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Am Anfang

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13.06.2003
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Am Anfang

Am Anfang

Am Anfang war der Tod. Nach dem Tod prallte ihr Körper mit unheimlicher Wucht gegen das Lenkrad, der Kopf traf das Amaturenbrett. Der Airbag zerplatzte an ihren Hemdknöpfen. Der Gurt riss sie fast in Stücke. Die Schmerzen waren kaum vorstellbar. Das Auto prallte dann gegen den einzelnen Baum, einem einzigen Baum auf einer Strecke von mehreren Kilometern, der so nah an der Straße stand. Sie konnte nicht mehr bremsen, dafür war es noch zu früh. Sie fuhr schnell über die Landstraße, später.

Danach schloss sie die Haustür sehr sorgfältig ab, man will sein Haus ja nicht für ein ganzes Wochenende unbeaufsichtigt lassen. Kurz darauf schlüpfte sie in ihre Schuhe, die sie sich später im Laden kaufen würde. Es würde besser sein, sie probierte die Schuhe etwas länger an, sie drückten. Das Essen, welches sie vor dem Zubereiten in der Küche zu sich nahm, schmeckte wieder mal nach Mikrowelle. Was würde sie auch immer nur Fertigessen kaufen gehen? Ihr schmeckte Frisches doch so viel besser. Sie wusch sich zügig. Ausschlafen konnte sie danach auch nicht mehr, da sie am Abend erst spät ins Bett ging. Der Tag war wieder anstrengend. Sie hatte viele Besprechungen, viele Streitereien und morgens wieder keine Zeit.

Als Jugendliche wurde das anders. In der Schule war es schön, auch wenn sie sich dessen meistens nicht bewusst war. Sie war eine gute Schülerin, jedoch keine Streberin, einigermassen beliebt, eine richtig liebes Mädchen, zumindest vom Aussehen her. Innerlich wusste sie mittlerweile, was mal aus ihr werden würde. Ein richtig freches Mädchen, eigensinnig, genau wie die Geschäftsfrau die sie vorher war. Mit ihren Mitschülern trieb sie öfters Späße, die alle solange lustig fanden, als dass sie nicht betroffen waren. Doch irgendwann erwichte es jeden, ob sie ihn nassspritzte, mit Kreidestaub einhüllte oder ihm Reiszwecken auf den Stuhl legte, keiner kam ungeschoren davon. Nur Mädchen tat sie nichts. Die wurden ihrer Meinung nach sowieso nicht ernst genug genommen, man brauchte sie gar nicht mehr lächerlich zu machen, so schlecht dachten Männer vom anderen Geschlecht.

Wie froh war sie da doch, als sie endlich ein richtiges Kind war. Frech, mit kecken Zöpfen, immer auf der Suche nach Ärger. Ihren Eltern machte sie es so schwer sie konnte, sie verschwand stundenlang irgendwo ohne Bescheid zu sagen, fastete einmal für vier Tage ohne das es einen Grund gab und beschwerte sich immerfort darüber, dass sie nur einen Teddy hatte. Als kleines Baby wurde sie sogar angenehmer. Sie schrie zwar oft, aber das war kein Vergleich zu dem, was sie früher, als Kind angestellt hatte.

Wie groß war doch die Freude bei ihrem Tod, als sie wieder von der Mutter verschlungen wurde. Sie war so klein geworden, dass die Hebamme sie ohne Probleme in den Mutterleib einführen konnte. Nach neun Monaten war nichts mehr von ihr übrig. Am Ende war der Tod.

 

Hi..

Interessant.

Dreht man die Zeit wieder richtigrum, trifft sie der Airbag, bevor sie am Gurt hängen bleibt. Tatsächlich ist es umgekehrt. Airbags können auch fast nicht platzen, weil sie eh schon Löcher haben.

Die Schmerzen gehören noch einen Satz weiter vor, wenn sie sie überhaupt noch bemerkt.

Sie konnte nicht mehr bremsen, dafür war es schon zu spät.
War es nicht eher noch zu früh? Bei den Schuhen, die sie würde gründlicher anprobieren müssen, drehst Du die Zeit korrekt um, hier nicht. :confused:

sundenlang

Ansonsten: Ein recht gelungenes Experiment - will sagen, eines das den Namen verdient :)

 

Hallo ArthurielRubinstein,

den Lebensfilm rückwärts laufen zu lassen, ist wohl immer auch so eine Art Bestandsaufnahme,
oder Ansatz zur Selbstkritik. Dein Experiment führt mir zu schnell zu dem mit dem Anfang identischen Endpunkt.
Trotzdem, der Text ist interessant zu lesen, auch das Verlangen, die Erwachsenenwelt hinter sich zu lassen, ist interessant.

Einige Änderungsvorschläge:

„der so“ nah „an der Straße stand“ .
„Wochenende unbeaufsichtigt“ lassen.
Bei „später im Laden kaufen würde“ - müßte da nicht das Imperfekt weiter gelten? Auch die Konjunktivsätze passen nicht so gut in Dein bisheriges Schema.
„Was würde sie auch immer nur Fertigessen kaufen gehen?“ „Was“ ?


Tschüß... Woltochinon

 

So, die ersten Verbesserungsvorschläge habe ich durchgeführt.
Die beiden anderen Sätze müssen so bleiben, glaube ich, da sie die Schuhe zum Beispiel noch nicht gekauft hat, da es ja rückwerts passiert.

 

Ja, was ich noch zu meckern habe ist, dass der Airbag in schlaffen Stofffetzen herab hängt. das passt nicht in die Szenerie eines Unfalls, der gerade passiert. Oder Du setzt den Satz, Deinem Experiment entsprechend, ganz an den Anfang des Unfalls.
Ansonsten finde ich, dass dieses Experiment sehr gut gelungen ist!

 

erinnert mich etwas an die spiegelgeschichte (autor leider vergessen), da läuft die zeit auch in die andere richtung

 

Mal was Neues. Prima. Bei "am Anfang war der Tod" war ich schon gefesselt. Habe dieses Experiment förmlich verschlungen.

 

Also, jetzt find' isch die Jeschischte rischtisch jut! :D
Auch dass am Ende der KG immer weniger Detaills kommen, finde ich, passt ganz gut. Man hat so richtig das Gefühl, dass mann immer schneller die Lebensspirale zurückschliddert...
also nochmals ein dickes Kompliment!

 

Und ich wollte noch geschrieben haben "aber Du brauchst jetzt nicht wieder extra ein einsames Danke posten"... ;)

 

Mir hat die Geschichte überhaupt nicht gefallen, ich fand sie eher lächerlich.

Zum einen lag das daran, dass schon in den Bedingungen für die Rubrik "Experimente" als Vorschlag steht, die Geschichte rückwärts zu schreiben - klingt für mich sehr abgekupfert.

Zum anderen ist die Geschichte nicht originell. Der Anfang ist grade eben noch akzeptabel - ein Autounfall ist nichts Besonderes, aber egal. Dann erzählst du die normalste und langweiligste Lebensgeschichte, die ich mir vorstellen kann. Damit hast du bei mir Minuspunkte ohne Ende gesammelt und den Preis für die schlechteste Handlung gewonnen.

Zudem klingt es albern, eine Geschichte allein damit lesenswert zu machen, dass man das Früher zum Später werden lässt. Die Geschichte besteht praktisch nur aus Sätzen wie "Sie kaufte die Schuhe, bevor sie sie anprobierte" und "Sie aß das Mittagessen, bevor sie es kochte". Die Aussage ist: "Hey, guckt mal, ich habe eine Geschichte rückwärts geschrieben!"
Du versuchst das Ganze noch durch umgekehrte Adverbien und kreative Zeiten zu verbessern - was das Ganze aber nur noch lächerlicher wirken lässt.

Insgesamt: Das war wohl eher nichts.

Mfg
xka

 

Tja, es gibt immer Leute, denen bestimmte Texte nicht gefallen. Abgekupfert war es nicht, und natürlich war die Handlung normal, darum ging es mir ja auch: Etwas völlig normales rückwärts laufen zu lassen, und dadurch auch ein bisschen die Absurdität dieses Normalen darzustellen.

Wenn es dir nicht gefällt, tja, da kann ich nichts machen, jedem seine Meinung.

 

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