Was ist neu

Hel Fried: Tinnitus

Ja, ja, das Lektorat. Da hat sich keiner mit Ruhm bekleckert, ich gebe es zu.
Ich habe NACH Aragorns Lektorat noch einmal 897 Fehler rausgemacht und bin ca. 500 stilistische Problempunkte mit Porc im Query durchgegangen. Inzwischen liegt mir eine umfassende Liste der Restfehler vor. Es sind insgesamt 59 der 238 Seiten betroffen. Angesichts der investierten Arbeit eine grauenvolle Zahl, die ich mir beim besten Willen nicht erklären kann. Weder mit Übermüdung noch mit Zeitdruck noch mit Inkompetenz.

Wenn es nicht so absurd wäre, würde ich behaupten, jemand hat in der Nacht, bevor ich den Text zum Druck abgegeben habe, heimlich meinen Computer eingeschaltet und diese Fehler eingebaut.

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Zum Warenkorb siehe PM

W.A. ist eigentlich A.W., denn das Format lautet ja <Name>, <Vorname>
Ich hab ihn nicht ausgeschrieben, weil der Vertrag noch nicht unter Dach und Fach ist.

Sein Name ist Alfred Wallon.

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Habe nun auch Tinnitus gelesen. Hier meine (leider nicht allzu positive) Kritik.

Zunächst eine positive Bemerkung: Ich habe den Roman ganz durch gelesen. Das bedeutet, dass er sich angenehm liest und sprachlich akzeptabel ist. Allerdings fand ich ihn weder spannend, noch witzig oder gar dramatisch. Sprachlich hätte man viele Passagen sicher noch verbessern können, vor allem im Hinblick auf Wortwahl (unangebrachte Anglizismen) und Redewendungen (die in 200 Jahren nach einer globalen Katastrophe vermutlich nicht mehr existieren, dafür andere!) – hier zeigt sich m.E. ein unbefriedigendes Lektorat, das übrigens auch eine ganze Reihe Tippfehler übersehen hat (Schlimmster Fehler ist ein »wäre« mit h auf Seite 151 unten rechts). Nun aber zum Inhalt.
Der Autor bedient sich einer langen Reihe von Motiven der klassischen und neueren Science Fiction, um daraus eine relativ komplizierte Handlung zu konstruieren. So kommen Nanotechnologie, Antigravitation, künstliche Viren, Mutation durch Strahlung, Telepathie, Telekinese und Teleportation vor, ein besonderes Serum, das bevorstehende Ende der Welt, künstliche Menschen und natürlich eine sich selbst vernichtende Menschheit und die weisen, allmächtigen Außerirdischen, die die Menschen beobachten - nur die Zeitreise fehlt dankenswerterweise. Einige dieser Dinge sind für die Handlung kaum relevant und erscheinen damit deplatziert. Hinzu kommen einige naturwissenschaftlich zweifelhafte Effekte. Direkt am Anfang wundert man sich über die Kollision von zwei Raumflugkörpern, die rechnerisch beliebig unwahrscheinlich ist. Bemerkenswert ist auch ein Fernglas, mit dem man (ohne Stativ) auf 54 km Entfernung einen Menschen erkennen und außerdem Magnetfelder sehen kann. Schließlich gibt es noch den Prototyp eines Antigravitationssatelliten, der in Verbindung mit einer Atomexplosion überraschenderweise eine ganze Stadt in den Weltraum teleportiert.
Erzählerisch macht der Autor meiner Ansicht nach den Fehler, keiner festen Hauptfigur zu folgen, obwohl das durchaus möglich gewesen wäre. Vielmehr wechselt der Fokus ständig innerhalb einer ganzen Reihe von Figuren, die zudem eher schwach charakterisiert sind. Dabei laufen im wesentlichen Übermenschen durch das Buch, die alle männlich sind – bis auf ein eher dümmliches Mädchen, das fast völlig passiv bleibt. Das erinnert mich ein wenig an SF-Romane aus dem letzten Jahrhundert, die die gesellschaftliche Rolle der Frau in ihrer Entstehungszeit widerspiegeln – gerade im Genre des Zukunftsromans aus heutiger Sicht ein wenig witziges Paradoxon.
Ebenso altbacken wirkt das rückblickend auftretende Motiv des einen Menschen, der die Weltherrschaft anstrebt – in einer James-Bond-Geschichte würde mich das nicht wundern, aber hier wirkt es eher lächerlich. Geradezu ärgerlich finde ich, dass die Menschheit im Hinblick auf ihre Evolution als einmalig dargestellt wird, was zusammen mit der ebenfalls postulierten angeborenen Aggressivität und einem totalen (Selbst)vernichtungsdrang zu einem moralischen Zeigefinger wird, von deren Trivialität sich moderne SF-Romane eigentlich längst entfernt haben.
Die komplexe Handlung wirkt gerade gegen Ende konstruiert, da eine ganze Reihe Handlungsfäden verknüft und Fragen aufgelöst werden – allerdings für den Leser nicht immer einfach nachvollziehbar, vielmehr beginnt ob der seitenlangen Erläuterungen irgendwann der Kopf zu rauchen. Vieles wird einfach rückblickend erklärt statt in eine lebendige Handlung eingebettet. Freilich hätte es den Umfang des Buches gesprengt, jedes bedeutsame Handlungselement in ausführliche Prosa zu fassen. Dafür hätten vielleicht andere Teile weggelassen werden können, wie zum Beispiel einige Figuren, die zwar einen breiten Raum einnehmen, deren Rolle aber eher unbedeutend ist.
Der Plot wird genausowenig lebendig wie die Figuren, die zwar seitenlang Dialoge und Monologe abhalten, im Kopf des Lesers aber ohne Gesicht bleiben.
Der Roman bleibt der SF eine neue Idee schuldig (die stärkste kreative Leistung ist es, Mutanten als Dämonen zu titulieren). Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, gängige Versatzstücke traditioneller SF zu einem verworrenen Konglomerat zu vereinen, ohne einen roten Faden und eine spannende Geschichte zu erzählen, der der Leser mit Begeisterung folgen könnte.

Soweit meine Meinung.

 

Excellent storyline, but leaves one wanting more in-depth descriptions. Hel Fried, hope to see a new book soon with more elaboration.


Katze
:thumbsup:

 

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