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Freud und Leid

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29.12.2005
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Freud und Leid

Es war einmal...

... ein 19. jähriger Bursche, nennen wir ihn Mürfel, der sich für die Weihnachtstage nichts Großartigeres vorgenommen hatte, als essen, kiffen, Geschenke auspacken und eventuell ein wenig Zeit mit der Familie und dem plötzlich aufgetauchtem Verwandschaftsteil in Form einer Musiklehrerin zu verbringen.
Nachdem der heilige Abend zelebriert wurde und der Schlaf der Gerechten unseren Mitteleuropäischen Protagonisten neue Lebensgeister eingehaucht hatte, kam er zu dem Entschluss, den Weihnachtsball in der normalerweise discoorientierten Lokalität aufzusuchen. Er wusste, dass viele viele Menschen da sein würden, mit denen er sonst auch gern in Kontakt kommt.
"Guter Rat ist teuer" - diese dem Zeitgeist entsprechende These wurde zum ersten Verhängnis des 19 Jahre alten, mitteleuropäischen Mürfels, der neuerdings auch noch eine 38 Jahre alte Musiklehrerin als Cousine hatte.
Um auf einem Ball tanzen zu können, braucht man nicht nur exzellente akrobatische Fähigkeiten, nein, man braucht auch eine Karte um hineingelassen zu werden.
Unser Mürfel war aus einer spontanen Idee heraus mit einem Freund zum Ball gefahren und somit auch in trockenen Tüchern. (Weil's halt keinen Stress gab, die Karten zu besorgn - ein stressfreies Leben hatte sich Mürfel vorgenommen und bis dato gelebt ^^)
Ausserdem war es sicher, dass es eine Abendkasse geben sollte, an der man noch Eintrittskarten für das Fest der Reichen und Schönen gegen eine gewisse Maut erhaschen konnte. Mit dieser Erkenntnis und Spuren von Alkohol im Blut, traten Mürfel und sein treuer Mitstreiter also ein, in die wunderbare Welt des High Society Wahnsinns... Naja, sie versuchten es wenigstens...
Gleich hinter der Tür sprang sie ein Mann an, der damit angab, sich gegen freiwillige Feuer zu wehren, und verlangte die Karten, die die beiden immer noch strahlenden (bzw strahligen^^) Kumpanen nicht besaßen.

-"Wir wollen bezahlen!"
-"Wofür und mit was?"
-"Für zwei Eintrittskarten dieses glorreichen Balles mit den frisch geprägten Dublonen unseres zukünftig in Friede und Einheit lebenden Mehrvölkerkontinents, der sich Europa schimpft!"
-"RAUS MIT EUCH! Ihr habt hier Nichts verloren! Narren wie euch werden wir erst reinlassen, wenn die Kirchenglocken den nächsten Tag ankündigen"

Mit glasigem Blick und einer Information, auf die Mürfel und sein Kumpel nicht gefasst waren, schielten sie auf die Uhr, gingen zum Auto zurück und fuhren wieder ins heimische Dorf St.Michel, um die Zeit, die zwischen dem Nicht-Einlassen und dem Einlassen lag, tot zu schlagen. Leider ist unser Duo nicht sehr in der Kunst des Mordens eingeweiht ...

(...)

GONG - GONG - GONG

Zehn Minuten bevor die eben beschriebenen Laute das Nachtleben kurz aufschrecken ließen, stand Mürfel in einer menschlichen Schlange, nur eine Ellenlänge vor den Türen des Balles, frierend ,wartend und piekfein angezogen.
Die Zeit verging und die Schlange wurde massiver, aber nicht, weil urplötzlich unzählige Menschen zum Ball wollten, nein, weil das Geschöpf, das mit dem Verkauf der Karten beauftragt war, einfach keine Menschen in das Gebäude ließ. Es wäre angeblich zu voll.
45 Minuten später wurden dann doch für 10 Auserwählte die Pforten geöffnet. Unter ihnen befanden sich auch Mürfel und sein Knappe.
Endlich! Der Spass konnte beginnen. Aber was sollte die Inzucht? Total voll der Laden! Dicht an dicht, Fleisch auf Fleisch erkämpfte sich Mürfel einen Weg durch die ihm immer in gegengesetzter Richtung laufende und stetig wachsende Menschentraube.

(...)

Nach einigen Drinks, zahllosen Versuchen, sich durch den Dschungel der Eitelkeit mit der Machete der schlechten Laune zu hacken, um Personen zu begegnen, mit denen man sich entweder mehr als 3 Minuten in einem normalen Tonfall unterhalten, oder über die man sich lustig machen konnte, weil sie total besoffen waren, und 2 Wundertüten, traf unser, mit einem durchwachsenem Gesichtsausdruck gezeichneten und mehreren kleineren Blessuren, in Form blauer Flecke an Armen und Beinen, auf jene Person, die an den weiteren Freuden und Leiden des jungen M.'s maßgeblich beteiligt war.

(...)

Zunächst unterhielt man sich, spendierte sich diverse Drinks, tauschte Nettigkeiten aus und schliesslich begann man zu tanzen.

(...)

Durch diese tempramentvolle, süßlich duftende und betörende Aura, durch diese einfühlsame und gutmütige Seele, durch dieses aufreizende Gesamtbild und nicht zuletzt durch dieses sanft verführerische Lächeln, welches selbst Jesus Christus eine Sünde wert gewesen wäre, wurde Mürfel davon überzeugt, dass Gott ein detailverliebter Perfektionist und Hobby-Größenwahnsinniger sein musste, der sich erneut selbst übertroffen hatte. Welch Feuer und welch Sinnlichkeit doch in jeder einzelnen Bewegung dieser Reinkarnation einer Venus innewohnten! Wie durch den Singsang einer märchenhaften Sirene, verfiel Mürfel in Trance dieser gegenwärtigen Helena von Troja und konnte dementsprechend auch an nichts Anderes denken, als an diese traumhafte Verkörperung seiner sehnlichsten Wünsche...

(...)

Mürfel drückte eine Taste, ließ sein Mobiltelefon wieder in eine seiner Taschen gleiten, sammelte seine Utensilien zusammen und legte einen Dauerlauf ein, mit dem er sogar einen Geparden wie eine lahme und gemütliche Schildkröte aussehen ließ. Er musste zu ihr und zwar so schnell wie möglich...
Wo sollte es nochmal hingehen? Ach ja, richtig, Moustache. Irgendeine andere Discothek in irgendeiner anderen Stadt, zu der Mürfel mit dieser einen Person wollte, um dort noch den Rest der Nacht zu verbringen.

(...)

-"Wieso kommen wir nicht gratis rein, ist doch schon so spät?"
-"Heute ist Weihnachtsverlosung angesagt und ihr braucht die Eintrittskarten, um etwas zu gewinnen!"

Mürfel holte also sein im Laufe des Abends leichter gewordenes Portmonee heraus und bezahlte den Eintritt und seine Begleitung tat es ihm gleich. Als Mürfel nun den Saal betrat, traf ihn ein gutmütiger Schock: wenig Menschen und Platz zum Bewegen! Das Getanze konnte also hier fortgesetzt werden. Die Tanzfläche war leer und bot dementsprechend genug Platz für zwei einsame Seelen, die sich durch Zufall am Abend getroffen hatten. Zufall? Nein, Zufälle gab es seit dieser Begegnung in Mürfels kleinen, bis dato langweiligen Welt nicht mehr. Die wenigen Minuten, die Mürfel mit dieser dem Garten Eden entsprungenen Herrin der Herzen auf der Tanzfläche verbrachte, brannten sich wie tiefe, purpurrote Furchen der Freude in seine Seele, an die er sich noch bis an sein Lebensende und darüberhinaus erinnern würde.

(...)

Das Taxi hielt, eine Tür schwang auf, jemand stieg aus dem Wagen und die harte Realität suchte Mürfel heim. Er war wieder die einzige Person in seinem eigenem kleinen Universum. Sie hatte ihn alleine im Taxi sitzen lassen... aber... warum?

(...)

Den restlichen, langen und kalten Weg in die traute Heimat verbrachte unser zu diesem Zeitpunkt portmonee- und sprachloser Held damit, sich einen Überblick über den Verlauf der letzten paar Stunden zu machen, die ihn etwas spüren ließen, nach dem er sich schon so lange gesehnt hatte. Würde er sie wiedersehen? Ja, das würde er. Doch bei der nächsten Begegnung könnte er ihr nicht noch einmal so in die Augen blicken, wie er es in jener Nacht tat...

Ende

 

Entschuldige, hab ich nicht gewusst. Die Welt geht dadurch aber auch nich unter... den Rest spar ich mir.

dann kommt der Kommentar eben hier hin:

Hallöchen :)
Dies ist meine erste Kurzgeschichte, wenn man sie so nennen kann, die ich gerne einem Publikum darbieten wollte, welches sich genauer mit dieser Materie befasst und auch kritikmäßig engagiert ist ;)
Diese Geschichte spiegelt den Ablauf eines Abends und einer Nacht wieder, wie ich es selbst erlebt habe. Experimentell ist sie halt, weil ich eigentlich nur vor hatte, einfach den Ablauf so aufzuschreiben, wie er war, jedoch mit diversen rhetorischen Mitteln und Schnörkeleien aufzupeppen, so dass es schon beinahe pervers ist, die Geschichte zu lesen ^^... Das Ergebnis hat mich selber überrascht. Es würde mich freun, wenn ihr eure Meinung dazu abgibt.
MfG
Guru

 

Guru schrieb:
Das Ergebnis hat mich selber überrascht.

Das klingt schon mal gut, denn in den Experimente-Regeln steht:
Regeln schrieb:
Oftmals lässt sich der Autor selber vom Ergebnis überraschen.
:thumbsup:

Spaß beiseite. Zu der Story passt eigentlich gar nicht der Smiley "^^", da sie doch ansonsten gehobener geschrieben ist. Smilies sollen auch nicht in Geschichten, aber das dürfte sich nur auf die graphischen beziehen.

 

ja, ich weiss... hab verplant die rauszunehmen... hatte diverse kommentare drinne und nach und nach erst alles in eine art geschichte umgewandelt...

 

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