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Ein kalter Wintermorgen (nnk)
Der Nebel begann sich langsam zu lichten und gab frei, was er noch am Vorabend zu verstecken versuchte. Ein kleines Reetdachhaus einsam und verlassen am Rande eines Waldes kam zum Vorschein. Verwachsen durch Rosenbüsche, die ihre Blätter einst gaben um sich alsbald von neuer Pracht zu präsentieren, gebückt unter einer riesigen Eiche, bäumte es sich gegen die Jahrzehnte auf und wurde dennoch von Jahr zu Jahr aufs Neue von ihnen Verschlungen. Vor der mit Marmorierungen verzierten Haustür hielt sich ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid auf und schien mit jedem Atemzug die Kälte dieses Morgens förmlich zum Erstarren zu bringen. Sie pflückte die mit Eiskristallen verzierten Blätter eins kleinen Busches ab und schien geistesabwesend kaum zu begreifen was sie tat, blickte träumend in Richtung der weiten Felder und erschien einziger Quell der Wärme in dieser doch ach so trostlos wirkenden Umgebung zu sein. Plötzlich durchdrang ein markerschütternder Donner die Stille und ein Reiter durchpflügte das, den Waldrand säumenden Gebüsch. Hoch zu Pferde, trug er eine rostend-matt schimmernde Lanze und ein, dem Eis zum Opfer gefallenes Schwert an seinem Halfter. Er hielt zu Füßen der großen Eiche und begann einen Anschrieb an ihren Stamm zu heften. In großen, Lettern stand dort, sofern das Mädchen es entziffern konnte, etwas wie „Bringet dem Barone ein golden Lamm und empfanget als Dank ein ganz´ Königreich“. So schnell er gekommen war, war er auch wieder verschwunden und das Mädchen, trunken durch die Wirren dieses Ereignisses, machte kurz vor dem Stamm kehrt und begann sich schnellen Schrittes auf den Weg in Richtung des Hauses zu machen. Eifrig öffnete sie die, mit gold beschlagene, Tür und schloss sie, als würde sie zugleich gepackt werden von Wut und Angst, wieder hinter sich zu! Weinend stolperte sie in die fast mittelalterlich wirkende, gusseiserne Küche und legte ihren Kopf in den Schoss ihrer Mutter. Sie berichtete Geschwind von den Ereignissen und fürchtete der Ritter hätte es auf sie abgesehen gehabt, doch fand sie in den Worten der Mutter Trost und Mut und machte sich erneut zu auf, zu versuchen zu entziffern was die Lettern bedeuteten. Bei näherem Betrachten, machte sich in ihr die Erkenntnis breit, es könne sich bei der Farbe der Lettern um Blut handeln und erneut Schob sich ein Keil der Angst zwischen ihre Gedanken. Handelte es sich bei dem geheimnisvollen Reiter um einen Ritter des Königs oder doch nur um eine der häufigen Nachtgestalten, die von der schier endlosen Mysterie des Waldes angezogen fühlten……? Leise schlich sich das Mädchen zurück in das Haus und versuchte so wenig Lärm wie möglich zu produzieren, doch gab jede der alten Holzdielen im Fußboden ein leises Knarren von sich. Es schien als würde das Holz bei jedem Schritt unter jahrhunderte langer Unterdrückung leiden und sie bildete sich ein mit jedem Tapsen einen Schrei von gewaltigem Ausmaß zu hören. Wenige Minuten später bettete sie sich auf das Stroh ihres Bettes und machte sich Gedanken um das, was geschehen war. War es echtes Blut, was den Anschrieb zierte? Sie wusste es nicht, der Anblick des Ritters vermochte sie allerdings noch im Traum erschaudern zu lassen. So lange sie schlief wiederholte sich vor ihrem geistigen Auge ein und das Selbe Bild. Sie sah wie der Reiter mit voller Wucht durch das Unterholz preschte und glaubte der Boden wolle sich am liebsten unter seiner Last entzweien um ein Tor zur Hölle zu schaffen. Der Reiter und sein Pferd selbst waren von Flammen umgeben und die Nüstern des Pferdes entließen Gas, welches sich an der Luft sofort entzündete. Geblendet und verschreckt von der erstaunlichen Hitze, die sie zu spüren glaubte, suchte sie immer wieder Flucht hinter einem kleinen Ginsterbusch, der sich schützend um sie legte. Sicher nicht entdeckt zu werden, glaubte sie sich verborgen vor der Welt. Fortwährend streifte ihr ein kleiner Ast mit seinen Blättern an ihrer Wange entlang und schien sich um sie legen zu wollen. Das Geäst gab ihr ein Gefühl der mütterlichen Fürsorge und väterlichen Sicherheit ohne zu registrieren was um sie herum stattfand, doch so schnell sie sich hinter dem Ginsterbusch in Schutz wiegte, so schnell fand sie sich selbst taumelnd auf der weiten Ebene nahe ihres Hauses wieder. Verwirrt suchte sie den Horizont nach dem rätselhaften Unheilsbringer ab und um so mehr sich ihr Glaube an sein Verschwinden stärkte, um so schneller begann ihr Herz zu rasen. Sie sah sich außerstande zu erklären was passiert war doch es war vorbei. Stille, erdrückende Stille machte sich breit und legte sich wie eine Decke auf Bäume und Pflanzen. Einladend und seltsam erdrückend, doch wie in einem häuslichen Bet hielt die Decke alle Geräusche von ihr fern, derer sie sich zu fürchten vermochte. Warum spürte sie dennoch wie sich eine Bedrohung um ihr Herz legte? Wie eine Hand gleiteten die Gefühle der Hilflosigkeit und Angst von ihrem Hals herab und senkten sich auf ihre Brust nieder. Jede Pore ihres Körpers schien der Furcht Eintritt zu gewähren. Ihr Puls schwang sich zu unermesslicher Stärke empor und ihr Herz schien schier ein Erdbeben ankündigen zu wollen. Mit jedem pochen schoss ihr mehr Blut in die Venen und die Angst versuchte ihr die Brust zu zerreissen. Ein starker Schmerz durchfu….
Ihr wurde schwarz vor Augen und die Zeit verlangsamte ihren Fluss. Der Wind schien verflogen, die Zeit endgültig fort. Und sie begann zu begreifen. Sie starb und alles war nur ein Traum