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Vorort zur Hölle respektive Wohnungsbesichtigungen in der deutschen Großstadt (Impre

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15.12.2014
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Vorort zur Hölle respektive Wohnungsbesichtigungen in der deutschen Großstadt (Impre

"Mann, sieht Die abgekämpft aus!", denkt sich Lula. Ihre gute Freundin Loubna kommt hereingeschneit, abgekämpft, zersaustes Haar und eindeutig wütend. Sie stürmt auf Lula zu, lässt sich in einen Sessel fallen und bevor sie ihre Freundin begrüßt, schießt schon ihre Hand hoch: "Ober!!!! Einen Doppelten irgendwas! Am besten, was Kaltes! Ich kann es gebrauchen." Der Ober zieht die Augenbraue fragend hoch, es ist schließlich erst viertel vor Drei und wir sind sind nicht in einer Kneipe, sondern in einem beliebten Café, wo lediglich um diese Uhrzeit mal ein Sektchen oder vielleicht an hohen Feiertagen ein Cognac´chen von einer betuchteren Damie bestellt wird. Ich schau Loubna direkt in die Augen und frage ungläubig: "Was ist dir denn passiert?" "Das Leben, besser gesagt diese absolut grauenvolle, scheiß verfickte Wohnungssuche!" "Wie schön, das du wenigstens Haltung bewahrst", blödel ich rum. "Ehrlich Lula, das ist nicht witzig. Ich bin so kurz davor auszurasten!" Dabei deutet sie mir mit ihren manikürten Fingern, dass es nur noch ein paar Zentimeter sind, bis sie wirklich ausrastet, so denkt sie sich das jedenfalls. Ich genieße derweil die Show. Lula ist schon immer für ein gutes Drama zu haben gewesen und in ihrer Theatralik ist sie äußerst unterhaltsam, das ist besser als Kino und günstiger! Erstmal weiterreden lassen, denke ich mir. Der Ober, der sich mittlerweile wieder gefasst hat, kommt zu unserem Tisch und stellt ein schweres bauchiges Glas durchsichtigen Etwas vor uns. Er lächelt Loubna verschmitzt an und sagt: "Geht aufs Haus, Süße. Scheinst den wirklich nötig zu haben." Loubna lächelt kokett zurück und sagt: "Das kannste laut sagen. Wenn du jemanden kennst, der ne Zweizimmerwohnung zu vermieten hat, hier ist meine Karte." Er schaut, ob ihrer lockeren Art oder weil er jetzt ihre Telefonnummer hat, weiß ich nicht einzuschätzen erst lange auf die Visitenkarte und dann zu Loubna und zeigt seine weißen Zähne: "Wenn´s allzu schlimm wird, kannste gerne bei mir schlafen, für hübsche Frauen habe ich immer ein Plätzchen frei!" Er dreht sich um und verschwindet. Loubna und ich schauen uns an und prusten dann los vor Lachen. Sie kippt den Drink in einem runter, verzieht theatralisch das Gesicht und plappert los. "Also meine Liebe, ich komme von meiner gefühlten hundertsten Besichtigung und ich habe das Gefühl, dass die Wohnungen eher schlimmer, denn besser werden, obwohl ich sie eigentlich immer bewusster auswähle. Die Wohnung von heute zum Beispiel klang wirklich vielversprechend. Zwei Zimmer mit Balkon, keine Provision, in der Nähe der U-Bahn, nicht so weit weg von der Innenstadt und auch nicht weit weg von der Arbeit. Sie hatten lediglich keine Bilder in die Anzeige gestellt. Da hab ich mir gedacht, dass das bestimmt ein gutes Zeichen ist, das sie es nicht nötig haben, welche reinzustellen, und", "Und das wahrscheinlich auch nicht so viele Interessenten da sein werden ohne Fotos", unterbricht Lulu. "Genau", bestätigt Loubna, "aber dem war leider nicht so. Eher im Gegenteil. Erstmal fahre ich dorthin und stehe, obwohl ich 15 Minuten zu früh dran war für den Termin, vor einem aspestverseuchten Gebäude mit dem Charme eines Asylantenheimes aus den 60er Jahren, dass auch noch senfgelb gestrichen wurde. Wahrscheinlich, weil sie dem Haus das Grauen nehmen wollten, eigentlich haben sie ihn damit nur noch unterstrichen. Dann gehe ich in den Innenhof und sehe, dass die Wohnungen mit so einem von außen balkonartigen Weg gebaut wurden, wie in den US-Filmen, wenn die Leute in einem schäbigen Motel übernachten." Lulu kichert. "Und nicht nur das, dann stehen da erstmal fünfzig Leute vor der Tür und warten darauf, genauso bekloppt wie ich, mir die Hütte von innen anzusehen. Der Makler musste sich auf ein paar Stufen stellen und zu uns allen schreien, dass wir in Fünfergruppen uns die Wohnung ansehen dürfen. Stell dir das mal vor?! Tja, aber da ich nunmal da war, hab ich mich blöde Kuh natürlich auch eingereiht wie im Kindergarten, fehlte nur noch, dass ich mit meinem Nebenmann Händchen hätte halten musste. Die Wohnung war dann einigermaßen ok, aber als ich mich wieder auf dem schäbigen Vorwohnungsbalkon wiederfand, traf ich meinen potentiellen zukünftigen Nachbarn. Nun, das Gute ist, dass ich mir keine Sorgen über Diebstähle machen muss, denn der potentielle Einbrecher wäre mein direkter Nachbar. Ehrlich Lulu, das war keine Wohnung, das war der Vorort zur Hölle und die wollen allen Ernstes knapp 700 Euro für die Bruchbude, im Monat!!! Loubna schnauft und signalisiert dem Kellner mit dem leeren Glas, dass sie Nachschub benötigt.

Lulu denkt über Loubnas Worte nach: Vorort zur Hölle, schöne Beschreibung für das zukünftige Heim. Was bin ich froh, dass ich meine Bude schon gefunden habe. Wenn ich mir die Stories anhöre, ziehe ich da auch erstmal nicht wieder aus. Die Freundinnen verbringen den Rest des Nachmittags tratschend und lachend in dem Café. Loubna entspannt sich allmählich und denkt sich später auf ihrem Nachhauseweg:"Neuer Tag, neues Glück. Vielleicht kämpfe ich mich morgen vom Vorort zur Hölle, zum Vorvorort zur Hölle vor, bis ich vielleicht irgendwann mal was halbwegs Himmlisches finde und dann sagt sich sich etwas, was sie sich immer sagt, um sich Mut zu machen: "Kopf hoch", sagte der Henker. Jeden Tag finden Menschen Wohnungen, ist ja nicht so, dass ich ein Mittel gegen Krebs finden müsste. Das wäre nun wirklich mal eine Herausforderung!

 

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