Chuck - Scrup und seine Seele
Scrup und seine Seele
Es war nach den Rockies. Es war ne Bar, die n absolut kaltes Bier hergab und ich meinte, nach dem Ride bis hierher zwei oder drei von denen brauchen zu können. Ich meine, das mit Billy hatte uns alle irgendwie geschafft, hatte uns so etwas wie den Rest gegeben. Aber auch wenn die Scheiße einem bei den Ohren rauskommt, gibt's n Lichtblick. S'ss unglaublich. So'n Typ, Jim Bob, hatte in nem Brief angedeutet, mittun zu wollen. War aufn Truck unterwegs, in Cheyenne. Wir hatten vereinbart, uns in dieser Bar hier zu treffen. Konnte aber noch Tage dauern, also nahm ich mir n Zimmer.
Liz, Alex und Linda waren mitm Franzosen draußen im County unterwegs, Schmetterlinge fangen, Blümchen pflücken, sagten sie. Vielleicht waren sie auch nur aufn schnellen Fick draußen in der Prärie aus. Sie hatten momentan die Schnauze voll von Chuck und seinem Erbe. War klar, ging ja auch auf die gottverfluchte Substanz von einem jeden von uns. Naja.
Ich hockte am Tresen, versuchte mit n paar kalten Bierchen abzuschalten. Da kam n Desperado rein. So einer mit den echten Rädchen an den Stiefeln, einer mit nem aufgezwirbelten Bart. War nicht unsymphatisch, der Kerl. Knallte sich neben mich, begann zu quasseln und hörte nicht mehr auf mit dem Scheiß.
Und dann kams. Plötzlich fiel der Name Scrup und ich spendierte dem Jungen nen Teqila, nur um seine Schnauze weiter in Bewegung zu halten. Haste Scrup gesagt, Mann? Ja, sagte der und soff den Teqila wie Wasser runter.
Erzähl mal, sagte ich.
Mann, was ich dann von Scrup hörte, ging echt ran. Ich meine, Scrup issn Mörder, einer von denen, die zu den Besten dieser Gattung zählen. Aber als ich den Cowboy neben mir über Scrup faseln hörte, fielen mir fast die Ohren ab. Es war angeblich in nem Kaff an der Sixtysix passiert und es gab jede Menge Zeugen dafür. Scrup war bei so nem Immobilienmakler in dem seinen Büro. Als Scrup rauskam, ging singend ne verdammte Schulklasse grade in dem Moment über die Straße. Im selben Moment, sagte der Desp, dröhnte n unglaublicher Truck von der Interstate runter. Der Arsch fuhr das volle Rohr, war auf'n heiligen Trip. Auf'n Trip, wo's keine Bremsen gab. Scrup schnappte sich die letzten zwei Kids, die noch auf der Straße rumhängten und warf sich mit den beiden aufn Gehsteig. S'wär schwer ins Auge gegangen für die beknackten Kids. Der Truck hätte für'n anständigen Brei gesorgt. Kannte das ja vom Yukon. Nur wärn's diesmal Kinder gewesen, Gott verflucht auch. Scrup hatte den zwei kleinen Bastarden s' gottgegebene Leben gerettet.
Scrup war's Gespräch in dem Kaff. Soff sich danach gratis quer durch die paar verlausten Bars und lallte immer wieder was von Praxis aufmachen und so nem ähnlichen Scheiß.
Ich war von den Socken. Ich konnt's nicht glauben.
Scrup war aufn christlichen Trip unterwegs? Hatte der Schweinepriester O'Brian doch was bewirkt bei ihm?
Wie's so iss, ich soff mit dem Desperado die ganze Nacht und n nächsten Tag und warte noch immer auf Jim Bob.
Wollt' das nur mal erzählt haben. Wollt' nur mal erzählt haben von ner Seele, die der olle Scrup irgendwo mit sich rumträgt. Issja unglaublich, aber es gibt jede Menge Zeugen und der Desp war völlig aufgedreht, als er es erzählte. Man konnte in der beschissenen Bar ne Nadel fallen hören, so ruhig war es, als es der Desp erzählte. Sogar die Nutten hinten hörten mit dem Gekreische auf, ja. So ruhig war es in der Bar. Und ich dachte nur für mich:
Mann, hat Scrup ne Seele?
Jacky B.