwindel zu schaffen machte. Es hatte kurz nach dem Aufsteigen des Flugzeuges begonnen und seit dem angehalten. Herr Müller dachte sich nicht viel dabei, er schob es auf die Druckveränderung oder seine Müdigkeit, da er in der vorherigen Nacht nicht viel Schlaf bekommen hatte. Gerne hätte er etwas gegessen, doch in seinem Magen herrschte ein flaues Gefühl das ihm jeglichen Appetit raubte und sein Unwohlsein noch vergrößerte. Doch Herr Müller war kein Mensch der zum Arzt ging, und darauf war er auch reichlich stolz. Fünfzig Jahre hatte er nun schon ohne die Hilfe von Ärzten geschafft und er war sich sicher, es auch weitere fünfzig ohne die Hilfe solcher schaffen zu können. Tatsächlich hatte er nur einmal in seinem Leben einen Arzt aufgesucht, jedoch nicht, weil er dessen medizinischen Rat benötigte, sondern weil er ihm die Tracht Prügel seines Lebens verpassen wollte, immerhin hatte der Mann mit Müllers erster Frau geschlafen.

Schwankend saß Müller auf seinem Platz im Flugzeug. Es fiel ihm immer schwerer sich zu konzentrieren und sein Kreislauf wollte auch nicht richtig in Fahrt kommen.

"Holpriger Flug, was?", fragte er seinen Sitznachbarn mit einem schwachen Lächeln.

"Finden Sie? Ich spüre gar nichts davon", erwiderte der Mann etwas überrascht und schaute sich interessiert einen Schweißtropfen an, der sich an Müllers Schläfe gebildet hatte und nun langsam an dessen Wange hinunter lief.

"Liegt wohl an mir", sagte Müller schwach und fing an sich leichte Sorgen zu machen. Mit zittrigen Fingern löste er den Sitzgurt, stützte sich dann auf die Armlehnen und stemmte sein schweres Körpergewicht hoch, bis er einen einigermaßen stabilen Stand erreicht hatte. Es waren kurze, schwankende Schritte mit denen er sich zur Toilettenkabine begab, die sich nur wenige Meter von seinem Sitzplatz entfernt befand.

Kaum hatte er die Kabine betreten und die Tür hinter sich geschlossen, musste er sich auch schon am Waschbecken abstützen. Er schaute sich, schwer atmend, sein Gesicht in dem kleinen Spiegel an. Der Schweiß lief aus den dünnen, grau werdenden Haare hinunter und floss dann in seltsamen Mustern zwischen seinen Bartstoppeln entlang, bis er am spitzen Kinn ankam und hinunter tropfte. Seine Augen waren etwas rot unterlaufen, aber ansonsten war nichts an seiner Erscheinung besonders auffällig. Er schüttelte seinen Kopf und spritzte sich dann etwas kaltes Wasser ins Gesicht.

"Du bist bald Zuhause, mach dir keine Sorgen", murmelte er leiste und kam wieder aus der Kabine zurück. Sein Sitzplatz befand sich schon in Reichweite, als ihm plötzlich schwarz vor Augen wurde und seine große, massige Gestalt mit einem lauten, dumpfen Geräusch auf den Boden aufschlug.

"Stewardess", rief der Mann, der kurz zuvor noch neben ihm gesessen hatte. "Ich glaube dieser Mann braucht Hilfe."

Eine Flugbegleiterin, die gerade vier Reihen weiter hinten damit beschäftigt war einem kleinen Jungen zu erklären, warum es falsch ist seinen Vordermann zu bespucken, hörte den Ruf und sah dann, als sie ihren Kopf in die Richtung drehte, sofort Müller, wie er bewusstlos am Boden lag.

"Oh mein Gott", sagte sie erschrocken und eilte dann zu Müller. Sie kniete sich neben ihn schaute in sein Gesicht. Erst redete sie mit ihm, dann schüttelte sie ihn sanft und als er dennoch nicht wieder zu Bewusstsein kam, kniff sie ihn. Doch es half nichts, Müller reagierte nicht. Unsicher darüber, wie sie in so einer Situation am besten vorgehen sollte, tat sie das, was sie in vielen Filmen gelernt hatte. Sie rief laut: "Ist hier ein Doktor anwesend?"

Zu ihrer Erleichterung stand zwei Reihen weiter ein Mann im Tweed- Sakko auf und verkündete Lautstark. "Hier, ich. Ich bin Doktor der Germanistik."

"Oh", war das Einzige was die Reisebegleiterin vorsichtig äußerte. "Na ja, ehrlich gesagt brauchen wir hier eher einen richtigen Doktor."

"Also hören Sie mal", sagte der Mann empört. "Ich habe einen richtigen Doktor und..."

"Schon gut", sagte plötzlich ein älterer Mann mit weißen Haaren und einem weißen Spitzbart, der langsam durch den Gang schritt. "Ich bin ein richtiger Arzt. Setzen Sie sich wieder hin, Goethe, und schreiben Sie solange ein Gedicht, oder so", sagte er abwertend.

Als er bei Müller angekommen war, kniete er sich mit langsamen Bewegungen hin und schaute sich seinen Patienten genauer an.

"Ist es etwas schlimmes?", fragte die Reisebegleitern nervös.

"Der Mann könnte mal eine neue Krawatte vertragen. Schauen Sie sich das Muster mal an, so etwas hat man schon vor fünf Jahren nicht mehr getragen", erwiderte der Mann. Nachdem er Müllers gesamte Kleidung mit einem angewiderten Blick ausreichend begutachtet hatte, schaute er sich schließlich dessen Gesicht an. "Scheint wenig Luft zu kriegen. Vielleicht liegt es am Kabinendruck, dadurch kann sich sein Brustkorb nicht vollständig ausdehnen."

Die Reisebegleiterin ging zu einer Kollegin um ihr von allem zu berichten, damit diese es an die Piloten weiterleiten konnte.

"Was machen wir denn jetzt?", fragte sie schließlich, als sie wieder neben Müller stand.

"Da muss man aufschneiden, hilft nichts", sagte der alte Mann lässig.

"Aufschneiden? Hier? Das geht doch nicht".

"Ich muss dem Kollegen widersprechen", sagte eine Frau um die vierzig, die in diesem Moment zu ihnen kam. "Ich denke nicht, dass der Patient zu wenig Luft bekommt."

"Sie sind auch Chirug?", fragte der Mann.

"Nein, ich bin Internistin. Frau Dr. Schneider", sagte sie und hielt ihm die Hand hin.

"Freut mich. Ich bin Dr. Fischer", antwortete er und schüttelte ihre Hand. Die Reisebegleiterin hatte das Gefühl, als würden sie dabei wie aus einem Reflex heraus die Gesichter des Gegenüber nach Symptomen absuchen.

"Wie ist der Patient denn versichert?", rief plötzlich ein Mann aus der dritten Reihe, der bis dahin damit beschäftigt war seine Financial Times zu lesen. Bei ihm handelte es sich um Dr. Erhardt, Radiologe. Die Reisebegleiterin holte die Geldbörse aus Müllers Tasche und durchsuchte sie mit schnellen Fingern, bis sie die Karte in der Hand hielt.

"Der Mann ist Kassenversichert."

"Dann wünsche ich ihm ein angenehmes Sterben", erwiderte Dr. Erhardt und widmete sich wieder seiner Zeitung.

Dr Fischer und Dr Schneider waren mittlerweile damit beschäftigt sich darum zu streiten, welche Vitalzeichen sie zuerst überprüfen sollten. Schließlich einigten sie sich auf den Puls, die Atmung und die Pupillen, für den Blutdruck fehlte ihnen die Ausrüstung.

"Zumindest ist er noch am Leben", sagte Dr. Fischer, als er Müllers Atem auf seiner Hand spürte.

"Seien Sie mal nicht zu beruhigt", sagte Dr. Schneider zu der Reisebegleiterin, die in diesem Moment aufatmete. "Der Mann ist Chirug, da muss man bei solchen Aussagen vorsichtig sein."

Dr. Fischer hatte diese Kritik an seinen Fähigkeiten gar nicht mitbekommen, er war zu sehr damit beschäftigt die Knöpfe von Müllers, seiner Meinung nach furchtbar hässlichem Hemd zu öffnen. Er holte einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und fing an am Brustkorb des Patienten Linien zu malen.

"Ich denke wir sollten einen Einschnitt am besten hier vornehmen… oder vielleicht lieber hier", murmelte er dabei.

"Sie können den Mann doch nicht einfach aufschneiden", sagte Dr. Schneider.

"Warum denn nicht?", fragte Dr. Fischer etwas enttäuscht.

"Zum einem wissen wir noch nicht mal im Ansatz, was der Mann hat. Zum anderen ist es hier weder Steril, noch haben Sie die richtige Ausrüstung und wirklich betäubt ist der Patient auch nicht."

"Also wenn ich niemanden aufschneiden darf, dann weiß ich auch nicht, warum ich hier überhaupt noch bin", sagte Dr. Fischer sichtlich enttäuscht.

"Wir sollten erst mal herausfinden, was der Mann hat", sagte Dr. Schneider beschwichtigend. "Ich nehme mal eine Blutprobe und schicke die ans Labor, dann sehen wir weiter." Dabei kramte sie in ihren Jackentaschen und schien etwas zu suchen.

"Und von welchem Labor reden Sie bitte? Wir befinden uns hier in einem Flugzeug", sagte Dr. Fischer. "Hier gibt es kein Labor. Da hilft wohl nichts, wir müssen es auf die alte Art und Weise machen und uns den Patienten mal genauer anschauen."

Doch Dr. Schneider hörte ihn schon nicht mehr, sie war aufgestanden und hatte sich auf die Suche nach einer Spritze gemacht. Es musste doch jemanden in diesem Flugzeug geben, der etwas dabei hatte mit dem man Blut entnehmen konnte.

"Die jungen Ärzte von heute", schnaufte Dr. Fischer kopfschüttelnd und widmete sich dann wieder Müller. Er schaute ihn genau an und ertastete seinen Hals, seine Arme, die Beine und den Torso, ohne zu wissen was genau er da eigentlich tat. Er war Chirurg, kein Diagnostiker. Man sagte ihm was herausgeschnitten oder geflickt werden musste und das tat er dann. Für alles andere war das restliche Krankenhauspersonal zuständig.

"Man hat mir gesagt Sie brauchen einen Doktor?", fragte ein Mann, der gerade aus der Economy Class zu ihnen kam.

"Wir sind schon zu zweit, aber es kann ja nicht schaden", sagte die Reisebegleiterin mit einem Lächeln im Gesicht.

"Dr. Wagner", sagte er und schüttelte Dr. Fischers Hand. "Ich bin Dermatologe."

"Dermatologe, na toll", murmelte Dr. Fischer und versuchte weiter aus Müllers Körper schlau zu werden.

"Oh wei", sagte Dr. Wagner, als er sich gegenüber von Dr. Fischer hingekniet hatte.

"Was?", fragte dieser.

"Schauen Sie sich mal dieses Muttermal an. Etwas dunkel und unsauberer Rand. Sagen Sie, hat sich das schon mal ein Arzt angeschaut?", fragte der Müller, der jedoch nicht antwortete.

"Wissen Sie, es wäre wirklich nur zu ihrem Vorteil, wenn Sie kooperieren würden", sagte er vorwurfsvoll.

"Das würde er vielleicht gerne, aber der Mann ist bewusstlos", sagte Dr. Fischer und murmelte dann ein weiteres: "Dermatologe."

"Ich habs", sagte Dr. Schneider, die sich in diesem Moment neben Dr. Fischer kniete. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Glas, in der linken eine Stecknadel. Mit dieser stach sie Müller in den Daumen der linken Hand und ließ das Blut dann langsam in das Glas tropfen. "Ich komme immer an meine Blutprobe", sagte sie zufrieden.

"Das freut mich für Sie", erwiderte Dr. Fischer. "Aber was machen Sie dann damit, wenn es kein Labor gibt? Können Sie die Bestandteile am Geschmack feststellen?"

"Eins nach dem anderen. Ich finde schon einen Weg", sagte sie und schaute sich an, wie sich das Glas weiterhin langsam mit Blut füllte.

"Mein Gott", rief Dr. Wagner mit Entsetzen in der Stimme. "Schauen Sie sich mal seine rechte Brust an. Diese Muttermale machen mir wirklich Sorgen. Sie müssen sich wirklich besser eincremen, gerade zu dieser Jahreszeit."

Patienten die bewusstlos waren, stellten für Dr. Wagner eine ganz neue Erfahrung da, weswegen er einfach weiter mit Müller redete und dessen Schweigen als eine Art schmerzhafter Einsicht über das eigene Fehlverhalten einstufte.

"Hören Sie mal", rief Dr. Erhardt von seinem Sitzplatz. "Es gibt hier auch Menschen die sich ein wenig konzentrieren wollen. Wenn Sie also die Güte besäßen Ihren Lärm auf ein Minimum zu reduzieren, wären wir Ihnen sehr dankbar."

Auch bei den anderen Passagieren war die Neugierde schon längst erwacht und so reckten sie ihre Köpfe oder standen auf, um einen Blick auf das Schauspiel erhaschen zu können. Die Reisebegleiter gaben sich alle Mühe und baten sie darum sitzen zu bleiben und sich anzuschnallen.

Während Dr. Wagner einen Vortrag über die Entwicklung der Sonnencreme hielt, Dr. Fischer weiterhin ziellos herumtastete und dabei schon einmal Linien zeichnete, damit er bei jeglicher Diagnose vorbereitet war, und Dr. Schneider weiterhin das Blut abtropfen ließ, kam der Pilot mit einem besorgten Blick zu ihnen.

"Guten Tag, ich bin Ihr Pilot", sagte er, als er neben ihnen stand. "Was hat der Mann? Müssen wir möglichst bald landen?"

"Können wir Ihnen noch nicht genau sagen", sagte Dr. Fischer ohne ihn anzuschauen.

"Kann ich Ihnen denn irgendwie behilflich sein?", fragte der Pilot.

"Ja, wo kann ich das hier an Bord untersuchen lassen?", fragte Dr. Schneider und hielt ihm das Glas voller Blut unter die Nase. Der Pilot schaute sich das Glas kurz an, wurde dann etwas blass und schließlich vergrößerten sich seine Wangen, während er beide Hände vor dem Mund hielt. Er drehte sich um und rannte zur Toilettenkabine, wo er lautstark seinen Magen entleerte.

"Hier wird ein Arzt benötigt?", fragte ein Mann mitte dreißig, der plötzlich neben ihnen stand.

"Sie sind Arzt?", fragt Dr. Schneider misstrauisch. Der Mann sah weniger aus wie ein Arzt und mehr wie ein Surflehrer.

"Ja, ich bin Chirurg. Dr. Schäfer."

"Noch ein Chirurg, das freut mich aber", sagte Dr. Fischer.

"Ja, was für ein Grund zur Freude", sagte Dr. Schneider in einem sarkastischen Tonfall.

"Oh, ich sehe das Problem schon", sagte Dr. Schäfer.

"Tatsächlich?", fragte Dr. Fischer ungläubig.

"Natürlich, schauen Sie sich sein Gesicht doch mal an. Das ist doch unverkennbar."

Dr. Fischer näherte sich dem Gesicht und betrachtete es aus jedem möglichen Winkel, doch egal was er versuchte, er konnte nichts auffälliges sehen. Dr. Schäfer kniete sich neben Müllers Kopf und holte ebenfalls einen Stift aus der Tasche, mit dem er anfing in Müllers Gesicht zu zeichnen.

"Das haben wir bald gelöst. Die Tränensäcke werden gestrafft, die Nase verkleinert und begradigt. An den Krähenfüßen könnten wir auch etwas machen, und die Stirnfalten sollten auch weg. Aber für das schiefe Gebiss ist ein Zahnarzt zuständig", sagte Dr. Schäfer dabei.

"Sagen Sie mal, Sie sind nicht zufälligerweise plastischer Chirurg, oder?", fragte Dr. Fischer.

"Doch, das bin ich. Und dieser Mann ist so furchtbar hässlich, dass ich sogar gewillt wäre ihn auf meine Kosten zu behandeln", sagte Dr. Schäfer und zeichnete dabei munter weiter.

Dr. Schneider war mittlerweile in der kleinen Küche des Schiffs verschwunden und suchte einen Mixer, mit dem sie das Blut etwas schleudern konnte. Leider gab es keine Zentrifuge an Bord.

"Schauen Sie sich das mal an", rief Dr. Wagner erschüttert, und versetzte seine Kollegen damit kurz in Panik. "Diese Schuppenflechte ist äußerst ausgeprägt. Was machen Sie nur mit ihrer Haut, das ist wirklich nicht mehr feierlich".

Dr. Wagner stand dann auf und ging durch das Flugzeug, auf der Suche nach jemandem mit der richtigen Hautcreme. Ersetzt wurde er von Dr. Schneider, die sich wieder zu den beiden Chirurgen kniete, ihr Gesichtsausdruck verhieß dabei nichts gutes.

"Wofür zahlt man eigentlich so viel für die Tickets, wenn es an Bord nicht einmal die einfachsten medizinischen Gerätschaften gibt? Kann mir das mal bitte jemand erklären?", fragte sie genervt.

"Sie werden doch wohl in der Lage sein eine einfache Diagnose zu erstellen, auch ohne Geräte, immerhin sind Sie die Internistin", sagte Dr. Fischer, der weiterhin den Brustkorb von Müller anmalte. Dr. Schäfer konzentrierte sich immer noch auf Müllers Gesicht, das er gleichzeitig faszinierend und furchtbar ekelhaft fand.

"Nein, warum auch? In jeder Klinik gibt es solche Geräte!", protestierte Dr. Schneider. "Wir sind hier doch nicht bei "Ärzte ohne Grenzen"."

"Da war ich mal, Aber das Interesse an der eigenen Schönheit ist in der dritten Welt gerade zu lächerlich gering", sagte Dr. Schäfer abwertend.

Doch seine Worte blieben unbeachtet, denn Dr. Schneider und Dr. Fischer standen bereits wieder und waren damit beschäftigt sich zu streiten. Sie nannte ihn einen ungebildeten Idioten und einen überbezahlten Automechaniker. Er bezeichnete sie als eine schlechtere Heilpraktikerin, die nicht einmal dann die Symptome eines Patienten erkennen würde, wenn er in Flammen stünde. Dr. Erhardt hatte genervt die Zeitung weggelegt und sich die Kopfhörer aufgesetzt. Es missfiel ihm wie hartnäckig sich dieser Patient dagegen weigerte, einfach zu sterben.

Zu Dr. Schäfer gesellte sich nun noch ein unbekannter Mann, der mit einem Maßband hantierte und Müllers Körper in verschiedene Positionen legte.

"Was machen Sie da?", fragte Dr. Schäfer verwundert.

"Winter mein Name. Ich bin Bestatter. Will den Toten nur schon mal vermessen", sagte er und schaute dabei auf sein Maßband.

"Da irren Sie sich. Der Mann ist nicht tot", sagte Dr. Schäfer überrascht.

"Doch ist er. Fühlen Sie doch mal wie kalt er ist, außerdem atmet er nicht. Hätte Ihnen schon vor fünf Minuten sagen können, dass Sie eine Leiche anmalen, aber ich wollte noch den Bordfilm zu ende schauen".

Dr. Schäfer stand wieder auf und stellte sich neben Dr. Schneider und Dr. Fischer, die in Anbetracht der Umstände ihren Streit beendet hatten. Winter holte einen Notizblock aus seiner Tasche und schrieb sich alles auf.

"Ich habe endlich die richtige Salbe", rief Dr. Wagner, der in diesem Moment grinsend den Gang entlang kam.

"Können Sie sich sparen, der Mann ist tot", sagte Dr. Fischer ruhig.

"Nein", sagte Dr. Wagner und fiel auf die Knie. Eine Träne lief aus seinem Auge. "Wieder einmal bin ich zu spät."

 

Hej @Bultasar ,

ich muss sagen, ich habe mich erneut gut unterhalten gefühlt. Da bist du der Ärzteschaft aber ganz schon an den Kragen gegangen. Ich mag es, wie du lapidar und unaufgeregt absurde Dialoge führen lässt, die in Wunden rühren, sich selbst entlarven.

Tatsächlich hatte er nur einmal in seinem Leben einen Arzt aufgesucht, jedoch nicht, weil er dessen medizinischen Rat benötigte, sondern weil er ihm die Tracht Prügel seines Lebens verpassen wollte, immerhin hatte der Mann mit Müllers erster Frau geschlafen.

Mir behagt der Tonfall und die einfache Sprache für diese Absurdität. War ich nicht schon bei der Geschichte zuvor an Loriot erinnert?

"Finden Sie? Ich spüre gar nichts davon", erwiderte der Mann etwas überrascht und schaute sich interessiert einen Schweißtropfen an, der sich an Müllers Schläfe gebildet hatte und nun langsam an dessen Wange hinunter lief.

Auch davon bin ich Fan: leiser Beobachtung.

Eine Flugbegleiterin, die gerade vier Reihen weiter hinten damit beschäftigt war einem kleinen Jungen zu erklären, warum es falsch ist seinen Vordermann zu bespucken, hörte den Ruf und sah dann, als sie ihren Kopf in die Richtung drehte, sofort Müller, wie er bewusstlos am Boden lag.

Die kommt im Verlauf ja auch nicht so gut bei weg. Du hast sie alle im Visier (selbst das Kind)

Doch es half nichts, Müller reagierte nicht. Unsicher darüber, wie sie in so einer Situation am besten vorgehen sollte, tat sie das, was sie in vielen Filmen gelernt hatte. Sie rief laut: "Ist hier ein Doktor anwesend?"

Voll weggehauen, das Flugpersonal.

"Ich bin ein richtiger Arzt.

Von mir aus hätte er hier Mediziner sagen können, schon wegen der Wortwiederholung.

"Ist es etwas schlimmes?", fragte die Reisebegleitern nervös.

Ich würd ja Schlimmes schreiben.

Die Reisebegleiterin hatte das Gefühl, als würden sie dabei wie aus einem Reflex heraus die Gesichter des Gegenüber nach Symptomen absuchen.

Ich hab das Gefühl auch.

"Der Mann ist Kassenversichert."

Ich würd kassenversichert schreiben

"Dann wünsche ich ihm ein angenehmes Sterben", erwiderte Dr. Erhardt und widmete sich wieder seiner Zeitung.

So sindse. :Pfeif:

"Warum denn nicht?", fragte Dr. Fischer etwas enttäuscht.
Zum anderen ist es hier weder Steril, noch haben Sie die richtige Ausrüstung und wirklich betäubt ist der Patient auch nicht."
"Also wenn ich niemanden aufschneiden darf, dann weiß ich auch nicht, warum ich hier überhaupt noch bin", sagte Dr. Fischer sichtlich enttäuscht.

steril in klein
auch könntest du das zweite enttäuscht ersetzen, denke ich

"Schauen Sie sich mal dieses Muttermal an. Etwas dunkel und unsauberer Rand. Sagen Sie, hat sich das schon mal ein Arzt angeschaut?", fragte der Müller, der jedoch nicht antwortete.

:lol:

er konnte nichts auffälliges sehen.

Auffälliges in groß?

und suchte einen Mixer, mit dem sie das Blut etwas schleudern konnte. Leider gab es keine Zentrifuge an Bord.

Leider leider

Was machen Sie nur mit ihrer Haut, das ist wirklich nicht mehr feierlich".

Echt mal jetzt.

Er bezeichnete sie als eine schlechtere Heilpraktikerin, die nicht einmal dann die Symptome eines Patienten erkennen würde, wenn er in Flammen stünde.

Köstlich.

dass Sie eine Leiche anmalen, aber ich wollte noch den Bordfilm zu ende schauen".

Ich amüsiere mich gut und du hast mir eine schöne Lesezeit beschert. Danke dafür und fröhliche Weihnachten, Kanji

 

@Kanji
Vielen Dank fürs Lesen, deine Meinung und deine Hinweise. Es freut mich, dass dir der Text gefallen hat und ich werde mir deine Ratschläge zu Herzen nehmen und den Text die Tage korrigieren (vielleicht nicht hier, sondern nur die Datei auf meinem PC, damit sich niemand wundert). Ich kam leider nicht vorher zum Antworten, daher hoffe ich, du hattest frohe Weihnachten und wünsche einen guten Rutsch.

 
Zuletzt bearbeitet:

ich werde mir deine Ratschläge zu Herzen nehmen und den Text die Tage korrigieren (vielleicht nicht hier, sondern nur die Datei auf meinem PC, damit sich niemand wundert).
Hallo Baltasar,

lass uns doch teilhaben an deiner Überarbeitung, am Fortschritt der Geschichte, daran, ob die Hinweise und Anregungen der Kommentatoren gefruchtet haben. Dafür machen wir das ja alles hier.
Warum sollten sich weitere Leser die Mühe machen, die Geschichte zu analysieren, wenn die Hinweise alle in der dunkeln Kammer verschwinden? ;)

In diesem Sinne ein frohes Neues Jahr.
Gruß, GoMusic

P.S.: Schau mal, du hast unter deinen anderen Geschichten noch reihenweise unbeantwortete Kommentare. Hast du bestimmt übersehen.

 

Hallo!


Ich konnte diese Geschichte mit einem Lächeln auf dem Gesicht verfolgen und ohne Unterbrechung bis zu Ende lesen. Mich würde interessieren, ob du hier von einem schon bestehenden Witz inspiriert wurdest oder Derartiges sogar als Vorlage verwendet hast?

Der Einstieg ist meines Erachtens etwas zäh und ich musste mich da selbst ein wenig anschubsen. Die Frage um den Gesundheitszustand des Herrn Müller verleitet natürlich zum Weiterlesen, doch ich vermute, dass die Einleitung (der gesamte Teil Herr Müller betreffend) etwas zu langatmig ausfällt. Details sind schön, doch an einigen Stellen wurde ich hier zu großzügig mit unwichtigen Details beworfen. Den eigentlichen Kern der Geschichte bildet das humorvolle Gespräch der verschiedenen Ärzte und wenn ich betrachte, wie lang der Einleitungsteil (in dem ja in Richtung Humor noch nichts passiert) in Relation dazu ausfällt, muss ich diesen Punkt einfach kritisieren.

Außerdem sind mir zahlreiche Rechtschreibfehler aufgefallen, von denen ich nicht alle anbringen werde. Besonders auf Punkte, welche den Anführungszeichen entflohen sind, habe ich irgendwann keine Rücksicht mehr genommen. Das Gleiche gilt für häufig vergessene Kommata. Die Quantität dieser Fehler bewegt sich nicht in einem kritischen Bereich, war aber schon deutlich spürbar.


Die Reisebegleiterin hatte das Gefühl, als würden sie dabei wie aus einem Reflex heraus die Gesichter des Gegenüber nach Symptomen absuchen.
Diese Stelle war so abrupt nachvollziehbar, dass man dieses Bild sofort klar vor Augen hatte. Sehr witzig.

Auch wie der Dermatologe noch weiter auf den Bewusstlosen einredet und der Plastische dessen Gesicht anmalt, war einfach zum wegwerfen.
An dieser Stelle fällt mir der Pilot wieder an, welcher mir etwas Fehl am Platze erschien und dessen Auftreten mich eher gestört hat. Der Teil mit dem Piloten ist nicht sonderlich witzig, wirkte wie ein Fremdkörper in der Gruppe von Ärzten, nicht nur des Berufes wegen. Die Absätze drumherum sind sehr humorvoll, daher finde ich es Schade, dass hier eine Art Bremse eingebaut wurde. Der Pilot könnte mMn im Cockpit bleiben.


Hier noch Orthographie


, der in allen Himmelsrichtungen mit dem Horizont zusammen lief.
zusammenlief
es sei denn, Ozean und Horizont liefen zusammen in einem Marathon.
des Flugzeuges begonnen und seit dem angehalten.
seitdem
, doch in seinem Magen herrschte ein flaues Gefühl[,] das ihm jeglichen Appetit raubte

Der Schweiß lief aus den dünnen, grau werdenden Haaren hinunter
Du bist bald Zuhause,
entweder "zu Hause" oder "zuhause" oder
"Du bist bald in deinem Zuhause."
Eine Flugbegleiterin, die gerade vier Reihen weiter hinten damit beschäftigt war einem kleinen Jungen zu erklären, warum es falsch ist[,] seinen Vordermann zu bespucken, hörte den Ruf und sah dann, als sie ihren Kopf in die Richtung drehte, sofort Müller, wie er bewusstlos am Boden lag.
Der Satz ist insgesamt sehr verschachtelt und klingt in dieser Order furchtbar. Diese Aussagen lassen sich bestimmt auch weniger 'drehbuchartig' ausdrücken, bzw. einige Teile einfach weglassen, würde dem Lesefluss sicher beitragen:
"Eine Flugbegleiterin, die gerade vier Reihen weiter hinten beschäftigt war, hörte den Ruf und als sie ihren Kopf in die Richtung drehte, sah sie sofort Müller, wie er bewusstlos am Boden lag."
Zum Beispiel.
Sie kniete sich neben ihn[,] schaute in sein Gesicht.
kann natürlich auch sein, dass hier ein "und" vergessen worden ist.
ein Mann im Tweed- Sakko auf und verkündete Lautstark
lautstark klein
Ist es etwas schlimmes?
"etwas Schlimmes" Hier wird substantiviert.
Die Reisebegleiterin ging zu einer Kollegin[,] um ihr von allem zu berichten,
"Aufschneiden? Hier? Das geht doch nicht".
Hier die Sache mit dem entflohen Punkt.
Zum einem wissen wir noch nicht mal im Ansatz,
Doppelter Dativ.
Zum anderen ist es hier weder Steril, noch
steril klein
er versuchte, er konnte nichts auffälliges sehen
nichts Auffälliges
Was machen Sie nur mit ihrer Haut, das ist wirklich nicht mehr feierlich".
Der flüchtige Punkt.
Dr. Schneider, die sich wieder zu den beiden Chirurgen kniete, ihr Gesichtsausdruck verhieß dabei nichts gutes.
"nichts Gutes" wieder wird substantiviert


Danke für diese Geschichte und frohes Neues (hier wird substantiviert ;))!


MfG Putrid Palace

 

Hallo @Bultasar,

ich freue mich selbstredend, dass es sich hier um eine Satire handelt, denn meist wird dieser Tag vollkommen missverstanden.
Aber das hier ist dann wirklich mal eine.
Ich habe dennoch ein kleines Problem mit der Geschichte, nämlich dasjenige, dass sie mir zu behäbig, zu wenig funkensprühend daher kommt. Das Thema ist ja nicht unbedingt ein Neues, sondern allerorten klagen die Menschen darüber, dass ihnen die Ärzte meist nur höchst begrenzte Aufmerksamkeit zuwenden und oftmals nur ihren eigenen Profit, ihren eigenen Erfolg im Blick haben.
Natürlich darf man über alles schreiben, was man irgendwie sozial- oder gesellschaftskritisch betrachten und bewerten kann, du musst nicht zwingend neue Sachverhalte ersinnen. Aber wenn du dich eines ansich ja ausgelutschten Themas annimmst, dann muss wenigstens die Umsetzung innovativ sein.
Und genau daran krankt es für meine Begriffe hier bei dieser Geschichte.
Es passiert rein garnichts Unerwartetes, alles verhalten sich so, wie man es in einer Satire erwartet.
Dabei und das ist ja das Tolle bei einer Satire, hättest du aus dem Vollen schöpfen können und dürfen und die Figuren und ihr Verhalten höchst ins Perverse treiben können. Zum Beispiel hätte der Dermatologe wegen des von ihm gefundenen Muttermals so einen Aufriss machen können, dass er den Piloten zur Notlandung gezwungen hätte. Der Effekt deiner Satire wäre derselbe, aber es wäre da etwas passiert, was man so vielleicht selbst in der Satire nicht erwartete hätte.
Wie wäre es, wenn sich die Ärzte untereinander noch mehr miteinander beschäftigt hätten. Zum Beispiel hätten sie mit dem Stift auf dem Bauch des Opfers sich gegenseitig die Golftipps aufmalen können, weil sie vielleicht in der Plauderei entdeckt hätten, dass sie beide den Golfsport lieben.
Ach, da wären noch so irre viele wirklich abgefahrene Dinge möglich gewesen, aber diese Momente verschenkst du in dieser Geschichte, weshalb sie mir nicht so arg gut gefällt.
Es hätte also deutlich skurriler sein dürfen und somit hätten auch die Dialoge so sein dürfen und können, dass man als Leser unbedingt weiter lesen möchte, wer jetzt was sagt.

Schade, aber vielleicht kannst du meine Kritik verstehen und beim nächsten Mal deutlich mehr aufdrehen bei einer Satire.

Die untenstehenden Fehler sind mir alle beim Lesen aufgefallen, vermutlich sind es noch nicht alle, aber diese hier sprangen mich an.

murmelte er leiste

leise

st es etwas schlimmes?", fragt

Schlimmes
"Sie sind auch Chirug?", fragte der Mann.

Chirurg
Der Mann ist Chirug, da muss man bei solchen Aussagen vorsichtig sein."

Chirurg
was der Mann hat. Zum anderen ist es hier weder Steril, noch haben Sie die richtige

steril

"Hören Sie mal", rief Dr. Erhardt von seinem Sitzplatz. "Es gibt hier auch Menschen die sich ein wenig konzentrieren wollen. Wenn Sie also die Güte besäßen Ihren Lärm auf ein Minimum zu reduzieren, wären wir Ihnen sehr dankbar."

Es gibt hier Menschen Komma, die sich....Wenn sie also die Güte besäßen, Komma Ihren Lärm...

Lieben Gruß
lakita

 

Der Kabarettist tut es wegen des Geldes,
der Comedian wegen dem Geld

Fräulein, werfen Sie Ihr Kind weg, ich mach Ihnen ein neues, heißt es sinngemäß in ‚Deutsch für Amerikaner‘ der Hauser, Panter, Tiger und Wrobel. Diese Fab Four deutschsprachiger Satire behaupteten ihrerzeit, Satire dürfe alles – wobei die Frage ist, ob diese Meinung auch den Satiriker, also den Schöpfer der Satire einbeziehe.

Nehmen wir einmal an, Satire dürfe alles, treffe auch auf den Satiriker zu, wandelte sich die in dem Werk geoffenbarte Meinung in eine Haltung und die scheint mir bei Dir,

verehrter Bultasar,
aber zunächst, bevor ich‘s vergess,
erst einmal willkommen hierorts!,

eine der Verweigerung zu sein, denn obwohl Frauen Dich umschwärmen und loben (Satire ist mit eines der schwierigsten Geschäftsmodelle überhaupt und zudem gefährlich, gar lebensgefährlich, wie das Schicksal der Fab Four deutscher Satire belegt) erfolgt nicht mal ein schlichter Dank fürs preiswerte Lektorat hierorts, dass ich mich nun zurücklehne und mich über den nickname amüsier, bedeutet Ba(a)ltasar doch „Gott schütze den König“ und nicht „der Patient ist tot, es lebe der Patient!“

Freatle

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom