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Der Tod eines Zombies

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14.08.2005
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Der Tod eines Zombies

Diese Geschichte handelt weder von einem Virus der die Menschheit in blutgeile Monster verwandelt, noch bedient sie sich dieser absurden Sciencefictionmentalität.
Der bald folgende Mord ist keineswegs Fiktion, steht aber auch nicht symbolisch für irgendwas. Es wird ein Zombie erschossen werden, das ist Kern und Sinn der Geschichte, es gibt keinen tieferen Hintergedanken und keinen besonderen Grund, aus dem der Zombie sterben muss, er stirbt einfach.

Ein hochgewachsener Mann in grauem Anzug läuft sichtbar unter Zeitdruck stehend hastig durch eine Seitenstraße, einen grauen Aktenkoffer mit einer Handschelle an seinem linken Handgelenk befestigt. Er bleibt vor einem Hintereingang stehen, hält inne, blickt sich mit prüfendem Blick um und verschwindet hinter der breiten Holztür.
Seine schwarzen Lederschuhe klopfen mit jedem Schritt auf den Linoleumboden, durch die heruntergelassenen Jalousien dringen nur spärlich ein paar wenige Sonnenstrahlen, was dem Raum den Anschein eines Kellers verleiht. Er tritt zwischen die nebligen Sonnenstrahlen um seine Uhr zu konsultieren, stöhnt enttäuscht, als ihn das Knarren einer Holztreppe auffahren lässt. Er dreht sich um und nähert sich den Umrissen der Gestalten, die mit jedem Schritt den er macht besser zu erkennen sind. Zwei Gorillas mit Stöpseln in den Ohren tragen trotz der Dunkelheit Sonnenbrillen, die ihr gesamtes Erscheinungsbild erkühlen lassen, in der Mitte von beiden ein dicklicher, untersetzter Greis, die verbliebenen grauen Haare nach hinten gekämmt. Sie reichen sich die Hand.

In den folgenden Minuten wird ein Mord geschehen, ein unbedeutendes Wesen wird durch den Abzug einer großkalibrigen Waffe sterben, ohne erkennbaren Grund. In den nächsten paar Zeilen stirbt ein unschuldiges Wesen, es hat kein Verbrechen begangen und wird auch nicht für eine ungerechte oder gesetzeswidrige Tat bestraft, man wird diesem Wesen den Kopf zerschießen, einfach deshalb, weil es im Bereich des nachvollziehbaren Möglichen liegt. Eine menschenfremde Rasse wird uns eines Tages heimsuchen, und wir Menschen werden sie mit allen verfügbaren Mitteln bekämpfen, unbekümmert der moralischen Abwege die wir dadurch beschreiten werden, unbekümmert der Friedfertigkeit dieser planetenfremden Asylanten.

„Sie haben die Ware am Mann?“ fragt ihn der Greis und nickt dem Koffer zu.
Die Leibwächter starren in kalt und leblos an, während er etwas unbeholfen auf einem Bein stehend den Koffer mit dem Knie an sich drückt und mit der freien Hand nach dem Schlüssel in seiner Hosentasche sucht. „Selbstverständlich, Meister. Haben Sie bitte einen Augenblick Geduld.“ Hastig schließt er die Handschellen auf, schüttelt sein schmerzendes Handgelenk und öffnet den Koffer, einer der Gorillas beugt sich hinunter und flüstert dem Greis etwas ins Ohr, woraufhin dieser nickt und die Beiden mit einer Handbewegung bittet, sich zu entfernen. „Lang ist es her, seitdem wir uns das letzte Mal trafen, Stanley. Woher beziehst du die Ware?“

Allein schon durch die geheimnisvolle, vielleicht sogar apokalyptische Atmosphäre des Schauplatzes, an dem sich der Mord bald ereignen wird, der im Grund kein wirklicher Mord ist, sondern nur eine Bestätigung des bereits geschehenen, kann sich der geübte Leser in die Lage Stanleys hineinversetzen, der eingeschüchterte Charakter, ein niederträchtiger Hund, der auf die Frage des Meisters, woher die Ware denn komme, logischerweise keine Antwort gibt. Das Schweigen der Wortlosen sozusagen.

Stanley zupft sich die Ärmel zurecht, überreicht dem Greis in gebückter Haltung die Ware, mit niederträchtigem Blick erkundigt er sich, ob diese seinen Vorstellungen entspricht. „Ich schere mich keinen Deut um die Optik, wichtig ist einzig und allein, das es funktioniert.“ Er nimmt die Waffe in Anschlag, ein Maschinengewehr der Marke G27/A, konstruiert um untote Wesen ins Jenseits zu schicken. Der Greis schnippst mit den Fingern: „Bob! Henry! Bringt mir diesen Wichser von Zombie hinunter!“ Die Gorillas erscheinen, einen halb verwesten, stöhnenden Parkwächter in zerfetzten Klamotten auf die Schultern gestützt, werfen ihn voller Ekel auf den Boden, wo er winselt um Gnade bittet, die Hände schützend vor den Kopf gehalten.
„Bitte, verschont mich, gebt mir eine letzte Chance, habt Gnade, Meister!“
„Irgendwelche letzten Worte, bevor ich dich dorthin zurückschicke, wo du hingehörst?“ „Oh Gott, Meister, um Gottes Willen!“ Auf dem narbigen, von Falten gezeichneten Gesicht des Alten macht sich ein hämisches Grinsen breit. „Selbst der wird nicht mehr fähig sein, dir zu helfen, wenn ich ihm erst mal seinen göttlichen Arsch weggeblasen habe.“

Der nächste Satz wird der letzte dieser Geschichte sein, gleichzeitig Schlüssel und Sinn für all das vorangegangene. Wir sind uns nicht im Klaren darüber, ob dieser ehemalige Parkwächter wirklich ein Untoter, also ein bereits gestorbener Mensch, der mit wessen Hilfe auch immer wieder auf die Erde zurückgekehrt ist, oder ein Penner in gestohlener Uniform war, und es ist bedeutungslos, denn nichts wird dieser Mord rückgängig machen können. Es ist soweit.

Der Greis zieht den Ladehebel durch, visiert den flehenden Untoten an und mit lautem Knall zerspringt der verfallene, hässliche Zombiekopf in tausend Fetzen. „Scheint zu funktionieren“, kommentiert er nüchtern, reicht die Waffe Stanley der sie in den Koffer steckt und diesen den Gorillas überreicht, und verschwindet samt Leibwächter in der Dunkelheit des Raumes.

 

Eine beindruckende Angelegenheit. Berthold Brecht hätte seine Freude daran, schätze ich.

Die Absätze fand ich manchmal etwas verwirrend. Du könntest manche, sehr wichtige oder effektvolle Passagen durch Verehrung einer eigenen Zeile noch etwas besser in Szene setzen. Andere Absätze sind meiner Meinung nach zuviel und würden lieber wegfallen.
Aber vielleicht hast du etwas Bestimmtes damit bezweckt?

Einen Gedanken zur Verbesserung hatte ich:
Vielleicht wäre die ganze Sache berührender - und damit noch besser - wenn über den grauen Anzug-Mann etwas Hintergrund und mehr seiner Empfindungen bekannt würden.
Die Angst, er könnte das Opfer des sinnlosen Mordes sein würde so noch intensiviert werden.
Und die eigene Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod des Parkwächters wäre noch verstörender.

Gruss

Antje

 

Hey missmarvel, erstmal Danke für deine Kritik und dafür, dass du meinen Text überhaupt gelesen hast. Zur Satzkonstruktion folgendes: Mein Ziel beim Unterteilen waren in erster Linie sogennante Paarsätze, man erinnere sich an die klassische Schreibform von Gedichten; die a/b Verse usw.

Das ist mir leider nicht ganz geglückt, denn eigentlich sollte zur Erzähler- und Kommentatorperspektive nocht eine Dritte hinzukommen, nämlich die von Stanley; womit ich tatsächlich näher auf dessen Charakter und Gefühle eingehen wollte.
Letzten Endes habe ich diese Idee aber wieder verworfen, denn im Grunde dreht sich die Geschichte nur um einen sinnlosen, folgelosen, in gewisser Weise nie geschehenen Mord. Die Anonymität und Bedeutungslosigkeit wollte ich unter anderem betonen, indem ich mehrfach auf die grauen Anzüge aufmerksam mache.

Ich gebe zu, die Geschichte ist sprachlich noch verbesserungswürdig. Vielen Dank schonmal an dich, werde das mal mit meinem Mentor besprechen ;)

 

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