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Desda

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21.12.2015
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Desda

Der Junge kannte nur ein einziges Wort. Wenn er etwas wollte, deutete er auf den Gegenstand, eine Abbildung oder eine Person und sagte: „Desda.“ Das klappte in den ersten Lebensjahren ganz gut, nachdem seine Umgebung kapierte, dass er erst noch zwischen sich und der Welt unterscheiden lernen musste. Die Leute nannten ihn Desda, im Kindergarten ebenso wie in der Schule. Nur seine Großeltern, bei denen er aufwuchs, riefen ihn Destiny oder, wenn es ernst wurde, Destiny Danosch! So war gesichert, dass er niemals vergaß, wer er war und was er von der Welt erwartete.

Vor ungefähr fünfzehn Jahren waren die Großeltern mit ihrer Tochter aus dem Osten in das süddeutsche Dorf am Rande einer Schlucht gezogen. Sie kauften eine halb zerfallene Scheune für wenig Geld. Innerhalb von zwei Jahren entstand ein hübsches Häuschen mit einem tief heruntergezogenen Schindeldach, unter dem man auch bei einem Gewitter auf der Bank sitzenbleiben und die aufgeregten Hummeln beobachten konnte. Zum Erstaunen der Dorfbewohner ragte auf dem Dach eine Fernsehantenne in den Himmel. Das hätten sie den Hergeloffenen gar nicht zugetraut. Da sollte die Obrigkeit doch mal genauer hinschauen.
„Herr Danosch, Sie kommen doch aus dem Osten, oder?“, fragte der Bürgermeister streng und musterte den Pass, in dem die Seiten über und über mit Stempeln aus aller Welt bedeckt waren, so dass dem Mann die Augen tränten.
„Wie man's nimmt, Herr Bürgermeister. Wenn man lang genug nach Westen geht, kommt man halt von Osten her nach Hause.“
Dagegen konnte niemand was sagen, und so ließ man die kleine Familie in Ruhe, zumal sich Herr Danosch als einfallsreicher und geschickter Handwerker ein paar Pluspunkte erwarb, weil er die eine oder andere Leitung im Dorf reparierte und bei der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen wollte. Aber das ging den Dorfleuten dann doch zu weit.
Die Tochter Ivana, ein mundfaules, mürrisches Mädchen mit einem weißblonden Zopf bis zum Po und eisblauen Augen arbeitete in der Stadt. Sie kam nur einmal im Jahr vorbei. Eines Tages schleppte sie eine geräumige Reisetasche an mit einem zappelnden Bündel darin, stellte sie auf den Küchentisch, legte einen dicken Brief mit dem Stempel des Gesundheitsamtes daneben und noch einen Packen Euroscheine dazu, lauter Fünfhunderter.
„Er ist so weit ganz okay“, sagte sie, „ich kann nichts mit ihm anfangen, aber bei euch ist er gut aufgehoben. Sorry, ich gehe nach L.A.“

So hatte Desda es ganz gut getroffen. Überhaupt war er ein hübsches Kerlchen, wenn man sich nicht von seinem Äußeren irritieren ließ. Er hatte die eisblauen Augen seiner Mutter geerbt, nicht jedoch deren Haarfarbe. Im Gegenteil, das Kind war von oben bis unten mit einem dichten schwarzen Pelz bedeckt. Nur das Gesichtchen, sowie Handflächen und Fußsohlen waren glatt und rosig gefärbt. Man konnte ihn hübsch finden, vor allem, wenn sich sein Mund zu einem breiten Grinsen verzog und die haarigen Ärmchen und Beinchen freudig strampelten.
„Du, du, du“, sagte die Oma und streichelte über den Pelz am Köpfchen. Eine gewisse Vorsicht allerdings hinderte sie später daran, Desda einen Finger zum Lutschen ins Mäulchen zu stecken, denn Desda biss jedesmal kräftig zu, was, nachdem die ersten, spitz zulaufenden Zähnchen erschienen, nicht ganz ungefährlich war.

Wenn der Kinderwagen bei schönem Wetter im Vorgarten stand, trieb pure Neugierde die Leute dazu, sich mit freundlichem Lächeln darüberzubeugen. Die meisten fuhren erschrocken zurück und schüttelten den Kopf. Im Dorf ging das Gerücht herum, die Danoschens hätten sich einen Affen zugelegt. Die alte Frau Dodi schlug drei Kreuze und sprach von einem Wechselbalg: „Gott sei uns gnädig. Der wird uns noch Kummer machen.“
„Es ist ein Gen-Defekt. Hypertrichose. Die Ärzte sagen, kein Grund zur Panik. Destiny ist ein ganz lieber, fröhlicher Junge“, pflegte Herr Danosch zu antworten, wenn sich einer zu fragen traute. Frau Danosch sagte nie etwas, den Leuten im Dorf war nicht klar, ob sie überhaupt sprechen konnte, und wenn doch, dann jedenfalls nicht deutsch. Immerhin bestätigte die Dame des Familien- und Jugendamtes, dass bei Familie Danosch alles bestens sei und sie froh wäre, wenn sie solches von allen Familien im Landkreis behaupten könnte.
Kindergarten und Grundschule bildeten für Desda keine Hürden. Mit Hilfe seiner spitzen Zähne verschaffte er sich den nötigen Respekt, war aber kein Raufbold. In Windeseile eignete er sich Spielregeln, Lesen und Schreiben an, sang im Stuhlkreis lautlos mit, teilte sein Vesperbrot mit den anderen und kletterte im Sportunterricht am schnellsten die Sprossenwand hoch. Eines Tages, so mit neun, blätterte er in einer Technik-Zeitschrift seines Opas, deutete auf einen PC und ein Smartphone und rief dreimal hintereinander: „Desda!“
Der Opa verstand. Desda hatte seinen Weg gefunden. Keine Frage, dass er aufs Gymnasium wechseln konnte, schon allein wegen der Inklusion, die neuerdings von der EU verordnet wurde. Desda kommunizierte mit allen per Smartphone, beherrschte bestens alle Techniken der Social Media, half sogar dem einen oder anderen Mitschüler bei den Hausaufgaben. Wenn er im Physikunterricht sich meldete, malte er in einem Affentempo Gleichungen und Skizzen an die Tafel, dass dem Lehrer der Unterkiefer herunterfiel.

Mit dreizehn fingen die Schwierigkeiten an. Die Mädchen kicherten ohne Pause und deuteten mit rotlackierten Fingernägeln auf die Jungen. Die wiederum trugen blaugefärbte, spiegelnde Sonnenbrillen auch bei Regenwetter und ließen sich die Haare wie Ronaldo oder Boateng stylen. Für Desda gab es kein passendes Vorbild. Die Mädchen machten einen Bogen um ihn. Mehr und mehr zog er sich in die Welt der Nerds zurück. Hatte er Wünsche und Sehnsüchte? Darüber gab er keine Auskunft. Nur einmal, als er mit seinem Opa an einem Samstagabend durch die Schlucht zum Hochdobel wanderte, legte er sich bei einer Rast in das feuchte Gras und schaute in den sternenklaren Nachthimmel.
„Was ist los mit dir?“, fragte Herr Danosch nach einer Weile. „Warum schreibst du deinen Freunden nichts mehr? Was geht dir denn im Kopf 'rum?“
Desda reagierte nicht. Er hätte sowieso nichts schreiben können. Auf dem Hochdobel gab es keinen Empfang.
Schließlich setzte er sich auf, deutete auf den Mond und die Jungfrau. „Desda“, murmelte er. Seine Augen glänzten eisblau mit einem Stich ins Grünliche, Tränen versteckten sich hinter den dichten Wimpern.

An diesem Wochenende wurde der erste Wolf in der Schlucht gesichtet. Häufiger als bisher richteten sich nun misstrauische Blicke auf Desda. Man hätte gerne gewusst, wohin seine Mutter verschwunden war. Der jüngste Sohn des Bürgermeisters holte ein Stück Kreide aus der Hosentasche und zog einen langen Strich auf das Pflaster des Pausenhofs. Dann stolzierte er hüftewackelnd die Linie entlang.
„Da arbeitet die Mutter von Desda.“ Alle lachten, auch die Kinder, die nichts kapiert hatten. Die Jungen machten sich einen Spaß daraus, die jüngeren Mädchen auf den Strich zu schicken und zu wetten, wie lange sie da auf einem Bein entlanghüpfen konnten.
Desda stand am Rande. Seine buschigen Augenbrauen hatten sich zu einer einzigen Linie zusammengezogen. Noch vor Ende der Pause ging er ins Klassenzimmer zurück, räumte seinen Arbeitsplatz, packte seine Sachen aus dem Spind in den Rucksack und nahm das Klassenfoto von der Pinnwand. Er hielt inne und schaute sich eine Minute lang um. Schließlich wischte er auch noch eine Matheformel von der Tafel. Vor einer knappen Stunde hatte er sie dorthin geschrieben. Jetzt gab es keine Spuren mehr von ihm.

Desda blieb verschwunden. Merkwürdigerweise war sein Großvater keinesfalls so besorgt, wie man erwarten konnte.
„Ach, der kommt schon zurecht. Er braucht eine Auszeit. Ich habe ihn zu Verwandten nach Norwegen geschickt.“
„Aber das hätten Sie vorher mit uns absprechen müssen.“ Der Vorwurf des Schulleiters war nicht zu überhören. „Sie wissen doch, dass wir alles für Desda tun, damit er hier reüssiert.“
„Ja, meine Frau und ich wissen das zu schätzen. Es wäre uns allerdings sehr recht, wenn Sie Spekulationen über uns unterbinden könnten. Ich weiß nicht, ob Destiny sonst zurückkommen kann.“
„Wie meinen Sie das?“
„Fragen Sie Ihre Schüler.“

Als der erste Wolf überfahren wurde, schossen die Gerüchte in die Höhe. Fotos zeigten einen Wolf mit hellen, ins Grünliche changierenden Augen und kräftigen Reißzähnen.
„Der Desda hat sich in einen Wolf verwandelt. Die alte Dodi hat es ja immer gesagt.“
„Quatsch, der Desda ist bei einer Demo verhaftet worden. Er hat einen Polizisten gebissen. Ich weiß ganz genau, dass es der Desda war. Er hatte sein rotes Hoody an. Und am Kopf war er total pelzig. Mann, wo der sich rumgetrieben hat.“
Die Leute übertrumpften sich mit Vermutungen und rannten dem Bürgermeister das Haus damit ein. Auch die Journalisten witterten hier eine interessante Story.

Herr Danosch wusste es natürlich besser. Einige Wochen nach Desdas Verschwinden erhielt er eine E-Mail.
„Hallo, Opa, ich habe Mama gefunden, in Los Angeles. Und ich habe eine Menge Halbgeschwister und andere Verwandte. Ein Onkel heißt Elon, er versteht was von Elektronik und will mir helfen. Ich habe nämlich vor, eine Firma zu gründen. Ich werde sie 'Desda' nennen. Ich habe auch schon ein Computerspiel entwickelt. Es heißt 'Aufbruch zu den Sternen'.
Danke für alles.
Euer Destiny“
Herr Danosch nahm seine Frau in die Arme.
„Alles gut, meine Liebe, du wirst unseren Enkel bald sehen. Und natürlich auch unsere Tochter. Es wird Zeit, dass wir wieder auf Reisen gehen. Diesmal nach L.A.“
Ein halbes Jahr später stand das Danosch-Häuschen zum Verkauf, aber niemand wollte es.

 

Liebe @wieselmaus,

es isch schön, dass du wieder so aktiv bist, und zu deiner früheren Bestform zurückgefunden hast.
Aber was muss ich lesen? Aus dem geplanten Treffen wird nix? Schade! Da gibt es nur eine Lösung: Wir müssen wohl doch mal in den Schwarzwald kommen. :bounce:

Aber zu deiner aktuellsten Geschichte:

Dein Titel ist der Mundart entlehnt? Dir gehen gesellschaftliche Prozesse nicht aus dem Hirn, deshalb schreibst du ein Gleichnis auf unseren Umgang mit dem Fremden, dem Andersartigen? Nimmst Vorurteile und Misstrauen unter die Lupe, sogar Aberglaube, und lässt deinen Helden nicht verzagen, lässt ihn unbeirrt seiner Bestimmung folgen. Siedelst die Geschichte dort an, wo auch das Wörtchen „desda“ zuhause ist, und ich bin sicher, irgendeine wahre Begebenheit in deiner näheren Umgebung gab den Ausschlag zum Schreiben dieser KG.:D
Da sind ein paar Textstellen, die mich auf die Idee bringen, bei deinem speziellen Humor wäre auch eine Satire vorstellbar.

„Herr Danosch, Sie kommen doch aus dem Osten, oder?“, fragte der Bürgermeister streng und musterte den Pass, in dem die Seiten über und über mit Stempeln aus aller Welt bedeckt waren, so dass dem Mann die Augen tränten.
Wenn er im Physikunterricht sich meldete, malte er in einem Affentempo Gleichungen und Skizzen an die Tafel, dass dem Lehrer der Unterkiefer herunterfiel.
Siehst du das anders?

Begeistert bin ich, aber das sind keine News, wie gekonnt und sicher du erzählst.

Allerdings hab ich ein Erzählzeitproblem, und damit eine winzige Irritation.
Du steigst mit der Eigenart von Desda und seinen ersten Lebensjahren ein.
Dann ziehen die Großeltern um und werden von den Dorfbewohnern argwöhnisch beäugt, schließlich doch akzeptiert.

Dagegen konnte niemand was sagen, und so ließ man die kleine Familie in Ruhe, zumal sich Herr Danosch als einfallsreicher und geschickter Handwerker ein paar Pluspunkte erwarb, weil er die eine oder andere Leitung im Dorf reparierte und bei der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen wollte. Aber das ging den Dorfleuten dann doch zu weit.

Jetzt führst du die Tochter ein und ich erkenne die Rückblende nicht sofort, erst am Ende dieses Abschnittes.
Die Janosch's hatten eine Tochter, ein mundfaules, mürrisches Mädchen mit einem weißblonden Zopf bis zum Po und eisblauen Augen. ...ein zappelndes Bündel mit, stellte sie auf den Küchentisch, legte einen dicken Brief mit dem Stempel des Gesundheitsamtes daneben und noch einen Packen Euroscheine dazu, lauter fünfhunderter.
„Er ist soweit ganz okay“, sagte sie, „ich kann nichts mit ihm anfangen, aber bei euch ist er gut aufgehoben. Sorry, ich gehe nach L.A.“
Das solltest du deutlicher machen.
Durch den falschen Namen dachte ich, Desda bekommt von dir einen Spielgefährten oder seine spätere Liebste zur Seite gestellt. Als Zeitsprung in die Vergangenheit habe ich den Abschnitt auf keinen Fall erkannt. Ich dachte, das geht immer schön linear weiter. :D

Textkram:

„Was ist los mit dir?“, fragte Herr Danosch nach einer Weile. „Warum schreibst du mir nichts mehr von deinen Freunden?
hätte erwartet: Warum schreibst du dich nicht mehr mit deinen Freunden?

„Sie wissen doch, dass wir alles für Desda tun, damit er hier reussiert.“
reüssiert

Das war's auf die Schnelle,
liebe Grüße in den Schwarzwald von peregrina

 

Hallo @wieselmaus !
Das Erste, was mir zu deiner Geschichte einfällt, ist: Hui. Das geht aber fix! Die Geschichte hat ordentlich Tempo. Mir geht's ein bisschen zu schnell. Ich glaube, die Entwicklung des Sonderlings solltest du etwas breiter erzählen. Ich wüßte doch noch gerne soviel über Desda und seinen Opa. Ruhig noch zwanzig Seiten drauf :).
Tolle Idee. Tolle Figuren. Angenehmer Schreibstil.

Über die Rückblende bin ich ähnlich wie Peregrina zunächst gestolpert. Aber eigentlich ist das ja klar. Ich seh's als kleine Mitdenkaufforderung an den Leser.
Hypertrichose musst ich googeln. Das ist bestimmt auch ein Ansatzpunkt für die fehlenden zwanzig Seiten.
Du hast so viele tolle Ansatzpunkte in deiner Geschichte. Ich sehe es jetzt einfach mal als Expose zu deinem noch zu schreibenden Buch an:)

Liebe Grüße vom Lotterlieschen

 

Hi, @wieselmaus

Ich muss sagen, dass der Aufbau mich auch erst irritiert hat. Deshalb ist der Aufbau dieses Kommentars auch irritierend geraten. Er fängt mit einem Kritikpunkt an, steigt dann in die Details ein, lobt dann, macht mit Details weiter und lobt wieder. Also: Lass Dich nicht irritieren! :p

Es fällt ein wenig schwer, in die Geschichte reinzufinden, weil zuerst Desda als kleines Kind gezeigt wird, danach ziehen die Großeltern mit der Tochter um, dann wird Desda erst geboren, und dann wächst er erst auf. Tja … Natürlich catcht der Anfang ganz gut, aber der Übergang zwischen Gegenwart, Rückblende, Gegenwart, der erscheint mir nicht ganz gelungen. Da ruckele ich eher so durch. Ah, Desda. Hrmpf. Wo bin ich? Okay, Vergangenheit. Hrmpf. Was ist passiert? Wo bin ich denn jetzt schon wieder? Ungefähr so sind meine Gedanken am Anfang des Textes.

Weitere Kleinigkeiten:

Wenn er etwas wollte, deutete er auf den Gegenstand, eine Abbildung oder eine Person und sagte: „Desda“.

Wenn man die wörtliche Rede nachstellt, dann befindet sich der Punkt nach allem, was ich weiß, innerhalb der wörtlichen Rede, also vor dem schließenden Anführungszeichen. Ich glaube, im Journalismus wird das anders gehandhabt. Aber da sind wir ja nicht.

Das klappte in den ersten Lebensjahren ganz gut, nachdem seine Umgebung kapierte, dass er erst noch zwischen sich und der Welt unterscheiden lernen musste.

Ich weiß nicht, was dieses „Ich und die Welt“-Konzept damit zu tun hat, dass man Dinge „Das da“ nennt. Also: Es ist mir komplett schleierhaft. Außer, er nennt sich selbst auch Desda, aber das steht da nicht. Anscheinend hat eher die Umwelt nicht kapiert, dass Desda sich von „den Dingen da“ als Person unterscheidet. Ich kann nicht anders, als mich irritiert am Kopf zu kratzen.

Nachdem ich mich jetzt so sehr durch den ersten Absatz geholpert habe, könnte man sich fragen, was mich zum Weiterlesen veranlasst. Aber das ist auch der Grund, weshalb ich diesmal das Lob nicht direkt an den Anfang stelle: Obwohl ich direkt am Anfang die ein oder andere Irritation finde (Was ist eigentlich in der Gegenwart? Was ist eine Rückblende? Was hat das alles mit allem zu tun?), habe ich weitergelesen. Denn ich finde, von dem ersten Absatz geht ein magisches Gefühl aus, ein Wundern, das ich sehr mag. Ich habe die Tags gar nicht gelesen, aber das alles ist ein bisschen verdreht, und das funktioniert echt gut. Vielleicht sind diese totalen Verwirrungen Absicht?

Aber ich glaube, es liegt mehr daran, dass dieser Junge so eigentümlich beschrieben wird. Ich meine, sein Name ist „Destiny Danosch“. Das ist fast so cool wie „Destiny Hope Cyrus“ aka „Miley ‚Smiley‘ Cyrus“. Ich glaube einfach sofort, dass diese Zeilen einer Träumerin aus der Feder gesprungen sind, einer, die das Besondere, ein bisschen Verdrehte, Andersartige feiert. Und das ist schön! Das trägt durch den ganzen Text.

„Herr Danosch, Sie kommen doch aus dem Osten, oder?“, fragte der Bürgermeister streng und musterte den Pass, in dem die Seiten über und über mit Stempeln aus aller Welt bedeckt waren, so dass dem Mann die Augen tränten.

Und auch der Großvater scheint so eine Person zu sein. :herz:

Die Tochter Ivana, ein mundfaules, mürrisches Mädchen mit einem weißblonden Zopf bis zum Po und eisblauen Augen arbeitete in der Stadt.

Ist es … Ist es … Daenaerys Targaryen, die Erste ihres Namens, Königin der Drachenbucht, Königin der Andalen, der Ersten Menschen und der Rhoynar, Regentin der Sieben Königslande, Beschützerin des Reiches, Mutter der Drachen, Sprengerin der Ketten, Khaleesi und Herrscherin des Großen Grasmeeres …? Uff. Ich will nur sagen: Sie wird genauso beschrieben (ja, in der Verfilmung hat sie dunkle Augen, aber das ist Quatsch). ;) Ich hatte in meinem Pen-and-Paper-Spiel mal einen Charakter, wo die Würfel beim Auswürfeln des Aussehens auch auf diese Kombination gefallen sind – very nice. Wahrscheinlich dachten sich das die Danoschs auch, als Dany, äh ..., Ivana geboren wurde.

Aber nein, ich glaube, das bedeutet etwas anderes. Ich bin mir nicht ganz sicher, was. Aber das ist nicht schlimm. Wobei, ich denke, der Großvater zumindest ist ja jemand, der toleriert und verzeiht. Ehrlich, ich würde Ivana nicht so hinterherreisen (obgleich natürlich Zeit vergangen ist, aber von einer Konfrontation erfahren wir nie). Aber ich denke, das ist das, was den Großvater ausmacht: Er toleriert das und tut sein Bestes.

Eines Tages brachte sie in ihrer Reisetasche ein zappelndes Bündel mit, stellte sie auf den Küchentisch, legte einen dicken Brief mit dem Stempel des Gesundheitsamtes daneben und noch einen Packen Euroscheine dazu, lauter fünfhunderter.

Hier stolpere ich. Sie bringt ein Bündel in einer Reisetasche mit, und dann kommt „sie“, die sie auf den Tisch stellt. Ich würde lieber „es“ schreiben, denn das ist ja im Satz davor auch prominent. Sonst bin ich kurz so: Sie? Was ist hier nochmal gemeint? Weil mein Gehirn gerade auf Es programmiert wurde. „Fünfhunderter“ würde ich groß schreiben.

Überhaupt war er ein hübsches Kerlchen, wenn man sich nicht von seinem Äußeren irritieren ließ.

Herrlich!

Im Gegenteil, das Kind war von oben bis unten mit einem dichten schwarzen Pelz bedeckt.

Daenaerys, die Sturmgeborene, verliert ein Kind, das geschuppt ist wie eine Echse (meine ich, mich erinnern zu können). Man könnte also sagen, Desda habe es „ganz gut getroffen“, immerhin lebt er und wurde nicht als Ungeborenes einer Blutmagierin geopfert (ich sollte mit diesen GoT-Vergleichen aufhören, die sind wirklich unangebracht). Obgleich das auch ein wenig zynisch ist, wenn man bedenkt, dass er gerade von seiner Mutter in einer Reisetasche angeschleppt wurde.

Im Dorf ging das Gerücht herum, die Danosch's hätten sich einen Affen zugelegt.

Hm-m. Wieso benutzt Du ein Apostroph? Das hätte ich von Dir nicht erwartet. Im Englischen wird das für besitzanzeigenden Kram so gemacht, nicht aber im Deutschen (Ausnahmen sind mir keine bekannt, außer jedes Eckrestaurant in jeder deutschen Stadt, aber wenn man sich die Rechtschreibfehler in den Karten anschaut, ist das wohl kein ernstzunehmender Maßstab …). Das würde ich aber schnell im ganzen Text korrigieren.

Eines Tages, so mit neun, blätterte er in eine Technik-Zeitschrift seines Opas, deutete auf einen PC und ein Smartphone und rief dreimal hintereinander „Desda!“.

Hier würde ich einen Doppelpunkt vor der wörtlichen Rede machen, und natürlich brauchst Du keine zwei Satzzeichen zum Satzende: „Eines genügt völlig!“

Er hätte sowieso nichts schreiben können. Auf dem Hochdobel gab es keinen Empfang.

Also, ich weiß nicht, was Desda für ein beknacktes Handy benutzt, aber „kein Empfang“ hindert mich nicht daran, etwas auf meinem Handy zu tippen. Ich kann es zwar nicht abschicken, ABER DER GROSSVATER STEHT DOCH DIREKT NEBEN IHM! Srsly, wieselmaus, dass ich als Digital Native Dir das erzählen muss. Klar, manchmal schicke ich meinem Freund eine Textnachricht, obwohl er daneben sitzt, aber eigentlich gilt: Wenn man nebeneinandersteht, kann man lesen, was eine Person auf einem Handy schreibt, ohne eine Nachricht verschicken zu müssen.

Und natürlich auch unsere Tochter. Es wird Zeit, dass wir wieder auf Reisen gehen. Diesmal nach L.A.

Aber bevor sie Daenaerys wiedersehen, müssen sie erst noch die Meerenge überqueren! :D Und wie wir von der vorauseilenden Daenaerys wissen, kann das JAHRE dauern. Okay, ich höre schon auf. :D

Eine schöne Geschichte, wieselmaus. Es gefällt mir vor allem, dass sie nicht düster und zynisch ist, wie es solche gesellschaftlichen Dingen in der momentanen Zeit häufig sind. Sondern hoffnungsvoll und ein wenig magisch-verdreht. Verdreht eben auf die gute Art, die Wunder-Art.

Die Anmerkungen sind bloß Kleinigkeiten, wie Du sicher selbst bemerkt hast. Insgesamt finde ich das einfach wunderbar, gerade der Großvater sticht heraus. Das ist eine starke Figur! Die Mutter kommt nicht so wirklich gut weg, aber das ist vielleicht auch gar nicht schlimm. Dass nicht immer alles geradeaus geht und so, wie ich das erwarte, das ist einfach wunderbar. :herz: Der Großvater ist, so denke ich, jemand, der die Lebensentscheidungen seiner Tochter toleriert, und das macht doch einen liebevollen Menschen aus. Er ist der wahre Held dieser Geschichte, würde ich sagen, und man kann nur hoffen, dass sich Desda – und vielleicht noch einige andere – ein Vorbild an ihm nehmen, nie zu reisen und zu träumen aufhören und lieber zu den Sternen aufbrechen, anstatt zu verurteilen, was ihren Horizont übersteigt.

Danke für diese Geschichte!

Sturmgeborene Grüße,
Maria

 

„Erwachsen ist man dann, wenn man skeptisch wird, dass man gerade zu viel Spaß hat.“
Hazel Brugger, „Oh nein, ich bin erwachsen“, Zeit-Online, 1 . Oktober 2018 *​

Ein „Wer da?“ meinem Mund entweicht,
als just ich mich hierher begeben
und mir den Schlaf aus Augen streich
vor der Maus wies'ligem Leben,
in dem dem kleinen Jung‘ sogleich
nicht „ma“ und „pa“ der Zung‘ entfliehn,
wenn‘s „da“ wie „des“ gemeinsam reicht,
zum Dorf der Engel auszuziehn.
„Wie man's nimmt, Herr Bürgermeister. Wenn man lang genug nach Westen geht, kommt man halt von Osten her nach Hause.“
[...]
Desda kommunizierte mit allen per Smartphone, beherrschte bestens alle Techniken der Social Media, half sogar dem einen oder anderen Mitschüler bei den Hausaufgaben.
[...]
Es wäre uns allerdings sehr recht, wenn Sie Spekulationen über uns unterbinden könnten. Ich weiß nicht, ob Destiny sonst zurückkommen kann.“

Puh, da hat mein alter Herr, also letztlich ich, Glück gehabt, dass Wortkombinationen aus „ding(en)s“ und „da“ nicht unbedingt seine ersten, aber letztlich ein Leben lang (zumindest seit seinem 31. Jahr) seine statistisch nicht einzigen, aber doch hervorzuhebenden Silben blieben und somit sein Erstgeborener nicht einer uralten Tradition folgend den Vaternamen erhielt, „Dingsda“ der auch schon mal verortet ausfiehl in "Dingenskirchen",

liebe wieselmaus,

also schon viel weiter, wenn „ma“ und „pa“ in der Satistik der einfachsten Silben ganz vorne stehn, und „das da“ gleich als Genitiv daherkommt (was immer das in Mundart meint (es wird nicht weit von "Dingens"liegen. Dabei ist doch das „e“ alles andere als ein einfacher Laut, der selbst bei den Brüdern Grimm keinen Lobgesang auslöst, wenn es heißt „E , ein unursprünglicher, darum auch schwankender, unbestimmter vocal, der in unsrer sprache allzusehr um sich gegriffen und ihren wollaut beeinträchtigt hat. wenn im gothischen sechs, zehn, zwölf silben hintereinander das reine, kräftige a zeigen, z. b. afar tvans dagans; vas manna habands ahman; ahak atgaggandan ana ina, drängt bei uns in eben so viele sich das dünne, blasse e. schon mhd. sind wörter wie edele, betelete, begegenen, gemegenet, erdenete …“**, dass selbst ein Engel klanglich nicht besser wegkommt als der Bengel, dass ich in dem „desda“ einen landschaftliches „dasda“ vermute, dem sich dann der Familienname „Danosch“ zugesellt, der sich schnell nach dem Einsatz von MetaGer (Suchmaschine, ich lass halt gu:geln - und manchmal liegt's tatsächlich jenseits des Reiches Guugel) als russischer Name für „Daniel“ herausstellt.

Du zeichnest uns mit schlichtem Strich weniger das Leben des Daniel in einer Löwengrube, (dann schon eher die Schlangengrube, Mitschüler und Umwelt beschreibend), als das eines modernen Moshe, der nun nicht im Nil, sondern auf dem Tisch der Großeltern ausgesetzt wird

Die Tochter Ivana, … kam nur einmal im Jahr vorbei. Eines Tages brachte sie in ihrer Reisetasche ein zappelndes Bündel mit, …
Sollte sie mit schlichtem k das Weiße Haus gestreift haben, bevor's zum Dorf der Engel ging?

Und wieder gilt: nomen = omen, wenn das Schicksal weniger von höheren Mächten, als vom eigenen Geschick (und folglich auch Ungeschick) abhängt und in einer Zeit, da Algorhythmen die Welt beherrschen (wollen), hat der einen kleinen Vorsprung, der mit mathematischen Zeichen umgehn kann.

Letzte Flusen

„Er ist so[...]weit ganz okay“, sagte sie, „ich kann ...

Mit Hilfe seiner spitzen Zähne [ver]schaffte er sich den nötigen Respekt, war aber kein Raufbold.
Schaffen ist nahe bei der Schöpfung (außer, ich werden von wem oder was geschafft)

Keine Frage, dass er aufs Gymnasium wechseln konnte, schon allein wegen der Inklusion, die neuerdings von der EU verordnet worden war.
... verordnet wurde" reicht m. E.. - oder ist die Inklusion schon aufgehoben?

Wir immer - gern gelesen vom

Friedel

* https://www.zeit.de/kultur/2018-09/hazel-brugger-erwachsensein-maenner-frauen
** http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GE00001#XGE00001

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @peregrina

Schön, dass du vor dem Treffen in Köln noch Zeit für einen Kommentar hast. Ja, ein Treffen im Schwarzwald wäre auch nicht schlecht, aber ich bin leider keine, die es organisieren könnte.

Dein Titel ist der Mundart entlehnt?

Siedelst die Geschichte dort an, wo auch das Wörtchen „desda“ zuhause ist, und ich bin sicher, irgendeine wahre Begebenheit in deiner näheren Umgebung gab den Ausschlag zum Schreiben dieser KG

Ganz richtig. 'Des da', oder 'des do' ist alemannisch für 'das da'. man kann auch 'sell' sagen. Es gibt einen Zungenbrecher, der geht so:
Schelle Sie nit an sellere Schelle, selli Schelle schellt nit, schelle Sie an sellere Schelle, selli Schelle schellt.

@Friedrichard hat sich auch ausführlich über die Vokale A und E ausgelassen, deswegen noch ein weiteres Beispiel:
Jetz hesches! heißt nichts anderes als Jetzt hast du es!
Die beiden Silben brauchte ich wegen der Namensfindung für meinen Prota, und wie es so geht, plötzlich tun sich interessante Assoziationen auf, die man vorher gar nicht so auf dem Radar hatte.
Die beiden anderen Namen, Ivana und Elon, sind auch nicht ohne.

Da sind ein paar Textstellen, die mich auf die Idee bringen, bei deinem speziellen Humor wäre auch eine Satire vorstellbar.

Ganz gewiss habe ich einen Hang zur Satire. Jedoch traue ich mich nicht (mehr), einen Text damit zu taggen. Die Kritiker hier sind streng ... Mich freut es, wenn meine Anspielungen verstanden werden.

Als Zeitsprung in die Vergangenheit habe ich den Abschnitt auf keinen Fall erkannt. Ich dachte, das geht immer schön linear weiter.

Die (einzige)Tochter wird jetzt früher erwähnt. Damit müsste die Rückblende leichter zu erkennen sein. (Hoffe ich).

hätte erwartet: Warum schreibst du dich nicht mehr mit deinen Freunden?

Habe ich in deinem Sinn geändert, auch weil es von der Technik her logischer ist. (Danke, @TeddyMaria) Jetzt sehe ich einen Opa, der gewohnt ist,dass sein Enkel unentwegt auf dem Smartphone rumtippt. Und nun Funkstille im wahrsten Sinne des Wortes.:D

Es freut mich, dass dir die Geschichte gefällt. Es gibt aktuelle Anspielungen, aber das Baby mit der Hypertrichose beruht auf eigener Erfahrung, als ich vor ca. 60 Jahren freiwillig in einer Kinderklinik gearbeitet habe. Dort hat mich so ein Einjähriger beim Wickeln kräftig gebissen. Ich bin wahnsinnig erschrocken, die Krankenschwestern aber haben sich amüsiert.

Ich wünsche dir ein schönes Treffen und grüße bitte alle Wortkrieger von mir.

Herzlichst wieselmaus

Liebes @Lotterlieschen

auch dir herzlichen Dank für den superflinken Kommentar.

Tolle Idee. Tolle Figuren. Angenehmer Schreibstil.

Du hast so viele tolle Ansatzpunkte in deiner Geschichte. Ich sehe es jetzt einfach mal als Expose zu deinem noch zu schreibenden Buch a

und toller Kommentar. Davon kann ich lange zehren.:herz:

Aber weißt du, gerade habe ich mit kräftiger Unterstützung der Wortkrieger gelernt zu kürzen, zu kürz, zu k., und nun kommst du mir mit ROMAN. Dieses Abenteuer verkneife ich mir. Ich möchte meinen Erben keinen Rechner voll unvollendeter Meisterwerke hinterlassen. Es ist natürlich schön, dass du mir so was zutraust. Es heißt ja nicht umsonst Abend und teuer:rotfl:.
Ich wünsche dir fröhliches Lesen und Schreiben und eine erfolgreiche Jagd nach neuen Pointen und Erkenntnissen.

Herzlichst
wieselmaus

 

Also: Lass Dich nicht irritieren!

Liebe @TeddyMaria ,

keine Sorge, ich springe ganz munter hinter deinen Zickzack-Sprüngen her. Und wie du vielleicht schon gesehen hast, habe ich die Tochter Ivana gleich mit den Eltern ins Dorf einziehen lassen, so dass die Generationenfolge deutlich wird.

Natürlich catcht der Anfang ganz gut, aber der Übergang zwischen Gegenwart, Rückblende, Gegenwart, der erscheint mir nicht ganz gelungen

Der berühmte erste Satz, der Eyecatcher, war mir wichtig. Ebenfalls der Titel. Er soll stutzig machen.

ch weiß nicht, was dieses „Ich und die Welt“-Konzept damit zu tun hat, dass man Dinge „Das da“ nennt. Also: Es ist mir komplett schleierhaft. Außer, er nennt sich selbst auch Desda, aber das steht da nicht.

Kleine Kinder reden anfänglich von sich in der dritten Person. Implizit ist dann natürlich, dass er damit auch sich selbst meint. Falls Desda in einen Spiegel schaut, sagt er nicht "ich", sondern "Desda". Es sieht ja so aus, als ob er mit der Kurzformel seines Namens die Welt erobern kann. Das war meine Idee.

Aber ich glaube, es liegt mehr daran, dass dieser Junge so eigentümlich beschrieben wird. Ich meine, sein Name ist „Destiny Danosch“. Das ist fast so cool wie „Destiny Hope Cyrus“ aka „Miley ‚Smiley‘ Cyrus“. Ich glaube einfach sofort, dass diese Zeilen einer Träumerin aus der Feder gesprungen sind, einer, die das Besondere, ein bisschen Verdrehte, Andersartige feiert. Und das ist schön! Das trägt durch den ganzen Text.

Ehrlich gesagt, ich weiß oft gar nicht, wie auf die Namen komme. Meistens suche ich selbst erst hinterher, ob sie passen. Hier hat es mir deshalb gefallen, weil neben der Wortspielerei auch der Vorname Destiny was Programmatisches hat.

Ist es … Ist es … Daenaerys Targaryen,

Als Person bin ich aber gar nicht träumerisch, sondern ziemlich kopfgesteuert. Deine Fantasy-Figur kenne ich nicht, vielleicht habe ich aber etwas Archetypisches erwischt. Als Kind habe ich "Prinz Eisenherz" geliebt und da vor allem Aleta, die "Königin der Nebelinseln".

Hier stolpere ich. Sie bringt ein Bündel in einer Reisetasche mit, und dann kommt „sie“, die sie auf den Tisch stellt. Ich würde lieber „es“ schreiben, denn das ist ja im Satz davor auch prominent.

Da habe ich lange hin-und her überlegt. Grammatisch bezieht sich "sie" korrekt auf die Reisetasche. Ein Bündel kann man nicht stellen, sondern nur legen. Dann hätte ich aber zweimal "legen" gehabt ... Mir fiel kein passendes anderes Verb ein. Vielleicht hast du eine Idee, wie ich "es" retten könnte.

Wieso benutzt Du ein Apostroph? Das hätte ich von Dir nicht erwartet.

Das verdammte Apostroph hat eine wechselvolle Geschichte. Ich habe mal den Rat gelesen, man solle keine Namen wählen, die auf einen Zischlaut enden. Jetzt habe ich geändert und den Danoschens eine altertümliche Zwischensilbe spendiert: Die "Danoschens". Passt ja ins ländliche Milieu. Ansonsten habe ich mich herausgemogelt.:p

, ABER DER GROSSVATER STEHT DOCH DIREKT NEBEN IHM!

Ha, wer sagt denn, dass der Opa aufs Handy schauen darf?? Aber du hast recht, ich habe im Sinne von @peregrina geändert. Bin halt keine digital Native :(, eher Digital Naive.

Dass nicht immer alles geradeaus geht und so, wie ich das erwarte, das ist einfach wunderbar. :herz:

Wenn's dich trotzdem überzeugt ...

Danke für deinen reizenden Kommentar.

Schönes Wochenende in Hamburg und Umgebung
wieselmaus

 

Lieber @Friedrichard ,

"Wer da?", fragst du und ich antworte: "Der da, nämlich der Desda!"
Das Spiel mit den Vokalen - ich habe schon bei @peregrina was dazu geschrieben und du erläuterst auf höchst unterhaltsame Weise, wie Volkes Mund ein Weltbild kreiiert, in dem "stark" und "schwach" ideologisch vereinnahmt werden. Du erinnerst dich sicher an "starkdeutsch" ...

Nun wird das wieselmäuschen auch noch besungen und das zu früher Morgenstund. Wow! Ich danke dir dafür, auch für das

Wir immer - gern gelesen vom

Friedel

Du zeichnest uns mit schlichtem Strich weniger das Leben des Daniel in einer Löwengrube, (dann schon eher die Schlangengrube, Mitschüler und Umwelt beschreibend), als das eines modernen Moshe, der nun nicht im Nil, sondern auf dem Tisch der Großeltern ausgesetzt wird

Und wieder gilt: nomen = omen, wenn das Schicksal weniger von höheren Mächten, als vom eigenen Geschick (und folglich auch Ungeschick) abhängt und in einer Zeit, da Algorhythmen die Welt beherrschen (wollen), hat der einen kleinen Vorsprung, der mit mathematischen Zeichen umgehn kann.

Mit den Namen habe ich Glück, dass du immer eine passende Zuordnung findest. Daniel oder Moses, beides biblische Gestalten und für ihre Zeit Wegbereiter. "Destiny" brauchte ich unbedingt für das Namenswortspiel. Dass dahinter auch noch seine inhaltliche Bedeutung so gut passte, hat sich, wie so oft bei mir, erst beim zweiten Draufschauen erschlossen. Hab aber nichts dagegen.


Sollte sie mit schlichtem k das Weiße Haus gestreift haben, bevor's zum Dorf der Engel ging?

Ivana, Ivanka. Habe tatsächlich einen Moment mit dem Gedanken gespielt, ich fand's aber zu direkt . Der Leser darf ja auch was für sich herausfinden, und wenn es Fantasy-Helden sind.
Ebenso ging's mir mit L.A. Es klang zunächst einfach nur flott. Als ich dann Elon (Musk) überprüfte, war's aus meiner Sicht ein Volltreffer, wohnt doch der Herr tatsächlich in L.A., hat in Kinderjahren ein Computerspiel erfunden und die Firmennamen "Tesla" und "Desda" ..., na ja, du weißt schon, was ich meine.

Und nun die Flusen.

so weit die Füße tragen (im Sinn von so weit, wie ich sehen kann)

es ist soweit ganz in Ordnung ( im Sinn von grundsätzlich, auf den ersten Blick)

Gibt es die beiden Schreibweisen gar nicht? Ich hab's noch nicht kapiert.

Danke, lieber Friedel, für Gedicht und Interpretation.

Wie immer - gerne gelesen.;)

Schöne Oktobertage wünscht
wieselmaus

 

Nur ganz kurz - gleich geht's auf ein Pilsken (wenn auch kein Hambacher ...)

so weit
die Füße tragen (im Sinn von so weit, wie ich sehen kann)

es ist soweit ganz in Ordnung ( im Sinn von grundsätzlich, auf den ersten Blick)

Gibt es die beiden Schreibweisen gar nicht? Ich hab's noch nicht kapiert.

Weiß gar nicht mehr, ob die Trennung/Zusammenschreibung von "so + weit" schon vor der Rechtschreibreform galt, aber "soweit" ich weiß, unterscheiden sich die Schreibweisen für die Konjunktion ("soweit" - synonym für "nach dem, was .../ soviel") und als unbestimmte zeit/räumliche Aussage (wie eben der Filmtitel). Die Konjunktion wird eher selten verwendet, dass im Zweifel die Auseinanderschreibung gewählt werden sollte - die Wahrscheinlichkeit falsch zu liegen sinkt von 0,9 auf 0,1,

liebe Kanji.

Schönen Gruß aus'm Pott vom

Friedel

 

Hi, @wieselmaus

Grammatisch bezieht sich "sie" korrekt auf die Reisetasche. Ein Bündel kann man nicht stellen, sondern nur legen. Dann hätte ich aber zweimal "legen" gehabt ... Mir fiel kein passendes anderes Verb ein. Vielleicht hast du eine Idee, wie ich "es" retten könnte.

Jap, ich habe eine Idee. Dass das nämlich mit "legen" und so ein Problem wird, ja, Mist, da hätte ich von Anfang an drauf reagieren und meinen Vorschlag unterbreiten können. Also jetzt. Schauen wir uns fraglichen Stolperer mal an:

Eines Tages brachte sie in ihrer Reisetasche ein zappelndes Bündel mit, stellte sie auf den Küchentisch,

Ich glaube, der Stolperer kommt ein bisschen daher, dass "ein zappelndes Bündel" im ersten Satzteil das Objekt ist. Im nächsten Satzteil wird plötzlich die adverbiale Bestimmung des Ortes aus dem ersten Satzteil ("in ihrer Reisetasche") zum Objekt, während ich noch fest damit rechne, dass das Bündel das Objekt ist, von dem wir sprechen.

Vorschlag: Mach die Reisetasche von Anfang an zum Objekt.

Eines Tages brachte sie eine Reisetasche mit einem zappelnden Bündel darin mit, stellte sie auf den Küchentisch ...

Tadaaa! Ich glaube nämlich, der plötzliche Wechsel des Objekts war das, was mich irritiert und meinen Lesefluss gestört hat. Das "darin mit" in meinem Vorschlag ist vielleicht nicht optimal, aber da fällt Dir sicher etwas ein. ;)

Deine Fantasy-Figur kenne ich nicht, vielleicht habe ich aber etwas Archetypisches erwischt.

Ich habe darüber nachgedacht, denn was ich am Großvater in Deiner Geschichte am meisten bewundere, ist seine Toleranz. Dany Targaryen ist eine höchst moralische Figur, aber eine, die kein oder kaum ein Problem damit hat, ihre Werte auch mit Gewalt durchzusetzen und sie den ihr anvertrauten Menschen aufzuzwingen. Mit allen negativen Konsequenzen. Von Deinem Großvater erwartet man immer mal wieder, dass er sagt: Das kann jetzt ja nicht sein, Mädel/Junge! Aber das tut er nicht. Und das finde ich wirklich bewundernswert an ihm. Es wirkt nicht bloß milde und tolerant, sondern vor allem weise. :herz:

Was Du für Gedanken noch zu Desda äußerst, das finde ich super interessant. Desda und Tesla und so. Auf so etwas würde ich nie kommen (beim Schreiben ja, beim Lesen nie). Ist auf jeden Fall sehr spannend, Deine Kommentare zu verfolgen.

Hab einen schönen Wochenstart.

Objektive Grüße,
Maria

 

Liebe @TeddyMaria ,

zuerst ein großes Danke für deine genial-schlichte Lösung des Satzbauproblems. Ich habe den Vorschlag übernommen, ein klitzekleines Bisschen verändert und schon kann man es lassen , finde ich.

Was Du für Gedanken noch zu Desda äußerst, das finde ich super interessant. Desda und Tesla und so. Auf so etwas würde ich nie kommen (beim Schreiben ja, beim Lesen nie). Ist auf jeden Fall sehr spannend, Deine Kommentare zu verfolgen.

Hm ja. Einerseits sollte man seine Geschichten nicht erklären müssen. Andererseits macht doch gerade das großen Spaß, mit dem Leser seine Sicht zu diskutieren, eventuell zu ergänzen, vor allem, wenn man der modernen Maxime folgt, im Originaltext nur das Allernötigste zu formulieren. Da bleibt es nicht aus, dass in den sparsamen Formulierungen Informationen versteckt sind, die sich nur bei zeitaufwendigem Studieren des Textes erschließen. Und wer nimmt die sich schon hier im Forum, bei diesem reichhaltigen Angebot!:D

Also helfe ich manchmal nach , wenn es gewünscht wird.:teach:

Ich selbst finde die anschließenden Kommentarserien bei manchen Texten aufschlussreicher und unterhaltsamer als die Vorlage selbst. Und Geschichten schreiben, die sich ins Beliebige drehen und wenden lassen, ist nicht so meins. Ich möchste dem Leser keine Rohstoffe vorsetzen mit der Aufforderung: Jetzt back dir mal deinen Kuchen selber.

Ich wünsche dir einen schönen, erfolgreichen Tag, an dem dir alles gelingt, was du dir vorgenommmen hast.

Herzlichst wieselmaus

 

Liebe @wieselmaus,

ich bin nicht so glücklich mit deiner neuen Geschichte. Da ist allerlei verpackt, bei manchem frage ich mich, wozu es da ist und die Reihenfolge erscheint mir auch etwas fragwürdig.

Schaun wir mal:

Der Junge kannte nur ein einziges Wort. Wenn er etwas wollte, deutete er auf den Gegenstand, eine Abbildung oder eine Person und sagte: „Desda.“
Warum fängst du damit an? Ich finde es nicht so interessant, da würde ein behaartes Baby mit spitzen Zähnen viel besser ziehen oder?
Ich verstehe nicht ganz, warum er nur dieses eine Wort kennt. Soweit ich weiß, besteht bei Hypertrichose kein Zusammenhang mit geistigen Behinderungen, oder? Ist der Junge also einfach nur dumm? Nein, denn er scheint auch in der Schule gut zu Recht zu kommen. Wie das? Kann er später mehr sagen? Er scheint wenigstens mehr schreiben zu können ...
Mir ist nicht klar, wozu du das brauchst. Mochtest du das Wort einfach und wolltest eine Geschichte drum bauen? Dafür hat es mir zu wenig Relevanz. Er wird ja nicht deswegen gemobbt, sondern wegen seinen Haaren ... oder wegen seiner Mutter ...?

Nur seine Großeltern, bei denen er aufwuchs, riefen ihn Destiny oder, wenn es ernst wurde, Destiny Danosch!
Warum geben die dem armen Jungen denn einen Mädchennamen? :susp:

Eine gewisse Vorsicht allerdings hinderte sie später daran, Desda einen Finger zum Lutschen ins Mäulchen zu stecken, denn Desda biss jedesmal kräftig zu, was, nachdem die ersten, spitz zulaufenden Zähnchen erschienen, nicht ganz ungefährlich war.
Da hättest du viel mehr draus machen können. Eine richtige Szene!

Eines Tages, so mit neun, blätterte er in einer Technik-Zeitschrift seines Opas, deutete auf einen PC und ein Smartphone und rief dreimal hintereinander: „Desda!“
Irgendwie hatte ich angenommen, dass wir uns noch nicht im Smartphonezeitalter befinden. Sagen die Leute heute tatsächlich noch so was:
Die alte Frau Dodi schlug drei Kreuze und sprach von einem Wechselbalg: „Gott sei uns gnädig. Der wird uns noch Kummer machen.“
Wenn ja, würde ich dort aber ganz schnell wegziehen!

Mit dreizehn fingen die Schwierigkeiten an. Die Mädchen kicherten ohne Pause und deuteten mit rotlackierten Fingernägeln auf die Jungen. Die wiederum trugen blaugefärbte, spiegelnde Sonnenbrillen auch bei Regenwetter und ließen sich die Haare wie Ronaldo oder Boateng stylen.
Den Aufbau finde ich verwirrend. Du weist auf ein Problem hin, gehst aber dann nicht darauf ein. Ich hätte dann einen konkreten Bezug zu Desda erwartet, der kommt aber erst später. Ich glaube, da würde ich umbauen, oder einfach ganz auf die allgemeinen Jungs und Mädchen verzichten.

Die Mädchen machten einen Bogen um ihn. Mehr und mehr zog er sich in die Welt der Nerds zurück.
Auch das würde ich gerne sehen, anstatt es nur erzählt zu bekommen.

Warum schreibst du deinen Freunden nichts mehr?
Überraschend, dass er Freunde hat.

Schließlich setzte er sich auf, deutete auf den Mond und die Jungfrau. „Desda“, murmelte er. Seine Augen glänzten eisblau mit einem Stich ins Grünliche, Tränen versteckten sich hinter den dichten Wimpern.
Ich verstehe nicht was der Junge damit sagen will. Was ist denn mit dem Mond und der Jungfrau?

An diesem Wochenende wurde der erste Wolf in der Schlucht gesichtet. Häufiger als bisher richteten sich nun misstrauische Blicke auf Desda. Man hätte gerne gewusst, wohin seine Mutter verschwunden war.
Krasser Sprung. „Achtung hier sind Wölfe! Und wo ist eigentlich Desdas Mutter ...?“ In der Form macht es für mich keinen Sinn. Die Verbindung von einem Wolf zu Desda passt noch, aber wieso sollte dann die Mutter eine Rolle spielen?

Die Jungen machten sich einen Spaß daraus, die jüngeren Mädchen auf den Strich zu schicken und zu wetten, wie lange sie da auf einem Bein entlanghüpfen konnten.
Den Satz brauch ich nicht.

Seine buschigen Augenbrauen hatten sich zu einer einzigen Linie zusammengezogen.
Ich hatte irgendwie gedacht, dass sein Gesicht auch behaart sei.

Hallo, Opa, ich habe Mama gefunden, in Los Angeles. Und ich habe eine Menge Halbgeschwister und andere Verwandte. Ein Onkel heißt Elon, er versteht was von Elektronik und will mir helfen. Ich habe nämlich vor, eine Firma zu gründen. Ich werde sie 'Desda' nennen. Ich habe auch schon ein Computerspiel entwickelt. Es heißt 'Aufbruch zu den Sternen'.
Danke für alles.
Und das Ende gefällt mir gar nicht. Warum will er denn zu seiner doofen Mutter, die ihn einfach alleine gelassen hat? Hatten die zwischendurch Kontakt? Hat sie sich bei ihm gemeldet? Und warum finden die Großeltern das auch noch gut?

So genug gemeckert. Ich finde die Idee, von dem Kind mit Hypertrichose super, über relativ unbekannte Krankheiten zu lesen ist immer spannend. Grade in Verbindung mit dem Aberglauben könnte man da gut was draus basteln. Aber für mich zerfasert deine Geschichte, weil du zum einem super viele Ansätze drin hast und zum anderen sehr viel erzählst, was für mich insbesondere den Desda kaum greifbar macht.

Also worum geht es:
- einen Jungen der nicht spricht (vllt behindert, schüchtern, Autist, man weiß es nicht)
- eine Familie die aus dem Osten nach Deutschland zieht und dafür merkwürdig angeschaut wird
- eine Tochter, die ihren Sohn zurücklässt, und nach LA geht
- Hypertrichose
- Aberglaube
- Mobbing in der Schule

Das ist meiner Meinung nach viel zu viel. Ich würde die Verbindung zum Osten streichen, genauso die Sprachlosigkeit von Desda. Er kann ja wenig reden, er zieht sich eben zurück, wegen seinem Aussehen – aber, nur ein Wort zu sprechen finde ich übertrieben und auch nicht relevant für die Geschichte.
Das Mobbing würde ich mehr in Verbindung mit dem Aberglauben dort bringen. Die Mutter mehr raushalten.
Und wie gesagt, dass er dann einfach zu seiner Mutter geht, die ihn doch gar nicht haben wollte, mag mir als Ende nicht gefallen.
Ich würde mir also mehr Fokus und mehr szenische Darstellung wünschen. Aber das Leben ist ja kein Wunschkonzert. ;) Nimm dir raus, was dir hilfreich erscheint.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hallo @Nichtgeburtstagskind ,

Schade, dass wir hier nicht auf einer Wellenlänge sind. Vielleicht liegt es daran, dass du die Tags Gesellschaft und seltsam nicht so im Vordergrund siehst wie ich. Ich versuche mal, das eine oder andere Missverständnis (aus meiner Sicht, muss nicht die deine sein!) zu klären.

- einen Jungen der nicht spricht (vllt behindert, schüchtern, Autist, man weiß es nicht)

Hier geht es nicht um die Krankheit Hypertrichose und deren mögliche Folgen. Der Prota ist einfach ein besonderes, seltsames Kind, eben fremdartig, und eben dieses Fremdartige der Familie bis hin ins Fantastische, der in der realen, heutigen Welt zurechtkommen muss und dort auf Vorurteile stößt, versuchte ich zu zeigen.

eine Familie die aus dem Osten nach Deutschland zieht und dafür merkwürdig angeschaut wird

Kommt die Familie aus dem Osten? Sie könnte überall herkommen. Der Großvater gibt ja die Antwort!

- eine Tochter, die ihren Sohn zurücklässt, und nach LA geht


LA/ Kalifornien ist Synonym für die moderne digitalisierte Welt. Elon Musk mit seiner Tesla-Firma wohnt dort. Das ist Desdas Welt. Silicon valley eben.

- Aberglaube

Altes und neues Wissen stoßen sich hart im Raum und produzieren Vorurteile und Ablehnung. Mein Text enthält einige Elemente des Aberglaubens und aktuelle Ängste. Ein Wolf taucht auf, wird überfahren. Er gleicht Desda, dessen Augen im Dunkeln grünlich erscheinen, er beißt und sehnt sich nach dem Mond, ein Bild, das du vielleicht aus dem Film "Der mit dem Wolf tanzt" kennst. Eben seltsam, zweideutig.

Das ist meiner Meinung nach viel zu viel. Ich würde die Verbindung zum Osten streichen, genauso die Sprachlosigkeit von Desda. Er kann ja wenig reden, er zieht sich eben zurück, wegen seinem Aussehen – aber, nur ein Wort zu sprechen finde ich übertrieben und auch nicht relevant für die Geschichte.
Das Mobbing würde ich mehr in Verbindung mit dem Aberglauben dort bringen. Die Mutter mehr raushalten.
Und wie gesagt, dass er dann einfach zu seiner Mutter geht, die ihn doch gar nicht haben wollte, mag mir als Ende nicht gefallen.
Ich würde mir also mehr Fokus und mehr szenische Darstellung wünschen.

Das ist das Problem. Der Prota, den du im Sinn hast, ist einfach ein behindertes Kind. Mein Desda ist seltsam, stellt seine Umwelt vor Rätsel, ist womöglich eine Bedrohung. Des(tiny)- Da(nosch) ist seine persönliche binomische Formel, mit der er die Gleichungen des Lebens löst. Mehr braucht er nicht. Ich hätte auch eine Alien-Familie kreieren und im Dorf ankommen lassen können.

Mehr szenische Darstellung würde die Geschichte eher aufbauschen. Der Text, das stimmt, geht mehr in die Richtung einer Erzählung, da sie ja doch einen nach Jahren (ca. 14 Jahre) bemessenen Zeitraum verarbeitet.
Vom Aufbau her gibt es eine einzige Rückblende. Das muss auch in einer Kurzgeschichte möglich sein.

Danke für deinen engagierten Kommentar, ich fände es höchst spannend, wenn man den Dialog fortsetzen könnte.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo @wieselmaus,

ich fände es höchst spannend, wenn man den Dialog fortsetzen könnte.
Aber gerne doch. :)

Dank deiner Antwort verstehe ich nun besser, worum es dir mit deiner Geschichte geht. Du willst also Desda als Sonderling darstellen, und die Probleme, die sich daraus ergeben.
Dafür bleibt Desda zu blass. Auch seine Interaktion mit seinem Umfeld, sein Gebaren als Sonderling kommt zu kurz um dafür ein Gefühl zu bekommen. Ist er tatsächlich sonderbar? Wird er in diese Rolle gedrängt? Möchte er das ändern?

Auch wenn ich die Hypertrichose interessant finde, denke ich nun, dass du sie vielleicht nicht namentlich erwähnen solltest, um das ganze geheimnisvoller zu machen. Du solltest den Tag „seltsam“ mehr ausnutzen. Desda redet nicht, ist stark beharrt. Vielleicht sieht man ihn öfters alleine nachts herumlaufen? Auch das Spiel mit den Wölfen könntest du noch übertreiben.

Des(tiny)- Da(nosch) ist seine persönliche binomische Formel, mit der er die Gleichungen des Lebens löst.
Aber für mich löst er eigentlich nichts. Wie gesagt, er kommt für mich eigentlich rüber, wie ein geistig behindertes Kind. Nur seine guten Schulleistungen passen nicht ganz dazu. Deswegen der Gedanke in Richtung Autist.

Mehr szenische Darstellung würde die Geschichte eher aufbauschen.
Klar, mehr Szene bedeutet mehr Text. Aber ich denke, dass du die Ideen, die du hast besser vermitteln kannst, wenn du ein paar davon szenisch darstellst. Und sooo lang ist der Text ja noch nicht, das kann der schon vertragen. ;)

Ich bin immer noch der Meinung, dass dem Text mehr Fokus gut tun würde, egal worauf du diesen legst. :)


Liebe Grüße,
NGK

 

Hey @wieselmaus,
du haust ja echt rein. Diesmal lerne ich "Desda" kennen. Und seine Familie. Und bis zu der Szene, in der Desda die Formel von der Tafel wischt, bin ich auch gut mitgegangen, aber dann ging es mir plötzlich zu schnell und zu glatt auch. Es klang fast ein wenig so, als hättest du keine Lust mehr gehabt.
:sealed:
Obwohl ich das Gespräch zwischen Schulleiter und Großvater herrlich absurd finde, frage ich mich, warum der Großvater so reagiert. Macht er sich keine Sorgen? Und woher hat Desda denn das Geld, um einfach so nach Amerika abzuhauen? Braucht er da als Minderjähriger nicht die Einwilligung seiner Großeltern? Oder hat seine Mutter das in die Wege geleitet, weil sie weiß, dass er ein Genie ist und sie ihn deshalb nun doch haben will?
Mir ging das irgendwie zu schnell am Ende. Schade, denn ansonsten hat mir die Geschichte gut gefallen.

Bin einzig über Dinge gestolpert, die schon gesagt wurden. Dass Desda nur Desda sagt, obwohl er ansonsten eine Intelligenzbestie ist und ja wohl auch Freunde hat, hat mich auch irritiert. Es ist mir schwer gefallen, mir Desda in seiner Art vorzustellen. Erst war er für mich einer, der zwar nicht spricht, aber wegen seiner hohen Intelligenz sonst alles mit links macht. Aber er hat ja Freunde. Also ist er ja irgendwie doch integriert.
Und das Dorf hat mir zwar gefallen in seiner Rückständigkeit, aber so ganz krieg ich das nicht voreinander, warum das so ist. Warum da die Zeit so stehengeblieben scheint.
Ja, das hat mich irritiert. Und eben das Ende. Vielleicht wäre das knackiger gewesen, wenn die Mutter die ganze Zeit eine versteckte Rolle gespielt hätte. So scheint sie zu verschwinden und plötzlich wieder aufzutauchen.
Ich wär Desda gerne noch ein wenig länger gefolgt. :schiel:

Liebe Grüße von Chai

 

Liebes @Nichtgeburtstagskind ,

ch bin immer noch der Meinung, dass dem Text mehr Fokus gut tun würde, egal worauf du diesen legst

Da hast du völlig recht. Fokussierung ist immer gut, um eine Geschichte eindringlicher zu machen. Mein Fokus lag und liegt auf der Begegnung der Gesellschaft mit dem Andersartigen, Fremden, Seltsamen. Manches, was da angerissen wird, wollte ich nicht ganz aufklären. Ich überlege, ob ich den Begriff "Hypertrichose" tatsächlich streiche. Allerdings taucht er ja nur auf, wenn der Großvater ihn als Erklärung zur Beruhigung der Dorfbewohner verwendet. Es soll auf keinen Fall eine Krankengeschichte, aber auch kein Psychogramm von Desda werden.

Du willst also Desda als Sonderling darstellen, und die Probleme, die sich daraus ergeben.

Nicht als Sonderling, sondern als ein Anderer, ein Fremdling. Sonderling impliziert mMn eine Abwertung .Das ist einer, der die Normen der ihn umgebenden Gesellschaft für sich nicht akzeptiert. Desda dagegen passt sich ja sehr gut an, trotz vorhandener Defizite, was das mündliche Sprachverhalten angeht. Die Reduzierung auf ein einziges gesprochenes Wort ist ja kaum glaubhaft. Seine "Freunde" findet er im Netz bei den Nerds.
Hier, meine ich, kommt der Tag "seltsam" voll zum Tragen. Auch die Symbolhaftigkeit, die in diesem Konstrukt aus Vor- und Nachname besteht, ist mir sehr wichtig. @Friedrichard hat dazu viel Erhellendes geschrieben.

Auch wenn ich die Hypertrichose interessant finde, denke ich nun, dass du sie vielleicht nicht namentlich erwähnen solltest, um das ganze geheimnisvoller zu machen. Du solltest den Tag „seltsam“ mehr ausnutzen. Desda redet nicht, ist stark beharrt. Vielleicht sieht man ihn öfters alleine nachts herumlaufen? Auch das Spiel mit den Wölfen könntest du noch übertreiben.

Ja, da bin ich am Basteln. Es ist eine weitere Nahtstelle zwischen dem Auftauchen von etwas, das in der Gesellschaft Ängste auslöst. Zur Zeit ist bei uns im ländlichen Bereich eine heftige Diskussion über die Wiederkehr des Wolfes. Die Befürworter, die sich als die Aufgeklärten verstehen, wohnen mehrheitlich in den Städten, während die Landbevölkerung mit den Wölfen eine große Gefahr kommen sieht, durchaus gespeist durch traditionelle Bilder wie"Rotkäppchen", "Der Wolf und die sieben Geißlein", Grimms Märchen eben. Und ergänzt werden sie durch Vampirfantasien, bei denen (Wer-)wölfe oft Begleitphantome sind.

Klar, mehr Szene bedeutet mehr Text.

Ich habe bisher da Szenisches eingebaut, wo sie mir für die Nahtstellen zwischen Gesellschaft und der Familie Danosch wichtig schienen, sozusagen als Gelenkstücke. Da könnte ich sicherlich nachbessern. Besonders wichtig erscheint mir schon die Stelle mit den Jugendlichen auf dem Schulhof. Die Pubertät ist ja wohl eine wichtige Phase, und hier wird Desda absichtlich und bösartig ausgegrenzt. Kein Wunder, dass er hier das Signal sieht zu verschwinden. Und logisch erscheint mir auch, dass die ganze seltsame Familie weiterzieht.

Ich hoffe, ich langweile dich nicht. Mir jedenfalls hat der Disput sehr gut gefallen, zwingt er doch wieder einmal, die eigenen Prämissen beim Schreiben zu überprüfen.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
wieselmaus

 

Ich hoffe, ich langweile dich nicht.
Ach, Quatsch! @wieselmaus, wieso langweilen? Dafür sind wir doch hier, um uns mit Texten auseinander zu setzen, auch mit den eigenen. Und so eine kleine Diskussion schleift dann eben das heraus, was einem wirklich am Herzen liegt. Ist doch schön so. :)

Dir auch ein schönes Wochenende,

NGK

 

Liebe @Chai ,

aber dann ging es mir plötzlich zu schnell und zu glatt auch. Es klang fast ein wenig so, als hättest du keine Lust mehr gehabt.

Ach liebe Chai, wenn du wüsstest! Ich könnte schon noch eine Weile weiterfabulieren, aber ich habe äußerste Disziplin walten lassen!:sad:
Nachdem ich das Kürzen hier gelernt habe, ist es mir einfach lieber, meine Leser möchten noch mehr von meinen Protas erfahren als umgekehrt. Da bin ich etwas gebranntes Kind. ich glaube, du weißt, was ich meine. Natürlich hat das die Folge, dass meine Kommentare zu wahren Vorlesungen mutieren, denn ich finde für alles eine Erklärung.:klug: Entschuldige bitte, wenn ich wieder damit anfange.

frage ich mich, warum der Großvater so reagiert. Macht er sich keine Sorgen? Und woher hat Desda denn das Geld, um einfach so nach Amerika abzuhauen?

Der Opa ist ein weitgereister, welterfahrender Mensch, den gar nichts umwerfen kann. Eine Prise Geheimnis ist auch um ihn herum. Warum gerade in diesem Dorf? Wieso bemüht er sich so um die Integration? Ist er vielleicht ein Bruder der "Alten Dame" (von Dürrenmatt), nur weniger rachsüchtig? Gehört vielleicht die alte Dodi zu seiner Verwandtschaft?
Seine Tochter hat ihm ja auf lakonische Art eine Menge Geld hinterlassen. (ein "Packen Fünfhunderter",) Das sind so an die dreißig- bis fünfzigtausend Euro. Die hat der Opa bestimmt nicht ausgegeben. Auch sonst nagt die Familie nicht am Hungertuch, hat ja ein hübsches Häuschen. aber frag mich nicht, woher der Opa Geld hat!

Aber er hat ja Freunde. Also ist er ja irgendwie doch integriert.

Ja, hat er. Solange er ein Kind ist, da kommuniziert er eben mit seinem Dietrich "Desda", später mit dem Smartphon, wie die anderen Jugendliche, zuletzt im Netz mit Gleichgesinnten. Da spielen Aussehen und mündliche Sprachfähigkeit keine Rolle. Der Begriff "Freunde" ist ja außerordentlich dehnbar bzw. wird sehr unterschiedlich interpretiert, was ich jeden Tag von meinen Enkeln veranschaulicht bekomme.
Als Desda in die Pubertät kommt, ist Schluss mit lustig. Denn da könnte er ja zu einer Konkurrenz werden (auf jedem Feld. Es geht da um Positionierung). Die Szene auf dem Schulhof ist meine Lieblingsszene.

wenn die Mutter die ganze Zeit eine versteckte Rolle gespielt hätte. So scheint sie zu verschwinden und plötzlich wieder aufzutauchen.

Jep! Diese Interpretation gefällt mir äußerst gut. Keine böse Mutter, sondern eine Wegbereiterin. Und der Opa weiß es. Dass Dedsa bei seinen Verwandten in Norwegen sei, ist bloß eine Ausrede dem Schulleiter gegenüber. Schließlich wird nirgends behauptet, dass Ivana keinen Kontakt mit den Eltern hat. Usw. usf.
Wenn ich mich besser in der digitalen Welt auskennen würde, gäbe es vielleicht eine Fortsetzung von "Desda" in L.A. Vielleicht werde ich aber @Nichtgeburtstagskind folgen und die Wolfsgeschichte vertiefen.

Hat mich sehr gefreut. Lass es dir gut gehen in deiner Welt. Interessant ist ja immer, wie sich Altes und Neues vermischt. Da hast du auch eine Menge zu erzählen.

Herzlichst wieselmaus

 

Liebe @wieselmaus,

natürlich kenne ich deinen „Desda“, wollte aber wegen der Copy-Runde schnell meine Erinnerungen auffrischen. Über zwei Dinge hab ich mich gewundert.

Erstens wusste ich nicht mehr, dass ich kommentiert hatte und zweitens bin ich wieder genau an der gleichen Stelle ins Trudeln gekommen, die ich damals moniert hatte. Ist schon interessant, wie wir konditioniert sind, nicht wahr? Guck, die hier:

Nur seine Großeltern, bei denen er aufwuchs, riefen ihn Destiny oder, wenn es ernst wurde, Destiny Danosch! So war gesichert, dass er niemals vergaß, wer er war und was er von der Welt erwartete.
Eines Tages waren die Großeltern mit ihrer Tochter aus dem Osten in das süddeutsche Dorf am Rande einer Schlucht gezogen.
Eines Tages ist eine Formulierung, die auf den Fortgang der Handlung verweist. Hier fehlt ein Übergang, der deutlich macht, dass der nachfolgende Abschnitt ein Rückblick ist.

Damals, vor langer Zeit, vor Jahren, irgendwas in dieser Art, denke ich.

Vorschlag: Vor vielen Jahren waren die Großeltern mit Destinys Mutter aus dem Osten …,

Die Tochter, muss nicht zwangsläufig die Mama von Destiny sein, könnte auch seine Tante …
Oder du fügst zur Sicherheit eine Leerzeile ein.
Wenn ich nach Jahren wieder stutzig werde, dann kann das nur bedeuten, dass vielleicht, eventuell, möglicherweise doch ein kleiner Eingriff angebracht wäre. :)

Ja. ich geb ja schon Ruhe.

Zum Erstaunen der Dorfbewohner ragte auf dem Dach eine Fernsehantenne in den Himmel. Das hätten sie den Hergeloffenen gar nicht zugetraut. Da sollte die Obrigkeit doch mal genauer hinschauen.
Sehr schön bissig!

So hatte Desda es ganz gut getroffen. Überhaupt war er ein hübsches Kerlchen, wenn man sich nicht von seinem Äußeren irritieren ließ.
Herrlich komisch und tiefsinnig!

Frau Danosch sagte nie etwas, den Leuten im Dorf war nicht klar, ob sie überhaupt sprechen konnte, und wenn doch, dann jedenfalls nicht deutsch.
Die Leute im Hinterwald kann ich mir wirklich sehr gut vorstellen, aufgeschlossen und ohne Vorurteile werden die Leute aus dem Osten mit offenen Armen willkommen geheißen. Auf diese Art Menschenschlag, kann man leider überall treffen.

„Hallo, Opa, ich habe Mama gefunden, in Los Angeles. Und ich habe eine Menge Halbgeschwister und andere Verwandte. Ein Onkel heißt Elon, er versteht was von Elektronik und will mir helfen. Ich habe nämlich vor, eine Firma zu gründen. Ich werde sie 'Desda' nennen.
Und dann hat er es sich doch anders überlegt und hat sie „Tesla“ genannt. :lol:

Schöne Geschichte, die uns einen Spiegel vorhält und uns fragen lässt, wie gehen wir mit dem Andersartigen um?

Ich haben fertig. Liebe Grüße
peregrina

 

Liebe @peregrina ,
ich gebe jetzt ein kleines Bisschen nach und setze ein Leerzeile. Die Formulierung „vor langer Zeit“ hat so was Märchenhaftes an sich und lenkt die Erwartungen der Leser*innen eher Richtung Wolfsgeschichte. Das möchte ich nicht unbedingt, ich glaube auch, das hätte @linktofink abgeschreckt?. Aber klar, Rückblenden sollten erkennbar sein.

Es freut mich natürlich, dass du die Geschichte immer noch magst.
Danke dafür. Ich warte jetzt auf die restlichen sieben Copywrites …

Liebe Grüße von wieselmaus

 

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