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Dünnes Eis

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28.12.2014
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Dünnes Eis

Die Eisfläche zog sie magisch an; als sie um die Straßenecke bogen, nach einem Einkauf in der winterlichen Stadt. Am Ende des Urlaubs, auf den sie sich bereits das ganze Jahr über gefreut hatten und in dem sie die Vorweihnachtszeit in der fremden Stadt genossen.

Die Lichter der Hochhäuser brachen sich auf der matt glänzenden Oberfläche. Grün, gelb, rot, blau und lila wie die zu einem Zopf gedrehten Zuckerstangen des Verkäufers, der Kindern lautstark seine klebrige Ware anbot, aber vergebens gegen die Umgebungsgeräusche ankämpfte. Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Mannes mit der weißen Schirmmütze vor seinem kinderwagengroßen Handkarren mit großen Speichenrädern, unter dessen Silber glänzenden, bauchigen Abdeckhauben dampfende Würste und kross gebratene Zwiebelstreifen auf hungrige Münder warteten.

In Fetzen drang der Lärm der Stadt an die Eislauffläche, die die Größe eines Fußballplatzes hatte und von alten Bäumen umstanden war. Kahle, knorrige Äste, die ihre Blätter abgeworfen hatten. Zwecklos, sich bereits heute dem Frühling entgegen zu recken, er würde noch auf sich warten lassen.

Sie schnürten die Schuhe, gaben ihre prall gefüllten Einkaufstaschen ab und betraten die glatte Fläche wie Dutzende Gleichgesinnter, die ebenfalls den Zauber des Eislaufs erleben wollten: Leicht vor sich hin gleiten, Bewegungen ohne großen Kraftaufwand. Die Schlittschuhe, - feucht und klamm im Inneren -, die sie am Rand der Eisfläche gegen eine geringe Mietgebühr für eine Stunde geliehen hatten und die sie noch wie Fremdkörper an ihren Beinen empfanden, gaben die Richtung vor, als sie die ersten gleitenden Schritte wagten. Fast schien es, als steuerten die Schuhe ihre Bewegungen, gaben die Richtung vor, in der sie liefen.

Plötzlich ging sein Blick auf die Eisfläche unter seinen Schlittschuhen. Er stellte sich vor, dass es vom Bodengrund her gesehen wie eine dicke Milchglasscheibe wirken würde, durch die sich nur Umrisse, Schemen, gelegentliche Farbkleckse erkennen ließen. Könnte man etwas sehen, etwas hören, wenn man unter die Eisoberfläche rutschte? Bewegungen wie Schatten. Sonnenlicht abgedämpft wie hinter einem Tuch. Gedämpftes Grundrauschen ohne jegliche Nuance. Glucksen und Blubbern das anzeigte, dass die Bestandteile der Eisplatte fließendes Wasser, Sauerstoff und Kälte wären.

Er war sich sicher: Ganz am Ende des Eisfeldes musste es eine Stelle geben, eine Sollbruchstelle, die jeder See zu haben schien; dünn wie die oberste Schicht eines kalt gewordenen Puddings in einer rechteckigen Terrine. Als Gefahrenstelle nur von demjenigen wahrgenommen, der das Terrain kannte. Davon zu erzählen wusste, dass dies in jedem Jahr so war. An diesem Ort, an exakt derselben Stelle. Jahr für Jahr, immer wieder. Vielleicht verursacht durch eine Strömung am Ende des Feldes. Wenn man umsichtig war, durch ein rot-weißes Flatterband abgesperrt. Durch das Wort "Warning" eine gleichzeitig abschreckende wie auch magnetisierende Wirkung entfaltend.

Plötzlich sah er es vor sich.
Zuerst nur eine kleine Pfütze Wasser, die sich auf dem Eis an einer Stelle bildete, die im hinteren Teil des Platzes lag. Dann: Eismuster wie Spinnweben, die sich zu einem Punkt hin sammelten, einem dunklen Loch, sich von Sekunde zu Sekunde vergrößernd, einbrechende, schnell versinkende Eisschollen.
Der unglückliche Eisläufer, zur falschen Sekunde am falschen Platz, wie man das immer so lapidar daher sagt. Ungläubiges Entsetzen, und die Gewissheit, dass niemand, einmal unter die Eisfläche gerutscht, die undurchdringliche Schicht mit den Fingernägeln von unten aufkratzen konnte, mochte man noch so stark sein. Mochte der Überlebenswille noch so mächtig sein, die Willensleistung sich dem Nachlassen der körperlichen Kräfte entgegenstemmen. Aufkommende Eiseskälte, Lähmung. Dahin treiben im Milchglasdunkel. Absinken ins eisige Grab.

Ihren Blick sah er nicht. Es war, als spürte er ihn als fragendes Erhaschen seiner Gedanken und Gefühle. Fürsorge und Liebe gepaart mit einem Hauch Neugier und Humor.
Er spürte, wie ihre Hand an seinem Ärmel zupfte und nach seiner tastete.

Nein, das hier war nicht die Mosel oberhalb der Staustufe, kurz vor der Mündung in den Rhein. Tief und dunkel und mit ihrer Eisschicht ein fast vergessenes Schauspiel im Winter des Jahres 83/84. Einer unvergesslichen Episode aus den Anfangsjahren ihrer Liebe.
Als sie beide, die Hände ineinander verkrampft, die zugefrorene Mosel überquerten. Die Angst vor dem Einbrechen wie ein tief hängender, dunkler Schatten drohend über ihnen schwebte. Sie sich aber vor dem Betreten der Eisfläche geschworen hatten, dieses Abenteuer gemeinsam anzugehen und es zu bestehen. Ja, sie waren sich sicher: Nur gemeinsam würden Sie es bestehen können!
Letztlich gelang ihnen die Überquerung im Strom der Menschen, die dies ebenfalls gewagt hatten und sie lagen sich am gegenüberliegenden Ufer überglücklich in den Armen Betrachteten das bestandene Abenteuer als weiteren Beweis ihrer wachsenden, unzertrennbaren Liebe.

"Dies hier", und sie machte mit ihrem Arm eine weite Bewegung, "dies hier ist nicht die Mosel. Kein zugefrorener Fluss, tief und schwarz. Es ist nur eine künstlich angelegte Eislauffläche mitten im Herzen New York Citys. 10 Zentimeter tief und fest wie eine verschalte Betonfläche".

Er spürte den Ruck durch seinen Körper gehen, die albtraumhaften Eingebungen vom Einbrechen und Versinken in endloses, schwarzes Tief, zerplatzten wie zu prall gefüllte Luftballons. Der Duft von Popcorn und heißen, alkoholischen Getränken zog in seine Nase. Er fühlte, wie die Lähmung in seinem Körper zurückging, Wärme ihn durchflutet. Übermut!

"Auf geht's, weiter!" rief er ihr zu und streckte ihr seine Hand entgegen. Wie damals. Im Winter auf der Mosel.

 
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Hallo Freegrazer,

puh, dein Text strotzt ja vor Adverbien und Adjektiven.

Die Lichter der Hochhäuser brachen sich auf der matt glänzenden Oberfläche. Grün, gelb, rot, blau und lila wie die zu einem Zopf gedrehten Zuckerstangen des Verkäufers, der Kindern lautstark seine klebrige Ware anbot, aber vergebens gegen die Umgebungsgeräusche ankämpfte. Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Mannes mit der weißen Schirmmütze vor seinem kinderwagengroßen Handkarren mit großen Speichenrädern, unter dessen Silber glänzenden, bauchigen Abdeckhauben dampfende Würste und kross gebratene Zwiebelstreifen auf hungrige Münder warteten.
Für die Geschichte unwichtige Beschreibungen. Dem Text würde nichts fehlen.
Ehrlich gesagt wollte ich da schon aussteigen. Aber zum Glück bin ich dran geblieben.

Die Eisfläche zog sie magisch an; als sie um die Straßenecke bogen, nach einem Einkauf in der winterlichen Stadt. Am Ende des Urlaubs, auf den sie sich bereits das ganze Jahr über gefreut hatten und in dem sie die Vorweihnachtszeit in der fremden Stadt genossen.
Das erste Semikolon müsste ein Komma sein.

Die Schlittschuhe, - feucht und klamm im Inneren -,
Geviertstriche (–) anstatt Bindestriche (-)

Sie schnürten die Schuhe, (…) Die Schlittschuhe, - feucht und klamm im Inneren -, die sie am Rand der Eisfläche gegen eine geringe Mietgebühr für eine Stunde geliehen hatten und die sie noch wie Fremdkörper an ihren Beinen empfanden,
Ich finde, hier könnte man die Reihenfolge der Beschreibung ändern (erst mieten, dann anziehen) oder stark kürzen.
Z.B.:
Sie schnürten die Schlittschuhe, die sie gegen eine geringe Mietgebühr für eine Stunde geliehen hatten … die sie noch wie Fremdkörper …
Außerdem: Haben "sie" wirklich alle die Schuhe ausgeliehen? Hat niemand eigene mitgebracht?

Plötzlich ging sein Blick auf die Eisfläche unter seinen Schlittschuhen.
Wessen Blick?
Bisher wurden nur explizit der Zuckerstangenverkäufer und der Hotdog-Mann erwähnt. Wer von den beiden ist gemeint? Oder ein Dritter? ;)

Und wieso blickt er plötzlich auf die Eisfläche? Das machen doch alle anderen auch, die auf dem Eis fahren, oder?
Oder hat er da was Besonderes gesehen?

Er war sich sicher: Ganz am Ende des Eisfeldes musste es eine Stelle geben, (…) eine kleine Pfütze Wasser, die sich auf dem Eis an einer Stelle bildete, die im hinteren Teil des Platzes lag
Zuerst stellte er sich vor, was am Ende war, da dachte ich noch, er wäre mitten auf der Fläche, dann sah er die Stelle am Ende.
Mir fehlt da der Augenblick, wo er zur Stelle am Ende hingleitet. So habe ich mich gewundert, wie er das von der Mitte aus sehen konnte.

Dahin treiben im Milchglasdunkel.
Dahintreiben

Letztlich gelang ihnen die Überquerung im Strom der Menschen, die dies ebenfalls gewagt hatten und sie lagen sich am gegenüberliegenden Ufer überglücklich in den Armen (PUNKT) Betrachteten das bestandene Abenteuer als weiteren Beweis ihrer wachsenden, unzertrennbaren Liebe.

"Auf geht's, weiter!" (KOMMA)rief er ihr zu

Es ist nur eine künstlich angelegte Eislauffläche
Das hatte ich auch erst gedacht, musste dann aber wegen den alten Bäumen um der Eisfläche herum an einen See denken. Merkwürdig :confused:

Hat mir aber gefallen. Meine Punkte waren auch nur meine persönliche Meinung und pingelige Kleinigkeiten, bis auf die vielen Umstandswörter. :Pfeif:

Allerdings hatte ich gedacht, er erinnert sich an die Mosel zurück, wo seine Geliebte seinerzeit eingestürzt war. (Das hier hielt ich für eine Erinnerug: „Ihren Blick sah er nicht. Es war, als spürte er ihn als fragendes Erhaschen seiner Gedanken und Gefühle.“)
Dass sie dann plötzlichdoch neben ihm steht, kam überraschend. Aber warum nicht.

Gerne gelesen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 
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Hallo GoMusic,

zuerst einmal vielen Dank für deine ausführliche Kommentierung des Textes.

Ich konnte es nur kurz überfliegen und habe gesehen, dass dort viele Anmerkungen sind, die mir sehr nützlich sein werden. Ich werde diese gerne berücksichtigen!


Allerdings bin ich hiermit überhaupt nicht einverstanden:

puh, dein Text strotzt ja vor Adverbien und Adjektiven

Für die Geschichte unwichtige Beschreibungen. Dem Text würde nichts fehlen.

Die Lichter der Hochhäuser brachen sich auf der matt glänzenden Oberfläche. Grün, gelb, rot, blau und lila wie die zu einem Zopf gedrehten Zuckerstangen des Verkäufers, der Kindern lautstark seine klebrige Ware anbot, aber vergebens gegen die Umgebungsgeräusche ankämpfte. Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Mannes mit der weißen Schirmmütze vor seinem kinderwagengroßen Handkarren mit großen Speichenrädern, unter dessen Silber glänzenden, bauchigen Abdeckhauben dampfende Würste und kross gebratene Zwiebelstreifen auf hungrige Münder warteten.

Das sehe ich absolut nicht so. Klar, wenn du zu denjenigen Lesern gehörst, die der Meinung sind, alles was nicht zur Handlung gehört, muß in einer Kurzgeschichte weg, dann kannst und musst du das so sehen.
Exemplarisch habe ich das obige mal fett markiert.
Hätte ich "kinderwagengroß", "Großen" Speichenräder etc. nicht erwähnt und nur von einem Handkarren geschrieben, könnte man meinen, dass da jemand mit einem Bollerwagen steht uns aus einem Pott heraus Siedewürstchen verkauft. Ist aber der typische New Yorker Hotdog-Verkäufer - und dessen Wagen sieht so aus wie von mir beschrieben.

Wenn du an einer Eislauffläche in einem kleinen Park in NYC bist, dann spiegeln sich genau diese Lichter auf der Flläche, warum sollte ich das nicht schreiben?

Okay, man muß keine Hotdogs essen und an Zuckerstangen lutschen wenn man Eislaufen möchte, da hast du schon recht.

Trotzdem: Nee, mich schüttelt es etwas, wenn ich meine Geschichten bis auf das Gerippe abstrippen soll, weil Leser die reine Lehre wiedergegeben haben wollen.

Aber nichts für Ungut, mal sehen, was andere User hierzu sagen.

Für mich ist so etwas immer der Punkt, an dem ich stark ins Grübeln gerate, ob es so etwas wie "falsch" und "richtig" bei manchen Punkten (Beschreibungen, Atmosphäre, Adjektive ... ) überhaupt gibt. Schon oft erlebt, nicht nur bei meinen eigenen Texten: Was dem ersten Leser zu viel ist, ist dem zweiten Leser zu wenig. Schwierig und genau der Punkt, an dem ich eine solche Anregung zwar annehme, aber mir auch erlaube zu sagen, bleibt so. Weil es MIR gefällt.

Ich hoffe, das kam jetzt nicht so trotzig rüber, sollte es nicht sein!


Gruß, Freegrazer

 
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Hallo Freegrazer,

danke für deine Rückmeldung.

Klar, wenn du zu denjenigen Lesern gehörst, die der Meinung sind, alles was nicht zur Handlung gehört, muß in einer Kurzgeschichte weg, dann kannst und musst du das so sehen.
Ja, ich bin tatsächlich ein solcher Verfechter :)

Die vielen Beschreibungen, die sich sich ja nicht durch den gesamten Text ziehen, beziehen sich seltsamerweise nur auf die Gegenstände der Geschichte.
Merkwürdigerweise verwendest du für die beiden Protas gar keine Beschreibungen. :confused:

Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Mannes mit der weißen Schirmmütze vor seinem kinderwagengroßen Handkarren mit großen Speichenrädern, unter dessen Silber glänzenden, bauchigen Abdeckhauben dampfende Würste und kross gebratene Zwiebelstreifen auf hungrige Münder warteten.
Den Hotdog-Wagen so „umständlich" zu beschreiben, finde ich persönlich viel zu überladen. Das ist nicht falsch oder richtig, sondern nur mein Eindruck.
Wofür ist die Farbe der Mütze denn wichtig? Dass die Abdeckhaube bauchig ist usw. usf.?
Ich denke, der Begriff „Hotdog“ oder „Hotdog-Wagen“ alleine reicht vollkommen aus. Dadrunter kann sich jeder was vorstellen.
Du hast ja auch nicht den Bauchladen oder Bollerwagen oder Stand des Zuckerstangenverkäufers beschrieben …

Ich persönlich hätte beide gleichsam detailliert oder undetailliert beschrieben. Eher undetalliert wie z.B.:
„Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Verkäufers vor seinem Handkarren.“

Ich habe am Anfang gar nicht kapiert, das sich „sie“ auf zwei Personen bezieht. Es hieß ja immer nur „sie“ und ich dachte dabei allgemein an die Leute an, auf und neben der Eisfläche (ist vielleicht nur mein Eindruck).

Btw: Da fällt mir noch was auf:

Die Lichter der Hochhäuser brachen sich auf der matt glänzenden Oberfläche
Sind es tatsächlich die Lichter der Hochhäuser, die auf die Eisfläche scheinen, bzw. dort brechen?
Das klingt in meinen Ohren wie Scheinwerfer oder andere starke Lichtquellen, die von den Hochhäusern auf das Eis leuchten. Ich hatte eher an Sonnenstrahlen gedacht, die sich in den Fenstern der Hochhäuser spiegeln und auf das Eis reflektieren.

Trotzdem: Nee, mich schüttelt es etwas, wenn ich meine Geschichten bis auf das Gerippe abstrippen soll, weil Leser die reine Lehre wiedergegeben haben wollen.
Muss du ja nicht. Ich persönlich hätte da aber viel gekürzt.
Man kann eine Atmosphäre auch ohne viele Beschreibungen aufbauen.

Im Beispiel oben habe ich ja genannt, wie ich es mit den Zuckerstangen oder den Hotdogs gemacht hätte. Und warum müssen auch bei den Lichtern und Zuckerzangen fünf(!) Farben aufgezählt werden? „Bunt“ hätte gereicht. ;)

Ich hoffe, das kam jetzt nicht so trotzig rüber, sollte es nicht sein!
Nein, kam es nicht. Finde es gut, wie du argumentierst. Mir macht dieser Meinungsaustausch Spaß. :thumbsup:

Schönen Tag noch und liebe Grüße,
GoMusic

 
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GoMusic schrieb:
Freegrazer schrieb:
Klar, wenn du zu denjenigen Lesern gehörst, die der Meinung sind, alles was nicht zur Handlung gehört, muß in einer Kurzgeschichte weg, dann kannst und musst du das so sehen.
Ja, ich bin tatsächlich ein solcher Verfechter

Und ich gehöre zur genau anderen Fraktion, Freegrazer, nämlich zur Fraktion derjenigen, denen es im Grunde wurscht ist, wovon erzählt wird, solange es stilistisch gut erzählt ist. Und … nun ja, genau da hab ich ein paar Probleme mit deinem Text. Irgendwie hab ich das Gefühl, du probierst hier herum, probierst Neues aus, versuchst dich im Anwenden diverser Stilmittel. Aber dadurch wirkt der Text stilistisch einigermaßen inkonsistent und unausgegoren auf mich.

Das beginnt schon mit den ersten Sätzen:

Die Eisfläche zog sie magisch an; als sie um die Straßenecke bogen, nach einem Einkauf in der winterlichen Stadt. Am Ende des Urlaubs, auf den sie sich bereits das ganze Jahr über gefreut hatten und in dem sie die Vorweihnachtszeit in der fremden Stadt genossen.

Diese Sätze wirken auf mich einfach nicht so, als wären sie wahrhaftig und bedacht aus dir heraus gekommen, sondern eher so nach, na ja, nach „Ich versuch’s jetzt mal mit Ellipsen.
Gerade Ellipsen können ein ungemein wirkvolles Stilmittel sein, sie können einen Text beschleunigen und intensiver erlebbar machen, aber (ja, immer gibt es ein Aber): Man muss sich ihrer wirklich sehr bewusst bedienen, also man darf sich da nicht einfach die Syntax aufs Geratewohl verbiegen oder z.B. halt irgendein Satzzeichen setzen (wie in diesem Fall das Semikolon), weil ansonsten der ganze Satz sehr schnell geradebrecht klingt, oder, anders gesagt: Für den Leser darf sich nie die Frage stellen, warum gerade hier und jetzt der Autor eine Ellipse und nichts anderes verwendet, sowas muss einfach zwingend notwendig erscheinen. Und eben diese Notwendigkeit erkenne ich in diesen ersten Sätzen nicht. Warum schreibt der so ungelenk? Das war mein Eindruck. Und dieser Eindruck verstärkte sich beim Weiterlesen:

Die Lichter der Hochhäuser brachen sich auf der matt glänzenden Oberfläche. Grün, gelb, rot, blau und lila wie die zu einem Zopf gedrehten Zuckerstangen des Verkäufers, der Kindern lautstark seine klebrige Ware anbot, aber vergebens gegen die Umgebungsgeräusche ankämpfte. Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Mannes mit der weißen Schirmmütze vor seinem kinderwagengroßen Handkarren mit großen Speichenrädern, unter dessen Silber glänzenden [silberglänzenden], bauchigen Abdeckhauben dampfende Würste und kross gebratene Zwiebelstreifen auf hungrige Münder warteten

… wo du plötzlich in einen ganz anderen Sprachduktus verfällst, detailreich ausschweifend wirst und lange und nebensatzreiche Satzkonstruktionen verwendest mit unheimlich vielen Attributen. Ehrlich, schon der erste Absatz wirkte auf mich, als hätte den nicht ein Autor geschrieben, sondern mindestens zwei. Und so was ist nie gut, also wenn sich von Beginn an irgendwie so ein Eindruck von Disharmonie breitmacht.

Und dann wechselst du gleich wieder den Stil:

… und von alten Bäumen umstanden war. Kahle, knorrige Äste, die ihre Blätter abgeworfen hatten.
Auch hier verstehe ich die Sinnhaftigkeit der Ellipse nicht recht. Ganz augenscheinlich versuchst du, den Leser in eine beschauliche Szenerie hineinzuführen. Warum also diese stilistische Hektik? Warum hier der Verzicht auf ein Prädikat? (Du darfst nie außer Acht lassen, dass es so was wie Lesekonventionen bzw. Lesegewohnheiten gibt, z.B. der Art, dass man als Leser eine prädikatlose Ellipse im Kopf automatisch mit dem Prädikat des vorangegangenen Satzes zu ergänzen versucht. Aber wenn das nicht funktioniert, dann … na ja, dann ruckelt‘s beim Lesen, dann liest man kurz zurück, und so was ist nie gut. (Das Ideal sollte doch immer ein quasi „Hindurchschweben“ durch einen Text sein, oder?)

Das wiederum ist satzzeichentechnisch fragwürdig:

Die Schlittschuhe, - feucht und klamm im Inneren -, die sie am Rand
Du kannst nicht wegen des Einschubs zwischen den Gedankenstrichen einen Relativsatz mit zwei(!) Kommas vom Subjekt trennen. Ich würde die Gedankenstriche (die hier in Wahrheit ja Bindestriche sind) einfach weglassen. (Hier übrigens ein sehr aufschlussreicher Artikel dazu.)

Und das liest sich auch nicht gut, finde ich, da fehlt mir sowohl die Konjunktion als auch das Subjekt:

Fast schien es, als steuerten die Schuhe ihre Bewegungen, gaben die Richtung vor, in der sie liefen.

Plötzlich ging sein Blick auf die Eisfläche unter seinen Schlittschuhen. Er stellte sich vor, dass es [besser: sie] vom Bodengrund her gesehen wie eine dicke Milchglasscheibe wirken würde,

Sonnenlicht abgedämpft wie hinter einem Tuch. Gedämpftes Grundrauschen ohne jegliche Nuance.
Die Wortwiederholung erscheint mir hier nicht stilistisch begründet, sondern eher … na ja, unbedacht.

Glucksen und Blubbern[,] das anzeigte [die anzeigten],…
Anders wäre es, würdest du: Ein Glucksen und Blubbern schreiben, dann könnte man es als ein Ding lesen.

… dass die Bestandteile der Eisplatte fließendes Wasser, Sauerstoff und Kälte wären [wieso Konjunktiv?].
(Wobei mir dieses Sprachbild sowieso nicht gefällt. Eis ist per definitionem kein fließendes Wasser. Und warum den Sauerstoff extra erwähnen, wo der doch ein Bestandteil der Wassermoleküle ist?)

Als Gefahrenstelle nur von demjenigen wahrgenommen, der das Terrain kannte. Davon zu erzählen wusste, dass dies in jedem Jahr so war. An diesem Ort, an exakt derselben Stelle. Jahr für Jahr, immer wieder. Vielleicht verursacht durch eine Strömung am Ende des Feldes. Wenn man umsichtig war, durch ein rot-weißes Flatterband abgesperrt.
Auch das ist eine Stelle, die man zweimal lesen muss. Worauf bezieht sich das Pronomen „man“? Auf denjenigen, der die Gefahrenquelle wahrnimmt? Auf den Erzähler? Nein, es bezieht sich offenbar auf den Betreiber des Eislaufplatzes.

Durch das Wort "Warning" eine gleichzeitig abschreckende wie auch magnetisierende Wirkung entfaltend.
Warum nicht magnetisch? Oder, noch besser, anziehend? (magnetisierend bedeutet ja nicht anziehend, sondern eine Anziehungskraft hervorrufend.)

Plötzlich sah er es vor sich.
Zuerst nur eine kleine Pfütze Wasser, die sich auf dem Eis an einer Stelle bildete, die im hinteren Teil des Platzes lag.
Warum statt der zwei Relativsätze nicht einfach: Zuerst nur eine kleine Pfütze Wasser am hinteren Ende des Platzes?

… und die Gewissheit, dass niemand, einmal unter die Eisfläche gerutscht, die undurchdringliche Schicht mit den Fingernägeln von unten aufkratzen konnte, mochte man [besser: er (der Niemand)] noch so stark sein.

Dahin treiben [Dahintreiben] im Milchglasdunkel.

"Dies hier", und sie machte mit ihrem Arm eine weite Bewegung, "dies hier ist nicht die Mosel. Kein zugefrorener Fluss, tief und schwarz. Es ist nur eine künstlich angelegte Eislauffläche mitten im Herzen New York Citys. 10 [Zehn] Zentimeter tief und fest wie eine verschalte Betonfläche".
Ob man das tatsächlich so aus dem Mund eines leibhaftigen Menschen zu hören bekäme, sei mal dahingestellt.

Er spürte den Ruck durch seinen Körper gehen, die albtraumhaften Eingebungen vom Einbrechen und Versinken in endloses, schwarzes Tief, [kein Komma] zerplatzten wie zu prall gefüllte Luftballons. Der Duft von Popcorn und heißen, alkoholischen Getränken zog in seine Nase. Er fühlte, wie die Lähmung in seinem Körper zurückging, Wärme ihn durchflutet [durchflutete].

Tja, freegrazer, an sich gefällt mir die Idee deiner Geschichte ganz gut, dieses Hochkommen von Erinnerungen an ein früheres Erlebnis angesichts eines ähnlichen Erlebnisses in der Gegenwart.
Allerdings merkst du an meinen vielen Anmerkungen, dass mich die sprachliche Umsetzung nicht wirklich überzeugen konnte. Die klingt mir stellenweise einfach viel zu bemüht und prätentiös und gleichzeitig auch unpräzise und ein bisschen schlampig. Würdest du dich da einer natürlicheren, lockereren Sprache bedienen, könnte der Text in meinen Augen nur gewinnen.


offshore

 
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Oh oh, Ernst Offshore,

das ist das erste Mal, seit ich bein den Wortkriegern bin, dass mich eine Kritik an meinen Texten völlig frustriert.

Ich glaube, und das muß ich leider schreiben, dass ich hier als Autor fehl am Platze bin, denn ich sehe mich nicht in der Lage, meinen gefühlsmäßig angewandten Schreibstil soweit anzupassen, als dass ich diesen oder einen ähnlichen Text einigermaßen in den Griff bekommen könnte.

Einfach gesagt, ich wende keine Elipse bewußt an, denn ich weiß gar nicht was das ist, noch könnte ich eine Elipse identifizieren.

Was mich wirklich frustriert ist, dass ich mich bei der Erstellung des Textes in keiner Phase bemüht habe, irgendein Stilmittel anzuwenden, denn ich bin 100%-nicht-vorgebildeter Schreiber, sondern schreibe eigentlich nur Geschäftsbriefe im täglichen Leben und dann und wann eigentlich mit viel Freude Texte wie diese, die ich einfach aus der Idee heraus in der mir passenden Form schreibe und danach abklopfe, ob sie das wiedergeben, was mein Herz fühlt und ob ich dahinterstehen kann. Formulieren einfach in der Hoffnung, dass es klingt. Und leider, ja, für mich (und wohl nur für mich) klang das gut, sonst hätte ich das nicht so geschrieben. In keiner Weise habe ich aber versucht, irgendwelches Elipsenschreibstilwechselsonstwie zu erzeugen. Das kann ich gar nicht.

Kritiken deiner Art sind mir einfach drei Klassen zu gut, zu genau. Zu schwierig zu verstehen.

Trotzdem Danke. Ein Forum lebt von solchen Kritiken.

Für mich heißt das aber, auf meine Art hier Kritiken einstellen ja, eigene Texte nicht.


Gruß,

ein keineswegs beleidigter, aber völlig überforderter und frustrierter

Freegrazer

 
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Hallo Freegrazer,

Ich glaube, und das muß ich leider schreiben, dass ich hier als Autor fehl am Platze bin, denn ich sehe mich nicht in der Lage, meinen gefühlsmäßig angewandten Schreibstil soweit anzupassen, als dass ich diesen oder einen ähnlichen Text einigermaßen in den Griff bekommen könnte.

Nein, das bist du nicht. Wir sind hier doch ein kunterbunter Haufen von Leuten, die im Forum sind, weil sie gerne schreiben, egal, aus was für einer Motivation heraus.

offshore ist manchmal ein alter Griesgram.
Weißt du, der Arme hatte eine Lehrerin als Mutter und das hängt ihm bis zum heutigen Tage nach. Wir alle müssen darunter leiden :shy:
Also nimm bitte nicht gerade seinen Kommentar als Maßstab.

Was mich wirklich frustriert ist, dass ich mich bei der Erstellung des Textes in keiner Phase bemüht habe, irgendein Stilmittel anzuwenden, denn ich bin 100%-nicht-vorgebildeter Schreiber, sondern eigentlich nur Geschäftsbriefe im täglichen Leben und dann und wann eigentlich mit viel Freude Texte wie diese schreibe, die ich einfach danach abklopfe, ob sie das wiedergeben, was mein Herz fühlt und ob ich dahinterstehen kann. Formulieren einfach in der Hoffnung, dass es klingt. Und leider, ja, für mich (und wohl nur für mich) klang das gut, sonst hätte ich das nicht so geschrieben.
Das mag ja auch alles so sein, aber trotz alledem sind wir ja hier, um zu lernen. Und wenn du bis heute nicht wusstest, was eine Ellipse ist, dann schaut man halt im www nach.

Da sagt mir Wiki: Ellipse (Linguistik), die Aussparung von Satzteilen und die derart gebildeten Sätze

Ist doch nicht sooo schwer, oder?
Dann versteht man doch auch, wenn offshore diesen Satz zitiert:

Kahle, knorrige Äste, die ihre Blätter abgeworfen hatten.

Und nun wirst du bei jeder Kurzgeschichte sofort bemerken, wenn einer eine Ellipse verwendet. Das hat doch auch was, oder?


Kritiken deiner Art sind mir einfach drei Klassen zu gut, zu genau.
Mensch, sei doch froh und nimm mit, was du davon brauchen kannst.

Für mich heißt das aber, auf meine Art hier Kritiken einstellen ja, eigene Texte nicht.
Da wäre ich aber jetzt frustriert, wenn dich ein Kommentar dazu veranlaßt, keine Texte mehr einzustellen.

Schlaf nochmal drüber. Morgen sieht die Welt ganz anders aus und nimm' den offshore nicht so ernst.

Liebe Grüße
bernadette

 
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...
(Beitrag von mir gelöscht)


Im Lichte des neuen Tages erschien mir mein nächtlicher Rüffel an dich, bernadette, und an dich, wieselmaus, nicht mehr "geistsprühend witzig", sondern nur noch blöd und unangemessen. Sorry, ich hab da echt überreagiert. Und dass ich bisweilen griesgrämig bin, stimmt ja, brauch ich mich also auch nicht drüber aufregen, wenn mir das wer sagt.
Also nichts für ungut.

 
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Hola Viejo,

dass Du noch mal auftauchst! Freut mich sehr – und dann auch noch mit einer Geschichte, der man sehr viel Arbeit und Aufwand anmerkt. Die Idee ist tatsächlich eine Geschichte wert!
Aber bevor gelobhudelt wird, erst einmal das Saure.
Du hast mir zur Maskenball-Geschichte geschrieben:

Das kannst du besser, José!
... und jetzt denke nicht, dass nun mein Herz blutet und ich Vergeltung üben will.
Ich lese lediglich Deine KG und teile Dir mit, was mir beim Lesen auffällt.

In Fetzen drang der Lärm der Stadt an die Eislauffläche, ...
‚an die Eislauffläche’ klingt wie Administration.
Warum nicht einfacher: ‚In Fetzen drang der Lärm der Stadt herüber’?

... von alten Bäumen umstanden war. Kahle, knorrige Äste, die ihre Blätter abgeworfen hatten.
Das Fette ist kein eigenständiger Satz. Du weißt selbst, wie man das geschmeidiger machen kann.

Zwecklos, sich bereits heute dem Frühling entgegen zu recken, er würde noch auf sich warten lassen.
Du schreibst von einer winterlichen Stadt. Kann mir nicht vorstellen, dass sich irgendwer dem Frühling entgegenrecken will. Aber schön formuliert ist es.

Die Schlittschuhe, - feucht und klamm im Inneren -, die sie am Rand der Eisfläche gegen eine geringe Mietgebühr für eine Stunde geliehen hatten ...
So würde es sich weniger umständlich lesen. Du triffst nämlich den Nagel genau:
... die sie noch wie Fremdkörper an ihren Beinen empfanden, gaben die Richtung vor, als sie die ersten gleitenden Schritte wagten. Fast schien es, als steuerten die Schuhe ihre Bewegungen, gaben die Richtung vor, in der sie liefen.
Das ist ganz großartig! Exakt das Gefühl, wenn man das erste Mal auf diesen verdammten Dingern steht. Bravo.
... die Eislauffläche, die die Größe eines Fußballplatzes hatte ...
Das habe ich gelesen. Völlig klar: Kunsteis.
Dann aber kommt:
Er stellte sich vor, dass es vom Bodengrund her gesehen wie eine dicke Milchglasscheibe wirken würde, durch die sich nur Umrisse, Schemen, gelegentliche Farbkleckse erkennen ließen. Könnte man etwas sehen, etwas hören, wenn man unter die Eisoberfläche rutschte? Bewegungen wie Schatten. Sonnenlicht abgedämpft wie hinter einem Tuch. Gedämpftes Grundrauschen ohne jegliche Nuance. Glucksen und Blubbern ...
Bei einer künstlich angelegten Eislauffläche nicht vorstellbar, erst danach lese ich:
... eine Sollbruchstelle, die jeder See zu haben schien; ...
Das irritiert. Und wieso hat anscheinend jeder See eine Sollbruchstelle? Und zwar:
Ganz am Ende des Eisfeldes ...
Wenn überhaupt, könnte ich mir die Sollbruchstelle (ein fürchterliches Wort aus der Administration) eher irgendwo in der Mitte vorstellen.

Zuerst nur eine kleine Pfütze Wasser, ...
Pfütze genügt.
...die sich auf dem Eis an einer Stelle bildete, die im hinteren Teil des Platzes lag.
Ganz am Ende des Eisfeldes musste es eine Stelle geben ...
... verursacht durch eine Strömung am Ende des Feldes.
Hier wäre Straffung zu empfehlen.
Er spürte, wie ihre Hand an seinem Ärmel zupfte und nach seiner X tastete.
‚Er spürte, wie sie ihn am Ärmel zupfte und nach seiner Hand tastete.’ würde sich glatter lesen.
... die Mosel oberhalb der Staustufe ...
Administration!
Nur gemeinsam würden Sie es bestehen können!
... in den Armen Betrachteten das ...
Punkt oder Komma
...
fest wie eine verschalte Betonfläche ...
... sagt keine Frau.

Fertig mit der Mecker-Arie. Schön in Deiner Geschichte fand ich viele Bilder und Formulierungen, Du konntest die Spannung halten, der Titel ist gut gewählt und raunt von etwas, was man gern erfahren würde.
Ich empfinde Dein Streben, einen guten Text zu präsentieren. Für jeden Leser ein gutes Gefühl – ich hasse eilig heruntergeschriebene Texte.
Vieles ist gelungen (ausschließlich nach meinem Dafürhalten), manches wirkt allerdings bemüht; auch die ‚Administrations-Wörter’ beschädigen den Text. That’s all.

Wo ist das Problem, Freegrazer? Wir sind hier angetreten und werden der Welt zeigen, wie ein guter Text ausschaut, verdammt noch mal! Und wenn es zwanzig Jahre dauert. Natürlich lebe ich dann noch! Blöder Gedanke.
Mach Dir mal keinen Kopp mit den Ellipsen und anderem Gedöns. Erinnerst Du Dich an ‚heiter-bis-wolkig’? Die war auch stark in der Theorie, leider nur da.
Schreib, was in Dir steckt – und hab Spaß dabei. Das bedeutet ja nicht, dass der Text nicht noch geschliffen, gekürzt, was weiß ich noch alles, werden muss. Aber bleib dran, Kruzi!
Wenn ich nochmals solchen Memmen-Scheiß lese wie:

Für mich heißt das aber, auf meine Art hier Kritiken einstellen ja, eigene Texte nicht.
Dann, mein Lieber, sind wir geschiedene Leute! Ist das klar?

Übrigens wünsche ich Dir einen guten Rutsch und fürs neue Jahr robuste Gesundheit und ellipsenfreie Texte.
Dein Freund José

ps: ernst offshore
Du hast da einen Punkt völlig unmotiviert herumhängen zwischen der vorletzten und letzten Zeile. Könntest Du das bitte noch dieses Jahr in Ordnung bringen?

 

Hallo Bernadette,

vielen Dank für deinen Beitrag und die aufmunternden Worte. Ich werde mir die Erläuterung zur Ellipse wirklich mal in Ruhe ansehen. Zumal ich die Kritik an

Kahle, knorrige Äste, die ihre Blätter abgeworfen hatten.

immer noch nicht verstanden habe.

Dir alle Gute, bis demnächst.

Freegrazer

Hola José,

nee, deine Antwort war keine aus der Mecker-Ecke, sondern die wie immer humorvolle Antwort auf meine (Text)-Schwächen.

Du hast so eine unvergleichlich humorvolle Art der Kommunikation, da kann ich dir nur schlecht böse sein, auch wenn ich es natürlich versuche ...

Besonders interessant fand ich deine Hinweise auf die Eisfläche/Kunsteisfläche/See. Ist mir durchgegangen und du hast recht. Im Kopf hatte ich tatsächlich eine künstlich angelegte Fläche in einem Park. Auf der Fläche, in der im Sommer eine wilde Wiese und dazwischen vielleicht ein Kiesweg oder ähnliches verläuft. Umfasst von alten Bäumen.

Die Idee des Durchbrechens sollte sich im Kopf des Mannes abspielen, der beim letzten Mal vor mehr als 2 oder 3 Jahrzehnten die zugefrorene Mosel überquerte. Sich Schreckensbilder in seinem Kopf manifestierten und er das auf die aktuelle Situation übertrug.

Alles in allem ziemlich daneben gegangen. Schlimmer als diese Tatsache ist für mich, Sätze zu schreiben, die mit guten Deutschkenntnisse ausgestattete Menschen mit rotem Stift als falsch anstreichen.

Daher meine irrtümliche Annahme

Kahle, knorrige Äste, die ihre Blätter abgeworfen hatten

könnte so stehenbleiben. Da heißt es, zurückzuschalten und das Einfache zu schreiben um nicht am Schwierigeren zu scheitern.

Ich freue mich jedenfalls, nach langer Zeit mal wieder den Weg hierhin gefunden zu haben.

Dir und allen anderen nur das Beste für das neue Jahr!

Freegrazer

 
Zuletzt bearbeitet:

Freegrazer schrieb:
Schlimmer als diese Tatsache ist für mich, Sätze zu schreiben, die mit guten Deutschkenntnisse ausgestattete Menschen mit rotem Stift als falsch anstreichen.

Du musst zugeben, Freegrazer, dass in den bisherigen Kommentaren eigentlich kaum wirkliche Fehler angeführt sind, also Fehler im Sinne von (grammatikalisch oder orthografisch) objektivierbar falsch. (Mal abgesehen von ein paar Winzigkeiten wie dem einen oder anderen falschen Komma, irrtümlicher Getrenntschreibung, usw.) Beinahe alle Kritikpunkte nämlich betreffen Wortwahl, Satzbau usw., im weitesten Sinn also Stilistik. Und da ist es beinahe unvermeidbar, dass es zu unterschiedlichen Auffassungen kommt. Was dich wiederum zu diesem quasi resignativen Stoßseufzer veranlasst hat:

Kritiken deiner Art sind mir einfach drei Klassen zu gut, zu genau. Zu schwierig zu verstehen.

Dass du dir schwer tust, meine Kritik zu verstehen, liegt möglicherweise einfach daran, dass meine Kritiken unverständlich sind. Was mich insofern nicht wundern würde, weil ich ja weiß, wie wahnsinnig schwer ich mir damit tue, mir - und erst recht anderen - zu erklären, warum ich eine Formulierung als gut empfinde und eine andere nicht. (Auch wenn sich die mitunter nur durch Nuancen, manchmal nur durch ein einziges Wort unterscheiden.)
Ein ganz simples Beispiel:
Kevin und Jessica gingen am Nachmittag zum Eislaufplatz.
Kevin und Jessica gingen zum Eislaufplatz am Nachmittag.

Beide Sätze sind grammatikalisch und syntaktisch vollkommen korrekt (weil es meines Wissens keine Regel gibt, die eine bestimmte Reihung der Lokal- und der Temporaladverbiale vorschreibt), aber
die zweite Variante klingt für mich einfach … na ja, eigenartig irgendwie. Allerdings sehe ich mich außerstande, meinen Eindruck zu begründen. Und möglicherweise gibt es genug andere Leser, denen die zweite Variante besser als die erste gefällt. Hm.

Aber das ist halt so ein grundsätzliches Problem, über das ich mir immer wieder mal den Kopf zerbreche, seit ich hier im Forum dabei bin:
Es hat ja jeder Mensch sein ganz individuelles Sprachempfinden, hat Lieblingswörter und Hasswörter, empfindet Formulierungen oder Wortkombinationen als schön und stimmig, die ein anderer kitschig oder dämlich findet. Und weil das ja weitgehend so ein Gefühlsdingsbums ist, das noch dazu von unbewussten Assoziationen abhängig sein kann, wird sich da kaum jemals ein Konsens herstellen lassen. Ein bisschen erinnert mich die ganze Sache an Vornamen. Da hat auch jeder so seine Vorlieben und Abneigungen. Einen Namen z.B., den der eine wunderhübsch findet, kann der andere auf den Tod nicht leiden, findet ihn blöd und unschön, einfach deshalb, weil z.B. in der Schule einer seiner Mitschüler so hieß und der leider ein arschlöchiger Unsympathler war. Und dieser Name bleibt im blödesten Fall dann halt für immer negativ besetzt. Das kann objektiv kaum begründet werden. Und umgekehrt natürlich auch. Wenn einer kommt und meint, so ein idiotischer Name, und gerade der gefällt dir so gut, was soll man da sagen?
Ich frage mich wirklich oft, ob man über Schreibstil überhaupt sinnvoll diskutieren kann. Oder ob das nicht genauso eine müßige Frage ist, wie die, ob Schokolade- oder Erdbeereis besser schmeckt. Das ist eine Binsenweisheit? Na klar, aber mir scheint, wir alle ignorieren diese Binse, weil wir ja sonst dem Forum (und den unzähligen Autoren von Stilratgebern) eigentlich die Existenzberechtigung entzögen.
Was ich sagen will: Natürlich bemühe ich mich, meine stilistischen Bedenken so zu formulieren, dass sie für andere nachvollziehbar sind. Aber, wie das Kahle-knorrige-Äste-Beispiel zeigt, versage ich da offenbar immer wieder, auch wenn mir selber meine Begründungen allemal plausibel erscheinen. Was ich sagen will, Freegrazer, wir alle hier sind (bis auf wenige Ausnahmen) keine Germanisten oder professionelle Lektoren, wir sind im besten Fall Sprachliebhaber und jeder dilettiert halt auf seinen ganz persönliche Art hier herum.

Warum ich mich hier überhaupt noch einmal so ausführlich äußere?

Für mich heißt das aber, auf meine Art hier Kritiken einstellen ja, eigene Texte nicht.
Nun ja, weil mich deine resignative Reaktion auf meinen ersten Kommentar wirklich … also nicht gerade bestürzt hat, aber … na ja, also gleichgültig hat sie mich halt auch nicht gelassen.

Tatsächlich helfen mir eure Aussagen und ich freue mich, hier so schnell ein Feedback zu meinem Text erhalten zu haben. Das bestärkt mich in der Ansicht, hier richtig zu sein und weiter zu machen mit Kritik an Texten anderer User sowie das Einstellen eigener Werke.

Erinnerst du dich, Freegrazer? Das hast du vor genau zwei Jahren (ja, tatsächlich am 1. Jänner 2015 :D) unter deiner Debütgeschichte geschrieben. Und ich zitiere das jetzt einfach, um dir zu zeigen, dass du damals um einiges souveräner, selbstbewusster und motivierter aufgetreten bist als jetzt. Auf eine Art eben, die Kritiker dazu veranlasst hat, dich als Autor ernst zu nehmen. Und jemanden als Autor ernst zu nehmen, bedeutet eben auch, ihm nicht nur ein paar freundliche aber darüber hinaus nichtssagende Floskeln unter den Text zu schreiben, sondern zu versuchen, sich mit dem Text konstruktiv und für den Autor hilfreich(!) auseinanderzusetzen. Dem einen gelingt das besser, dem anderen weniger gut.
Dass ich offenbar zu letzteren gehöre tut mir zwar leid, aber, lass es mich so sagen: in Wahrheit bin ich halt auch nur ein Dilettant.

Und es wäre einfach absurd, dir von einem Dilettanten den Spaß am Schreiben verderben zu lassen.

Also mach schön weiter.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ernst offshore,

zuerst einmal vielen Dank für deinen sehr ausführlichen und nachvollziehbaren Beitrag. Da dies unser erstes Zusammentreffen im neuen Jahr ist, möchte ich dies mit Grüßen für das neue Jahr verbinden: Alles Gute, Glück und Zufriedenheit. Bleib gesund!

Tja, ich habe zwei Tage gegrübelt. Über meinen Text, über deine Kritik (und die von GoMusic; auch dir alles Gute) und über meine Reaktion auf eure Kritiken.

Nachdem ich eure Kritiken nun mehrfach gelesen habe, relativiert sich das Ganze etwas. Hatte ich eigentlich erhofft, hier über alle Maßen gelobt zu werden? Wohl kaum!

Erwartet hatte ich eher ein paar allgemeine Aussagen zu meinem Text und dann auch Kritiken sowie Verbesserungshinweise. Dann aber hatte ich den Eindruck, mich hätte eine Kritik-Stampede überrollt und ich sah mich im Staub liegen, erst einmal unfähig, aufzustehen.

Ich glaube, mein Problem ist, dass ich inhaltlich mit deiner Kritik im ersten Augenblick zu wenig anfangen konnte und so sicherlich den falschen Eindruck gewann, du hättest Kritik um der Kritik willen eingesetzt. Jetzt erst beim mehrfachen Durchlesen erkenne ich, dass du nicht nur Fehler anmerkst, sondern auch deine Bemerkungen recht ausführlich erklärst.

Ich glaube, dass mein Problem auch darin besteht, dass ich mehr dem Gefühl nach schreibe und mir recht wenig Gedanken darüber mache, welche Regeln es gibt. Ich versuche, offensichtliche Rechtschreibe- und Kommafehler zu vermeiden. Versuche, dass die KG an sich interessant gerät, Logik, Atmosphäre stimmt etc. Mich hat nie interessiert, ob man einen Satz mit "und" beginnen darf oder nicht, wenn ich das Gefühl hatte, es tut meiner Geschichte (oder zumindest mir) gut. Genauso wenig habe ich das Semikolon nach irgendwelchen Regeln eingesetzt. Eher danach, wenn ich dachte, ein Punkt ist zu stark, ein Komma zu schwach. In welche sprachlichen Fallen ich da tappte, wurde mir nie klar.

So ist das auch mit der Atmosphäre. Ehrlich gesagt war ich recht glücklich mit dem Beginn der Geschichte. Tatsächlich wollte ich die Atmosphäre genau so beschreiben, wie ich es getan habe. Dass das dann solche Reaktionen ausgelöst hat, damit habe ich nie gerechnet.

Mein Grundproblem scheint zu sein: Immer dann, wenn ich glaube, etwas mehr als einen mittelmäßigen Schulaufsatz geschrieben zu haben, bekomme ich auf die Finger. Vielleicht bin ich dazu verurteilt, meine KGs in einfacherer Sprache zu schreiben, da mir die hohe Kunst nicht gelingen will. Muß nicht schlimm sein, Modern Talking sind mit einfacher Musik reich geworden, während andere Künstler/Musiker mit hoher Instrumentenbeherrschung gescheitert sind.

Ich werde bei den nächsten KGs mal darauf achten.

Also, danke nochmal,

Freegrazer

 

Lieber @Freegrazer

ich habe Deine Geschichte gerne gelesen, der Text liest sich flüssig. Anfangs fällt es mir schwer, mir die Szene vorzustellen, was u.a. daran liegt, dass nicht gleich klar wird, wer die Protagonisten sind. Dadurch wird das Kopfkino gestört. Hier und da sind die etwas zu langen Sätze, viele Adjektive und Adverbien auch hinderlich, was den Lesefluss angeht. Mir fehlt auch ein wenig die Entwicklung des Protas. Er ist auf der Eisbahn, erinnert sich an eine Szene in der Vergangenheit - und das wars. Dadurch erkenne ich die Aussage, die Du mit Deiner Geschichte machen möchtest nicht wirklich.

Hier ein paar Anmerkungen:

Die Lichter der Hochhäuser brachen sich auf der matt glänzenden Oberfläche. Grün, gelb, rot, blau und lila wie die, zu einem Zopf gedrehten Zuckerstangen des Verkäufers, der Kindern lautstark seine klebrige Ware anbot, aber vergebens gegen die Umgebungsgeräusche ankämpfte. Sein Rufen verhallte genauso wie die "Hotdog"-Rufe des Mannes mit der weißen Schirmmütze vor seinem kinderwagengroßen Handkarren mit großen Speichenrädern, unter dessen Silber glänzenden, bauchigen Abdeckhauben dampfende Würste und kross gebratene Zwiebelstreifen auf hungrige Münder warteten.

Uff. Zu lange Sätze, viel zu viel Adjektive. Da muss man sich mega konzentrieren, um den Text zu lesen. Das ist schade. Manchmal liegt die Würze in der Kürze :) Hier lässt sich einiges streichen.

In Fetzen drang der Lärm der Stadt an die Eislauffläche, die die Größe eines Fußballplatzes hatte und von alten Bäumen umstanden war.

Satzbau
Vorschlag: Der Lärm der Stadt dran in Fetzen an die Eislauffläche ...

Zwecklos, sich bereits heute dem Frühling entgegen zu recken, er würde noch auf sich warten lassen.

entgegenzurecken

Die Schlittschuhe, - feucht und klamm im Inneren -, die sie am Rand der Eisfläche gegen eine geringe Mietgebühr für eine Stunde geliehen hatten und die sie noch wie Fremdkörper an ihren Beinen empfanden, gaben die Richtung vor, als sie die ersten gleitenden Schritte wagten. Fast schien es, als steuerten die Schuhe ihre Bewegungen, gaben die Richtung vor, in der sie liefen.

Unschöne Doppelung

Sie schnürten die Schuhe,

Hier entsteht bei mir kein klares Bild. "Sie" deutet auf mehrere Personen hin, aber in dem Moment weiß ich noch nicht, um wen es sich handelt.
Das würde ich klarstellen, damit gleich Kopfkino enstehen kann.

Später erst wird klar, dass es sich um ein Pärchen handelt.

Ihren Blick sah er nicht. Es war, als spürte er ihn als fragendes Erhaschen seiner Gedanken und Gefühle. Fürsorge und Liebe gepaart mit einem Hauch Neugier und Humor.
Er spürte, wie ihre Hand an seinem Ärmel zupfte und nach seiner tastete.

Diese Stelle finde ich sehr schön beschrieben.

Ganz liebe Grüße und einen schönen Tag,
Silvita

 

Liebe Silvita,

soeben hatte ich mich noch gewundert, woher es kommt, dass meine Geschichte nach mehr als 3 Jahren hier wieder ausgebuddelt wird.

Tatsächlich ist es eine KG, bei der mir das Schreiben Spaß gemacht hat und hinter der ich stehe, wie sie ist; aber du hast in vielen deinen Anmerkungen natürlich recht: Oft zu lange Sätze, das Ausschütten eines ganzen Eimers von Adjektiven. Recht schwülstig das Ganze, manchmal kommt es über mich.

Ich muss mal darüber nachdenken, was mir wichtiger ist: Das Einfrieren einer geschriebenen Geschichte als ein Nachweis meiner Fähigkeiten und Ziele zu einem bestimmten Zeitpunkt oder die Neuinterpretation mit dem Ziel, besser zu werden und etwas zu reparieren, das ich eigentlich in seiner Unvollkommenheit persönlich immer mochte.

Da ich mittlerweile zu einem kargeren Schreibstil gefunden habe, wäre das tatsächlich einen Versuch wert. Vor allem wäre ich gespannt, wie es mir dann selbst gefallen würde. Wäre wie eine Neuaufnahme einer Single, die es nicht in die Hitparade schaffte, von der ich aber glaube, sie könnte es.

Bis dahin, alles Liebe und eine gute Zeit!

Freegrazer

 

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