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Die 10 Gebote (und ich)

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14.09.2003
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Die 10 Gebote (und ich)

Die zehn Gebote (und ich)

Das erste Gebot
An jenem regnerischen Tag, als mein Auto aus der Waschstraße rollte, läutete mein neues Handy.
Ich bekam Nachricht, dass ich endlich die gebrannten CDs bekommen sollte.
Auf dem Weg zum Fußballstadion hielt ich kurz an, und nahm sie mit.
Die Mannschaft spielte erneut hervorragend und ich feierte den Sieg mit meinen Freunden im besten Restaurant der Stadt.
Am Tisch gegenüber erstickte ein Pastor an seinem Essen.

Das zweite Gebot
Letzten Sommer trafen sich in einer gottverlassenen Gegend sechs Menschen, um ein Ufo zu empfangen.
Ich wollte eigentlich auch dabei sein.
Um einen toten Baum bildeten sie einen kleinen Kreis.
Noch bei den Beerdigungen verfluchten ihre Verwandten Gott.
Denn nur er allein konnte den tötenden Blitz zugelassen haben.

Das dritte Gebot
Volle sechzehn Tage hatte ich durchgearbeitet.
Verdientermaßen bekam ich eine volle Woche dafür frei.
Bereits am ersten freien Tag, es war ein Montag, gönnte ich mir einen ausgiebigen Badeausflug.
Die folgenden Tage vergingen nur sehr langsam und ich freute mich auf den Samstag.
Samstag Nacht fand eine großartige Party in meinem Lieblingsclub statt.
Als ich dann am Sonntag-Nachmittag aufwachte erblickte ich eine schöne fremde Frau neben mir.

Das vierte Gebot
Meine Eltern sind daran Schuld,
dass ich auf dieser grauenhaften Erde umherwandeln muß.
Ein Leben voll Hindernissen, Schmerz und Elend.
Ein Leben voller Kriege, Lügen und Hass.
Wäre ich doch nie geboren, müsste ich nicht so sehr nach dem Tod eifern.

Das fünfte Gebot
Warum eigentlich nicht?
Bestimmt sind die Grenzen unterschiedlich schwer passierbar.
Es gibt einige Menschen, die mir in meinem kurzen Leben begegnet sind, die es verdient hätten zu sterben.
Sie haben mich so sehr verletzt, dass mein Hass schon seinen Passierschein bereit hält.
Wenn nicht die peinliche Angst vor der Strafe des Volkes wäre, würde wohl mein Verstand ihn nicht mehr zurückhalten.

Das sechste Gebot
In den Wirren unseres Streits über Bord geworfen.
Von Turm hohen Wellen der Lügen unbarmherzig gegen die Felsen der Eifersucht geschleudert.
Dem Ertrinken nahe hatte sie nach meiner Liebe gerungen.
Mit letzter Kraft wollte sie meine rettenden Hände erreichen.
Sie glitt daran ab und ging für immer im Meer der Trauer verschollen.
Ich sah sie nie wieder.

Das siebte Gebot
Nur sehr selten denke ich daran zurück.
Nur sehr selten erinnere ich mich an ihre Namen.
Nur sehr selten bemerkte ich, was ich damals tat.
Nur sehr selten ließen sie mich wissen,
dass ich ihre Herzen gestohlen hatte.

Das achte Gebot
Als ich vor Jahren mit einem Freund auf einer Südseeinsel Urlaub machte, geschah das Unglaubliche.
Mit Rucksäcken wanderten wir auf den Gipfel des Berges zu.
In der zweiten Nacht schliefen wir in einem idyllischen Dorf der Einheimischen.
Am nächsten Morgen wurden wir von einer aufgebrachten Meute geweckt.
Die jüngste Tochter des Häuptling wurde geschändet und getötet.
Um mein Leben zu retten beschuldigte ich meinen Weggefährten.
Tage später flog ich alleine nach Hause zurück.

Das neunte Gebot
Drei lange Jahre lebte ich in meiner kleinen Wohnung im vierten Stock eines schönen Hauses.
Leider gab es keinen Aufzug.
Kurz nach meinem Einzug freundete ich mich mit der einsamen alten Dame aus der Parterrewohnung an.
Ihre Wohnung war beinahe doppelt so groß, wie die meinige.
Die 83-jährige Frau freute sich sehr über meine Besuche und lebte richtiggehend auf, wenn ich bei ihr war.
Ich überredete sie zu einem Testament in dem ich als Erbe ihrer Wohnung eingetragen wurde.
Von da an ließ ich sie alleine und nur wenige Wochen später verstarb sie.

Das zehnte Gebot
Ihre langen glatten Haare waren schwarz wie Ebenholz.
Ihre blauen Augen entfachten ein loderndes Feuer in mir.
Ihr freundliches Lächeln machte mich unbekümmert.
Ihre erotische Stimme erzeugte die schönsten Tagträume.
Ihr herrlicher Busen machte klares Denken unmöglich.
Ihr verführerischer Duft lockte mich stets in ihre Nähe.
Ihr wohlgeformter Hintern bot eine sündhafte Versuchung.
Ihren Ehemann kannte ich schon viele Jahre lang.
Ihre weichen Lippen schmeckten süß wie Honig.

Marcus Wallner © in einer schwachen Stunde im Oktober

 

Die formelle Grundidee, eine Geschichte nach den 10 Geboten zu strukturieren, finde ich sehr schön. Allerdings fehlt dann etwas die innere Struktur, die ich mal "den roten Faden" nennen würde.
Du beschreibst einen egozentrischen Menschen, der sich um moralische Werte einen Dreck schert und über Leichen geht. Soweit, so gut. Daß er dabei immer erfolgreich ist, auch gut. Allerdings ist das "Gesamtkunstwerk" dann lediglich eine Aneinanderreihung von - Ereignissen, will ich mal sagen.

Zu Beginn schien es für mich noch darauf hinauszulaufen, daß man an den Dingen, die so passieren, sehen kann, daß es keine Gerechtigkeit auf Erden gibt (oder so ähnlich): Ein Pfarrer erstickt an seinem Essen, Ufo-Jünger werden vom Blitz erschlagen.

Beim dritten Gebot (am Sabbat nicht arbeiten) tat ich mich etwas schwer: Die "Pointe" dieses Absatzes (schöne Frau im Bett) hat mit der Arbeit selbst nichts zu tun. Es ist auch weder besonders verwerflich noch aufsehenerregend.

Absatz vier ist etwas merkwürdig. Wieso bejammert sich der Prot, der selbst so niederträchtig ist, aber selbst nur Glück hat? Eventuell wäre das eine gute Abschlußpointe, aber so mitten im Text kann ich damit nichts anfangen.

In Absatz fünf gehen dem Prot. gewisse Gedanken durch den Kopf, die wohl jeder mal in seinem Leben hatte. Aber es kommt nicht zur Ausführung. So what?

Absatz sechs und sieben sind stilistisch abweichend vom Rest und der Bezug zu den jeweiligen Geboten ist nicht erkennbar.

Acht, neun und zehn sind wieder klar. Was dann halt fehlt, ist irgendeine Konsequenz des Ganzen. Da ist einer, der hat halt das und das getan, aber wenn du dem Leser vorenthältst, was daraus folgt, dann bleibt es unbefriedigend. Kann natürlich ein Stilmittel sein, den Leser in der Luft hängen zu lassen: So setzt sich der Stoff etwas länger in seinem Kopf fest, weil er darüber nachdenken muß. Das kann aber auch nahc hinten losgehen.

Dem Leser tätest du einen Gefallen, wenn du anstelle der Nummern den Inhalt der Gebotes schildern würdest. Denn zum einen hat die nicht jeder im Kopf und zum anderen ist die Nummerierung nicht einheitlich, und das wiederum liegt daran, daß es in Wirklichkeit nur neun Gebote sind, von denen je nach Katechismus mal das erste (du sollst keine anderen Götter haben) und mal das letzte (du sollst nicht begehren ...) in zwei Gebote aufgespliitet ist.

 

Vielsten lieben Dank für die ausführliche Kritik.
Habe mir den Text nochmal durch den Kopf gehen lassen und auch einiges verändert.
Allerdings gibt es auch Punkte, in denen ich widersprechen muss:

Es geht weniger um die Beschreibung des egozentrischen Menschen....
Es stehen schlicht 10 Beispiele meines Lebens gegen die zehn Gebote Gottes.

Die stilbrecherische Art des Gesamtwerks war vielleicht etwas hart, aber für mich nicht wichtig.
Man mußte nur jedes Gebot für sich nehmen und nicht versuchen sie alle zu verbinden.
(habe sie nun etwas angeglichen)

PS: auch wenns geändert wurde....
im dritten Gebot...
"...neben einer fremden Frau aufwachte."
Das einzig Wichtige an diesem Satz war die Aussage, dass ich erst am Sonntag- NACHMITTAG aufwachte. Allerdings fand ich es zu öde nur zu genau diese Aussage zu tippen.

So long , Marcus

 

Die zehn Gebote (und ich) -überarbeitet-


Du sollst keinen anderen Gott neben mir haben!

An jenem regnerischen Tag, als mein Auto aus der Waschstraße rollte, läutete mein neues Handy.
Ich bekam Nachricht, dass ich endlich die gebrannten CDs bekommen sollte.
Auf dem Weg zum Fußballstadion hielt ich kurz an, und nahm sie mit. Die Mannschaft spielte erneut hervorragend und ich feierte den Sieg mit meinen Freunden im besten Restaurant der Stadt.
Am Tisch gegenüber erstickte ein Pastor an seinem Essen.

Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen!

Letzten Sommer trafen sich in einer gottverlassenen Gegend sechs Menschen, um den Tod Gottes zu feiern.
Ich wollte eigentlich auch dabei sein.
Um einen morschen Baum bildeten sie einen kleinen Kreis.
Noch bei den Beerdigungen verfluchten ihre Verwandten Gott.
Denn nur er allein konnte den tödlichen Blitz zugelassen haben.


Du sollst den Feiertag heiligen!

Volle sechzehn Tage hatte ich durchgearbeitet.
Verdientermaßen bekam ich eine volle Woche dafür frei.
Bereits am ersten freien Tag, es war ein Montag, gönnte ich mir einen ausgiebigen Badeausflug.
Die folgenden Tage vergingen nur sehr langsam und ich freute mich auf den Samstag. Samstag Nacht fand eine großartige Party in meinem Lieblingsclub statt.
Nachdem ich am Sonntag-Nachmittag aufgestanden war, legte ich mit für zwei Stunden in die Wanne.

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!

Meine Eltern sind daran Schuld,
dass ich auf dieser grauenhaften Erde umherwandeln muss.
Ein Leben voll Hindernissen, Schmerz und Elend.
Ein Leben voller Kriege, Lügen, Hass und Eifersucht.
Ein Leben auf einem todgeweihten Planeten voller wahnsinniger Menschen.
Wäre ich doch nie geboren, müsste ich nicht so sehr nach dem Tod eifern. Ein Scheißleben ist das!

Du sollst nicht töten!

Warum eigentlich nicht?
Bestimmt sind die Grenzen unterschiedlich schwer passierbar.
Es gibt einige Menschen, die mir in meinem kurzen Leben begegnet sind, die es verdient hätten zu sterben.
Sie haben mich so sehr verletzt, dass mein Hass schon seinen Passierschein bereit hält.
Wenn nicht die peinliche Angst vor der Strafe des Volkes wäre, würde wohl mein Verstand ihn nicht mehr zurückhalten.

Du sollst nicht ehebrechen!

Sieben Monate nach meiner Hochzeit begegnete ich einer alten Schulfreundin. Wir verabredeten uns, da wir beide viel zu erzählen hatten. Meine Frau war nicht dabei. Meine alte Freundin war pünktlich und direkt. Ohne etwas bestellt zu haben verschwanden wir wieder aus dem Cafe´. Sie nahm mich mit zu ihr. Wir fielen wie Tiere übereinander her und ich schwöre, bei allem was mir heilig ist, so guten Sex hatte ich noch nie zuvor. Seither treffen wir uns nur noch sehr selten.

Du sollst nicht stehlen!

Ach, was soll ich sagen? Materielle Dinge habe ich nie mitgehen lassen. Allerdings gibt es da einige Frauen, an die ich manchmal denken muss. Meist erinnere ich mich nicht mal mehr an deren Namen. Nur sehr selten hatte ich damals bemerkt, was ich tat. Viel zu selten ließen sie mich wissen, dass ich ihre Herzen gestohlen hatte. Sei´s drum.

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden, wider deines Nächsten!

Als ich vor Jahren mit einem Freund auf einer Südseeinsel Urlaub machte, geschah das Unglaubliche.
Mit Rucksäcken wanderten wir auf den Gipfel des Berges zu.
In der zweiten Nacht schliefen wir in einem idyllischen Dorf der Einheimischen. Am nächsten Morgen wurden wir von einer aufgebrachten Meute geweckt. Die jüngste Tochter des Häuptling wurde geschändet und getötet.
Um mein Leben zu retten beschuldigte ich meinen Weggefährten.
Tage später flog ich alleine nach Hause zurück.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus!

Drei lange Jahre lebte ich in meiner kleinen Wohnung im vierten Stock eines schönen Hauses. Leider gab es keinen Aufzug. Kurz nach meinem Einzug freundete ich mich mit der einsamen alten Dame aus der Parterrewohnung an. Ihre Wohnung war beinahe doppelt so groß, wie die meinige. Die 83-jährige Frau freute sich sehr über meine Besuche und lebte richtiggehend auf, wenn ich bei ihr war. Ich überredete sie zu einem Testament in dem ich als Erbe ihrer Wohnung eingetragen wurde. Von da an ließ ich sie alleine und nur wenige Wochen später verstarb sie.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!

Ihre langen glatten Haare waren schwarz wie Ebenholz.
Ihre blauen Augen entfachten ein loderndes Feuer in mir.
Ihr freundliches Lächeln machte mich unbekümmert.
Ihre erotische Stimme erzeugte die schönsten Tagträume.
Ihr herrlicher Busen machte klares Denken unmöglich.
Ihr verführerischer Duft lockte mich stets in ihre Nähe.
Ihr wohlgeformter Hintern bot eine sündhafte Versuchung.
Ihren Ehemann kannte ich schon viele Jahre lang.
Ihre weichen Lippen schmeckten süß wie Honig.

Marcus Wallner © www.my.book.ms in einer schwachen Stunde im Oktober

 

ich finde deine geschichte sehr amüsant!!
trotzdem gut, dass du mir die 10 gebote, die "richtigen", nochmal vorgebracht hast *gg*.
hat das ganze um einiges näher vor augen gebracht.
der titel ist toll ausgesucht und die idee ist echt super!

 

Vielsten, ergebensden Dank.
Ich werde jedoch fürs Buch die Mini-KGs unter den jeweiligen Geboten durch zweiseitige ersetzen.
Sinngemäß wirds in etwa so bleiben, denke ich.

Marcus

 

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