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Auf Wiedersehen Marie

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07.02.2001
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Auf Wiedersehen Marie

Auf Wiedersehen Marie,

ich habe dich lange mit mir rumgeschleppt, dich getragen, deine Fehler ausgebügelt, für deine Unfähigkeit bin ich gerade gestanden. Wenn es eine gab die zu dir hielt, war ich es, Marie. Ich war bei dir, als der Rest der Welt dich verstieß, dich anspuckte und die Augen angeekelt von die abwand. In diesen Zeiten lies ich dich nie allein, das musst du mir doch lassen, nicht wahr?
Ich blieb dir auch treu, als Vater starb, als Mutter Nächte lang weinte und ihre Trauer im Alkohol ertrank.
Ich blieb dir treu, als sie dich schlug, deine Hautfarbe verfluchte und sich in die graue Masse eingliederte, wie alle anderen Menschen um dich herum.
Ist doch so, oder?
Marie, glaube mir, ich bliebe auch jetzt noch bei dir, doch deine Nähe erdrückt mich. Deine Trauer ist zu stark für mich, deine Mutlosigkeit zu intensiv für meine Seele. Wenn du doch nur etwas mehr Kraft hättest, Mariechen. Ich könnte dann bei dir bleiben weist du ...
Sieh nur die Blumen, auf dem kleinem Balkon dort oben. Sind es nicht deine Lieblingsblumen? Und sieh nur Kinder, wie sie auf dreckigen Holzgerüsten herumturnen. Wärst du nicht gerne noch einmal so wie sie?
Dann müsste man dich beschützen, wärest du so unschuldig wie ein Kind, könnte keiner die Augen abwenden und dein Leid einfach übersehen.
Marie, es ist zu spät. Ein Kind bist du schon lange nicht mehr.
Nun erwachsen bist du auch nicht.
Dafür bräuchtest du wohl mehr Kraft, mehr Selbstbewusstsein und mehr Liebe, die andere Menschen dir mit offenen Händen darbieten.
Liebe.
Wurdest du je geliebt, Marie?
Blick dort in den Spiegel und sieh in dein braunes Gesicht. Sieh ihn die braunen Augen und auf den vollen roten Mund.
Liebst du dich selbst, Marie?
Auf Wiedersehen, Marie, deine Zeit ist vorbei, ich kann dich nicht mehr tragen.
Ich bin zu schwach für all dein Leid.
Marie, noch einmal werde ich über deine Wange streichen und du wirst im Spiegel sehen, wie deine Hand die eigene Wange berührt.
Ich vergesse dich nie Marie, denn ich habe dich besser gekannt, als jeder andere. Ich wusste um alles, was gut an dir war und um alles was nicht perfekt in die schlummerte.
Deine heimlichen Gedichte kenne ich genauso gut wie du.

Denn ich bin du Marie.

Auf Wiedersehen, Marie, denn dorthin wo du jetzt hinstrebst, kann ich dir nicht folgen.
Der Tod wird uns trennen Marie, denn Spiegelbilder sind nicht geschaffen, um zu sterben.
Das weist du doch.

Auf Wiedersehen,

ich sehe dein blasses Gesicht

und blicke auf zuckenden Hände,

Auf Wiedersehen, Marie.

 

Hmmm, sehr traurig und melancholisch. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das ein Experiment ist...

Auf jeden Fall ein guter Stil, und auch die Pointe kommt gut.

 

Es ist eine Art Abschiedsbrief. Kein normaler Brief, von daher dachte ich es wäre ein Experiment. Marie schaut in den Spiegel und nimmt Abschied von sich selbst. Überlegt sich vielleicht was ihr Spiegelbild über sie denken könnte.
Aus diesem Gefühl heraus, habe ich es geschrieben.

 

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