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Poesie des Alltags

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17.05.2003
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Poesie des Alltags

Poesie des Alltags

Sanft kräuselte sich der Rauch über den, stolz emporragenden, Schornsteinen. 100 Meter über dem Boden verflüchtigte sich dann der Rauch allmählich und tat seinen Beitrag zur guten Luft. Mein Blick glitt nach unten, wo sich die mächtige Kuppel, mit ihrer perfekten Rundung, erstreckte. Das AKW hatte aus dieser Perspektive etwas beruhigendes und schönes, es passte sich perfekt in die Umgebung ein.

Die braunen Fluten des Flusses nahmen das Kühlwasser mit auf ihrer Reise; ließen es mitschwimmen. Der Fluss wand sich durch sein begradigtes Flussbett mit einer Eleganz, die nur von der, der bunten Autoschlange, die sich hustend und rauschend über die nahe Autobahn bewegte, übertroffen wurde.

Die Anmut, die die Einzelteile dieser Schlange ausstrahlten, suchte ihresgleichen. Ich folgte ihr, wollte erfahren, wo ihr Ziel lag. Und da sah ich es auch schon, die riesengroßen grauen Türme der Stadt, die, sobald die Dunkelheit hereinbrechen würde, die Umgebung in ein wundervolles Lichtermeer verwandeln würden.

Doch der Tag gehörte dem blauen Dunst, der die Stadt wie mit einem Schimmer umgab und langsam über der Stadt wogte. Einzig und allein durchstoßen von den riesigen weißen Flugzeugen, die der Stadt einen Besuch abstatteten. Sie starteten und landeten auf einem dieser wunderbar symmetrisch geformten Bahnen, die die Landschaft nahe der Stadt durchzogen.

Ich folgte einem dieser weißen Geschöpfe, auf seinem Weg durch die Wolken, weg von der Stadt. Hier oben war alles, seien es Berge, Wiesen oder Städte, so fern, aber dennoch von einer unvergleichlichen Schönheit. Das Land war von Straßen durchzogen, die von hier aus wie Adern aussahen, ein lebenserhaltendes System.

Der Flug ging weiter über einen großen Ozean, vereinzelt blitzten hier und da kleine Inseln, bebaut mit hübschen riesigen Bauten an den sonst so trostlosen Stränden. Aber ansonsten gab es kein Zeichen für Zivilisation.
Dann konnte ich wieder Land sehen, wieder durchzogen von Adern und mittendrin riesige Städte, Molochen gleich, die sich über das Land fraßen und alles mit ihrem bunten Treiben und ihren schillernden Lichtern überzogen. Moloche, die Leben verbreiteten, wo es ging.

Es war ein faszinierender Anblick, ich stieg noch höher, verließ die Atmosphäre und sah den Planeten vom Weltall aus, umschwirrt von silbernen Satteliten. Selbst hier, in der eisigen Kälte des Weltraums wurde Leben gesät.
Ich sah nur noch die grünblaue Kugel, ein wirklich schöner Planet. Ich könnte mir vorstellen, dass meiner einmal ähnlich ausgesehen hat, vor einigen tausend Jahren.

Schnell entfernte ich mich, wollte den neidisch machenden Anblick nicht länger ertragen müssen. Meine Geschwindigkeit nahm weiter zu und so näherte ich mich alsbald mit wahnwitziger Geschwindigkeit meinem Planeten. Nur noch ein Schatten seiner selbst, eine braune Wüste, die vielleicht einmal mit vergleichbarer Schönheit geglänzt hatte.

 

Ein solches Experiment habe ich noch nicht gesehen. Gratulation. Auch die Ausführung ist dir sehr gut gelungen, die einzelnen Absätze sind ein Genuss. Besonders gut finde ich den Vergelich von Fluss und Autoschlange und die Moloche. Der Schluß ist halbwegs überraschend.

Aber hier:

Der Fluss wand sich durch sein begradigtes Flussbett
Absichtlich paradox?
Lebenserhaltendes System
-> lebenserhaltendes

 

Hi.
Danke für das positive Kommentar. Es war ein Geistesblitz, auch wenn die Story ursprünglich anders enden sollte, der sich windende Fluß ist ein kleines Paradoxon, das zufällig geschaffen wurde, aber wenn ich drüber nachdenke, seine Existenzgrundlage hat. *g*
Der Fehler wird verbessert.

Gruß Ironhorse

 

Hallo Ironhorse,

die technisierte Umwelt einmal unter positiven, ästhetischen Aspekten zu sehen, ist eine gute Idee. Vielleicht sehen zukünftige Generationen unsere Zeit ähnlich, so wie manche Leute heutzutage vergangene Zeitalter romantisieren.
Den Text würde ich aber nicht als Experiment sehen, wenn man solche literarischen `Gedankenexperimente´ so einstufen würde, wären z.B. viele SF- Stories Experimente.
Wie meinst Du das, wenn durch Satelliten (kleiner Tippser: Sattelit) „Leben gesät“ wird?

Eine schöner Text, mit gelungenem Titel, die Eleganz mancher Stahlbetonbrücke ist nicht zu leugnen.

Tschüß... Woltochinon

 

Hi Woltochinon.

Vielen Dank für dein positives Kommentar, du hast bemerkt, worum es mir ging, es ist ein Teil meiner Lebensphilosophie, in allem auch etwas Gutes zu sehen, wieso sollte das nicht auch mit der Umweltverschmutzung gehen? Gut, ich finde es nicht OK, aber aus einer anderen Perspektive (der eines Außerirdischen) könnte auch unsere "kaputte Welt" schön sein, zudem ist die Geschichte auch sehr sarkastisch, bemerkbar allein durch den Titel.

Wo würdest du meine Geschichte einordnen? SF, vielleicht würde sie da mehr gelesen *g*

Das durch Satelliten Leben gesäht wird ist eher metaphorisch zu nehmen, das Weltall ist nicht mehr leer, sondern wird von Blechbüchsen "bewohnt" *g*
Es ist mehr ein Leben im Sinne von, "mehr vorhanden als Nichts".

Schönen Gruß, Ironhorse

 

Hallo Ironhorse,

wenn ich sage, Deine Geschichte kann ja unter `Sonstige´ gepostet werden, dann ist das eine zu bequeme Antwort. Wenn Du mit ihr Gesellschaftskritik ausdrücken willst (Leute, seht nicht nur schwarz, uns geht es vergleichsweise gut), dann ist die Sparte wohl klar.(Vielleicht wird mancher diesen Aspekt nicht als tiefgründig genug empfinden). Für SF finde ich, ist die Rolle des Außerirdischen zu klein, Du beschreibst auch keine zukünftigen (technischen) Szenarien.
Da Du unsere alltägliche Umwelt beschreibst (wenn auch unter einem ungewöhnlichen Blickwinkel), könnte ich mir auch `Alltag´ vorstellen.

Weiterhin viel Erfolg,

tschüß... Woltochinon

 

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