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Vertraulichkeiten

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09.07.2004
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Vertraulichkeiten

Vertraulichkeiten

Der erste Patient

Ein kleines Praxiszimmer. Nebenan das Vorzimmer. Darin die Sprechstundenhilfe.


Die Sprechstundenhilfe: Patient Lugwohl.

Der Seelenarzt: Herein bitte.
Die Tür zur Praxis öffnet sich. Ein Mann mittleren Alters erscheint. Bleibt kurz auf der Türschwelle stehen, blickt sich um, geht dann aber dezidiert zu den als Patientenstuhl ausgewiesenen Platz. Der Mann ihm gegenüber verharrt ruhig in seinem Sessel bis sein Patient nahe genug ist, seine gemächlich –aber nicht kraftlos- entgegengehaltene Hand zum Gruse entboten, zu erreichen. Dem Arzt erscheint der Händedruck des anderen überraschend stark.

Der Patient: Herr Doktor, vorweggesagt ich brauche keine Hilfe. Herr Meinhold sagte mir kürzlich, dass ich in letzter Zeit etwas unkonzentriert sei. Er gab mir die Schuld an einigen Pannen, weswegen er mich bat doch einmal einen „Spezialisten“ aufzusuchen.
Er gab mir sogar einen Tag frei deswegen. Aber er irrt sich, ich brauche wirklich keinen Psychologen.

Der Psychiater: Psychiater.

Der Patient: Nennen sie es wie sie wollen. Fest steht, dass ich keinen brauch. Unterschreiben sie einfach den Zettel für meinen Chef und wir beide haben uns eine Mühe erspart.

Der Psychiater: So einfach ist das nun auch wieder nicht. Wenn sie nicht grundlos hier sind, dann kann ich sie nicht einfach so mir nichts Dir nichts gehen lassen. Denn auch derjenige ist ein Mitwisser, der eine verschwiegene Wahrheit missachtet obwohl er genau weiß, dass es etwas zu hören gibt. Und allein neben dem rein beruflichen Interesse, mag ich’s nicht angelogen zu werden.

Der Patient:
Ausweichend
Ach das berufliche Interesse! Was macht denn ihr Berufsstand eigentlich?
Wird leicht aufbrausend.
Ich will es ihnen sagen. Sie laborieren an dem, was eigentlich unangetastet bleiben soll. Sie machen aus dem Arcanum der Menschlichkeit eine Wissenschaft. Theorie über den Menschen folgt Experiment am Menschen. Und wenn’s schief geht, dann war eben der Mensch falsch.

Der Psychiater:
Bleibt ruhig.
Sie haben sich scheinbar schon im Vorfeld Gedanken über ihren Auftritt hier gemacht.

Der Patient:
Zuckt für einen Sekundenbruchteil unsicher wirkend zurück, verschmälert die Augenlider und steht auf. Er stützt sich jetzt auf den Schreibtisch des Arztes und blickt auf ihn herab.

Herr Doktor, lassen sie doch einfach die Tricks sein. Ich kenne sie nicht und sie kennen mich nicht. Können sie mir auch nur einen Grund nennen wieso ich jetzt nicht augenblicklich zu…, nach Hause gehen sollte?

Bei seinen letzten Worten stößt der Patient, während einer weit ausholenden Handbewegung, ein Bild auf dem Schreibtisch um. Das Bild fällt zu Boden, Glas zerbricht.

Der Patient:
Bückt sich, die Scherben aufzulesen.
Entschuldigen sie bitte vielmals. Das war sicher keine Absicht.
Nimmt das Foto aus dem Rahmen und betrachtet es. Darauf zu sehen: Eine Frau, ein Junge von etwa sechs Jahren; ein Mädchen vielleicht ein Jahr älter und schließlich er selbst.

Der Patient: Ihre Familie?

Der Psychiater:
Wirkt im ersten Moment verärgert. Reibt dann aber, den Patienten der auf den Boden kniet betrachtend, mit Zeige und Mittelfinger an der rechten Augenbraue. Seine Echauffiertheit scheint verflogen.

Die größere heißt Anna, eigentlich ist sie die Kleinere da sie ein Jahr jünger ist als ihr Bruder. Aber sie ist sehr groß für ihr Alter. Der Junge heißt Franzl und das ist meine Frau Hilde. Sie sind alles was ich hab. Haben sie auch Familie?

Der Patient:
Setzt sich wieder auf den Stuhl und legt das zerbrochene Bild auf den Tisch.
Ich… Ja wissen sie, ich…

Der Psychiater: Ja?

Der Patient:
beginnt nervös an einem Portmonee welches er aus seiner Brusttasche hervorgeholt hat zu zupfen
Ich.. Ich hatte eine Frau. Aber sie ist…

Der Psychiater: Ist was?

Der Patient: Sie hatte einen Unfall.

Der Psychiater: Einen Unfall?

Der Patient:
Bricht förmlich zusammen
Sie kam mit dem Auto von der Straße ab. Zwei Wochen ist es jetzt her.

Der Psychiater:
Blickt ihn jetzt sehr konzentriert an
Sie ist…
Der Patient:
weint
…sofort tot gewesen.

Einen langen Moment herrscht Stille im Besprechungszimmer.


Der Patient:
Fasst sich wieder etwas
Aber das ist noch nicht alles.

Wirkt jetzt wieder konzentriert
Die Sache war so.
Als ich eines Abends nach Hause kam, wartete meine Frau bereits auf mich.
- Ich hatte sie betrogen. Ich wusste dass sie es an diesem Abend erfahren haben musste.
Also wussten wir es beide, deshalb waren Worte vergebens. Sie sah mich an als wäre ich ein Fremder. Wortlos sah sie auf ihre Hand herab. Drei Jahre lang trug sie daran diesen Ring.
Ich wusste was kommen musste. Doch kam es anders.

Der Psychiater: Bevor sie fortfahren zu schildern. Was hätte eigentlich kommen müssen?


Der Patient: Na was wohl?
Eine Szene. Den Ring von der Hand gerissen. Die Trennung vielleicht.


Der Psychiater: Was macht sie da so sicher?

Der Patient: Sehen sie, Sie versuchte es ja! Sie zog an diesem Ring, zerrte kräftig. Aber das Ding wollte sich einfach nicht von ihrer Hand lösen.
Jetzt könnten sie einwenden, dass das ja gar nicht so wichtig ist. Das man sich auch so trennen kann. Doch haben sie schon einmal eine Hochzeit ohne Ring erlebt?
Sehen sie, ich auch nicht.
Man kann vielleicht ohne diese Symbolik miteinander leben, wenn’s dann aber schwierig wird, dann fehlt einem etwas woran man sich erinnern könnte.

Der Psychiater: Sie glauben, dass sie sie nicht einfach so vergessen konnte.

Der Patient: Ja, aber auch nicht nicht wollte. - Der Ring wollte sich immer noch nicht lösen.
Sie wurde hysterisch.
Schrie mich an.
Beschimpfte mich.

Der Psychiater: Und sie standen einfach nur daneben?

Der Patient: Anfangs ja, dann aber, als nur noch ein leises Wimmern von ihr zu hören war; sie zusammengekauert auf dem Esszimmerstuhl saß; da kam ich zu ihr heran.
Ich umschloss sie mit den Armen und drückte sie an mich.
Ihr Widerstand schien plötzlich gebrochen.
Genau hier fing es an penetrant zu werden.

Kleine Pause
Den Ring trägt sie noch jetzt im Grabe.

Der Psychiater: Was weiter?

Der Patient: Ich ging in die Küche, ihr einen Tee zu bereiten. Als ich zurückkam hörte ich die Haustür schlagen und den Motor ihres Autos aufheulen. Den Rest kennen sie bereits.

Stille in der Praxis. Der Patient spielt wieder an seinem Portmonee. Der Arzt denkt angestrengt nach.


Der Psychiater:
Ich denke zu Verstehen. Der Ring an ihrer Hand, ist das ihre Hälfte des Ringpärchens?

Der Patient: Ja, jetzt lässt SIE mich nicht gehen.

Der Psychiater:
räuspert sich
Ich könnte ihnen jetzt Medikamente verschreiben, Barbiturate, Antidepressiva und dergleichen mehr. Ich könnte ihnen zu einer Gesprächstherapie raten oder versuchen das Geschehene mit ihnen in mehreren Sitzungen zu analysieren.
-All das werde ich nicht tun.
Ich werde ihnen nur eines sagen:

Es ist nicht ihre Schuld.

Der Patient, der während seiner letzten Worte wieder zu weinen begann, blickt auf. Er weint jetzt nicht mehr. Stattdessen starrt er seinem Gegenüber, auf eine eigenartige Art dankbar, direkt in die Augen.

Der Psychiater:
Wiederholt
Es ist nicht ihre Schuld.

Es folgt ein weiteres Schweigen.
Die Sitzung wird für beendet erklärt.

Der Arzt verabschiedet sich von seinem Patienten mit einem erneut kräftigen Handschütteln.
- Erneut drückt sein Patient fester zu als der Arzt -
Der Patient der dem Ausgang zustrebt, wird noch kurz von der Sekretärin aufgehalten, gebeten einige Papiere zu unterzeichnen. Während er dies im Vorzimmer erledigt, ertönt das Telefon im Besprechungsraum des Seelenarztes.

Die Tür zwischen Praxis und Vorzimmer wird geschlossen.


Zwischengespräch

Stimme am anderen Ende des Telefons: Hallo Schatz.

Der Psychiater: Hallo.

Die Ehefrau: Wie ist die Arbeit?

Der Psychiater: Du weißt ja, darüber will ich mit dir nicht reden. Wie geht’s Lydia und Markus? Von der Schule schon wieder zurück?

Die Ehefrau: Vielleicht. Aber sie sind ja heute bei Freunden. Sie werden übrigens dort schlafen. Wann kommst du nach haus?

Der Psychiater: Ich hab heute Abend noch ein Interview mit einem Reporter der „Psychologie Heute“; das Thema lautet: Psychologie –Augurenschatz oder Wissenschaft?
Es wird spät werden.

Die Ehefrau: Ich liebe dich.

Der Psychiater: Ich weiß.
Bis heut Abend.

Die Ehefrau:
legt auf.


Der zweite Patient.

Die Vorzimmerdame: Frau Kastenummer, schon wieder.

Der Psychiater: Bitte.

Die Tür schwingt elanvoll auf. Nichtlange verharrt eine leicht übergeschminkte Dame zwischen den Balken des Türrahmens, da sie mit überlautem Geklapper ihrer Stöckelschuhe sogleich zum Patientenstuhl drängt. Sie vergisst allerdings die Türe hinter sich zu schließen, weswegen dieser Absatzakkord zwei weitere Male repetiert.
Einen unzweifelhaften Eindruck einer routinierten Zerstreutheit aufdrängend, diffundiert sie zunächst den halben Inhalt ihrer Handtasche auf dem Ebenholztisch des Arztes, namentlich ein schwarzer Eyeliner, ein Taschenspiegel sowie ein schwarzes Portmonee und einigen anderen Krimskrams. Als ihr dann der Fund eines Zigarettenetuis die Gelegenheit verschafft dem darin innewohnenden Genuss zu frönen, wird diese mit einem ebenso routinierten aber auch leicht frustrierten Kopfschütteln des Arztes zunichte gemacht.

Der Psychiater: Frau Kastenummer, das Zweite Mal in diesem Monat?

Die Patientin: Das Dritte.
Der Arzt blickt kurz auf den Kalender. Es ist Februar.

Die Patientin:
Schwadronierend
Ja, Ja Herr Doktor wie die Zeit vergeht. Ihre Beruhigung in der letzten Sitzung war übrigens gar nicht nötig. Sicher ist es gewiss gut zu wissen, dass Homosexualität nicht genetisch übertragen werden kann, aber mein Bruder ist eigentlich gar nicht schwul geworden.
Er hats mir auch erklärt.
Diese Statue, die er sich ins Wohnzimmer
hat schaffen lassen, soll eigentlich nur die
apollinische Sphäre seiner metaphysischen
Ambivalenz symbolisieren…

.
Dann hat er sich aber doch noch geoutet:
Er ist nämlich in Wahrheit ein Künstler!

Der Arzt, der seiner Patientin keineswegs zugehört hat blättert abwesend in einem der „Psychologie Heute“ beiliegendem Werbeprospekt. Darin abgebildet:

Ein Einbauangebot eines Automobilherstellers:
Dekorleisten in schwarzem Klavierlack und dazu Cognacfarbene Ledersitze.
Auf der nächsten Seite eine Offerte eines Nahrungsmittelherstellers:
Eine breites Spektrum an Hors d'Oeuvres, namentlich Carpaccio vom Rind, Eier vom Stör sowie eine ganze Liste an Schmakerln zum Dessert.

Der Psychiater schließt die Zeitung, indem er leise etwas über unnötige Bequemlichkeiten murmelt.

Die Patientin: Ja, ein bisschen Bequem ist er tatsächlich, mein Bruder.
Aber so eine Sitzung hier ist nicht grad billig und sie lesen Zeitung! Zur Sache. Heute hab ich ein wirklich ernsthaftes Problem. Es geht um meinen Ehemann. Eigentlich genau darum ob er’s überhaupt werden soll. Mir sind da nämlich Zweifel gekommen und da wollt ich erst mit ihnen drüber sprechen.

Der Psychiater: Jetzt sammeln sie sich erst mal Frau Kastenummer und dann erzählen sie mir die ganze Geschichte von Vorn.

Die Patientin: Alles begann gestern Morgen nach dem Aufstehen. Nachdem ich die Schminksachen vom Waschbeckenrand geräumt hab, fand ich nämlich meinen Verlobungsring nicht mehr. Dabei weiß ich noch genau, dass ich ihn am Abend zuvor auf besagten Rand gelegt hab. Ich suchte ihn natürlich zunächst verzweifelt. Hab das ganze Haus auf den Kopf gestellt, aber er blieb verschwunden.

Der Psychiater:
Mit einer emotionalen Melange aus Belustigung und Verzweiflung
Sollten sie sich diesbezüglich nicht vielleicht an ein Fundbüro wenden?

Die Patientin: Jetzt werden sie aber nicht komisch. Es ist ernst. Ich hab dann angefangen darüber nachzudenken und da fiels mir ein.

Der Psychiater:
Grinst nun offen.
Sie hatten nie einen Ring?...

Die Patientin:
Überhört schlicht die ironische Bemerkung des Arztes.

Ich hab da mal so eine Story in einer Frauenzeitschrift gelesen. Da gings um einen Lustmolch um einen richtigen Casanova. Jeden Tag eine Andere und die Namen der Frauen konnt er sich schon gar nicht mehr merken. Bis er dann eines Tages eine getroffen hat, die ihn getroffen hat. Und da konnt er sich den Namen auch gleich merken.


Der Psychiater: Und weiter.

Die Patientin: Nichts weiter. Er konnt sich den Namen merken weil er’s auch wirklich wollte, weil’s ihm wichtig war. Die andern Namen hat er nur vergessen weil die Frauen für ihn bedeutungslos waren.

Der Psychiater: Jetzt versteh ich worauf sie hinauswollen. Sie meinen sie haben den Ring nicht zufällig verloren?

Die Patientin: Genau das mein ich! Unterbewusst nennt man so was doch, oder? Und da komm ich grad auf sie. Ich weiß nämlich nicht ob ich ihn dann noch heiraten darf.

Der Psychiater:
Holt weit aus
Der korrekten Terminologie nach heißt der von Freud entdeckte unzugängliche Teil der Seele das Unbewusste. Was sie denken bei sich zu diagnostizieren, Frau Kastenummer, wäre demnach eine so genannte Freud`sche Fehlleistung.
Tatsächlich meint Freud dabei das Verdrängen eines unangenehmen oder peinigenden Bewusstseinsinhalts in den Bereich des Unbewussten. Manchmal gelingt es dem Verdrängten dann allerdings doch wieder hervorzutreten, indem sich der Betreffende Beispielsweise verspricht. Freud selbst gab hierfür ein über die Kreise der Psychologie weithin bekanntes Beispiel eines Aufsichtsratsvorsitzenden, der die Tatsachen an den Vorschwein gebracht sah. Er meinte Vorschein, allerdings gelang es ihm nicht ganz diese Schweinerei, die da seinem Dafürhalten nach hervorgetreten ist, ganz zu verdrängen.
Auch das Vergessen oder vermeintliche Verlegen einer Sache kann durchaus diesen Fehlleistungen zugerechnet werden.

Die Patientin:
Etwas verwirrt
Ich versteh nicht ganz. Hab ich den Ring nun unbewusst verloren, oder soll ich ihn doch heiraten? Ich hab nämlich sogar ein Duplikat anfertigen lassen, dass ich immer bei mir trage. Man kann ja nie wissen...

Der Psychiater:
Grinst verschmitzt
Von diesem ganzen erzählen hab ich einen ganz trockenen Mund bekommen. Haben sie vielleicht ein Kaugummi für mich Frau Kastenummer. Soll den Speichelfluss anregen.

Die Patientin:
Wühlt in ihrer Handtasche
…..
Wühlt immer noch in ihrer Handtasche

Leider nicht, obwohl ich mir sicher war ich hätte ein Päckchen eingesteckt.

Der Psychiater:
Schiebt einige Zettelchen und Probiertütchen beiseite und zeigt demonstrativ auf ein darunterliegendes Päckchen.

Suchen sie vielleicht das Hier?

Die Patientin:
Schielt verlegen aber verständig auf den Arzt.

Der Psychiater: Sehen sie Frau Kastenummer, das Unbewusste ist nichts als eine wissenschaftlich Annahme. Sie kann genauso wenig bewiesen wie widerlegt werden.

Damit sie aber nicht ganz umsonst hierher gekommen sind, verrat ich ihnen noch ein kleines Geheimnis. Wenn ihnen etwas Unklar ist, verlassen sie sich immer auf ihren Instinkt. Den haben sie doch, oder?

Und jetzt verrat ich noch ein Zweites Geheimnis: Ich machs nicht anders.

Auch diese Sitzung ist damit beendet. Das Telefon des Arztes klingelt während die Patientin den Raum verlässt und im Vorzimmer bekannte Formalitäten erledigt. Seine Sekretärin teilt dem Arzt mit, dass das Interview mit dem Reporter der „Psychologie Heute“ abgesagt wurde.

Im Vorzimmer


Die Patientin Kastenummer hat die Praxis grade verlassen, als Frau Schmid, der Vorzimmerdame, ein liegen gebliebenes Portmonee auffällt. Pflichtbeflissen aber ein wenig zu eilig nimmt sie dieses an sich, sodass ein innlägiger Ring heraus, und auf den Boden fällt.
Sie liest ihn auf und verstaut ihn wieder sicher in der Geldbörse.
Etwa eine Viertelstunde später poltert Frau Kastenummer wieder in die Praxis. Aufgeregt taxiert sie selbige.

Die Vorzimmerdame: Suchen sie etwas Bestimmtes?

Frau Kastenummer: Sicher, meine Geldbörse.

Die Vorzimmerdame: Befand sich denn etwas Besonderes darin?

Frau Kastenummer: Was Besonderes? Nein, nur etwas Kleingeld, eine Kreditkarte und ein Ring.

Die Vorzimmerdame:
Überreicht Frau Kastenummer das Portmonee.
Dann ist dies hier sicherlich ihres.

Frau Kastenummer:
Öffnet es und prüft den Inhalt
Da ist zwar tatsächlich ein Ring und etwas Kleingeld, aber dieses Portmonee gehört eindeutig einem Herrn. Und überhaupt, sehe ich aus als würde ich mir mit Autos die Finger schmutzig machen?
Überreicht der Vorzimmerdame die geöffnete Geldbörse wieder und zeigt dabei auf einen Mitarbeiterausweis einer KFZ-Werkstatt.
Frau Kastenummer:
…Ach verflixt!
Jetzt wissen auch Sie wer schuld ist….

Die Vorzimmerdame: Wie meinen?

Frau Kastenummer: Ich natürlich. Sehen sie, ich bin einfach zu instinktiv für die Ehe.

Feierabend


Frau Kastenummer war bereits unverrichteter Dinge wieder abgezogen, als der Seelenarzt seine Praxis verließ.

Die Vorzimmerdame: Na Herr Doktor, wieder gezaubert?

Der Psychiater:
Mit leicht überheblichem Grinsen.
Aber sie wissen doch, ich bin auch nur ein Mensch.
…und ein Mann dazu.

Der Arzt hat das Vorzimmer verlassen als Frau Schmid das Telefon ergreift.
Sie wählt eine bekannte Nummer.

Stimme am anderen Ende der Leitung: Ja.

Frau Schmid: Er kommt heute früher.

 

Du Bist kurz davor.
Lies doch nocheinmal die erste Szene.

Gruß
Petronius

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Petronius,

hab´s nun doch jetzt noch mal gelesen (wieso mach´ ich so selten, was ich mir vornehme...).

Und bin mir überhaupt nicht im klaren, warum das hier bei "Experimente" liegt. Aber ich hoffe, darum geht es nicht, sondern eher herauszuklamüsern, was Du aussagen willst.

Also meine Theorie, die sehr an den Haaren gezogen wurde, weil es immer nur Andeutungen sind, aber so hat man auch viel Platz zum deuteln (und vielleicht ist das ja das Experiment):
Herr Lugwohl, der KFZ-Mechaniker ist, hat seine Frau betrogen.

Und nun 2 Möglichkeiten
a) Er hat am Auto gefummelt und darum ist sie abgekommen von der Straße.
Das könnte die Andeutung mit den Pannen sein. Aber warum mehrere?
Motiv: Sie wollte sich nicht trennen (Ring-Methapher)
Problem: Woher wußte er, daß sie das Auto nehmen wird
b) Sie hat sich umgebracht, weil sie scheinbar der Meinung war, daß sie sonst nicht loskommt von ihm
Problem: Warum ist dann wichtig, daß er ein KFZ-Mechaniker war

Ich favorisiere b) weil Herr Lugwohl das schlechte Gewissen plagt, womit er zum Unruheherd in der Firma wird und vom Meister zum Psychiater geschickt wird. Er redet drüber und ist das Trauma los (als Bild ist er auch den Ring los)

wieder 2 Möglichkeiten

a) Er verliert den Ring absichtlich und gleich mit Portomonaie (so würde ich das Wort schreiben), damit der "Finder" ein Motiv hat, alles zu behalten
Problem: Dann müßte mehr Geld drin sein

b) Er verliert ihn unabsichtlich, dann wäre dies ein Zeichen, aber eigentlich völlig irrelevant

Es klappt aber nicht der Ring wird zu ihm zurückkehren, wie er schon eingangs gesagt hat, er wird den Ring und damit die Schuld nicht los.

Gut, was die Frau Kastenummer da zu suchen hat, ist mir nicht ganz klar. Ist sie für die Gags verantwortlich oder ist sie die Ringfinderin, die den Ring nicht haben will?

Was ist mit ihrer Ringgeschichte? Ist sie das Gegenstück zu dem Mann. Sie will einen Ring haben, findet ihn aber nicht, während er einen zuviel hat?
Was ist mit der Geschicht die sie erzählt? Erzählt sie von Lugwohl und seinen Liebschaften und erwähnt damit, daß seine Ehefrau seine einzig ware Liebe war? Ist das das somit eine Charakterisierung von Lugwohl?

Ich glaube nicht, daß sie die Geliebte von Lugwohl ist, denn wenn sie das Portomonaie findet mit seinem Namen auf dem Ausweis, dann müßte sie eigentlich reagieren.
Nunja außerdem hat die Frau des Psychiaters noch eine Affaire. Ich glaube nicht, mit Lugwohl, denn dann hätte es eine Andeutung geben müssen, bei der Betrachtung des Fotos.
Die Komplizin ist die Vorzimmerdame Schmidt, wobei mir ihr Motiv verborgen bleibt, aber ich vermute stark, daß ihr Chef weder mit ihr schlafen will noch einer Gehaltserhöhung zustimmt. Wobei bei ersterem müßte sie eigentlich petzen, denn dann hätte der Chef auch einen Grund für einen Seitensprung und sie könnte sich einkratzen.
Der Arzt selbst bleibt sehr blass, er belügt den Patienten mit den Namen seiner Familie, was nachvollziehbar ist. Oder ist das einfach der Hinweis, daß es keinen Hinweis zwischen Lugwohl und der Frau gibt, denn wenn dieser ein Verhältnis mit der Frau des Psychiaters hat, müßte er wenigstens ihren Namen kennen und beim Foto
a) eine Regung zeigen
b) bemerken, daß der Psychiater lügt

Gut, daß zu den Vermutungen.

Insgesamt ergibt sich für mich kein rundes Bild, weil es eben sehr zersplittert ist, was ich gelesen habe.

Das liegt daran, daß die Regieanweisungen ebenfalls kompliziert und 2-5-deutig geschrieben sind, ebenso wie die Äußerungen der Figuren.
Ich habe das Gefühl, daß Du mit Absicht so eine gestelzte Sprache reinbringst und ich verstehe diese Absicht nicht. Außerdem habe ich das Gefühl, daß Du selber an der Sprache scheiterst.

Bleibt kurz auf der Türschwelle stehen, blickt sich um, geht dann aber dezidiert zu den als Patientenstuhl ausgewiesenen Platz. Der Mann ihm gegenüber verharrt ruhig in seinem Sessel bis sein Patient nahe genug ist, seine gemächlich –aber nicht kraftlos- entgegengehaltene Hand zum Gruse entboten, zu erreichen.

1. zu dem als Patientenstuhl ausgewiesenen Platz (Dativ)
2. was ist eine "nicht kraftlos entgegengehaltene Hand"?
3. Gruß
4. um ... zu erreichen (das "um" fehlt)

Denn auch derjenige ist ein Mitwisser, der eine verschwiegene Wahrheit missachtet obwohl er genau weiß, dass es etwas zu hören gibt.
Eine gute Möglichkeit für einen Doppelknoten im Gehirn.
Wieso gibt es einen Mitwisser, wenn die Wahrheit verschwiegen wurde.
Und woher weiß der Mitwisser von der Wahrheit?
Oder kennt er die Wahrheit nicht und weiß nur, daß es sie gibt und wartet darauf, sie zu hören?

Ich denke zu Verstehen. Der Ring an ihrer Hand, ist das ihre Hälfte des Ringpärchens?
Suggestivfrage? Na logisch ist er das, denn er ist ja mit ihr verheiratet gewesen.

Sie vergisst allerdings die Türe hinter sich zu schließen, weswegen dieser Absatzakkord zwei weitere Male repetiert.
Interessant, ich habe keine Ahnung, ob dieser Worte existieren, aber ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung, was passiert

Als ihr dann der Fund eines Zigarettenetuis die Gelegenheit verschafft dem darin innewohnenden Genuss zu frönen, wird diese mit einem ebenso routinierten aber auch leicht frustrierten Kopfschütteln des Arztes zunichte gemacht.
Man gerät bei der Suche nach Subjekt und Objekten ganz schön ins Schleudern.

Sehen sie, ich bin einfach zu instinktiv für die Ehe.
Mmh... evtl. impulsiv, explosiv, naiv
Aber instinktiv?

Mein Problem ist, ich kann nicht unterscheiden zwischen den Dingen, die Hinweise sind und den Dingen, die Du reingenommen hast, weil sie gut klingen, weil sie lustig sind, oder weil sie die Situation beschreiben.

Die Erzählweise mit den Regieanweisungen ist sehr anstrengend. Normalerweise enthalten Regieanweisungen keine Wertungen sondern tatsächlich nur die Handlung, die man als Leser nicht sehen kann.

Mein Tip ist also, es entweder komplett als Szene oder eben als Prosa zu schreiben. D.h. Du müßtest Dich bei den narrativen Elementen mit der Blumigkeit zurückhalten. Was mir als Leser die Gelegenheit geben würde, etwas zu verschnaufen.

Und ich denke, manchmal etwas klarere Andeutungen wären nicht schlecht und evtl. eine Basis zu Beginn, damit der Leser eine Plattform hat, von wo er seine Runden durch die Landschaft der Alternativen drehen kann.
Also ich hab´s lieber, ich bekommere während dem Lesen immer bessere Hinweise, als immer konfuser zu werden. Das hält mich als Leser auch bei der Stange und läßt mich nicht in der Mitte das Handtuch schmeißen, denn derzeit ist so richtig kein Spannungsbogen zu erkennen.

Mmh, Du siehst, so richtig bin ich nicht vorgedrungen zum Kern des Pudels. Somit fällt es mir auch schwer, mit Vorschlägen zu kommen, denn ich weiß echt nicht richtig, worum es geht.

Ist es wirklich bloß der Arbeitstag eines Psychiater, dessen Frau fremdgeht und der zwei Ring-Patienten hat, die auf mystische Weise verwoben sind.

Jetzt meine Haurucktheorie:
Lugwohl´s erste Geliebte war Frau Kastenummer und ist jetzt die Frau des Psychiaters. Das kann ich zwar nicht erkennen, weil eher gegenteilige Indizien auftreten, wäre aber die einzige Rechtfertigung für das Auftreten dieser Figuren.

Darum nur ein allgemeiner Vorschlag. Mach es leichter. Gib´ uns ne Chance. Du kannst auch gern auflösen, dann schauen wir mal, was man machen könnte.
Oder wir machen eine Art Ratespiel. Du antwortest mit "ja" oder "nein".
Aber bedenke, daß die meisten Leser Geschichten eigentlich nur einmal (wenn überhaupt vollständig lesen) und da muß der Groschen eigentlich fallen. Und wenn´s der letzte Satz ist. Dieser darf dann aber nicht nur ein Teilproblem auflösen, sondern alle gelegten Fährten.

Und das heíßt, es dürfen auch nicht so viele Fährten sein.

Ich würd´ gern wissen, was Phase ist und darum bleib ich auch auf dem Äther.

Viele Grüße

mac

 

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