Was ist neu

Stephanie

Beitritt
01.05.2007
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Stephanie

Stephanie hatte die traurigsten lachenden Augen, die es auf der ganzen Welt gab. Selbst, wenn sie in unendlicher Freude strahlten...so schienen sie in einem blauen Meer aus Traurigkeit zu ertrinken.

Obwohl sie ihr Leben in vollen Zügen genoß, wusste sie nicht, wohin ihr Schicksal sie treiben würde. Sie war eine Philosophie-, Kunstgeschichte- und Germanistik-Studentin im zweiten Semester, wohlwissend, dass sie, sollte etwas schief laufen, mit diesen Fächern später einmal Taxifahrerin werden wollte...oder werden müsste.

Nun, wir widmen uns an dieser Stelle einem speziellen Tag in Stephi's Leben, weswegen Vergangenheit und spätere Zukunft weniger von Bedeutung sind, als vielmehr die kurze Phase der Gegenwart.

Grau war der Himmel an diesem wolkenlosen Morgen und stumm zwitscherten die Vög'lein vor dem geschlossenen Schlafzimmerfenster. Mit einer lieblichen Melodie läutete der Wecker und obwohl Stephanie gerne noch weiter geschlafen hatte, zwang sie sich, die Augen zu öffnen.

Ihr erster Blick fiel auf die verwelkte Nelke auf ihrem Nachttisch, die in ihrer vollen Pracht lebhaft blühte. Mit sanften Fingern strich sie hart über die Blütenblätter, ehe sie sich von der Blume abwandte und den Oberkörper aufrichtete. Als nächstes setzte sie sich dann auf den Rand ihres Bettes und ließ die Füße in die weichen Pantoffeln (katzenkopfförmig) gleiten, was sich kratzig und unangenehm anfühlte.

Ihr erster Gang führte Stephanie in die Küche, wo sie einen Kaffee aufsetzte und dann ins Bad schlenderte, um zu pinkeln. Die Deckenbeleuchtung des Badezimmers blendete sie beinahe mit ihrer penetranten Dunkelheit, so dass sie nach Verrichtung des Geschäftes schnellen Schrittes wieder in die Küche lief, um sich dort den durchgelaufenen Kaffee einzuschütten.

Es duftete so herrlich säuerlich und als sie den ersten Schluck des eisigen Getränkes nahm, prickelte es heiß auf ihrer Zunge. Versonnen blickte sie auf das Bild ihres längst vergessenen Ex-Freundes, den sie einfach nicht aus dem Kopf kriegen wollte, ehe sich durch ein verliebtes Kribbeln in der Magengegend ihr Hunger meldete. Rasch schmierte sie sich ein ein Brötchen und drückte auf den On-Knopf des Radios, welches nach langem Hin und Her sofort eine fröhlich-depressive Tanzballade verlauten ließ.

Als sich Stephanie dann endlich dazu durchringen konnte, sich anzuziehen, sah sie aus dem Wohnzimmerfenster auf die Pferdekoppel des gegenüberliegenden Grundstückes. Dort kotzte gerade ein Hengst. Lächelnd quetschte sich Stephi in ein buntes schwarzes Top und in einen farblosen roten Rock mit gelben Tupfen. Sie hatte keine Lust, an ihrem freien Tag rauszugehen, doch sie musste noch einige Besorgungen für die Woche machen.

Draußen angekommen fröstelte es sie ein wenig und aufgrund des plötzlichen Wetterumschwunges bekam sie leichte Kopfschmerzen. Eben noch hatte der Regen geschienen, sie könnte es schwören, und jetzt goss die Sonne in Strömen. Doch auch das konnte sie nicht davon abbringen, einkaufen zu gehen.

Als sie ihre Straße hinunterging, sah sie Menschen, die fröhlich einem Postboten seine Post in die Hand drückten, einen Feuerwehrwagen, vor dem ein Feuerwehrmann vor Anstrengung schwitzend einen riesigen Feuerstrahl auf ein aufblasbares Schwimmbecken schoß und ein Nest, das in heller Aufregung schrill piepsend aus Federn einen Vogel für seine Jungen bastelte.

Bei der nächsten Querstraße musste sie geradeaus abbiegen und auch dort erwarteten sie nur Bilder des gewöhnlich bunten Alltages. Kinder weinten, weil ihre Eltern ihnen Süßigkeiten gaben, Jugendliche liefen kopfnickend mit einem schweigenden Ghettoblaster durch die Gegend und an dem Zaun, der den winzigen Vorgarten eines Hauses umgab, hing ein Schild 'Vorsicht! Bissiger Wachmensch!'. Stephanie schüttelte den Kopf. Wie jedes Mal, wenn sie an diesem Anwesen vorbeikam. Als ob jemand diesen winzigen Garten bewachen müsste....lachhaft.

Endlich im Geschäft ihrer Wahl angekommen, marschierte sie zielstrebig zu den Kassen. Dort bezahlte sie und passierte dann, um die benötigten Dinge einzukaufen. Neben überreifen grünen Bananen schmiss Stephi einen kaputten Besen (ihr alter war heile), eine leere Flasche Wasser (sie war nicht der Typ, der 1,5Liter Flüssigkeit am Tag aufnehmen konnte) und einen Ratgeber 'So werde ich nicht zur Frau in drei Tagen' in den Einkaufswagen und verließ dann durch den Eingang das Geschäft, nachdem sie zuvor noch ihre neuen Habseeligkeiten in einer Einkaufstasche verstaut hatte.

Als sie sich gerade auf den Heimweg machen wollte, sprach ein Mann sie an. Seine rehbraunen Augen funkelten bläulich, seine Glatze zierte dichtes, schulterlanges Haar und seine Haut war sonnenbankblass. Wütend guckte er sie an und sprach mit freundlicher Stimme. "Schöne Frau, darf ich sie einladen, mit mir einen Kakao zu essen oder ein Stückchen Kuchen zu trinken?"

Keine Erwartung lag in seiner Miene, doch Stephanie lächelte überrascht. Der Kerl sah gar nicht mal so übel aus. "Ich würde mich freuen."

Er wählte eine kleine, romantische Großgastronomie und hielt ihr gentlemanlike die Türen auf. Als sie sich einander gegenüber an einen kleinen Ecktisch setzten, verfielen die Leute an den Nachbartischen in peinliche Gespräche. Er nutzte den Augenblick, umfasste mit seinen Händen sanft ihre Wangen, um sie an sich heranzuziehen und seine Lippen auf die ihren zu drücken. Zärtlich berührte seine Zunge ihre Zunge und in einem unhörbaren wiegenden Rhythmus bewegten sie sich miteinander.

Während ihr Herz immer schneller schlug und unsichtbare Schmetterlinge durch ihren Bauch stoben, dachte Stephanie: "Was für ein außergewöhnlicher Abschluss für solch einen gewöhnlichen Tag..."

 

Lieber Jeffrey,

... dunkel wars, der Mond schien helle...

Neu ist deine Idee wahrlich nicht. Dies aufzuwiegen, bedürfte es einer packenden Story, die den Leser mitzieht. Stephanies Tag war jedoch nicht so prickelnd für mich zu lesen. Wahrscheinlich hattest du Freude am Schreiben der Geschichte, aber ich finde sie für Experimente etwas zu einfach gestrickt.
Frau steht auf, geht spazieren, wird angesprochen und küsst Mann.

Verlockend zB fände ich eine Diskussion über ein Thema innerhalb des Textes, das beinhaltet doch sicher viele Möglichkeiten für Wortwitz.

Positiv ist, dass man es als Experiment bezeichnen kann, denn wahrlich nicht alle Texte, die in dieser Rubrik gepostet werden, verdienen es, darin zu stehen.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo Jeffrey Ron Arrow,

ich bin mir nicht sicher, ob Dir dieses Experiment im Ganzen gelungen ist. Wie Bernadette bereits sagte, den Titel Experiment hat es allerdings verdient.

Um meinen Senf loszuwerden: widerspruechliche Verwendung von Begriffen ist nur dann gut, wenn es dazu dient, eine Aussage genauer abzustufen oder ein neues Bild zu erzeugen. Im Wesentlichen sollte der Leser wissen, was Du sagen willst, und nicht etwas vorgesetzt bekommen, dass er nicht einordnen kann. Ich fuerchte, Ersteres ist in Deiner Geschichte nicht immer der Fall.

Wenn die Voegel stumm zwitschern, dann weiss ich, dass nichts zu hoeren ist.
An anderen Stellen allerdings:

Es duftete so herrlich säuerlich und als sie den ersten Schluck des eisigen Getränkes nahm, prickelte es heiß auf ihrer Zunge.
Weiss ich entweder nicht genau, wovon Du sprichst oder es passt einfach nicht: Es (der Kaffee?) ist eisig, duftet dabei herrlich (kalte Fluessigkeiten duften kaum, weil nichts verdampft) und prickelt (Hat der Kohlensaeure?) auf der Zunge.
(es fehlt auch noch ein Komma in obigem Zitat ...)

Ebenso:

Eben noch hatte der Regen geschienen, sie könnte es schwören, und jetzt goss die Sonne in Strömen.
halte ich fuer weniger geglueckt, da sich ein Bild bei "Regen scheinen" nicht einstellen will; mit dem Zweiten kann ich eher was anfangen.

An manchen Stellen wirkt es einfach nur (vermutlich unfreiwillig) komisch:

Wütend guckte er sie an und sprach mit freundlicher Stimme. "Schöne Frau, darf ich sie einladen, mit mir einen Kakao zu essen oder ein Stückchen Kuchen zu trinken?"

Wenn Du das Experimentelle etwas zuruecknehmen wuerdest und Dich auf die Stellen konzentriertest, die gut passen, dann wird das Experiment sicher noch von jedem erkannt, die Geschichte allerdings wuerde nicht so sehr darunter leiden. Auch waere es vielleicht gut, sich auch etwas mehr mit Stefanie zu beschaeftigen und nicht an Ausserlichkeiten und belanglosen Dingen haengen zu bleiben. Momentan wirkt die Geschichte noch zu beliebig oder lapidar, weil eben die persoenliche Note, das besondere fehlt (abgesehen vom Experimentellen).

Sind auch noch ein paar Tippfehler/Grammatikfehler drin:

(ihr alter war heile), eine leere Flasche Wasser (sie war nicht der Typ, der 1,5Liter Flüssigkeit
hat z.B. jeweils einen ...

Ach ja: als letzter Satz waere vielleicht besser: "Was fuer ein gewoehnlicher Tag ..."
... um im Stilmittel zu bleiben.

So, Feierabend, der Computer ist fertig und ich muss (sorry) diesen Kommentar abbrechen.

servus,

sarpenta

 

Hintergedanke war, durch den Satz das unbeschreiblich außergewöhnliche Gefühl des Küssens...der Liebe...rauszustellen und selbst den bizarren Tag dagegen als gewöhnlich darzustellen...

 

Hey du!!
Also mir gefällts, besonders die fröhlich-depressive Tanzballade. Fast jeder Satz brachte mich zum Schmunzeln ...
*lob*

 

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