Was ist neu

Mein Stellplatz Nummer 13

Mitglied
Beitritt
29.10.2016
Beiträge
46
Zuletzt bearbeitet:

Mein Stellplatz Nummer 13

„Doch jeder tötet, was er liebt, (..)“ – Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading, 7. Strophe, Oscar Wilde

Bodyman haben sie mich bereits auf dem Gymnasium genannt, so ein Unsinn! Als Bodyman wird der Assistent eines amerikanischen Politikers bezeichnet, mit Bodyman kann aber auch ein Spezialist für Autokarosserien gemeint sein. In meinem speziellen Fall ist natürlich der athletische Körper für den Spitznamen verantwortlich. Immer nur ein Bodyman zu sein, das ist nicht lustig. Als ob nicht auch jemand wie ich tiefer Gefühle und kluger Gedanken fähig wäre! Meine Ergebnisse im Abitur waren gut, ich lese viel, finde Gefallen an Kunstgeschichte und habe mich folglich auch immatrikulieren lassen, aber alle sehen und begehren nur den Körper. Dabei sind meine Interessen überaus weit gefächert, ich bin vielseitig und aufgeschlossen. An manchen Tagen jedoch komme ich mir vor wie ein Toyboy bei einer billigen Seitensprung-Agentur. Da denke ich zum Beispiel an Jeanette, aber ich bediene hier keine schmutzigen Männerfantasien! Abgesehen davon wären diese in einem Leben wie dem meinen knallharte Realität. Meine Geschichte ist eine ganz andere und für das Kopfkino völlig ungeeignet. Wie einem Gemälde von Dante Gabriel Rossetti entsprungen erscheint diese sechsundzwanzigjährige präraffaelitische Schönheit in dem Fitness-Studio als La Ghirlandata oder Lady Lilith. Ich gebe ihr eine kostenlose Einführung in das smarte Zirkeltraining an den vollelektronischen Kraftgeräten und beim ausführlichen Demonstrieren der einzelnen Übungen spüre ich, wie sie mich und meinen Körper genüsslich in Augenschein nimmt. Sie hat eben den besonderen Blick für Qualität – wie einst Oscar Wilde. Das Beste ist für sie gerade gut genug und ich kann Jeanette keinen Wunsch abschlagen, denn unsere Liebe bedeutet für mich viel mehr als vielleicht für sie. Ich bin kein Libertin und das hier ist kein verantwortungsloser Hedonismus! Auch wenn ich weiß, dass es ganz und gar realitätsfern wirkt und selbst wenn es kitschig klingen mag: Mein größter Wunsch würde in Erfüllung gehen, wenn sie und ich als die einzigen und für immer glücklichen Bewohner einer verzauberten Insel zusammen sein könnten. Nein, der Bodyman ist jetzt nicht wahnsinnig geworden, nur verrückt vor Liebe.

„Gerrit“, fragt sie mich heute atemlos, „darf ich mein Auto auf deinem sicheren Stellplatz in der Tiefgarage parken, während ich fort bin? Nur für ein paar Tage, bitte!“ Ihre grünen Augen hypnotisieren mich, der flehende Klang ihrer leicht heiseren Stimme verträgt keinen Einwand: „Ich muss unbedingt weit weg. Mein Mann darf nichts davon wissen. Du fährst mich doch zum Flughafen?“ Unser Treffen findet in meiner kleinen Hochhauswohnung statt und wie jedes Mal elektrisiert mich bereits der reine Anblick ihrer schlanken, engelsgleichen Gestalt. Ich stehe jetzt direkt hinter Jeanette und sie hat sich gebückt. An das Twerking in den Vereinigten Staaten von Amerika denke ich mit Blick auf ihren beweglichen Po, der für den Geschmack vieler Amerikaner zu klein wäre. Für mich ist er genau richtig und er reckt sich mir erwartungsvoll entgegen. Unter ihrer zarten, weißen Haut scheint es zu vibrieren, wenn ich sie berühre und mit dem wohlgeformten Rücken und ihren gewellten, nach Rosen duftenden roten Haaren vor Augen zärtlich von hinten in sie eindringe. Ich bin nämlich nicht der brutale Stecher, der die Bitches nagelt. Das entspräche nicht meinem Frauenbild. Beide Hände auf die marmorne Fensterbank gestützt, schaut Jeanette, während wir genüsslich unserer Liebe frönen, in die Landschaft hinaus, wo in der milchigen Ferne die Berge des Taunusgebirges aufragen: Caspar David Friedrich – Der Wanderer über dem Nebelmeer! Dort in der Nähe des Großen Feldbergs, der höchsten Erhebung im Taunus, die jetzt im aufsteigenden Novembernebel beinahe schon verschwimmt, ließ ihr wohlhabender Ehemann erst vor einem Jahr eine neue Villa bauen für die kleine Familie, von der er träumt. „Einen Jungen und ein Mädchen wünscht er sich.“ Sie ist mit ihren Gedanken im Moment wohl nicht ganz bei der Sache. „Ich will gar keine Kinder haben.“ Spricht da jetzt die böse Lady Lilith? „Ich muss weg.“ Nein, es ist meine liebe Ghirlandata. „Du hilfst mir doch?“, fragt mich Jeanette, während unser Geschlechtsverkehr immer noch andauert und, nachdem ich ejakuliert habe, antworte ich lapidar: „Stellplatz geht klar!“

Der Fahrstuhl bringt uns jetzt nach unten zu ihrem nagelneuen, mattschwarzen Porsche Cayman S. Ich öffne für sie das große Tor zur Tiefgarage und sie fährt hinein. Auf dem tristen Grau an der Stirnseite meines mit dem Apartment gemieteten Stellplatzes prangt ein grünes Plastikschild mit der Nummer 13. Grün ist die Hoffnung, sagt man. Das stimmt mich nachdenklich, mit meiner unstillbaren Sehnsucht bin ich ein heimlicher Neoromantiker. Unterhalb des Schildes hat irgendein Dummkopf sich mit dem Kreideschriftzug Lucky Thirteen auf dem Beton verewigt. Als ich mit ihrem leichten Gepäck in der Hand vor ihr aus der Tiefgarage trete, trifft mich die feuchte Kühle dieses Spätherbsttages und der Duft nach verrottendem Laub und Gras. Auf eine traurige Art genau das Gegenteil von Walther von der Vogelweide und seiner Minnelyrik: „Gebrochen bluomen unde gras, / vor dem walde in einem tal.“ Ich weiß noch ziemlich viel aus dem Deutschkurs auf erhöhtem Anforderungsniveau, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie mir das hier und heute weiterhelfen soll.

Ganz mit dem Fahren beschäftigt sitze ich nun am Steuer meines zuverlässigen alten Autos, das die Tiefgarage kaum kennt. Für Jeanette und mich geht es schweigend in Richtung Frankfurt Airport mit Pharrell Williams im Ohr: Get Lucky und im nächsten Lied, das von einer weiblichen Stimme interpretiert wird, heißt es dann: Today Is Your Lucky Day, wohl so eine Art Thementag bei dem Sender heute. Die nebelnasse, sechsspurige Autobahn ist stark frequentiert, trotzdem nähern wir uns rasch dem futuristisch anmutenden riesigen Flughafenkomplex mit seiner endlos geschäftigen Betriebsamkeit. Vor dem belebten Abflugterminal drückt Jeanette mir noch etwas in die Hand: „Nur für den Notfall! Hiermit kannst du den Cayman öffnen, aber nicht einfach so damit herumfahren, versprich mir das bitte!“ Ich antworte leise: „Du kannst dich wie immer auf mich verlassen, weißt du doch.“

Wieder zurückgekehrt in mein einsames Apartment kommt mir die gesamte Angelegenheit zunehmend seltsam vor. Ich frage mich, was wäre, wenn ihr jetzt etwas zustieße und sie nicht zurückkäme? Ich liebe sie doch. Wir gehören zusammen wie Ying und Yang. Warum hat sie nie den Vorschlag gemacht, und das meine ich nicht im Sinne von Eskapismus, dass wir beide gemeinsam fliehen sollten? Ich bin bereit für ein neues Leben mit Jeanette, tief im Herzen bin ich bereit dafür. Für sie würde ich mich neu erfinden. Wenn sie jetzt für immer verschwunden oder sogar tot wäre? Schlimm wäre das für sie und auch für mich! Into this world we're thrown, das ist aus einem berühmten Lied der Doors, Jim Morrison hat das gesungen. Genau in diesem Moment erlebe ich den Nihilismus (oder ist es der Existenzialismus?), sozusagen ein Ungefragt-in-die-Welt-geworfen-worden-sein (war das jetzt Heidegger?). Ich gebe gerne zu, dass ich gerade in Philosophie noch sehr große Defizite habe. Mit dem teuren Porsche ohne Papiere stehe ich da wie ein gemeiner Autodieb! Jeanette kann es sich doch leisten, die Parkgebühren am Flughafen aufzubringen! Ich muss die Situation mental in den Griff kriegen. Bankdrücken hilft in so einem Fall eigentlich immer. Ich bette mich auf die stabile Hantelbank, welche ständig in meinem Wohnzimmer aufgebaut ist. Das Gewicht der Langhantel in beiden Händen, in den Armen und dem Brustkorb zu spüren beruhigt mich ein wenig. Die Übung hilft mir dabei, meine Atmung zu kontrollieren. Mens sana in corpore sano, das haben viele bis heute nicht verstanden. Fitness und Gesundheit, das ist so viel mehr als reiner Körperkult! Obwohl, bei meinem Anblick hätten die Bildhauer im alten Griechenland sofort zu Hammer und Meißel gegriffen und den Marmor behauen. Das hätten sie im Falle des bereits leicht adipösen Herrn Wehrheim mit seinen Herzrhythmusstörungen sicherlich nicht getan. Betablocker sei Dank ist bei dem schon fast tote Hose, sagt Jeanette jedenfalls. I'm the bodyman, not like you. I'm the bodyman, not like you. Diesen selbst ausgedachten Unsinn murmele ich beim Training im Geiste vor mich hin. Drei intensive Sätze mit der Langhantel und jeweils zwanzig Wiederholungen, aber die schlimmen Gedanken wollen nicht weichen! Ich kann Jeanette ja nicht fragen, kann sie nicht erreichen. Ihr Smartphone hat sie bestimmt abgeschaltet, wo immer in der Welt sie sich aufhalten mag. WhatsApp, Facebook, Twitter und Skype, das alles lehnt sie ab. Datenschutz ist ihr wichtig. Aber wenigstens eine kosmische Verbindung zwischen uns muss es doch geben! Wenn ich jetzt ganz fest an Jeanette denke, dann wird sie es bestimmt spüren. Weshalb muss es denn ausgerechnet mein Stellplatz Nummer 13 sein? Ein beunruhigendes Szenario: Am Flughafen wäre der Porsche schnell und leicht zu finden, dort würde man zuerst suchen. Ihr Ehemann und auch die Polizei wüssten dann, dass sie mit dem Flugzeug das Land verlassen habe. Jetzt nehme ich eine andere Trainingsposition ein und greife nach dem kalten Eisen der Kurzhanteln, versuche es mit Bizepscurls, ebenfalls drei Sätze mit je zwanzig Wiederholungen, keine Besserung! Ich nehme ja immer L-Carnitin vor dem Training. Dem Wehrheim mit seinen Cardio-Problemen würde ich eher zu L-Arginin raten, aber auf mich hört ja niemand. Dabei kennt sich der Bodyman wirklich aus mit den Aminosäuren. Vielleicht will Jeanette mit meiner Hilfe ihre Spuren verwischen? Soll ich in etwas hineingezogen werden? Soll ein Verdacht auf mich gelenkt werden? Das möchte ich nicht glauben, mein präraffaelitischer Engel ist doch keine Lady Lilith! Hat Jeanette tatsächlich etwas Schreckliches zu verantworten oder sogar selber getan? Bin ich womöglich jetzt schon in ein Verbrechen verwickelt, von dem ich überhaupt nichts weiß? Ich spüre ein beklemmendes Gefühl in mir aufsteigen, Schweiß bricht aus und das liegt nicht am Krafttraining.

Während ich mir einen großen Eiweißshake mit Schokoladengeschmack mixe, lenkt mich eine nüchterne Nachrichtensendung auf dem Flachbildschirm glücklicherweise wieder von den irrwitzigen Grübeleien ab, doch die Worte des Nachrichtensprechers machen mich stutzig: „Die Polizei bittet nun um die Mithilfe der Bevölkerung. In der Nähe des Großen Feldbergs wurde in einer Taunusvilla die Leiche des Immobilienmaklers Joachim Wehrheim gefunden. Zu den Einzelheiten und den näheren Umständen möchte sich der Polizeisprecher aus ermittlungstaktischen Gründen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Die zuständigen Behörden bitten die Bevölkerung um Mithilfe bei der Suche nach dem mattschwarzen Porsche der Ehefrau des Maklers, Jeanette Wehrheim, die zur Zeit unauffindbar ist.“ Ein Foto mit ihrem makellosen Engelsgesicht wird eingeblendet, danach sieht man den tief auf dem Boden kauernden und geduldig lauernden dunklen Cayman. Wehrheim ist tot und wir sind frei, das ist mein erster Gedanke, den ich Jeanette telepathisch mitzuteilen versuche. Ich kriege aber keinen Kontakt zu ihr, spüre rein gar nichts, so sehr ich mich auch anstrenge. Ein Kaiman ist doch eine Art Krokodil? Ich höre beinahe meinen ehemaligen Deutschlehrer sagen, der Porsche auf dem Stellplatz Nummer 13 sei metaphorisch und symbolisiere das bedrohlich Böse. Wer ist hier eigentlich bedroht? Mich packt ein Gefühl exorbitanter Übelkeit. Bestimmt haben die lieben Mitbewohner hier im Haus den mattschwarzen Boliden bereits ausgespäht und die Polizei alarmiert, deren speziell eingerichtete Rufnummer im Fernsehen noch einmal gezeigt wird. Keine Ahnung, wie oft dieser Aufruf bereits herausgegangen ist!

Schon klingelt es an meiner Apartmenttür. „Scheiße“, sage ich kaum hörbar zu mir selbst. Unter normalen Umständen käme so etwas genauso wenig wie das F-Wort jemals über meine Lippen. Ich spüre, wie meine pulsierenden Herzkammern kurz aus dem Rhythmus geraten, als ich den drei adretten Polizeibeamten öffne. Sie bitten mich freundlich, sie nach unten in die düstere Tiefgarage zu begleiten. Dort nehmen sie den Porsche erst einmal gründlich unter die Lupe und lassen mich schmoren. Das ausgerechnet zwei Tage vor meinem dreiundzwanzigsten Geburtstag! Today Is Your Lucky Day, das murmele ich im Geiste verzweifelt vor mich hin, immer wieder, immer wieder, bald werde ich verrückt, gleich drehe ich durch! Ich rufe mir mit aller Kraft meine Trainingsroutinen in Erinnerung, atme bewusst, fokussiere mich. Mind over matter, das sagt der Mentaltrainer aus dem Studio immer. Als die Befragung in der Tiefgarage schließlich beginnt, bin ich erstaunt darüber, wie gut mein Organismus mit dem in der Wartezeit aufgestauten Noradrenalin und Adrenalin zurechtkommt. Atmung und Puls habe ich wieder vollständig unter Kontrolle und antworte souverän und unaufgeregt auf die Fragen.
„Wie kommt der Porsche von Frau Jeanette Wehrheim auf Ihren Tiefgaragenplatz?“
„Sie hat mich heute früh gebeten, den Wagen für die kurze Dauer einer Flugreise auf meinem Stellplatz parken zu dürfen und ich habe sie dann zum Flughafen gefahren.“
„Wohin sollte die Reise denn gehen?“
Ich erkläre ihnen, dass Jeanette ganz einfach weit weg wollte und ihr Ehemann nichts davon wissen durfte. Wohin sie dann letzten Endes geflogen sei, wisse ich nicht.
„Ich habe Frau Jeanette Wehrheim lediglich vor dem Abflugterminal abgesetzt. Das ist die Wahrheit.“

Von Polizeiarbeit habe ich keine Ahnung und von dem, was da in der Wehrheimvilla und vielleicht auch bei der Gerichtsmedizin abgelaufen ist. Aber noch während der Befragung erhält einer der drei netten Beamten eine Nachricht auf seinem Diensthandy. Es hat sich inzwischen herausgestellt, dass der reiche Immobilienmakler Joachim Wehrheim im Alter von achtundvierzig Jahren an einem plötzlichen Herzversagen ohne Fremdeinwirkung gestorben ist. Ist es zu stark, bist du zu schwach, hätte Darwin gesagt, so etwas weiß ich noch aus dem Biologieunterricht. Das kommt davon, wenn ein eitler und arroganter Schnösel sich eine junge Frau sucht und auf seine alten Tage noch einmal Vater werden will! Es war also, entgegen des ersten Eindrucks, den die Polizei gewonnen hatte, ein natürlicher Tod, offensichtlich aufgrund Wehrheims immenser Aufregung über eine den Ermittlungsbehörden vorliegende handschriftliche Notiz: Ich bin jetzt weg und es hat keinen Sinn, nach mir zu suchen. „Lucky thirteen!“, bricht es aus mir heraus, woraufhin die drei mich befremdet anblicken.

Eine Woche später in den Nachrichten: "Frau Jeanette Wehrheim ist bis zum heutigen Tage unauffindbar geblieben, obwohl sie inzwischen vom Tode ihres Gatten erfahren haben dürfte und dessen Alleinerbin ist."

 
Zuletzt bearbeitet:

Nach Genuss dieser Geschichte beschäftigt mich ein einfacher Gedanke: Warum lese ich nicht die Geschichte von Jeanette? Die klingt nämlich viel interessanter als die von dem Typ, der mit ihr pimpert, sie zum Flughafen fährt, bisschen Muskeltraining macht und Nachrichten schaut.

Bei Jeanette ist was los. Die hat ihren Mann verlassen, befindet sich auf einer Suche nach sich selbst und muss mit dem Gedanken leben, dass sie ihren Mann betrogen hat. Traumhafter Stoff für Kurzgeschichten.

Und ich ... ich laufe dem Typ mit dem Mini Cooper hinterher und frage mich, ob ihm heute noch etwas Interessantes passiert. Womöglich - und jetzt halte mich fest, wenn es völlig absurd klingt - legt jemand seinen Einkauf aus Versehen mit zu ihm aufs Band. Da ist die Spannung und die Dramatik vorprogrammiert!

Ja, nun, wie du sicher sehen kannst, bin ich von der Geschichte nicht besonders überzeugt. Meiner Meinung nach hast du einfach die falsche Perspektive gewählt. Ich fands öde. Warum du das Krimitag gesetzt hast, verstehe ich auch nicht - schließlich gibts hier kein Geheimnis zu lüften, weil es uns ganz sachlich vorgekaut wird, was denn passiert ist. Es gibt keinen Tatortbesuch, ich kann nicht selbst miträtseln, es gibt nur einen Typ, der sich ein bisschen in das reinsteigert, was im Fernsehen kam - und auch das kann nicht richtig zünden, weil du dir viel zu wenig Zeit nimmst.

Wofür du dir doch jede Menge Zeit nimmst, sind Beschreibungen von Nichtigkeiten:

Ich spüre, wie die pulsierenden Herzkammern kurz aus dem Rhythmus geraten, als ich der Polizei öffne.

Sein Herz pocht. Das muss man nicht so aufblähen, denn davon wird es auch nicht spannender.

Jetzt nehme ich eine andere Trainingsposition ein und greife nach dem kalten Eisen der Kurzhanteln, versuche es mit Bizepscurls, ebenfalls drei Sätze mit je zwanzig Wiederholungen, keine Besserung!

Er trainiert. Ist es wirklich wichtig, dass wir seine Trainingsroutinen so genau kennen? Ich kam nicht drumherum, mir vorzustellen, in welchem Szenario diese Information Relevanz hätte.

"Wir haben keine Chance gegen ihn!"
"Nicht die geringste! Unsere Einheit ist auf Männer spezialisiert, die drei Sets a neunzehn Wiederholungen machen, der Typ macht locker zwanzig!"
"Rückzug! Das bringt doch nichts!"

Es ist völlig belanglos, was er wie oft macht. Da würde es reichen, wenn du erwähnst, dass seine Übungen ihm keine Besserung bescheren, egal wie oft er die Position wechselt. Zeichnet ihn auch schon als beunruhigt.

meines altgedienten Mini Cooper, der die Tiefgarage kaum kennt.

Das müssen wir nicht wissen. Sein Auto steht draußen - und? Sein Fahrzeug hat in dieser Geschichte nur die Aufgabe, die Protagonisten von Szene A zu Szene B zu bringen.

Des Weiteren nutzt du sehr gerne Füllwörter, um den Satz ein wenig auszuschmücken. Damit habe ich jetzt kein direktes Problem, aber manchmal sind sie recht komisch platziert:

ihr quirliger Po

Definition quirlig: lebhaft und immer in Bewegung. Ich weiß, worauf du hinaus wolltest, aber in Kombination mit einem Arsch ist die Wortwahl nicht besonders gelungen. Stell dir doch mal vor, du bist Nachts unterwegs und dir kommt ein Arsch entgegen, der vor seinem Besitzer weggelaufen ist. Kinder sind quirlig. Wiesel sind quirlig. Ein Arsch nicht.

und sie fährt ihn schwungvoll hinein.

Auch hier ist mir klar, was du bezwecken möchtest, aber schwungvoll passt mMn nicht wirklich. Eine Bewegung ist schwungvoll. Ein Theaterstück kann schwungvoll inszeniert sein. Sie kann den Wagen auch nicht mit viel Elan reinfahren - wenn ein Auto fährt, dann fährt es. Das lässt sich von ihrer Übermotivation nämlich nicht beeindrucken. Das tut genau das, wofür man es gebaut hat - und das ganz bestimmt nicht mit Freude.

Ich antworte leicht resigniert

Resignation ist etwas Absolutes. Entweder resigniert man oder nicht. Was meinst du, wie die Allierten reagiert hätten, wenn die Achsenmächte "Wir kapitulieren ein bisschen!" gerufen hätten?

Das waren nur ein paar Beispiele. In deinem Text stecken noch viel, viel mehr Wörter, die die einzelnen Sätze schmücken sollen.

Womit ich auch noch ein großes Problem habe, ist der abschließende Dialog mit der Polizei:

„Sie wollte ganz einfach weit weg und ihr Ehemann durfte nichts davon wissen. Wohin sie dann letzten Endes geflogen ist, kann ich ihnen leider nicht sagen. Ich habe Frau Jeanette Wehrheim lediglich vor dem Abflugterminal abgesetzt. Mehr weiß ich nicht, ich spreche die Wahrheit.“

Niemand redet so. So klingt man auf Papier, aber nicht im wahren Leben - wenn jemand im wahren Leben so spricht, hat der seinen Ruf als Sitzpisser ganz schnell weg. Da kommt überhaupt keine Nervosität rüber und ich stelle mir vor, dass er vor seiner "Aussage" noch fix ein Rednerpult zusammengezimmert und sich das Gesicht orange angemalt hat.

Insgesamt: Da sind noch eine Menge Baustellen drin und die Perspektive ist nicht unbedingt gut gewählt. Ein Krimi ist das in meinen Augen auch nicht - trotzdem hab ich schon deutlich weniger Spaß beim Lesen gehabt und da ich die Geschichte in einem Rutsch durchgelesen habe, kann sie so übel ja nicht sein. Nett für Zwischendurch, mehr aber auch nicht.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Björn Klaras,

man nehme einen süßen Engel zum Ficken, trainiere täglich seine Muskeln, rette seine Haut bei der ersten besten Gelegenheit und - wie schön für ihn! - lässt das Schicksal die Verantwortung übernehmen.

Soll ich deinen Prot sympathisch finden? Kann ich nicht. Dieser Typ ist herzlos, auch wenn er diesen Muskel unentwegt trainiert. Und sein Frauenbild finde ich erbärmlich, glaubt er doch ohne weiteres, dass seine engelsgleiche Jeannette eine berechnende Mörderin ist.

Als Satire auf beliebte Klischees könnte ich mir den Text vorstellen, zumal du ja recht flott schreiben kannst. Als Krimi fehlt ihm das Wichtigste: Spannung, unerwartete Wendungen und solide Polizeiarbeit.
Ob der Wechsel der Erzählperspektive wirklich hilft? Das wäre eine ganz neue Story mit einem Frauenversteher, der mehr als Ficken kann.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Hej,

Ich kann Jeanette keinen Wunsch abschlagen, denn was sie ganz locker als kleinen Seitensprung bezeichnet, das bedeutet für mich viel, viel mehr.
Ich verstehe Jeanette/das Adjektiv an dieser Stelle nicht. Klein, inwiefern?
Locker ... ?
Meinst Du, sie sollte immer ins Stottern geraten, wenn sie darüber spricht?
Ich habe den Eindruck, Du stopfst hier An- und Bedeutungen in die Worte anstatt das auseinander zu dröseln und den Figuren Zeit und Raum zu geben.

dasbedeutet für mich viel, viel mehr.
Fettgedrucktes könnte weg.

Mein größter Wunsch würde in Erfüllung gehen, wenn sie und ich als die einzigen und für immer glücklichen Bewohner einer verzauberten Insel zusammen sein könnten.
Klingt gruselig und mir ist das auch zu plump. Besser, wenn man es zwischen den Zeilen lesen würde.

„Gerrit“, fragt die sechsundzwanzigjährige Jeanette mich heute atemlos, „darf ich mein Auto auf deinem sicheren Stellplatz in der Tiefgarage parken, während ich fort bin?
Ich finde den Einschub zwischen der wörtlichen Rede ungewollt komisch. Sie ist 26, atemlos und das ganze findet heute statt. Lauter an der Stelle komplett überflüssige Details.
Auch überflüssig: Der "sichere" Stellplatz. Es ist ein Stellplatz, oder?

während ich fort binWer spricht denn so?
Erst recht während "des Geschlechtsaktes"?

wie jedes Mal elektrisiert mich bereits der bloße Anblick ihrer zierlichen, engelsgleichen Gestalt.
hat ihn bereits der bloße Anblick ... etc elektrisiert?
Denn gleich anschließend sagt er

Ich stehe jetzt direkt hinter Jeanette

ihr quirliger Po
Hier muss ich an den Küchenschrank meiner Oma denken. Die hatte mehrere Quirls in verschiedenen Größen.
Wir dagegen hatten einen Mixer.
Im Grunde quirlt ein Mixer auch, nur halt viel schneller.
Mir ist natürlich klar, dass Du es nicht so verstanden haben willst.
Aber auch wenn ich mich daran erinnere, dass die gerade Sex haben, bekomme ich das "quirlig" nicht untergebracht.

Und damit bin ich raus.
Als eine Art skurriler Musikantenstadl-Pseudo-Porno hätte das vielleicht was.

Du solltest mMn versuchen, weniger Adjektive zu benutzen. Und Deinen Figuren mehr Freiräume einräumen, in denen die nicht so stereotyp agieren müssen.

Gruß
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, erst einmal einen herzlichen Gruß an alle, die heute Statements zu meiner Kurzgeschichte abgegeben haben. Es ist wirklich spannend, was in und aus dem Text so alles gelesen wird! Ich kann daraus nur lernen.
NWZed
Viele gute Hinweise und gründliche Auseinandersetzung mit diesem bescheidenen Text! Dafür bedanke ich mich. Jeanettes Geschichte ist wirklich viel interessanter und wenn der Text dich zum Nachdenken über Jeanette gebracht hat, dann ist damit wenigstens schon ein bisschen erreicht.
wieselmaus
In der Tat habe ich ganz bewusst mit Klischees gearbeitet, das halte ich auch für legitim und Triviales, Stereotype, ja sogar Trash machen mir wirklich Spaß. Schade, wenn das Lesen des Textes dann nicht so viel Spaß macht wie das Schreiben. Ich habe mich dafür entschieden, nur aus der Perspektive dieses Protagonisten zu schreiben, der - wie du richtig erkannt hast - von mir auch gar nicht als Sympathieträger oder Identifikationsfigur gedacht ist. Wenn du dich beim Lesen über ihn geärgert hast, dann hat der Text in dieser Hinsicht wenigstens funktioniert.
Ane
Gründliche Arbeit mit diesem Text muss ich dir attestieren und dafür bedanke ich mich. Dass ich in fast allen angesprochenen Punkten anderer Meinung bin, davon darfst du ebenfalls ausgehen. Was soll ich nun tun? Ich habe nicht aus Unvermögen mit Stereotypen gearbeitet, sondern ganz bewusst. Das scheint in diesem Text leider nicht zu funktionieren.

An alle Leser!
Jeder darf und wird ein- und denselben Text anders lesen. Als Autor kann ich meine Kurzgeschichte nur coachen. Wenn das Training (der Schreibprozess) beendet ist, dann muss der Text in die Arena und sich selbst verteidigen. Wenn der Schöpfer einer Kurzgeschichte Erklärungen nachschieben muss, dann hat diese bereits verloren.
Nachdem "Mein Stellplatz Nummer 13" nach den ersten drei Statements bereits verloren hat, darf ich nun aber auch erklären, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

1. Der Protagonist zitiert Jeanette, die "locker" von einem "kleinen Seitensprung" gesprochen habe. Das heißt nicht, dass der Autor selbst diese Ausdrucksweise für akzeptabel oder intelligent hält, sondern es handelt sich um Gedanken des Protagonisten, der durch eben diese auch charakterisiert werden soll.

2. Die zwei glücklichen Bewohner einer einsamen Insel sind eine naive, leicht kitschige Fantasie des Ich-Erzählers, die zeigt, das er Jeanette auf seine Art wirklich liebt, diese Liebe aber in der Realität kaum eine Perspektive hat.

3. Das Plastikschild ist grün: Prinzip Hoffnung, andererseits ist Plastik relativ wertlos.

4. Jeanette ist schlank, rothaarig und hat grüne Augen. Sie hat kein lebendes Vorbild, sondern die Inspiration stammt aus der Kunstgeschichte, eine präraffaelitische Schönheit habe ich beim Schreiben vor Augen, so erklärt sich auch das Adjektiv „engelsgleichen“. Rote Haare werden aber oft mit Hexen assoziiert, auch das ist hier ausdrücklich gewollt.

5. Das sexuell provokative Twerking steht bei der Formulierung „ihr quirliger Po“ Pate und weist auf das Jahr 2016 hin. Die Assoziation "Küche" ist gewollt und ich finde das lustig, wahrscheinlich aber sonst niemand.

6. Die „rote Haarpracht“ duftet nach „Rosen“, dem Symbol der Liebe schlechthin. Der Leser soll verstehen, dass der Ich-Erzähler Liebe empfindet, auch wenn es von außen betrachtet und sogar in der erzählten Perspektive des Protangonisten anders aussehen mag.

7. Der Blick aus dem Fenster liegt durchaus auch in der Perspektive des Ich-Erzählers, über die roten Haare hinweg sieht auch er die Taunusberge, auch weiß er, dass sich die Marmor-Fensterbank kühl anfühlt. Es findet also kein Perspektivenwechsel statt.

8. Der Nebel ist der Romantik geschuldet. Aus dem Hochhausfenster hat man einen Blick wie der Wanderer über dem Nebelmeer. Zugleich wächst bereits die Distanz zur Wehrheimvilla, sie verschwimmt im Dunst.

9. Der Gestank im Fahrstuhl legt nahe, dass mit der ganzen Situation etwas nicht in Ordnung ist. Die Sache stinkt sozusagen oder, wie man in manchen Gegenden Deutschlands sagen würde, hat ein Geschmäckle.

10. Es findet sich eine literarische Anspielung auf die Minnelyrik des Walther von der Vogelweide: "Gebrochen bluomen unde gras, / vor dem walde in einem tal. / Tandaradei," In der Kurzgeschichte heißt es: "... der Duft nach verrottendem Laub und Gras."! Diese Textstelle kontrastiert mit der mittelalterlichen Minnelyrik, die Minne ist auf den Hund gekommen, aber immer noch Minne.

11. „Ganz auf das Fahren fokussiert ...“ trägt dem Sprachgebrauch des Jahres 2016 Rechnung, früher hätte man „konzentriert“ geschrieben.

12. Ein bedrohliches Raubtier, eine Art Krokodil, ein dunkler Kaiman ist der böse Porsche Cayman S in der Wahrnehmung des Ich-Erzählers, der sich in Gefahr sieht.

13.Der Herzrhythmus und die Atmung (Training) des Protagonisten korrespondieren mit dem später erwähnten plötzlichen Herztod von Jeanettes Ehemann.

Bis auf den allerersten und die "Küche"-Anmerkung beim dritten habe ich diese Punkte lange bevor ich die drei ersten Statements zu dem Wettbewerbsbeitrag gelesen habe notiert.

Einen schönen Abend noch,
Bjoern

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bjoern Klaras

ich freue mich, dass du die Kritik sportlich souverän nimmst. Deine Erläuterungen zeigen, welches Potential in deinem Text steckt. Die Idee zur Persiflage bzw. Satire wäre schon eine Möglichkeit, deine Intentionen zu realisieren.

Dein Verweis auf Walther von der Vogelweide hat mich echt vom Sofa gehoben, habe ich doch erst vor kurzem just dieses berühmte Gedicht in einer KG verarbeitet. Sie heißt "Eine mittlere Frau" und stellt das konträre Frauenbild zu deiner Prota da. Falls du vergleichen möchtest, such in meinem Profil unter Themen. Find ich witzig, und ich habe wieder einmal kapiert, der Ich-Erzähler ist nie eins zu eins mit dem Autor gleichzusetzen. Zum Glück!:teach:

Ich hoffe doch, dass du nochmals an die Arbeit gehst. Das müssen wir hier alle.

Gruß wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bea Milana,
während ich an meinem eigenen Beitrag gearbeitet habe, ist dein Statement noch dazwischengerutscht. Jetzt habe ich also mit vier Kritikern zu tun! Toll, dass du den Text ein bisschen lustig findest, ich habe beim Schreiben nämlich viel Spaß gehabt. Den von diir erwähnten Satz habe ich mit Absicht so formuliert und die Geschichte sollte tatsächlich schnell zu einem Ende kommen. Die kriminaltechnische Realität spielt insofern hier keine Rolle, als der Protagonist und Ich-Erzähler davon keine Ahnung hat und nur aus dessen Wahrnehmung und Perspektive erzählt wird. Zufall gibt es übrigens wirklich, davon bin ich überzeugt!
Danke fürs Lesen,
Bjoern

 

1. Der Protagonist zitiert Jeanette, die "locker" von einem "kleinen Seitensprung" gesprochen habe. Das heißt nicht, dass der Autor selbst diese Ausdrucksweise für akzeptabel oder intelligent hält, sondern es handelt sich um Gedanken des Protagonisten, der durch eben diese auch charakterisiert werden soll.

Da du die Ich-perspektive gewählt hast, kann sich das jeder Leser denken. Da musst du dich nicht für rechtfertigen.

3. Das Plastikschild ist grün: Prinzip Hoffnung, andererseits ist Plastik relativ wertlos.

Das ist gut und mir völlig entgangen. Von Farblehre und ihrer Bedeutung hab ich 0 Ahnung.

Rote Haare werden aber oft mit Hexen assoziiert, auch das ist hier ausdrücklich gewollt.

Es könnte sich auch einfach nur um eine rothaarige Frau handeln. Das ist ein wenig weit her geholt. Wenn du sie mit einer Hexe assoziieren willst, mach das anders - und nicht über rote Haare, denn die sind etwas allgemein und kommen im Alltag recht oft vor.

5. Das sexuell provokative Twerking steht bei der Formulierung „ihr quirliger Po“ Pate und weist auf das Jahr 2016 hin. Die Assoziation "Küche" ist gewollt und ich finde das lustig, wahrscheinlich aber sonst niemand.

Also, das ist ja wohl nur dir immanent. Um an der Stelle auf Twerking zu kommen, muss man schon gehörig um die Ecke denken. Das wäre doch bildlicher gegangen. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass deine Wortwahl an dieser Stelle irreführend ist.

9. Der Gestank im Fahrstuhl legt nahe, dass mit der ganzen Situation etwas nicht in Ordnung ist.

Du lässt dem Gestank im Text selbst nicht genug Bedeutung zukommen, als dass ich diesen Gedanken ergreifen könnte. Dass da etwas nicht stimmt, weiß ich auch ohne ominösen Gestank im Fahrstuhl. Da brauchts im Grunde keine Symbolik, sondern nur gesunden Menschenverstand.

Ein bedrohliches Raubtier, eine Art Krokodil, ein dunkler Kaiman ist der böse Porsche Cayman S in der Wahrnehmung des Ich-Erzählers, der sich in Gefahr sieht.

Und ich denke, dass das leider nicht so im Text steht, weil der Prot eine Pfeife ist. Schade, denn das ist ein schöner Vergleich.

***

Du hast zu so vielen Punkten so viel zu sagen - und da ärgert es mich, dass der Text nur so kurz geworden ist. Viele dieser Punkte hättest du nämlich korrekt und besser verständlich in den Text einarbeiten können, ohne dass du sie uns vorkauen musst. Ich habs schon in meinem Beitrag oben geschrieben und wiederhole mich gern nochmal: Nimm dir einfach mehr Zeit. Was für dich als Autor immanent und total aussagekräftig ist, muss erstmal beim Leser ankommen, sonst bringt dir auch die schönste Allegorie nichts. Lies dir deine Punkte nochmal durch, halte sie vor deinen Text und frag dich: "Wie könnte ich das besser rüberbringen? Am besten ohne durch ungeschickte Wortwahl fehlzuleiten."

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen NWZed,
an dein erstes Statement zu meinem Challenge-Beitrag habe ich heute früh gedacht und wollte dazu noch einmal Stellung nehmen, als du mir jetzt zuvorgekommen bist. Ich halte deine neuen Hinweise für sehr hilfreich und bedanke mich schon einmal dafür.
Wie ich mich nach der Fertigstellung der Kurzgeschichte gefühlt habe, ist von mir in einem Blog-Eintrag festgehalten worden, noch bevor ich die Kurzgeschichte hier hochgeladen habe:
"Ich lese zur Zeit mehrmals am Tag meine eigene Kurzgeschichte, die ich für das Thema des Monats (Auf der Mauer stand mit Kreide) geschrieben habe (....) Jeanette is TOO HOT TO HANDLE für den 22 Jahre älteren Immobilienmakler! Wie sang Bryan Ferry einst mit Roxy Music und auch mit Jane Birkin? IN EVERY DREAM HOME A HEARTACHE!
Ich habe der Geschichte ganz viel EXTRA LOVE und TENDER LOVING CARE gegeben, heute am 13. November lade ich sie hoch! Es ist mein 13. Beitrag hier bei den Wortkriegern und die Nummer 13 in der "Thema des Monats"-Textsammlung:
LUCKY THIRTEEN!"
Die Hinweise auf Bryan Ferry und Jane Birkin verweisen zurück auf die siebziger Jahre, mit denen ich mich derzeit auseinandersetze. Die Aus- und Nachwirkungen der vor vierzig und mehr Jahren stattgefundenen sexuellen Revolution mit Tabubrüchen und angeblicher Befreiung hatte ich beim Schreiben im Hinterkopf. Der Text sollte ein wenig retro und trotzdem aktuell werden, um eine Brücke zwischen den Siebzigern und dem Jahr 2016 zu schlagen. Dieser Hintergedanke hat vielleicht auch der Wortwahl geschadet, denn ein Spagat geht manchmal schief.
Falls ich den Text noch einmal überarbeite, werde ich alle von dir genannten Punkte überdenken und gegebenenfalls bei einer Umgestaltung berücksichtigen. Im Moment muss ich das alles erst einmal sacken lassen, hoffentlich wache ich in den nächsten Tagen irgendwann mit einer Erleuchtung auf! Ich möchte wirklich, dass der Spaß, den ich beim Schreiben hatte, auch bei der Leserschaft ankommt.
Eine Frage noch: Weshalb darf ein Protagonist keine Pfeife sein? Ich finde das gerade lustig und hatte auch auf ein klein wenig Empathie für den Ich-Erzähler als männliches Sexualobjekt gehofft.
Danke und vielleicht bis bald,
Bjoern

Postskriptum: http://www.wortkrieger.de/entry.php?457-Mein-Stellplatz-Nummer-13

 

Hallo Bjoern!

Ich wollte eigentlich nur kurz was zum "Krimi"-aspekt sagen: Niemand wird verhaftet, weil ein fremdes Auto auf seinem Stellplatz steht, nicht mal festgenommen. Nicht mal: "Bitte kommen sie mit aufs Revier, ein fremdes Auto steht auf ihrem Stellplatz!"
=> Falls dein Text wirklich ein Krimi werden soll, kann ich dir nur raten, realistischer zu werden, vielleicht ein klein wenig die Rechtslage zu recherchieren oder so.

Durch deine Antworten auf die anderen Komms habe ich gesehen, dass du dich extrem auf Symbole berufst. Aus roten Haaren soll man auf Hexe schließen, aus etwas Grünem auf Hoffnung, aus Duft nach Rosen auf Liebe, aus Nebel auf Romantik, usw. Wow.
=> Wie soll ein Leser ohne Gebrauchsanweisung dahinterkommen, dass du all das sagen willst? Wenn du verstanden werden willst, solltest du das extrem runterschrauben. Für mich ist ein grünes Schild ein grünes Schild.

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chris Stone,

danke für deinen Leseeindruck! Völlig recht hast du mit dem, was du schreibst. Deinem Rat (runterschrauben) werde ich dennoch nicht folgen, sondern hier einen ganz eigenen Weg einschlagen. Für mich ist es im Moment etwas schwierig, über für die anderen Wortkrieger noch Unsichtbares zu schreiben, denn eine halb überarbeitete Kurzgeschichte möchte ich nicht hochladen. Da lasse ich lieber bis Samstag noch die alte stehen. Gerne wissen möchte ich aber, ob der von mir eingeschlagene Weg der Umarbeitung in irgend jemandes Augen erfolgversprechend aussieht:

Es findet kein Wechsel der Erzählperspektive statt, aber das bereits vorhandene Textgerippe wird mit zahlreichen, teilweise provokanten und witzigen, aber auch bösen und prätentiösen Gedanken des tendenziell präpotenten Protagonisten angereichert, der als bildungsbeflissener Fitnessfanatiker fast immer auf eine gepflegte, manchmal gestelzt wirkende Ausdrucksweise achtet, die den Ich-Erzähler kennzeichnet. Von seiner Umgebung nur als Bodybuilder und Toyboy wahrgenommen, kämpft er im Geiste gegen das Vorurteil, er sei dumm und ungebildet. Er wehrt sich dagegen unter anderem mit erstaunlichem Philosophiewissen über Hedonismus, Eskapismus und Libertinage, der Deutung der Farbe Grün auf dem Plastikschild, mit Verweisen auf Walther von der Vogelweides Minnelyrik, C. D. Friedrich und die Romantik, mit Metaphorik rund um den Porsche Cayman und auch mit zwei lateinischen und mehreren englischsprachigen Zitaten sowie einigen Kenntnissen zu Gesundheitsfragen, Trainingsroutinen, Aminosäuren, Hormonen, Mentaltraining, den Präraffaeliten und dem Darwinismus. Der Ich-Erzähler überrascht auf diese Weise als kleiner Bildungsbürger etwa auf dem Niveau des Abiturwissens, zum Teil sogar darüber.

Die Dreiecksbeziehung wird ausgeschärft, indem der Protagonist sich an verschiedenen Stellen gedanklich mit Herrn Wehrheim auseinandersetzt, dessen Tod er fast vorausahnt. Außerdem wird der Liebe, die der Ich-Erzähler für Jeanette empfindet (oder zu empfinden glaubt) jetzt eine viel größere Aufmerksamkeit geschenkt.

Die konkreten Hinweise von barnhelm, NWZed, wieselmaus, Ane, Bea Milana und dir werden bei der Umarbeitung selbstverständlich berücksichtigt. Bei dem Krimi-Aspekt fällt mir ein: Im Moment werden Erotik und Krimi angezeigt. Wie kann ich das ändern? Können das nur Moderatorinnen und Moderatoren?

Die jetzige Fassung vom 13.11.2016 ist auch dem Datum geschuldet. Ich konnte einfach nicht widerstehen, die Kurzgeschichte als meinen 13. Beitrag bei den Wortkriegern und als die damalige (hat sich geändert) Nummer 13 in der "Thema des Monats"-Textsammlung zu präsentieren. Ab Samstag wird hier mein endgültiger Challenge-Beitrag stehen. Korrekturen sollen dann nur noch bei fehlerhafter Zeichensetzung und ähnlichen Kleinigkeiten erfolgen.

Ich hoffe ab Samstag auf neugierige Leserinnen und Leser!
Allen einen schönen Tag,
Bjoern

 

Hola Bjoern Klaras,

vielleicht komme ich bei der Überarbeitung Deiner KG noch nicht zu spät, denn dann könntest Du Deiner Liste bitte noch Brillat-Savarin, Marie-Antoine Carême und Escoffier zufügen, weil ein – und wenn auch nur halbwegs – gebildeter Mensch diese herausragenden Persönlichkeiten kennen sollte.
Bis jetzt haben wir, wenn auch mMn noch etwas Kosmisches fehlt, doch schon einiges:
Hedonismus
Eskapismus
Libertinage
Deutung der Farbe Grün
Minnelyrik
C. D. Friedrich und die Romantik
Metaphorik rund um den Porsche Cayman
zwei lateinische Zitate
englischsprachige Zitate
einige Kenntnissen zu Gesundheitsfragen
Trainingsroutinen
Aminosäuren
Hormone
Mentaltraining
die Präraffaeliten
und den Darwinismus.

Ach – das hätte ich fast vergessen: Den Nihilismus bitte auch!

Das wird sicherlich eine tolle Geschichte. Ich drücke ganz fest die Daumen.

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo josefelipe,
wie komisch - ich hatte Komisches gelesen, du meinst aber Kosmisches - die Gechichte bereits jetzt schon ist, das kann ich dir ja leider nicht zeigen, da musst du bitte bis zum Samstag warten. Du hast aber hoffentlich verstanden, dass ein Ich-Erzähler in Gestalt eines sich missverstanden fühlenden, nach eigener Einschätzung hochgebildeten und kultivierten Bodybuilders und Toyboys einen Versuch meinerseits wert ist. Deine Hinweise auf den Nihilismus und Kosmisches sind super!
Ich hoffe inständig, dass ich eben nicht nur Ironie gelesen habe, sondern dass das Daumendrücken auch so gemeint ist, aber man weiß ja nie.
Gruß,
Bjoern

 

Eine blumige Sprache hastu gewählt,

lieber Bjoern,
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!,

arg adjektivlastig, hart bei Schwulst und Kitsch, von den „einzigen und für immer glücklichen Bewohner einer verzauberten Insel“ über den „flehenden Klang ihrer leicht heiseren Stimme“ zur „zierlichen, engelsgleichen Gestalt“. Wenigstens werden die Körpersäfte auf der Vögel-Weide nicht näher beschrieben und durch Landschaftsbeschreibung in „milchiger Ferne“ ersetzt. Auf den Bezug zur hochmittelalterlichen Blüte des Minnesangs und speziell under der linden muss man erst Mal kommen.
Der blumeranten Sprache entsprechend, sitzt man dann nicht einfach am Steuer und achtet auf den Verkehr, nein, man „fokussiert“ sich aufs Fahren, die Autobahn ist nicht einfach voll, sondern „stark frequentiert“. Usw. Da kann man schon mal die Höflichkeitsform vergessen

„Trägt hr Stellplatz in der Tiefgarage die Nummer 13?“, fragt man mich.
„Das wissen ie doch, sonst hätten sie mich ja nicht verhaftet.“

Gruß

vridel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedrichard

Eine blumige Sprache

Aus der Sicht eines Lesers der jetzigen Fassung ist die von dir geleistete Sprachkritik logisch nachvollziehbar und für mich völlig akzeptabel.
Da ich der Leserschaft keine Chance gebe, den Ich-Erzähler kennenzulernen, hält man dessen Formulierungen für die des Autors. Sie sind jedoch als Worte des Protagonisten gedacht, der aus bestimmten Gründen so und nicht anders erzählt.
In der zweiten Fassung von "Mein Stellplatz Nummer 13" wird das deutlich werden.
Die Textstelle mit der Höflichkeitsform kommt dort gar nicht mehr vor. Ich habe das trotzdem oben geändert. Ich zwinge mich dazu, mit dem Hochladen der Neufassung bis Samstag zu warten, damit ich noch etwas darüber nachdenken und daran feilen kann.

An alle Wortkrieger:
Bjoern ist nicht so, wie diese Sprache klingt. Es ist die Sprache des Erzählers in der ersten Person, den man noch besser kennenlernen wird, nicht die Sprache des Autors, der sich seinerseits hinter dem Pseudonym Bjoern Klaras verbirgt.
Bis Samstag, 19.11.2016, hoffentlich nicht nur auf ein Déjà-vu,
Bjoern

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Wortkrieger und Wortkriegerinnen!

Um den hoffentlich noch zahlreichen Kritikern und Kritikerinnen etwas Mühe zu ersparen und um unnötige Redundanz zu vermeiden, gebe ich hier ein paar Antworten auf Fragen, die nach der Lektüre der Neufassung von „Mein Stellplatz Nummer 13“ möglicherweise auftreten:

1. Grundlegendes

Meine erste Fassung der Kurzgeschichte „Mein Stellplatz Nummer 13“ war ein schlichter Versuch mit der Beschränkung auf einfachste Basics und die Vorgabe: Kreide an der Mauer. Dem wurde eine Dreiecksbeziehung zugrunde gelegt, dazu ein Ich-Erzähler erfunden und eine Prise Sex und Crime hinzugefügt. Die Neufassung gibt dem Ich-Erzähler Gerrit sehr viel mehr Raum und die Dreiecksbeziehung wird ein wenig ausgeschärft, indem Gerrit sich gedanklich mit Herrn Joachim Wehrheim auseinandersetzt. Die weibliche Figur Jeanette Wehrheim erscheint nun explizit als janusköpfig.

2. Der Erzähler

Der Erzähler in der ersten Person ist Gerrit, genannt der Bodyman. Von seiner Umgebung meist nur als Bodybuilder und Toyboy wahrgenommen, kämpft er fast unentwegt gegen das Vorurteil, er sei dumm. Er möchte als Bildungsbürger anerkannt werden, bemüht sich deshalb um eine gepflegte, stark ausgeschmückte Sprache, sucht gewählte, manchmal gestelzt wirkende Formulierungen und setzt auf Imponiergehabe, indem er sein Halbwissen ausbreitet. Gerrit würde nie das F-Wort verwenden. Gerrit versucht beharrlich, eine illusionäre Existenzform zu leben, die er selbst als neoromantisch bezeichnet. In sprachlicher Hinsicht gerät er dadurch als Ich-Erzähler stellenweise in die Nähe zum Kitsch. Der Erzähler ist hier als ein nur bedingt zuverlässiger angelegt. Was Leser und Leserinnen ihm glauben, bleibt ihnen überlassen. Die Fernsehfahndung nach dem Porsche Cayman und Jeanette Wehrheim zum Beispiel ist in der Realität kaum vorstellbar. Warum erzählt Gerrit so etwas? Ist es vielleicht doch passiert? Besonders seit dem Phänomen „Postmoderne“ sind unzuverlässige Erzähler nicht selten und meiner Meinung nach auch erlaubt. Literatur ist nie ein strenges Abbild der Realität.

3. Narzissmus

Gerrit scheint nur für den Körperkult zu leben. Den Spitznamen Bodyman trägt Gerrit seit seiner Schulzeit. Sein Gegenstück hat Gerrit in der ebenfalls narzisstischen Jeanette gefunden, die sich selbst als präraffaelitische Schönheit stylt und von Gerrit als Engel betrachtet wird. Wie aus einem Rossetti-Gemälde herausgefallen sieht sie aus, La Ghirlandata oder Lady Lilith, also janusköpfig. Die Beziehung zwischen Gerrit und Jeanette ist eine Beziehung zwischen zwei Narzissten. Gerrit ist oft gekränkt, es heißt ja auch narzisstische Kränkung, weil er glaubt, dass seine durchaus vorhandene Intelligenz und Bildung nicht anerkannt werden. Deshalb spricht er immer ganz gewählt und macht dabei ein ernstes Gesicht.

4. Humor

Der Autor lässt Gerrit selber erzählen und hofft, das es unterhaltsam ist, wenn Gerrit in blumiger Sprache aus seinem wilden Leben erzählt. Der Humor ist also eng mit dem Ich-Erzähler verbunden. Es ist angestrebt, weder denunziatorisch noch verurteilend oder verletzend zu schreiben, sondern freundlich humorvoll mit Happy End. Als Vorbild für humorvolles Erzählen kann hier Roald Dahl genannt werden.

5. Vorbilder

Der Autor beruft sich auf die pikareske Tradition des europäischen Schelmenromans, dabei in erster Linie auf „Felix Krull“ von Thomas Mann. Ebenso wie Felix lebt auch Gerrit eine illusionäre Existenzform. Gerrit ist im Gegensatz zu Felix aber kein typischer Hochstapler, eher ein Aufschneider. Beim Erzählen in der ersten Person schimmert auch ein klein wenig Ulrich Plenzdorf mit „Die neuen Leiden des jungen W.“ durch. Beim Schreiben hatte der Autor sehr damit zu kämpfen, seinem in der ersten Fassung des Textes viel zu wortkargen Ich-Erzähler Gerrit die erforderliche Geschwätzigkeit anzutrainieren. Stundenlanges Fernsehen mit Guido Maria Kretschmer und „Shopping Queen“ hat hier den Erfolg gebracht. Leider wirkt Gerrit nun ein bisschen schwul, obwohl er eindeutig hetero ist.

6. Gemälde – Präraffaelismus und Romantik

Der Autor lässt sich von dem präraffaelitischen Gemälde La Ghirlandata (lieb) von Dante Gabriel Rossetti inspirieren, dem das Bild der Lady Lilith (böse) des gleichen Malers gegenübergestellt wird. Die Kurzgeschichte spielt im Jahre 2016, aber der Stil, in dem der Ich-Erzähler erzählt, erfährt eine ähnlich blumige Ausprägung wie sie in dem La Ghirlandata-Gemälde zu sehen ist, weil Gerrit völlig überspannt ist. Die Leserschaft nimmt das hoffentlich mit Humor. Caspar David Friedrichs Der Wanderer über dem Nebelmeer steht hier unter anderem deshalb für die Romantik, weil Gerrit sich selber als Neoromantiker sieht. Der Autor zumindest findet das lustig. Allen drei Gemälden ist gemeinsam, das sie endlos reproduziert worden sind und sich als Öldrucke und Prints an allen möglichen und unmöglichen Orten finden lassen. In dieser Form handelt es sich um abgesunkenes Kulturgut im Sinne von: Hochkultur meets Trash!

Leider werde ich erst am Sonntag, dem 20.11.16, auf eventuelle neue Statements antworten können. Viel Freude beim Lesen und Kritisieren!

Mit herzlichen Grüßen an alle Wortkriegerinnen und Wortkrieger sowie an alle Gäste!

Bjoern

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Bjoern Klaras, hur mår du?
Ich habe wohl heute die überarbeitete Fassung gelesen. Ich war zu faul, die Kommentare zu lesen. Mein erster Eindruck war, hier erzählt ein Kerl, den ich nicht als Schwiegersohn haben möchte.
Zu guter Letzt hatte ich sogar Mitleid mit diesem Kerl, der so versessen ich - bezogen ist. Ich glaube nicht, dass es dir gelungen ist, eine narzisstische Persönlichkeit zu offerieren. Dafür reflektiert der Kerl zu viel. Die Gedankenwelt des Ich- Erzählers mag darauf hinweisen, dass er oberflächlich wirkt. Tatsächlich bewirkt es bei mir das Gegenteil. Er ist ein Typ mit Bindungsstörung, der sicherlich seine Geschichte in der Geschichte hat. Doch diese Geschichte wird nicht erzählt.
Die Sexszene ist unfreiwillig komisch. Erst einmal habe ich gedacht, welcher Mann kann dabei noch so denken, wie hier geschrieben wird. Und wie kann er sehen, dass ihre Augen offen sind, wenn er von hinten bumst. Hier kam es mir vor, als wolltest du schreiben, dass der Sex für sie nur Mittel zum Zweck war. Das passt nicht in die Gedankenwelt dieses Mannes. Es sei denn, du willst auf die Projektion seiner Gefühle hinaus. Aber das versteht der Otto - Normal - Leser vielleicht nicht.
Ich finde, die Geschichte setzt darauf, dass der Leser eine Fülle an Informationen von sich einbringen muss, um sie insgesamt in dem von dir verstandenen Kontext zu erfassen.
Die Sprachgirlanden tragen dazu bei, dass ich einiges zweimal lesen musste, um mich zu vergewissern, dass ich den Faden nicht verliere.
Ein paar Kommata fehlen meiner Meinung nach, aber ich bin da eher ein Legastheniker, als ein Wissender.
Vi hör!
Goldene Dame

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bjoern Klaras, es tut mir leid, aber ich komme mit dem Text einfach nicht klar - auch nicht, oder vielleicht sogar noch weniger, in der zweiten Fassung.
Kurz zusammengefasst warum:

1. Der Ich-Erzähler interessiert mich nicht. Überhaupt nicht. So sehr ich ihn auch zu verstehen versuche, mich in ihn hineinversetzen will, es gelingt mir einfach nicht. Der Typ ist so unglaublich belanglos. Das Problem ist nur, wäre er wenigstens Lustig-belanglos könnte ich noch über ihn lachen. Aber auch das ist er nicht. Dazu ist er unsympathisch,aber eben auch nicht so sehr, dass ich ihm Böses wünschte, nee, ehrlich gesagt, es ist mir vollkommen egal, was mit ihm passiert. Und als erzählende Figur ist er so unglaublich geschwätzig. Der redet so viel kalten Kaffee, das die eigentliche Geschichte darin total versenkt wird. Irgendwo im Bodensatz verschwindet.

2. Die Geschwätzigkeit des Textes muss ich natürlich auch dir als Autor vorwerfen. Ganz ehrlich, das ist viel zu viel. Mir ist klar, dass es deine Intention ist den Prot als Möchtegern-Alleswissenden darzustellen. Aber du bist dabei völlig übers Ziel hinausgeschossen. Nichts davon dient wirklich der Entwicklung der Figur. Und fast gar nichts davon hat für den Verlauf der Geschichte weitere Bewandtnis. Das sind einfach nur ganz, ganz, ganz viele (zum Teil durchaus wohlklingende) Behauptungen und Phrasen. Ich finde das schade, denn es ist ja nicht so, dass du kein Gespür für Sprache oder Timing hättest. Das ist jetzt vom Stilistischen her völlig okay. Aber inhaltlich ist es - zumindest für mich - der komplette Rohrkrepierer. Sorry.

3. Es erscheint mir sehr problematisch, dass du mir als Autor schon im Vorfeld, also bevor du die neue Version gepostet hast, im Prinzip alles erklären willst. Ich meine das nicht böse, aber das wirkt auf mich FAST ein bisschen so, wie du deinen Prot anlegst. Ein bisschen narzisstisch halt. Ich will das nicht VORHER erklärt bekommen. So wichtig ist mir der Text dann ehrlich gesagt auch nicht. Dazu kommt: Der Autor traut seinen Lesern nicht zu, dass sie durch die Geschichte steigen. Aber wenn du mir das vermittelst, hast du mich doch schon vor dem ersten Satz in gewisser Weise als Gegner. Entweder die Geschichte steht für sich und schafft es mich allein durch ihre Lektüre zu überzeugen, oder es liegt eben etwas gewaltig im Argen.

Das mag jetzt verdammt hart klingen, und eventuell empfindest du es als verletzend, dann entschuldige ich mich dafür, und es ist auch wirklich nicht mein Anliegen, dir den Tag zu versauen. Aber zumindest für mich machst du in dieser Kurzen so ziemlich alles so, wie ich es nicht mag. Nochmals, ich denke, du kannst schreiben und hast ein Gefühl für Sprache. Überfrachte das Ganze einfach nicht so. Bin gespannt eine weitere Geschichte von dir zu lesen. Eventuell ist mein Eindruck da ja ein viel positiverer.

Nichts für ungut.
LG svg

P.S.: Ich frage mich jetzt schon die ganze Zeit, warum ich so sauer aufgestoßenen auf deine Geschichte reagiere. Es ist echt Punkt 3. Diese Gebrauchsanweisung, wie ich als Leser die Geschichte zu verstehen habe bzw. lesen muss, geht einfach gar nicht. Natürlich hast du als Autor das Recht, deine Geschichte zu verteidigen oder zu erklären. Aber auf diese Art und Weise bereits im Vorfeld zu schreiben, so ist das übrigens zu verstehen, das sind meine Gedanken, das meine Vorbilder... nee, echt nicht. Ich fühle mich da einfach bevormundet und als Leser nicht ernst genommen. Möglicherweise tue ich dir da Unrecht, aber ich wollte es einfach noch einmal loswerden.

 

Hallo Bjoern Klaras,

es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber dein Protagonist ist mir so dermaßen unsympathisch, dass ich gehofft hätte, die Polizisten verknacken ihn. Da wirft ein unfassbar von sich überzeugter Typ, der offensichtlich sehr auf seinen Körper fixiert ist, ständig mit Sätzen von Philosophen um sich und betont, was er alles noch aus der Schule weiß und wie sehr ihn die Leute unterschätzen, und ich dachte mir die ganze Zeit: Nee, die unterschätzen dich nicht, die liegen goldrichtig. Wirklich, ich kann mir nicht helfen, aber an diesen Typ komme ich gar nicht ran. Was okay wäre, wenn er etwas Interessantes an sich hätte oder ein Geheimnis oder irgendetwas. Aber da kommt nichts, außer seinem Geschwafel.

Als Jeanette dann abhaut und der Bericht im Fernsehen läuft, da wird es kurz interessant, da habe ich mich aufgerichtet und auf mehr gehofft. Aber leider passierte nichts. Nein, Jeanette ist nicht mal eine Mörderin, sondern hat ihren Mann einfach nur verlassen, der dann (das muss ich zugeben, schöne Ironie!) an einem Infarkt stirbt.

Zwischendrin dachte ich bei deinem Protagonisten an American Psycho. Der Typ ist ja auch so furchtbar ätzend, dass man ihm permanent eine schmieren will. Aber er hat ein dunkles Geheimnis, das man entdeckt. Man folgt ihm, beobachtet den Spagat zwischen der schleimigen, oberflächlichen Bürowelt und dem düsteren Dasein als kranker Killer. Das macht das Ganze spannend. Vielleicht kannst du mehr in die Richtung gehen, um dem leeren Gerede dieses Typen eine spannende Geschichte zu geben. Muss ja kein Abklatsch von American Psycho sein, sondern irgendetwas, das mich mitfiebern lässt.

Viele Grüße an dich!
RinaWu

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Kritiker und Kritikerinnen!

Ich habe hier ein einzigartiges Sprachgebilde (das ist keine Aussage über Qualität, lediglich über Originalität) abgeliefert, welches ohne das „Thema des Monats“ niemals in dieser Form entstanden wäre. Ich werde mich von jetzt an nicht mehr zu bloßen Geschmacksurteilen äußern oder gar zu rein emotionalen Statements, wie: Ich mag den Protagonisten nicht, ich hasse ihn! Auch das Gegenteil ließe ich unkommentiert einfach so stehen: Ich liebe diesen Ich-Erzähler!

Nun aber zu euren Beiträgen im Einzelnen:

Liebe Goldene Dame!

„Die Sexszene ist unfreiwillig komisch.“ Diese Szene habe ich selbstverständlich absichtlich so gestaltet, die komische Wirkung ist beabsichtigt. Als Stichwort habe ich schließlich Humor gewählt. Wenn der Humor in diesem Text nicht massenkompatibel ist, dann sei es so!
Wenn mir später noch mehr zu deinem Statement einfällt, melde ich mich wieder.

Lieber svg!

„Das mag jetzt verdammt hart klingen, und eventuell empfindest du es als verletzend, ...“
Da mach dir mal keine Sorgen! Ich habe hier etwas ins Extrem getrieben und die Konsequenzen waren auch für mich als Autor bereits absehbar.
„Es erscheint mir sehr problematisch, dass du mir als Autor schon im Vorfeld, also bevor du die neue Version gepostet hast, im Prinzip alles erklären willst.“
Das ist auch problematisch. Alles habe ich längst nicht zu erklären versucht, dann hätte ich ein Buch schreiben müssen. Mich stört nur, dass so häufig unterstellt wird, etwas sei aus Versehen so geschrieben worden, aus Unvermögen oder weil der Autor es vielleicht nicht besser weiß. Glaube mir bitte, alles an dieser Kurzgeschichte ist so gewollt, auch die Geschwätzigkeit (dafür habe ich extra Shopping Queen geguckt).
„So wichtig ist mir der Text dann ehrlich gesagt auch nicht.“
Wichtig muss er dir auch nicht sein! Es handelt sich um einen völlig konstruierten, mMn sehr künstlichen Beitrag rein für die „Thema des Monats“ Challenge. Jetzt werde ich mich wohl langsam mit der Rolle des Eddie the Eagle vertraut machen, denn ebenso wie jener Spaß am Skispringen hatte, habe ich Spaß am Kurzgeschichten-Schreiben, aber (…).

Liebe RinaWu

„Nein, Jeanette ist nicht mal eine Mörderin, sondern hat ihren Mann einfach nur verlassen, der dann (das muss ich zugeben, schöne Ironie!) an einem Infarkt stirbt.“ Danke für das kleine Lob!
Dein Hinweis auf American Psycho ist wirklich zielführend. Das wäre dann eine andere Geschichte, für die dieser Text als Basis dienen könnte.

Die Kurzgeschichte „Mein Stellplatz Nummer 13“ wird jetzt nicht mehr weiter verändert, denn der Mensch hinter dem Pseudonym Bjoern Klaras hat im wirklichen Leben noch eine ganz andere Schreibaufgabe zu bewältigen mit festem Abgabetermin und unter seinem richtigen Namen. Außerdem ist hier im Hintergrund in Kooperation mit einem weiteren Wortkrieger, sozusagen in Doppelautorschaft, ein sehr zeitintensives Projekt angelaufen. Hilfen zu Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung und einzelnen Formulierungen sind selbstverständlich willkommen!

Gruß,
Bjoern

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom