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2024 - Über den Weltfrieden

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08.08.2016
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2024 - Über den Weltfrieden

Die größten Waffenexporteure der Welt sind ab dem kommenden Jahr vertraglich dazu verpflichtet, auch die entsprechende Anzahl der weltweiten Kriegsflüchtlinge und Asylsuchenden aufzunehmen; die Aufteilungsquote wird orientiert an den jährlichen Umsätzen der Waffenindustrie jedes Landes.
(UNO Beschluss Juni 2024, Kairo.)

August 2024: Live-Übertragung in den Abendnachrichten

"Zu lange habe ich in mir gekämpft, zu lange habe ich mir die Frage stellen müssen, ob ich als Präsident eines der mächtigsten Länder dieser Welt, noch länger den Verkauf von Waffen in zwielichtige Länder zulassen und mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Als ich diese plötzlich aufgekeimten Gewissensbisse im Parlament ansprach und harsche Gegenwehr erwartete, gerade aus dem konservativen Lager, schlug mir eine Welle der Begeisterung entgegen. Tosender Applaus! Damit hatte ich niemals gerechnet.
Auch sie hatten scheinbar jahrelang darunter gelitten in der Regierung eines der größten Waffenexporteure der Welt zu sitzen. Wie häufig haben wir in der Vergangenheit abends still und leise in unser Kopfkissen weinen müssen um dann am nächsten Tage, im Sinne der Wirtschaftskraft unseres Landes, die nächsten Rüstungsdeals mit Ländern wie Syrien, Qatar oder Saudi Arabien abzusegnen! Aus moralischen und ethischen Gründen hat das Parlament nun entschieden, dass wir eingreifen werden, wir werden von nun an schrittweise weniger Waffen exportieren und alle Exporte bis zum Ende des Jahre einstellen. Ein paar Einnahmen werden wir verlieren. Auch ein paar Arbeitsplätze. Aber wir sind eine Wirtschaftsmacht, wir leben im Wohlstand, das können wir kompensieren. Was wirklich zählt ist nämlich, dass wir eine ethische Vorreiterrolle in der Welt übernehmen, wir für eine Welt stehen, die Menschenleben mehr liebt als den Profit. Eine Welt, die den Frieden schätzt und fördert, eine Welt, in der das Andersartige nicht gehasst wird sondern uns bereichert, eine Welt, die lieber für das Gute kämpft, als vor dem Schlechten zu resignieren, eine Welt in der unsere Kinder in Frieden und Harmonie leben können, eine Welt.. Oh. Entschuldigung. Hoppsala, na das ist ja ein Ding, warum hat er jetzt stocken müssen, warum muss euer Präsident jetzt während seiner rührenden Rede inne halten und wirkt dabei so sichtlich ergriffen, warum dieses Stocken, warum das Zittern seiner Stimme, diese Trauer in seinen Augen, all das werdet ihr nun fragen. Nun ja, das kann ich beantworten: Ich bin aus dem Konzept gebracht worden, weil ich inmitten meiner bewegenden Rede plötzlich an die vielen im Krieg getöteten Kinder denken musste. Kleine staubige Kinderkörper. Mit zerfetztem Hinterkopf in den Armen ihrer schreienden Eltern liegend. Das sind unsere Waffen, unsere Bomben... "

Ähnliche, beinahe noch bewegendere Stimmen wurden auch aus anderen Ländern vernommen.
Waffen werde man, aufgrund plötzlich aufgetretener moralischer Zweifel, nicht mehr exportieren.
Der Weltfrieden sei kostbarer als Geld, wurde mehrmals betont.


(Zur Verärgerung der UNO hat Nordkorea hingegen angekündigt, die weiterhin hohe Nachfrage des Weltmarkts nach Waffen zukünftig stillen zu wollen. Man sei zwar ein sozialistischer Staat, aber das sich abzeichnende neue Projekt sei hochgradig inspirierend. Die bald in Kraft tretende UNO-Gesetzgebung sei kein Problem. Flüchtlinge aus aller Welt seien herzlich Willkommen. Arbeitsplätze für diese hätte man in den neuen Fabriken dann ja genug, so der nordkoreanische Wirtschaftsminister Kim-Jung-Ho II.)

 
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Klärungsbedarf
Bis zur Klärung geschlossen.

Und jetzt wieder geöffnet.

 
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Hallo Novak,

bezüglich des Klärungsbedarfes.

Der Text ist Satire - arbeitet mit Überspitzung; aus meiner Sicht ist es relativ offensichtlich, dass ich auf einer Metaebene arbeite und nichts innerhalb dieses zynischen Szenarios befürworte.

Was war meine Idee?
Mit diesem fiktionalen Uno-Beschluss, der natürlich nicht gerade realistisch ist, aber ja eigentlich als Idee recht fair erscheint, werden die Länder mit den meisten Waffenexporten dazu verpflichtet, Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen: die Kriegsflüchtlinge und Asylanten der Welt aufzunehmen. Das möchten diese Länder tunlichst vermeiden; schon heutzutage möchten das leider viele Länder in Europa nicht; insofern nicht unrealistisch. Heimlich wird also hinter den Kulissen durchgerechnet, was mehr Kosten und Schaden verursachen wird. Die Verpflegung und Integration von Millionen von Kriegsflüchtlingen und möglichen Aufständen der eigenen, intoleranten Bevölkerung, oder eben der Verzicht auf Waffenexporte.
Plötzlich bekommen diese Länder also moralische Bedenken, die natürlich nichts mit dem Uno-Beschluss zu tun haben, sondern mit plötzlich erkannter moralischer Verantwortung, wie in hochgradig authentischen Reden bekundet wird.
Schlussendlich folgt dann der Gipfel der Zynik; der Uno-Beschluss, der Frieden in die Welt bringen sollte, geht nicht auf; andere Länder ziehen es von nun an in Erwägung, Waffen zu produzieren, denn sie sind im Gegensatz zu den ursprünglichen Industrienationen gerne bereit Flüchtlinge aufzunehmen. Kriegsflüchtlinge werden also von nun an in der neu entstehenden Waffenindustrie Nordkoreas eingesetzt. Sie produzieren wohl in Zukunft unter niedrigsten Umständen eben diese Waffen, die dafür verantwortlich waren, dass sie ihre Heimat verloren haben; Waffen die zukünftig wohl in ihrer Heimat eingesetzt werden.

Verständlich wenn es nicht jedermanns Geschmack trifft, es manchem zu zynisch oder sarkastisch ist, aber gute Satire muss eben gewisse Grenzen überschreiten. Ich lese ehrlich gesagt auch lieber schöne Geschichten, leicht und beschwingt, über Katzen, Schmetterlinge und Liebe.
Allerdings wird der Wahnsinn in der Welt nicht geringer, nur wenn niemand ihn beachtet.

Sollte etwas im Text den Regeln der Wortkrieger widersprechen, könnte ich das auch noch abändern und gegebenenfalls etwas verharmlosen.


Liebe Grüße

Mayathan

 

Hallo Mayathan,
ich versteh das gut, dass du nachfragst und erklärst, würd ich genauso machen wie du. Im Gegenteil, mich überzeugen deine Erklärungen sogar sehr von deiner Ernsthaftigkeit beim Schreiben. Und von dem Subtext deiner Geschichte sowieso. Den hatte ich auch eh verstanden
Der Klärungsbedarf bestand nicht in einer inhaltlichen Frage, sondern eher in einer formalen: ob du da eine Geschichte geschrieben hast. Hast du aber. Und nein. keine Regeln gebrochen, kein Änderungsbedarf im offensichtlichen Sinn.
Deine Idee und deinen gesamten Ansatz fand ich sogar sehr interessant. Lass mich dir morgen noch mal ausführlicher schreiben, bin echt grad scheißmüde. Aber nur so viel: Die Heuchelei ist sehr gut und deutlich zu mit durchgedrungen. :thumbsup:

Bis denn
Gruß von Novak und ein ganz herzliches Willkommen

 

Hallo Mayathan

und herzlich Wollkommen hier :)

Nur mal kurz: ich finde das, was du da schreibst, nicht so zynisch oder sarkastisch, es ist eher putzig und naiv...

. Wie häufig haben wir in der Vergangenheit abends still und leise in unser Kopfkissen weinen müssen um dann am nächsten Tage,
du verwechselst da was, Politiker weinen nicht, bestenfalls aus Kalkül, dann sind die Tränen aber nicht echt :D

Eine Welt, die den Frieden schätzt und fördert, eine Welt, in der das Andersartige nicht gehasst wird sondern uns bereichert, eine Welt, die lieber für das Gute kämpft, als vor dem Schlechten zu resignieren, eine Welt in der unsere Kinder in Frieden und Harmonie leben können, eine Welt..
Ähnliche, beinahe noch bewegendere Stimmen wurden auch aus anderen Ländern vernommen.
Zusammenfassung allen Gutmenschentums

An sich ja eine gute Idee, an sich ja ehrenwert, für eine Satire aber zu wenig auf die Spitze getrieben
viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Mayathan,

nein, ist nicht zu zynisch oder zu sarkastisch, was du geschrieben hast.

Ich fand deine Idee gut, was ich recht geglückt finde, das sind zwei Dinge. Zum einen, dass es in der Politik oft/meist/immer gar nicht um das Schicksal irgendwelcher Flüchtlinge geht trotz triefäugig vorgetragener Mitleidsbekundungen, sondern dass die Flüchtlingsströme als Material der eigenen jeweiligen politischen Bestrebungen benutzt werden.
Die Benutzung taucht bei dir etwas anders auf als in der Realität, aber dieses Materialsein, das kommt auf jeden Fall an.
Ebenso auch die treuherzig vorgetragene Mitgefühlsmasche, die du als pure Heuchelei entlarvst.
Also gerade die Stelle, die Isegrims oben zitiert hat, die verstehe ich anders, nämlich so, dass du die Tränen der Politiker durch die Übertreibung parodierst, sie der puren Heuchelei überführst.

Schwierigkeiten hätte ich allerdings damit, jetzt genau zu benennen, was dein Angriff ist. Der erscheint mir im Moment noch zu unklar, aber das kann an mir liegen. Bin im Moment nicht so gut beieinander. Wenn du magst, kannst du ja in deiner Antwort was dazu sagen.

Stilistisches lass ich momentan mal weg, bin immer noch oder schon wieder müde :D
Aber ich muss mal sagen, ich hab mich einfach gefreut, dass sich jemand an so ein wichtiges, aber eben auch schwieirges Thema rangewagt hat. Da hab ich dann wohl auf Stil und auf das schreiuberisch Konstruktive nicht so geachtet.
Viele Grüße von mir
Novak

 

Lieber Mayathan,

die Grundidee deiner Satire ist natürlich begrüßenswert. Aber ich suche – und da geht es mir wie Isegrims nach dem Satirischen in deinem Text. Beim Leser liegt es, dem von dir Dargestellten die Abhängigkeit der Politik von der Waffenindustrie und ihrer Lobby gegenüberzustellen und zu erkennen, dass das, was du hier schreibst, weit weg von jeglicher realer Möglichkeit ist, eine abstruses Gedankenexperiment. Als würde denn das Moralische und Ethische irgendwo wirklich das Handeln der Politiker bestimmen, als hätten sie überhaupt die Macht, so zu handeln. Und wenn in einem schwachen Moment ein Politiker moralisch handelt (Merkel), so holt ihn die Realität ganz schnell ein und bringt ihn zurück auf den Boden der Realpolitik.

So bleibt denn für mich deine Satire leider auf einer zu oberflächlichen Ebene, der von dir gemeinte Zynismus erreicht mich nur auf indirektem Wege. U.a. deshalb, weil dein Text das wirkliche Problem (Einfluss der Industrie auf das Handeln der Politiker) nicht thematisiert und es so letztendlich verniedlicht.

An dieser Stelle

warum dieses Stocken, warum das Zittern seiner Stimme, diese Trauer in seinen Augen, all das werdet ihr nun fragen.

dachte ich, dass du wie in Kafkas ‚Auf der Galerie’ dem gewünschten Bild die Realität gegenüberstellen würdest. Aber leider vertiefst du das Bild des von Skrupeln getriebenen Präsidenten nur. Schade. An dieser Stelle hätte sich mMn die Wirklichkeit melden müssen.

Auch das 'Wenn nicht wir, dann machen es die anderen' sprichst du zwar an, aber irgendwie berührt es mich nicht. Möglicherweise liegt es an deiner Art der Darstellung. Keine Ahnung.

Ich finde, Satire muss direkt und unmittelbar sein, muss den Nerv treffen, muss den Leser zur Empörung bringen oder ihn resigniert auflachen lassen. Das schafft dein Text bei mir leider nicht.

Das sind meine Gedanken zu deinem ansonsten stilistisch und formal fehlerfreien Text.

Lieber Mayathan, ich begrüße dich bei den Wortkriegern und warte auf weitere Texte von dir.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

"Fräulein, werfen Sie Ihr Kind weg, ich mach Ihnen ein neues",

so etwa lautet eine Stelle bei Tucholsky und die tut weh,

lieber Mayathan -

und nach dem Schock erst einmal herzlich willkommen hierorts.

In der Tat ist Dein Gedanke, die Flüchtlingsquote nach den Waffenexporten festzulegen, nicht schlecht, aber ich sehe nicht einen zittern, weder Meister Gabriel (aber auch Rheinmetall, Krauss-Maffat u. a.), die Kriegsministerin oder auch nur der Innenminister und Hugenottenabkömmling - seine frz. Vorfahren waren in Brandenburg und hernach Preußen als Flüchtlinge wohlwollend aufgenommen worden und haben - wie auch Juden - entscheidend am Aufstieg der Hausmacht der Hohenzollern mitgewirkt.

Satire muss beißen, weh tun, dabei muss man nicht wie Jonathan Sift den Armen empfehlen, die gut zubereiteten eigenen Kinder zu verspeisen und auch den Hartz IV Empfängern nicht den aktuellen Steuerfreibetrag zu nennen und was ihnen als Existenzminimum vorgekaukelt wird dagegensetzen.

Die Themen liegen auf der Straße, es muss sich nur einer reinbeißen. Es is Gutmenschentum, das aus Dir oder besser, Deinem Präsidenten, spricht und wenn einer eine Träne verdrückt, dann nicht aus Wut, sondern Rührung. Hier setzt Du kein Zeichen.

Aber auf anderer Ebene seh ich noch ein Problem: Zeichensetzung!

Ist hier das zwote Komma noch entbehrlich

"..., ob ich als Präsident eines der mächtigsten Länder dieser Welt, noch länger den Verkauf von Waffen in zwielichtige Länder zulassen und mit meinem Gewissen vereinbaren kann. ...
ist hier eines zwingend vor dem Infinitiv zu setzen
Auch sie hatten scheinbar jahrelang darunter gelitten[,] in der Regierung eines der größten Waffenexporteure der Welt zu sitzen.
Warum, wenn doch gerade erst die Reformatoren den Infinitiv von der früheren Kommapflicht befreit haben? Sie haben, wie in allen Rechts- und Ordnungssystemen jeder Menge Fußfallen, äh, Ausnahmen von der allgemeinen Regel geschaffen. Und hier ist der Infinitiv "zu sitzen" abhängig vom Substantiv "Regierung" (alle andern Sunstantive sind - wenn man so will - nur Beiwerk, Erläuterungen zur Regierung. Und es geht gleich mit der nächsten Fußfalle weiter
Wie häufig haben wir in der Vergangenheit abends still und leise in unser Kopfkissen weinen müssen[,] um dann am nächsten Tage, im Sinne der Wirtschaftskraft unseres Landes, die nächsten Rüstungsdeals mit Ländern wie Syrien, Qatar oder Saudi Arabien abzusegnen!
Warum? Allein schon wegen des einleitenden "um", die gleiche zwingende Wirkung hätten auch als, (an)statt, außer, ohne.

Auch Konjunktionen wie sondern verlangen sogar nach dem Komma, statt ein würdiger Vertreter des Kommas wie ein und oder oder zu sein

..., eine Welt, in der das Andersartige nicht gehasst wird[,] sondern uns bereichert, eine Welt, die lieber für das Gute kämpft, als vor dem Schlechten zu resignieren, eine Welt in der unsere Kinder in Frieden und Harmonie leben können, eine Welt..
Zwo Auslassungspunkte sind eigentlich auch nicht vorgesehen. Sie kommen immer als Trio daher, direkt am Wort, wenn wenigstens ein Buchstabe ausgelassen wird (da wäre ein Apostroph einfacher) oder mit Leerzeichen zwischen Wort und Auslassungspunkten und brechen - wie hier - den Satz ab. Das schöne ist, dass der letzte Auslassungspunkt im bloßen Aussagesatz den Abschlusspunlt ersetzt. Aber nicht ein Ausrufe- oder Fragezeichen.

Auslassungspunkte kommen gleich noch mal vor ... Musstu selber schauen.

Und dann hätt ich noch einen Hinweis (abgesehen davon, dass ich nicht glaub, dass in acht Jahren die Eliten so infantilisiert sind, wie's der folgende Satz fürchten lässt

Oh. Entschuldigung. Hoppsala, na das ist ja ein Ding, warum hat er jetzt stocken müssen, warum muss euer Präsident jetzt während seiner rührenden Rede inne halten und wirkt dabei so sichtlich ergriffen, warum dieses Stocken, warum das Zittern seiner Stimme, diese Trauer in seinen Augen, all das werdet ihr nun fragen.
Und auch die Höflichkeitsform wird im nhd nicht abgeschafft sein ("Euer Präsident"!)

Kleine[,] staubige Kinderkörper.
Die Adjektive sind gleichrangig (Probe: ersetz das Komma durch und. Hat der Satz nun seinen Sinn geändert?

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

 
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Hallo Mayathan,

Ein entlarvender Blick auf die kalkulierte Heuchelei vieler Politiker.
So etwas ähnliches hatte ich diese Woche von Sigmar Gabriel gehört. Dem kamen auch fast die Tränen, als er seine unklaren Aktivitäten bezüglich der Fusion zweier Supermarktketten damit begründete, sich um die Nöte der Arbeiter zu sorgen.
Diese Krokodilstränen verdeutlichst Du sehr gut mit diesem Text.
Die Botschaft in Form einer Regierungserklärung zu vermitteln ist legitim und in der Kürze auch leicht zu konsumieren.
Nun habe ich aber einige Probleme mit der Umsetzung: Im Grunde handelt es sich um einen satirischen Witz. Der Hintergrund wird durch die Einleitung erklärt und die folgende Rede zieht eigentlich nur die Pointe in die Länge. Und das ist mir zu wenig - oder zu viel.
Zu viel, wenn inhaltlich nicht genug gesagt wird, was die Länge der Rede rechtfertigt.
Zu wenig, wenn man die alternative Möglichkeit in Betracht zieht, innerhalb einer klassisch aufgebauten Kurzgeschichte - Protagonisten, Spannungsbogen, retardierendes Moment, Höhepunkt usw. - die Pointe mit mehr Pfeffer zu präsentieren.
Das ist natürlich meine persönliche Sicht und bedeutet in keiner Weise, dass die von Dir gewählte Form falsch oder schlecht wäre.

Übrigens, wird für meinen Geschmack der Joke mit Nordkorea zu sehr erklärt.

"Zur Verärgerung der UNO hat Nordkorea hingegen angekündigt, die weiterhin hohe Nachfrage des Weltmarkts nach Waffen zukünftig stillen zu wollen. Man sei zwar ein sozialistischer Staat, aber das sich abzeichnende neue Projekt sei hochgradig inspirierend. Die bald in Kraft tretende UNO-Gesetzgebung sei kein Problem. Flüchtlinge aus aller Welt seien herzlich Willkommen. Arbeitsplätze für diese hätte man in den neuen Fabriken dann ja genug, so der nordkoreanische Wirtschaftsminister Kim-Jung-Ho II."

Das fett markierte genügte mir. Den Rest würde ich assoziieren. Ich mag es, wenn ich als Leser zum Mitdenken aufgefordert werde.

Grüße vom Kellerkind!

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke an Alle!

Erfreut nehme ich ganze 8 Einschätzungen und Kommentare zur Kenntnis. Ich werde gerne auf jeden eingehen; ich weiß nur noch nicht wie hier die Vorgehensweise bei mehreren Kommentaren üblich ist. Ich werde sie wohl in kürzerer Form die kommenden Tage abarbeiten. :D

Hallo liebe Isegrims, lieber Friedrichard,

weil ihr beide das Gutmenschentum erwähnt habt, nur am Rande: ich habe im Zuge meines Studiums (Philosophie/Soziologie) im weitesten Sinne eine Hausarbeit über den Begriff „Gutmensch“ geschrieben; es ist ein außerordentlicher Begriff, der sehr viel auf andere und noch viel mehr auf einen selbst zurückwirft; man sollte ihn vorsichtig benutzen um sich intellektuell nicht völlig zu diskreditieren. Womit ich nicht sagen will, dass ihr das getan habt. Der Begriff ist halt nur in jeglicher Hinsicht fragwürdig. Klugscheißermodus aus.


Zum Inhalt: obwohl der größere Teil von euch meine Intention verstanden hat, gab es doch einige, die sie wohl nicht so ganz verstanden haben; z.B. Zitat von "Ronnie"

Das ist (im besten Fall) ein ziemlich naives Statement
oder Zitat von "Isegrims":
Nur mal kurz: ich finde das, was du da schreibst, nicht so zynisch oder sarkastisch, es ist eher putzig und naiv...
. "Wie häufig haben wir in der Vergangenheit abends still und leise in unser Kopfkissen weinen müssen um dann am nächsten Tage,"
du verwechselst da was, Politiker weinen nicht, bestenfalls aus Kalkül, dann sind die Tränen aber nicht echt
"Eine Welt, die den Frieden schätzt und fördert, eine Welt, in der das Andersartige nicht gehasst wird sondern uns bereichert, eine Welt, die lieber für das Gute kämpft, als vor dem Schlechten zu resignieren, eine Welt in der unsere Kinder in Frieden und Harmonie leben können, eine Welt..
Ähnliche, beinahe noch bewegendere Stimmen wurden auch aus anderen Ländern vernommen."

Zusammenfassung allen Gutmenschentums


Auch wenn es redundant ist, versuche ich mal die Metaebene meines Textes zu belegen.
„Naiver Gutmensch“ ist überhaupt nicht das Thema: Denn dieser Text arbeitet überhaupt nicht auf dieser Ebene. Das bin nicht ich, der durch diesen Präsidenten spricht, ein naives, rührseliges und idealistisches Plädoyer für die Welt haltend. Das wäre zweifellos "putzig und naiv", wie mir vorgeworfen wurde. Aber das ist nicht meine Intention. Es ist keine kitschige, rührselige Rede, es ist die Parodie einer rührseligen Rede. Und das ist ein gewaltiger Unterschied.

Zum Inhalt:

Ein Präsident hält eine Rede, dessen Inhalt durch diesen UNO-Beschluss ohnehin schon einen parodistischen Rahmen hat, man möge sich nur vorstellen: Länder müssten von nun an Flüchtlinge quasi im Tausch gegen Waffendeals aufnehmen und 2 Monate danach steht ein Präsident vor der Welt und spricht darüber, dass im Parlament „überraschenderweise“ „tosender Applaus“ entbrannt wäre, (selbst im „Konservativen Lager“ , den Kriegstreibern überhaupt) als er seine „Gewissensbisse“ bezüglich der Waffenexporte, mit denen er „jahrelang gekämpft“ habe, offenbarte. Von nun an werde man die Waffendeals sein lassen. Aus "moralischen" Gründen. Und dann beginnt er eine furchtbar sentimentale Rede zu halten, ein klassisches Friedensplädoyer eben, in dem er von ethischen Verpflichtungen spricht, einer friedlichen Welt, in der das Andersartige nicht gehasst wird etc..

Das ist nicht naiv, sondern zynisch. Zynisch insofern, weil eben diese Abneigung zum Andersartigen (Aufnahme von Flüchtlingen) ja der eigentliche Grund dieser Rede ist. Er spricht davon, dass viele Parlamentsmitglieder „jahrelang geweint“ hätten, weil sie Waffendeals mit Ländern aus dem arabischen Raum unterschreiben mussten, im Sinne der Wirtschaftskraft ihres Landes. Im Anbetracht des UNO-Beschlusses scheint diese Wirtschaftskraft aufeinmal doch verzichtbar zu sein. Selbst die mächtige Waffenlobby scheint im Anbetracht des Flüchtlingssturmes, der auf ihr Land droht, plötzlich eingeknickt zu sein. (Ich nehme ohnehin mal an, dass viele Leute die da angestellt sind, patriotisch eingestellt sind) Millionen von Flüchtlinge wollen die auch nicht, weshalb sie das knirschend in Kauf nehmen. Zumal die Waffenlobby wohl ohnehin Entschädigungen in Milliardenhöhe bekommen haben wird.

Und dann folgt der verlogenste Teil des Textes; der Präsident stockt, redet von sich in der dritten Form, von seiner rührenden und bewegenden (auf beides weist er explizit hin) Rede. Als würde ein wirklich gerührter und bewegter Mensch in dritter Form darauf hinweisen, dass das war er da gerade sagt, rührend ist. Und dann verweist er sogar noch explizit auf die Trauer in den eigenen Augen. Das ist die Quintessenz der Verlogenheit.
Und inmitten dieser Rede, die in der Regel auswendig gelernt und einstudiert sind, vermutlich auch von Ghostwritern geschrieben, stockt er also plötzlich, verliert die Stimme und wird angeblich aus dem Konzept gebracht, weil er an die vielen im Krieg getöteten Kinder denken musste. Mitten in der Rede, völlig spontan natürlich, völlig ohne Kalkül, nur ein allzu naiver Mensch wird das für authentisch halten.
Selbst die Andeutung mit dem „zerfetzten Hinterkopf eines toten Kindes“ ist insofern verlogen, weil es ja politisch unkorrekt ist; kein Präsident würde in einer Rede vor Millionen von Menschen sowas explizit erwähnen, wenn es nicht seiner Sache dienlich wäre. In einer anderen Situation hätte er es vermutlich niemals so dargestellt; er hätte von Attentätern und Glaubenskriegern geredet, die mit den Waffen getötet werden, im Sinne der freien Welt. In diesem Falle möchte er aber sein Volk von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugen und ändert die Rhetorik.


Bezüglich der „Intention“, der "Message" hinter meinem Szenario. Dieses Szenario ist zwar vielleicht irgendwie interessant, aber doch eher nur ein Rahmen. Die Subtilität des Textes ist der Kern, die Intention, nicht der Inhalt selbst. Eine Studie der subtilen Verlogenheit. Insofern gelungen, weil einige die rhetorische Verlogenheit beim ersten Lesen sofort erkannt haben, was anderen offensichtlich entgangen scheint.


Ein schönes Wochenende an alle,

Lieben Gruß

Mayathan

 

Hallo Mayathan

ich finde es ehrenwert, dass du deinen Text verteidigst, dennoch:

Zum Inhalt: obwohl der größere Teil von euch meine Intention verstanden hat, gab es doch einige, die sie wohl nicht so ganz verstanden haben; z.B. Zitat von "Ronnie"
Das ist (im besten Fall) ein ziemlich naives Statement
oder Zitat von "Isegrims":

Nur mal kurz: ich finde das, was du da schreibst, nicht so zynisch oder sarkastisch, es ist eher putzig und naiv...
. "Wie häufig haben wir in der Vergangenheit abends still und leise in unser Kopfkissen weinen müssen um dann am nächsten Tage,"
du verwechselst da was, Politiker weinen nicht, bestenfalls aus Kalkül, dann sind die Tränen aber nicht echt
"Eine Welt, die den Frieden schätzt und fördert, eine Welt, in der das Andersartige nicht gehasst wird sondern uns bereichert, eine Welt, die lieber für das Gute kämpft, als vor dem Schlechten zu resignieren, eine Welt in der unsere Kinder in Frieden und Harmonie leben können, eine Welt..
Ähnliche, beinahe noch bewegendere Stimmen wurden auch aus anderen Ländern vernommen."

Zusammenfassung allen Gutmenschentums
Auch wenn es redundant ist, versuche ich mal die Metaebene meines Textes zu belegen.


Es ist völlig irrelevant, wie ein Autor seine Geschichte oder was auch immer dieser Textversuch hier ist, interpretiert haben möchte, als Leser bin ich der Herr der Intention, schließlich taugt sie nur was, wenn sie bei mir etwas bewirkt.
Macht diese Geschichte leider nicht, sorry.

viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo nochmal Thursday, Ronnie,

ich denke an euren Beiträgen lässt sich recht gut erkennen, dass es nicht so einfach ist, jeden Leser zufrieden zu stellen. Gerade im weiten Spektrum der "Satire" ist es schwer, vielleicht unmöglich.

Ronnie wirft mir quasi vor, die verlogene Rolle des Politikers sei zu subtil dargestellt. So subtil, dass man sie nicht erkennen kann, weshalb der Autor sie erklären müsse, während Thursday den Politiker zu wenig subtil, zu offensichtlich verzehrt und damit zu unrealistisch findet. Das komplette Gegenteil.
Nicht identisch; aber für mich fühlt sich das in etwa so an, als hätte ich eine Karikatur gemalt und vorsichtig weist mich ein Betrachter darauf hin, dass die Nase von dem Protagonisten doch irgendwie etwas lang geraten wäre. Ob ich das denn nicht doch noch lieber ändern wolle, das wäre ja albern, Karikatur hin oder her, so sehe ja niemand aus, das wäre ja unrealistisch, so würde es ja jeden Anspruch auf Ernsthaftigkeit verlieren. Ich ändere das Bild dann also ein wenig, verkürze die Nase und dann erscheint ein anderer Betrachter und versteht die Karikatur nicht mehr. "Ach, sie meinen also sie können wirklich Malen und das sei also nur ein Karikatur!" Die Nase müsse für eine Karikatur doch länger sein..


Thursday:
Der Politiker ist überspitzt dargestellt. Mir persönlich ist er in der Tat auch eher einen Hauch zu viel verzehrt, als zu wenig. Allerdings sollte es auch keine absolut realitätsnahe Rede eines Politikers werden. Es ist die Parodie eines Politikers. Mit einem Augenzwinkern geschrieben; nicht klamaukig, aber eben auch nicht allzu ernsthaft.
Bezüglich der UNO-Resolution stimme ich dir zu. Das ist nicht nun wirklich nicht sehr realistisch, wobei mir da keine realitätsnäheres Szenario eingefallen ist. Diesem Makel stimme zu.
Es ist halt auch eher ein Gedankenexperiment und der Inhalt selbst spielte, wie ich oben schon geschrieben habe, für mich selbst nicht die primäre Rolle. Es ging mir eher um die Darstellung rhetorischer Verlogenheit. Ehrlich gesagt ging es mir sogar gar nicht nur um politische Verlogenheit, sondern um die Rhetorik der Verlogenheit selbst. Die Waffenpolitik bildete da natürlich einen guten und dankbaren Rahmen. Ich sehe die Politik ziemlich kritisch, bin aber auch kein "Alle Politiker sind ausnahmslos korrupt und verlogen.Die da oben verarschen uns doch!" Mensch.
Rhetorische Verlogenheit am Beispiel eines Politikers darzustellen, war vielleicht in der Nachbetrachtung ein zu naheliegender Weg. Und der naheliegende Weg ist nicht immer der Beste.
So felsenfest stehe ich nun auch nicht hinter dem Text.

Über konstruktive Verbesserungsvorschläge, inhaltlich sowie stilistisch, bin ich deshalb immer erfreut.

Achso; und im engeren Sinne ist es wirklich keine "Geschichte". Das ist aber eine Definitionssache.


Isegrims: Das ist in Ordnung.

Danke für die Begrüßung und deine Kritik Thursday,

Mayathan

 

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