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Der Hof ist zu klein

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24.01.2009
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Der Hof ist zu klein

Wieder ein Fall für Onkel Luca, denke ich. Der Onkel wird entzückt sein. Durch das Fenster beobachte ich, wie der Typ zu einem der Tische mit Blick auf den Hafen schlufft, seinen Rucksack abwirft und auf einen Stuhl niedersinkt. Er streckt die Beine aus, reibt sich die Schultern, das Gesicht, bückt sich, löst die Schnürsenkel und zieht dann Wanderschuhe und Socken aus, nimmt ein Päckchen Tabak aus der Tasche, dreht sich routiniert eine Zigarette, zündet sie mit einem Streichholz an und raucht.
„Was hat er bestellt?“, fragt Onkel Luca, der, wie aus dem Nichts, jetzt neben mir am Fenster des Gastraumes steht und den neuen Gast beguckt.
„Was sie alle bestellen. Das Billigste“, sage ich, obwohl ich seine Bestellung noch nicht aufgenommen habe. „Pasta und Wasser.“
„Wir machen ihm Pasta und danach eine schöne Dorade“, beschließt Onkel Luca. „Frische Dorade á la Luca.“
„Er wird das nicht bezahlen.“
„Er zahlt, was er bestellt.“
„Warum machst du das immer?“
„Weil ich sehe, wenn jemand Hunger hat. Und in meiner Küche liegen fünf frische Doraden. Schau dir die schmalen Schultern an. Diese Beinchen. Und dieses Ungetüm von Rucksack. Er hat Hunger. Basta.“
Ich seufze und Onkel Luca, der kleine Mann mit einem kohlkopfgroßen Buckel, marschiert zurück in seine Küche.
Als ich nach der Pasta mit dem Fisch komme, will der Typ den nicht. Schüttelt mit dem Kopf, wedelt mit den Händen, wiederholt Worte, die ich nicht verstehe, außer: „No, no.“
Ich nicke, zeige auf ihn, auf den Fisch und stammle: „Si, si.“
Er will mir den Teller zurückgeben. Jetzt schüttle ich den Kopf. „No, no.“
Irgendwann sagt und tut er gar nichts mehr. Stellt den Teller ab und guckt mich nur noch an. Ich geh zurück zu Luca.
„Wie? Er will den Fisch nicht? Hat er denn keinen Hunger?“
„Was weiß ich. Vielleicht denkt er, er muss den bezahlen. Ist mir auch egal. Ich habe jetzt Feierabend.“
„Und was wird nun mit dem Fisch?“
„Red' du mit ihm!“

"Bin wieder da", rufe ich ins Haus, als ich von der Mittagsschicht heimkomme.
„Franca? Komm und hilf! Enric hat sich das Knie aufgeschlagen", ruft Mama zurück.
Ich streife die Sandalen ab und lauf barfuß in unsere Küche. Mein kleiner Bruder sitzt auf dem Esstisch und schreit, während Mama mit einem Handtuch das Blut abwischt. Meine Schwester Lore nimmt hinter ihrem Rücken die Keksdose aus dem Regal.
„Stell die Kekse zurück!“, befiehlt Mama. Sie kann Lore nicht gesehen haben, und doch weiß sie genau Bescheid. Mir drückt sie das Tuch in die Hand. „Ich muss mich umziehen. Ich muss in die Schule. Wegen Lore“, sagt sie.
„Was ist diesmal?“, frage ich, nehme Enric auf den Arm und öffne die Schublade mit dem Verbandszeug.
„Frag sie. Und mach endlich, dass er mit dem Geplärr aufhört.“ Damit hastet Mama ins Badezimmer. Ich nehme jeden einzelnen Verband aus der Schublade und errichte einen Turm aus Mull. Das Schreien flacht zu einem Wimmern ab. Ich setze Enric zurück auf den Tisch und beginne vom Fuß aufwärts sein Bein einzuwickeln.
„Was war diesmal?“, frage ich Lore, die über die Keksdose herfällt.
„Sie haben mich mit Vlado erwischt.“
„Erwischt? Wobei?“
„Beim Knutschen.“ Sie grinst.
„Ist Vlado jetzt dein Freund?“
Lore nickt eifrig.
„Wie lange seid ihr schon zusammen?“
„Seit heute.“
„Mit zwölf knutscht man nicht gleich am ersten Tag“, sage ich streng, während ich Enrics anderes Bein verbinde. Lore guckt mich an, als hätte ich ihr die Keksdose geklaut. „Erst ab dem zweiten Tag.“
Sie kapiert und strahlt wieder wie eine Sonntagsfee.
Als Mama das Badezimmer verlässt, bin ich bereits mit Enrics Armen fertig. In Unterwäsche steht sie mitten in der Küche und hält zwei Blusen auf Bügeln hoch. Ich verbinde Enrics Bauch.
„Die, oder die?“
„Die gelbe“, sage ich.
„Die bunte“, sagt Lore.
„Knutschen mit zwölf. Von wem sie das jetzt wieder hat?“
„Du warst sechzehn“, setze ich an.
„Ja ja, weiß ich doch“, unterbricht sie mich. „Stimmt es eigentlich, was die Leute erzählen?“
„Was erzählen sie denn?“
„Dass mein Bruder einen Zigeuner bei sich aufgenommen hat.“
„Zigeuner sagt man nicht.“
„Ist er einer?“
„Er heißt Jorska.“
„Es stimmt also. Mama mia, Luca wird es nie kapieren. Irgendwann verschenkt er noch sein Haus.“
„Jorska hilft ihm in der Küche.“
„Was? Soll das heißen, der Kerl wandert nicht weiter? Wie lang ist er schon da?“
„Eine Woche.“
„Und wo wohnt er? Sag nichts. Er wohnt bei Luca. Beklauen wird er ihn. Sag Luca, er soll zusehen, dass er diesen Zigeuner wieder loswird, bevor es ihm leidtut.“
„Mama! Zigeuner sagt man nicht!“
„Aber er ist einer, ja? Wo kommt er her?“
„Moldawien.“
„Aha.“ Sie streift die bunte Bluse vom Bügel und zieht sie sich über. Ich bin froh, nicht mehr ihre Brüste sehen zu müssen. Dann rauscht sie fort und kommt zurück - vollständig bekleidet mit Rock und Strumpfhose. Inzwischen habe ich auch Enrics Kopf verbunden. Geheilt klettert er vom Tisch und rennt zu seinen Freunden auf die Straße.
„Sag meinem Bruder, dass ich ihn gewarnt habe“, ruft Mama aus der Diele. „Er soll ja nicht angejammert kommen, wenn dieser Zigeuner, wenn ihm alles geklaut wurde.“
„Ich sag es ihm. Und er heißt Jorska.“
„Jorska. Von mir aus. Ich muss los.“ Mit diesen Worten eilt sie zu unserem klappernden Fiat und hupt die Kinder von der Straße.

Jorska ist nun schon seit drei Wochen bei Onkel Luca. Der Onkel hat ihm eines der drei Gästezimmer überlassen. Dafür fährt Jorska zum Fischmarkt einkaufen, putzt und schnippelt Gemüse, nimmt den Fisch aus und schrubbt die Küche nach Feierabend. Er bemüht sich, Italienisch zu lernen, er lernt schnell. Ansonsten versuchen wir es mit Englisch oder mit Händen und Füßen. Wenn in der Küche nichts zu tun ist, sitzt Jorska auf der Hintertreppe zum Hof, liest in einem seiner Bücher oder lernt die Worte, die Onkel Luca ihm in ein kleines Heft schreibt. Anfangs forderte Luca ihn immer wieder auf, sich doch nach vorn, auf die Terrasse, zu setzen, aber Jorska bevorzugt die Hoftreppe, wo er statt auf's Meer, auf die Mülltonnen, auf das Fass fürs Altöl, auf die graue Mauer rund um den Hof und Lucas beulige Blechkiste mit dem Mercedesstern guckt.
„Bis Dienstag“, verabschiede ich mich.
„Gibt es hier irgendwo einen Billard?“
„In der Stadt. Du kommst mit dem Bus hin.“
„Fährst du mit mir?“
Billard. Warum eigentlich nicht. Morgen ist Ruhetag. So entkomme ich Mamas Bügelwäsche. „Ja.“
Jorska lächelt. Er ist schön.

Wir trinken Bier, wir spielen Billard, Jorska raucht und ich gucke ihm zu. Am Tresen vorn sitzen zwei ältere Männer. Sie schlürfen Kaffee und Grappa, verfolgen ein Radrennen im Fernsehen. Ab und an schauen sie zu uns rüber. Ich mag sie nicht. Ich mag nicht, wie sie gucken.
Als unsere Flaschen leer sind, geht Jorska an die Bar, zwei neue kaufen. Einer der beiden Männer sagt etwas zu ihm. Ich kann nicht verstehen, was er sagt, aber Jorskas Lächeln verschwindet. Der andere bläst ihm seinen Zigarrenrauch ins Gesicht. Der Wirt knallt die Flaschen auf den Tresen, so dass das Bier überschäumt. Jorska bezahlt, lässt die Biere stehen, kommt zu mir und sagt: „Wir gehen.“
„Aber wir sind doch noch nicht fertig.“
„Egal. Komm.“
„Was hat der Opa zu dir gesagt?“, frage ich laut und auf Italienisch, so dass es Jorska nicht verstehen kann, aber die beiden da vorn.
„Lass. Komm“, flüstert er.
„Nein!“ Ich stemme die Arme in die Hüften. „Was glotzt ihr so? Wo ist das Problem?“, brülle ich.
Jorska hebt mich hoch und wirft mich wie ein Handtuch über die Schultern. Er trägt mich raus, während ich die beiden weiter beschimpfe. Vorsichtshalber trägt Jorska mich noch ein Stück die Straße runter. Ich fluche so lange, bis mir klar wird, dass die beiden mich längst nicht mehr hören. Erst, als ich still bin, setzt Jorska mich ab. Wir stehen ganz nah beieinander. Jorskas Geruch macht etwas mit mir. Ich werde ganz ruhig und weich und zärtlich und wild.
„Warum?“, frage ich. Er schüttelt den Kopf, legt mir einen Finger über die Lippen. „Psst.“
Küsst er mich jetzt? Das ist doch so ein Moment, wo man sich küsst. Bitte, küss mich!
Sein Finger fährt zärtlich die Konturen meines Mundes nach.
Küss mich! Küss mich! Küss mich!
Aber Jorska küsst mich nicht. Er weicht zurück und entschuldigt sich.
„Kein Problem“, sage ich und schluck' die Enttäuschung hinunter.
„Fahren wir?“
Ich nicke. Vielleicht können wir ja noch schwimmen gehen, hoffe ich.
Aber wir gehen nicht schwimmen. Zurück im Dorf nimmt Jorska das Küchenradio, das kaputt ist, solange wie ich mich erinnern kann, setzt sich auf die Hoftreppe und schraubt es auseinander. Schweigend und ohne einen Blick für mich.

Am nächsten Tag spielt das Radio. Onkel Luca singt, Jorska pfeift. Obwohl die Saison inzwischen voll angelaufen ist, und die Essenbons wie Konfetti durch die Küche fliegen, flucht Onkel Luca nicht. Auch kommt er nicht mehr zu mir ans Fenster, um nach jungen Leuten mit großen Rucksäcken zwischen den Segeltouristen Ausschau zu halten, damit er ihnen ein Essen spendieren kann. So bekommen sie, was sie bestellen: Pasta und Wasser, manche einen Viertel billigen Weines dazu.
Nach dem Mittagsgeschäft geht Jorska schwimmen. Seit wir in der Stadt waren, seit er mich fast geküsst hat, warte ich. Mit hochgelegten Beinen und zwei Espressi warte ich darauf, dass er wiederkommt. Mit nassen, tropfenden Haaren, in Badehose und Haut, die nach Sonne und Salz riecht. Er setzt sich dann zu mir, raucht eine Zigarette und zieht sich schließlich in sein Zimmer zurück. Ich gehe nach Hause und schließe mich für eine halbe Stunde ein.

„Bei Alfredo fehlt ein Huhn“, sagt meine Mutter.
„Ihm fehlen immer mal Hühner“, sage ich und feile weiter meine Nägel, ohne aufzublicken.
„Er hat es geklaut“, sagt meine Mutter.
„Wer?“
„Der Zigeuner.“
„Er heißt Jorska. Zigeuner sagt man nicht.“
„Man hat ihn gesehen.“
Jetzt gucke ich Mama doch an. Sie schrubbt die Kasserole, als ob Milch drin angebrannt wäre, dabei hat sie nur Gemüse gedünstet. „Was soll er mit dem Huhn?“
„Was weiß denn ich.“
„Der Fuchs wird es geholt haben.“
„Hörst du mir überhaupt zu? Er wurde gesehen.“
„Wann?“
„Heute Nacht.“
„Wo?“
„Was fragst du denn so dämlich? Bei Alfredo natürlich.“
Das kann nicht sein, denke ich. Aber ich kann es Mama nicht sagen. Sie würde auf der Stelle einen Herzinfarkt bekommen.
„Ich glaub, es war der Fuchs. Jorska braucht kein Huhn.“

Jorska saß schon auf der Hoftreppe, als ich die letzten Gäste abkassierte. Ich räumte die Aschenbecher von den Tischen, schob die Stühle zurecht, reinigte den Tresen und schielte ständig zur Hintertür, die offen stand. Jorska, Jorska, Jorska. Ich dachte nichts anderes mehr. Onkel Luca war zu einem Freund gefahren. Wir waren allein. Ich setzte mich hinter ihn und legte meine Hände auf seine Augen.
„Woran denkst du?“, fragte ich.
„Der Hof ist klein.“
Ich lachte. „Und woran noch?“
„An vieles.“
„Auch an mich?“
„Auch an dich.“
„Ich denke auch an dich.“ Ich gab seinen Blick wieder frei, schob ihm das Haar aus dem Nacken und atmete auf seinen Hals.
„Du wirst es bereuen“, sagte er.
„Nein“, sagte ich. „Niemals.“

Mama hat sich furchtbar mit Onkel Luca gestritten. Sie redet jetzt nicht mehr mit ihm. Ich ergreife still Partei für Luca, sage es Mama aber nicht, damit sie sich nicht noch mehr aufregt.
Onkel Luca fährt wieder selbst zum Einkaufen auf den Fischmarkt. Jorska bäckt in der Zeit das Brot und bereitet die Pasta vor.
Die Mittagspausen verbringen Jorska und ich auf seinem Zimmer. Er hat noch nie in dem Bett geschlafen, seit er in dieses Zimmer gezogen ist. Er schläft auf dem Balkon, bei Regen auf dem Fußboden. Mit Schlafsack und Isomatte.
„Warum?“, habe ich ihn gefragt, und das strahlend weiße Bettzeug ohne Falten und Knitter betrachtet.
„Ich mag es so“, hat er geantwortet und schob mich ins Badezimmer, unter die Dusche, wo wir uns vor der Hitze versteckten.
Nachts gehen wir schwimmen, wenn alle schlafen und das Meer nur uns gehört. Danach schleiche ich mich zu Hause ins Zimmer, um niemanden zu wecken, vor allem nicht Mama.
„Du kommst jetzt immer sehr spät“, hat sie gesagt. „Und nachmittags überhaupt nicht mehr.“
„Es gibt viel zu tun.“
„Hier auch.“
„Ich weiß“, sage ich und gebe Mama einen Kuss. „In einem Monat ist die Saison vorbei.“ Ich überlege, was ich Mama erzähle, wenn die Segelboote nach und nach ausbleiben, der Hafen irgendwann nur noch mit Winterschläfern belegt ist, aber ich will nicht dran denken. Noch kommen die Boote.

„Sag Luca, er soll nicht angejammert kommen“, sagt Mama, als ich mich zum Frühstück setze.
„Du redest nicht mit ihm.“
„Richte es ihm aus!“
„Warum sollte er jammern?“
„Sein Zigeuner ist abgehauen. Heute Morgen. Mit dem Bus.“
Ich spucke den Kaffee aus, pruste ihn über den Tisch. „Nein!“
„Er hat die Kasse mitgenommen. Bestimmt hat er das. Sag Luca, ich hab ihn gewarnt.“
„Woher weißt du?“
„Man hat ihn gesehen.“
So, wie man ihn bei Alfredos Hühnern gesehen hat? Ja, so muss es sein. Ich verzichte auf mein Frühstück, beeile mich mit Anziehen und wische noch schnell den Tisch ab.
„Wohin?“
„Zu Luca. Ihm deine Worte ausrichten.“
Ich renne, so schnell ich kann, zum Hafen runter, zu Luca. Aus der Küche kommt kein Ton. Kein Radio, kein Pfeifen, kein Singen. Die Küche ist leer, Jorska und Luca sind nicht da. Ich haste die Treppe hoch, zu den Zimmern, zu Jorskas Zimmer, nehme zwei Stufen mit einmal. Das Zimmer ist leer. Strahlend weiß das Bett. Als wäre er nie da gewesen. Ich lasse mich darauf fallen, zerwühle es, schlage es, ersticke meine Schreie in den Kissen. Schmiere Rotz und Tränen aufs Laken. Ich weiß nicht, wie lange ich oben geblieben bin, aber die Sonne steht hoch, als ich die Treppen wieder hinabsteige. Auf der Tafel am Eingang steht: Heute geschlossen.
Ich finde Onkel Luca auf der Treppe im Hof. Auf Jorskas Treppe. Er wirkt viel kleiner, schmaler, sein Buckel dafür umso größer. Ich setze mich zu ihm. Wir schweigen, sagen nichts. Irgendwann geht Onkel Luca hinein, kommt mit Wein und ein paar Broten wieder heraus.
„Der Hof ist klein“, sagt er. „Viel zu klein.“
„Wieso?“, frage ich und denke, er ist doch genauso groß wie alle Höfe in der Gegend, vielleicht sogar ein Stückchen größer.
Onkel Luca legt mir eine Hand aufs Knie. „Irgendwann wirst du es verstehen.“
„Was? Was soll ich verstehen?“
„Dass der Hof zu klein ist.“ Dann nimmt er seine Hand wieder fort und gießt uns Wein ein.

 

Boah Isegrims,

Es gibt einen Vers von Rilke aus den Duineser Elegien: "Bleiben ist nirgends", an den ich denke.

Das wäre auch ein toller Titel gewesen! Warum ist mir das nicht selbst eingefallen? Jetzt habe ich mich mit dem Hof angefreundet, aber mal sehen ...

Lieben Gruß und schönen Tag Dir noch!

 

Hey Fliege,

das ist ein richtig schöner Fliege-Text. :D Die Figuren, die Konstellation, die Konflikte, das ist wirklich so dein Stil, und ich mag das sehr gerne. Also ich will dir nicht vorwerfen, dass du dich wiederholen würdest, aber ich glaube wirklich sowas wie deine Handschrift schon erkennen zu können, Copywrite hin oder her. Und ich finde, das ist viel wert.

Was mir wirklich gut bei diesem Text gefällt, ist, wie nah du bei deinen Figuren dran bist. Du erzählst ja praktisch direkt aus dem Kopf deiner Prot heraus, und das finde ich wirklich sehr, sehr schön, das ist auch so ein Ideal, wo ich bei vielen Texten selbst immer hin will, aber es gelingt mir nicht immer. Also sehr einfühlsam, und ich bin richtig dabei.

Eine Stelle hat mich bloß rausgehauen:

„Er wird das nicht bezahlen.“

„Jorska hilft ihm in der Küche.

Also der Onkel hat Jorska etwas angedreht, was der eigentlich gar nicht wollte, und das muss er mehr oder weniger abarbeiten, habe ich das richtig verstanden? Falls ich das so richtig verstanden habe, finde ich's schade, dass du es nicht so explizit in den Text geschrieben hast, dass es deine Prot praktisch mir als Leser nicht als Gedankengang mitgegeben hat. Ich muss mir das als Leser selbst erarbeiten - ist kein großes Drama, aber eigentlich "untypisch" für diesen Text hier, weil man eben die ganze Zeit als Leser so schön nah dran ist an deinen Figuren, und jeder Konflikt und jedes Voranschreiten des Plots wird kommentiert, außer das hier.

Lore guckt mich an, als hätte ich ihr die Keksdose geklaut.
Finde ich super. Musste ich richtig grinsen bei der Stelle.


Ja, Copywrite hin oder her, ich kenne das Original nicht, aber ich finde, die Story hätte ruhig dreimal so lange dauern können. Also ich will dich jetzt nicht dazu anspornen, für diesen Thread hier alles noch mal über den Haufen zu werfen, aber falls du den Text für dich noch mal überarbeiten wollen würdest, könnte ich mir gut vorstellen, dass der dreimal so lange dauert. Ich meine, hier gibt's echt wunderschöne Figuren, einen tollen Konflikt, es bahnt sich so ne richtig schöne Lovestory an ... aber dann geht alles doch schon sehr flott, und plötzlich ist Joska weg, und das war's dann mit der Geschichte. Also verstehe mich nicht falsch, das passt schon alles so, aber wenn du im Mittelteil einfach noch mehr packen würdest, wenn du das Ganze noch weiter auserzählen würdest ... dann würdest du mir als Leser zum Schluss, wenn Jorska geht, noch mehr das Herz brechen. Da steckt noch viel Potential drin, finde ich.
Hat mir aber sehr gut gefallen.

Viele Grüße und schön mal wieder was von dir gelesen zu habe,
zigga

 

Hej und sorry für die Zwischenschaltung, aber ziggas "Petition" unterschreibe ich sofort! :herz:

:shy: Schönen Abend, Kanji

 

Hey zigga,

schön ich wieder mal zu lesen. Was macht (mein) dein Jugendroman? Ich hoffe da tut sich was!

Auf jeden Fall bedanke ich mich für all die schönen Worte. Ach, das war ja nicht nur eine Wiederhörenfreude. Tut mir leid, wegen des Wartens auf Antwort, aber ich bin hier etwas im Stress. Habe es auch noch nicht geschafft, die gewollten Änderungen einzupflegen und all die anderen Copys ...

Also ich will dir nicht vorwerfen, dass du dich wiederholen würdest, aber ich glaube wirklich sowas wie deine Handschrift schon erkennen zu können, ...

Cool. Ich glaube aber auch, ich kann nur so. Einfache Leute, normale Alltagsgeschichten, voll mein Ding :). Irgendwann habe ich sicher auch mal 'ne Maskenballgeschichte, dann überprüfen wir das mit dem Wiedererkennen.

Eine Stelle hat mich bloß rausgehauen:
...
Also der Onkel hat Jorska etwas angedreht, was der eigentlich gar nicht wollte, und das muss er mehr oder weniger abarbeiten, habe ich das richtig verstanden?

Oh, nein! Wollte ja eh noch mal an den Anfang ran, weil es so manchen ja zu schnell geht, der Wechsel von Kneipe zu Francas Zuhause. Der Onkel Luca hat ein gaaaaaanz großes Herz. Der gibt jedem Weltenbummler ein Essen aus, auch ohne anschließendes Spülen. Dem Jorska auch, nur, dass der Jorska eben bleibt und nicht weiterzieht, wie all die anderen zuvor. Ich werde die Szene ausbauen und den Jorska nach 'nen Job fragen lassen. Also, ich schreibe mal auf, was ich mir so gedacht hab, so, wie man das eben eigentlich tut :).

Ja, Copywrite hin oder her, ich kenne das Original nicht, aber ich finde, die Story hätte ruhig dreimal so lange dauern können.

So, so. Und wann soll ich das schreiben? Das wird in nächster Zeit nix. Ich gebe zu, ich war sehr sparsam, aber genau darin liegt für mich der Reiz an der Geschichte (also lag am Schreiben dieser). Und da sie zu funktionieren scheint, bin ich ganz glücklich.

Also ich will dich jetzt nicht dazu anspornen, für diesen Thread hier alles noch mal über den Haufen zu werfen, aber falls du den Text für dich noch mal überarbeiten wollen würdest, könnte ich mir gut vorstellen, dass der dreimal so lange dauert. Ich meine, hier gibt's echt wunderschöne Figuren, einen tollen Konflikt, es bahnt sich so ne richtig schöne Lovestory an ... aber dann geht alles doch schon sehr flott, und plötzlich ist Joska weg, und das war's dann mit der Geschichte. Also verstehe mich nicht falsch, das passt schon alles so, aber wenn du im Mittelteil einfach noch mehr packen würdest, wenn du das Ganze noch weiter auserzählen würdest ... dann würdest du mir als Leser zum Schluss, wenn Jorska geht, noch mehr das Herz brechen.

Hier sicher nicht mehr. Aber sollte ich je einen Miniroman draus basteln (mein Mann wünscht sich den ebenfalls, allerdings mit Handlungsort Mecklenburg), schreib ich Dir 'ne PM. Im Augenblick schreibe ich aber total gern Kinderkram.

Da steckt noch viel Potential drin, finde ich.

Ich habe zu der Geschichte jedenfalls ziemlich viel im Kopf :). Danke aber für die ach so schöne Motivation.


Kanji

Hej und sorry für die Zwischenschaltung, aber ziggas "Petition" unterschreibe ich sofort!

So, so. Und ebenfalls: :herz:

Danke für Euren Besuch!
Beste Grüße, Fliege

 

Hey Fliege!

Wieder ein Fall für Luca, denke ich. Der Onkel wird entzückt sein
Das klingt gespreizt, weil man nicht so denken würde. Onkel Luca bleibt immer Onkel Luca, und nicht einmal "Onkel" und einmal "Luca". Ich würd also besser finden: Wieder ein Fall für Onkel Luca. Er wird entzückt sein.
und auf einem Stuhl niedersinkt.
auf einen - ansonsten müsste er sich schon vorher auf dem Stuhl befunden haben
als ich von der Mittagsschicht heim komme
heimkomme
Sie konnte Lore nicht gesehen haben, und doch weiß sie genau Bescheid. Mir drückt sie das Tuch in Hand
sie kann Lore nicht gesehen haben - Tuch in die Hand
Wir trinken Bier, wir spielen Billard, Jorska raucht und ich gucke ihm zu. Am Tresen vorn sitzen zwei ältere Männer. Sie schlürfen Kaffee und Grappa, verfolgen ein Radrennen im Fernsehen. Ab und an schauen sie zu uns rüber. Ich mag sie nicht. Ich mag nicht, wie sie gucken.
Ich frage mich, woran sie erkennen, dass er ein Roma ist, ok, er spricht eine andere Sprache, die sie sicher nicht einordnen können, bzw. nur gebrochenes Italienisch, aber vom Aussehen unterscheidet Jorska sich sicher nicht von einem Großteil der Italiener. Also ich würde gerne wissen, warum diese Leute ihn ablehnen? Wissen die in der Stadt, dass bei Luca ein Zigeuner ist?
Überhaupt erfahre ich zu wenig über Jorskas Aussehen. Franca ist über beide Ohren in den verliebt und kein Bewundern seines Äußeren, wie ist er angezogen, sieht er abgerissen aus? Okay, da ist sein unwiderstehlicher Geruch, aber sie muss ihn doch mit ganzen Sinnen wahrnehmen, sieht er verwegen aus oder irgendetwas in der Art?
Jorska saß schon auf der Hoftreppe, als ich die letzten Gäste abkassierte. Ich räumte die Aschenbecher von den Tischen, schob die Stühle zurecht, reinigte den Tresen und schielte ständig zur ...
Warum ist dieser Absatz im Präteritum? Weil es das Ende vorwegnimmt? Weil das, was er da sagt, eben dass sie es bereuen wird, von entscheidender Bedeutung ist für ihre Beziehung? Ich versteh den Zeitenwechsel hier nicht ganz.
Ich weiß nicht, wie lange ich oben blieb,
Zeit: geblieben bin

Ich mag das Bittersüße an der Geschichte, damit kriegt man mich immer. Ich mag die Szene nach dem Besuch des Billards, als er sie fast küsst. Ich mag den geheimnisvollen Jorska, den Herumzieher, ein typischer Desperado, den nicht einmal die Liebe einer Frau halten kann. Ich finde es allerdings schade, dass ihr Zusammenkommen, ihre sexuelle Beziehung völlig ausgeblendet wird bzw. man das nur so nebenher mitbekommt. Für mich wäre es sehr spannend gewesen zu sehen, wie jemand wie Jorska körperlich liebt.
Die Geschichte ist etwas herumlavierend. Der Beginn ist sehr breit angelegt mit dieser ganzen Familienszene, mit dem kleinen Bruder und der Schwester. Hier wird noch eine Geschichte begonnen, die aber nicht weitergesponnen wird. Leider erfährt man nicht mehr, wie es mit Lore und ihrem Vlado weitergeht. Ich frage mich auch, wo da der Zusammenhang mit der eigentlichen Geschichte ist - ich seh nur einen: Vlado ist auch ein Ausländer, wie der Name deutlich macht. Das ist aber sehr vage. Also so ganz verstehe ich hier nicht, wieso diese Familienszene derart breit ist, nur damit man am Ende erfährt, dass die Mama den "Zigeuner" ablehnt, weil sie Vorurteile hat.

Der Fokus liegt sehr stark auf der Ablehnung, die Jorska durch die Leute erfährt, und weniger auf der Liebesgeschichte. Fast hat man das Gefühl, dass gerade diese starke Ablehnung Franca anmacht. Ihre eigentliche Beziehung wird in kleinen, bezeichnenden Szenen dargestellt, bekommt aber nicht wesentlich mehr Raum als z.B. die Gespräche Francas mit ihrer Mutter. Am Ende aber ist es doch wieder ein kleines Liebesdrama - das aber durch die Persönlichkeit Jorskas hervorgerufen wird, weil ihm eben schnell etwas zu eng und langweilig wird und er weiterziehen muss, und die Ablehnung der Leute hat am Ende überhaupt keine Bedeutung mehr. Also ich hab nicht das Gefühl, dass er weiterzieht, weil ihn die Leute nicht mögen, das kann ich nirgends herauslesen. Das meine ich mit Herumlavieren der Geschichte. Es stehen diese drei Blöcke der Geschichte etwas unverbunden nebeneinander: Die Familie Francas - die Ablehnung Jorskas oder eben das Überthema "Ausländerfrage"- die Liebesgeschichte zwischen Franca und Jorska. Klar, Franca weist die Ablehnung zurück, weil sie Jorska liebt, aber die Ablehnung drängt auf keinen Konflikt/ Höhepunkt zu. Die Ablehnung eskaliert nicht. Dieses Unverbundene liegt vielleicht auch an der Dialoglastigkeit der Geschichte.

Ja, die Geschichte ist wahrscheinlich einfach zu kurz, ich hätte auch gerne eine längere Version davon, denn gerne gelesen hab ich sie natürlich!

Gruß
Andrea

 

Hallo Fliege

Ich kenne den Jorska aus offshores Original, bei dem dieser schreckliche Twist am Ende für einen Schlag in die Magengrube sorgte und mir war bang, wie du das in deine Copy einbauen würdest.

Fehlanzeige, denn - uff, es ist und bleibt eine Fliege-Story. Mit grossen Gefühlen, mit diesem zartbitterhonig Herzschmerz, der über all dem Verlangen und Verlust liegt.

Schön gemacht, hat mir gut gefallen. Naja, vielleicht fahre ich auch gerade übersensibel auf der Romantikschiene, denn ich beendete gerade "Ein ganzes habes Jahr" von Jojo Moyes (sic!).

Da kommt doch die Tage der Film in die Kinos und Frau möchte den gerne sehen und ich wollte wenigstens wissen, um was es da geht und - hmja hat's mir halt den Ärmel reingezogen und irgendwie sehe ich da schon fast Parallelen, wie Jorska trotz Zuneigung sein eigenes Ding durchzieht und Franca zwischen familiärem Nest und Selbstbestimmung hin und hergerissen, aber ich verzerre das Ganze ... blabla.

zurück zu deinem Text:
Es sind die Dialoge, die es mir in deiner Copy angetan haben. Diese feinen Spitzen, wie Miles Davis, der nur wenige Töne setzt, aber im richtigen Augenblick, an der richtigen Stelle, und dadurch Stimmungen erzeugt, also das ist schon toll gemacht.

So, liebe Fliege, bevor ich dieses warmherzige Empfinden noch kaputtrede, es hat mir einfach sehr gut gefallen. Und dieses Sinnbild des zu kleinen Hofs, dieses Reduit, erst Rückzugsort für Jorska, um die Sprache zu lernen, um seine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Doch dann kommt Franca hinzu, nimmt bereits ein Stück des Hofes ein, es wird enger. Der Druck der Leute nimmt zu, Gerede bis hin zu Verleumdungen erhöhen den Druck. Ich mag Francas naive Herangehensweise, Jorska zu helfen.
Wie gross doch die Entäuschung, als Jorska, der nie richtig angekommen zu sein scheint (das unberührte Bett - sein Schlafsack = sein gewohntes Nest) einfach aus ihrem Leben verschwindet.

Einziger Makel, du ahnst es: Schluffen.
Ich könnte mir ja das Bild/Geräusch noch vorstellen, wenn die Person tatsächlich so was wie "Schluffen" tragen würde, aber Wanderschuhe? C'mon, Fliege. Bei aller Liebe zu Friedels treffenden Kar- und Pan-Vergleichen, der Einstieg haute mich raus, hielt ich mich einfach zu lange mit diesem unbekannten Wort auf. Doch danach kam ja schon der erste Dialog und da hattest du mich.

Deshalb, vergiss meinen vorherigen Absatz, denn ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.

Danke und liebe Grüsse,
dot

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Andy,

und vorab großes Sorry für die recht späte Antwort. Bin gerade etwas sehr beschäftigt.
Gefreut habe ich mich natürlich, als ich gesehen hab, oh, doch noch ein Kommentar. Und am Ende dachte ich, ja, hat sie zielsicher die Punkte abgegriffen, wo ich dachte, da könnte was kommen. Alle, außer einen, aber der Reihe nach.
Danke fürs Federvieh! Ist ausgebessert.

Ich frage mich, woran sie erkennen, dass er ein Roma ist, ok, er spricht eine andere Sprache, die sie sicher nicht einordnen können, bzw. nur gebrochenes Italienisch, aber vom Aussehen unterscheidet Jorska sich sicher nicht von einem Großteil der Italiener. Also ich würde gerne wissen, warum diese Leute ihn ablehnen? Wissen die in der Stadt, dass bei Luca ein Zigeuner ist?

Ja. Ich muss an die Stelle auch noch mal ran. Das heimkommen von der Mittagsschicht, das ist nicht am selben Tag, dass ist später. Ich werde das klarstellen. Und nach etwas Zeit hat man mehr Infos als nur Sprache und in einem kleinen Ort, da spricht sich auch schnell was rum.

Überhaupt erfahre ich zu wenig über Jorskas Aussehen. Franca ist über beide Ohren in den verliebt und kein Bewundern seines Äußeren, wie ist er angezogen, sieht er abgerissen aus? Okay, da ist sein unwiderstehlicher Geruch, aber sie muss ihn doch mit ganzen Sinnen wahrnehmen, sieht er verwegen aus oder irgendetwas in der Art?

So, den Punkt hatte ich nicht auf der Liste. Und der Einwand kam von Dir damals auch schon bei Tom, der ja auch "unwiderstehlich" war und da auch schon drüber geredet wurde in den Komms, ob es nun wichtig ist - warum er es ist. Für mich nicht, für Dich ja. Interessante Männer, die sind ja nicht per se Schönlinge und jeder findet etwas anderes interessant, also ist es am Ende wurscht, was Franca an ihm fasziniert. Muss ja gar nicht mal sein Aussehen sein. Er kann total null acht fünfzehn sein (nur nicht abstoßend), wenn er nur etwas hat, was sie faszienert. Und das kann so ziemlich alles sein. Klar, die Ausseheninfo kann nicht schaden, aber nutzen tut sie auch keinem was. Ich verzichte übrigens weitestgehend darauf, meinen Figuren ein Aussehen zu verleihen, für mich sind andere Dinge interessant.

Warum ist dieser Absatz im Präteritum? Weil es das Ende vorwegnimmt? Weil das, was er da sagt, eben dass sie es bereuen wird, von entscheidender Bedeutung ist für ihre Beziehung? Ich versteh den Zeitenwechsel hier nicht ganz.

Ich auch nicht :). Hab das letztens selbst entdeckt und mich gewundert. Muss ich auch noch ändern. Werde ich auch.

Ich finde es allerdings schade, dass ihr Zusammenkommen, ihre sexuelle Beziehung völlig ausgeblendet wird bzw. man das nur so nebenher mitbekommt. Für mich wäre es sehr spannend gewesen zu sehen, wie jemand wie Jorska körperlich liebt.

Glaub ich Dir sofort. Weiß aber nciht, was das der Geschichte bringen würde. Tiefe, Länge, Wohlfühlfeeling ... keine Ahnung. Aber ich verrat es Dir. Er ist sehr um Franca bemüht und er hat tolle Hände :D.

Die Geschichte ist etwas herumlavierend. Der Beginn ist sehr breit angelegt mit dieser ganzen Familienszene, mit dem kleinen Bruder und der Schwester. Hier wird noch eine Geschichte begonnen, die aber nicht weitergesponnen wird.

Ja, das hab ich auch schon gedacht. Ich glaub, ich brauchte die Szene um mich einzuleben in die Welt da, hab danach auch schon ordentlich gekürzt, weil eben unverhältnismäßig. Was jetzt noch steht, mag ich aber nicht mehr wegnehmen, weil es schade drum wäre. Finde ich jedenfalls.

Leider erfährt man nicht mehr, wie es mit Lore und ihrem Vlado weitergeht. Ich frage mich auch, wo da der Zusammenhang mit der eigentlichen Geschichte ist -

Gibt keinen. Wäre so ein Streichkandidat, den ich nicht streichen mag :).

Der Fokus liegt sehr stark auf der Ablehnung, die Jorska durch die Leute erfährt, und weniger auf der Liebesgeschichte.

Ja. Absicht. Und was Du noch anmerkst, dass Jorska auch so gegangen wäre, also ohne diese Anfeindungen, da wäre ich mir gar nicht so sicher. Ich meine, wenn man nirgends die Chance bekommt überhaupt anzukommen, wenn einem überall das Gefühl von unerwünscht suggeriert wird, dann macht das was mit einem. Jorska zieht weiter. Und dann wieder weiter und irgendwann gehört es zu seinem Leben dazu. Innerer Antrieb/Lebensart und äußere Umstände, ich glaube, das kann man gar nicht klar voneinander trennen. Jeder richtet sich in seinem Leben ein, versucht auf seine Art damit zurechtzukommen. Jorska hat die Erfahrung gemacht, dass er nicht lange "geduldet" wird, er hat sich mit dem Umherziehen arrangiert. Und da der Abschied nur umso schmerzhafter wird, je mehr man sich "Zuhause" fühlt, wehrt er sich dagegen, irgendwo anzukommen, sein Zuhause da zu sehen, wo sein Bett steht. So waren jedenfalls meine Gedanken.

Das meine ich mit Herumlavieren der Geschichte. Es stehen diese drei Blöcke der Geschichte etwas unverbunden nebeneinander: Die Familie Francas - die Ablehnung Jorskas oder eben das Überthema "Ausländerfrage"- die Liebesgeschichte zwischen Franca und Jorska. Klar, Franca weist die Ablehnung zurück, weil sie Jorska liebt, aber die Ablehnung drängt auf keinen Konflikt/ Höhepunkt zu. Die Ablehnung eskaliert nicht. Dieses Unverbundene liegt vielleicht auch an der Dialoglastigkeit der Geschichte.

Was habe ich darauf gewartet. Der Konflikt eskaliert nicht. Trifft ja für alle meine Geschichten irgendwie zu und trotzdem scheint es ja doch zu gefallen. Mir z.B. genau deswegen. Weil ich Alltag schreibe, weil im Alltag nicht immer alles eskaliert. Solange ich die Leute damit nicht stumpfsinnig langweile, kann ich damit leben.
Was die drei Themen betrifft, stimmt. Von allem etwas. Die Geschichte schreit ja auch förmlich danach ausgebaut zu werden, aber ich wollt halt gern so konzentriert schreiben, mag nicht jeder, ich schon. Also, bei anderen mag ich das auch gern, wenn mir denn trotzdem eine Geschichte erzählt wird.

Ja, die Geschichte ist wahrscheinlich einfach zu kurz, ich hätte auch gerne eine längere Version davon, denn gerne gelesen hab ich sie natürlich!

Huhh. Ich freue mich auf Wien, auf Dich und Danke Dir ganz dolle für den Kommentar!


Lieber dot,

auch an Dich ein herzliches Dankeschön für den Kommentar!

Fehlanzeige, denn - uff, es ist und bleibt eine Fliege-Story. Mit grossen Gefühlen, mit diesem zartbitterhonig Herzschmerz, der über all dem Verlangen und Verlust liegt.

Wie schön ...

Schön gemacht, hat mir gut gefallen. Naja, vielleicht fahre ich auch gerade übersensibel auf der Romantikschiene, denn ich beendete gerade "Ein ganzes habes Jahr" von Jojo Moyes (sic!).

Oha. Das muss Liebe sein, wenn Du dieses Buch für deine Frau liest :D.

... und irgendwie sehe ich da schon fast Parallelen, wie Jorska trotz Zuneigung sein eigenes Ding durchzieht und Franca zwischen familiärem Nest und Selbstbestimmung hin und hergerissen, ...

Irgendwie zwar ganz anders, aber irgendwie auch wieder ja. Wenn auch mit anderem Thema und anderer Ausführung.

So, liebe Fliege, bevor ich dieses warmherzige Empfinden noch kaputtrede, es hat mir einfach sehr gut gefallen. Und dieses Sinnbild des zu kleinen Hofs, dieses Reduit, erst Rückzugsort für Jorska, um die Sprache zu lernen, um seine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Doch dann kommt Franca hinzu, nimmt bereits ein Stück des Hofes ein, es wird enger. Der Druck der Leute nimmt zu, Gerede bis hin zu Verleumdungen erhöhen den Druck. Ich mag Francas naive Herangehensweise, Jorska zu helfen.

Ich mag deine Lesart!

Einziger Makel, du ahnst es: Schluffen.

Warum nur mögt ihr alle keine neuen Wörter? Ich freue mich ja immer, wenn ich so was entdecke.

... der Einstieg haute mich raus, hielt ich mich einfach zu lange mit diesem unbekannten Wort auf.

Mann! Mach doch sowas nicht. Aber ich habs zur Kenntnis genommen. Was ich jetzt mit der Erkenntnis tue, weiß ich jedoch noch nicht.

Hab ganz vielen dank für all die schönen Worte. Musste mich ja freuen, geht ja gar nicht anders.

Lieben Gruß!

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe maria,

das war ja eine Überraschung! Tut mir auch leid, Dir erst jetzt zu antworten, aber bei mir geht es gerade bisschen wild in der Freizeit. Ständig ist irgendwas. Ich hänge z.B. faul in Wien rum :). Nun aber ...

Vielen lieben Dank für deinen Ausflug in die Kreativwerkstatt. Ja, hier gibt es eine Menge wirklich schöner Geschichten und da rede ich jetzt nicht von meinen :D.

Deine habe ich vor einer Woche gelesen und ich kann mich noch ziemlich gut daran erinnern.

Das ist was Gutes. Das weiß ich.

Also, ja, mir hat die Geschichte gefallen, doch mit jeden Menge Abers.

Okay, okay, okay.

Und dass sie Interesse an Jorska hat, das hat man am Anfang noch leicht vermutet und bäääm, es wird gefickt!!! Also nein, du beschreibst das ja nicht und das ist gut so! Manche Geschichten brauchen eine Sexszene, ausführlich und detailliert, doch hier hätte es der ganzen Geschichte die Unschuld geraubt und ich bin sehr froh darüber, dass du es nicht getan hast. Das ist eine gute Entscheidung gewesen. Das ist gut. Das gefällt mir.

Darüber habe ich mich sehr gefreut. Gibt ja auch entgegengesetzte Meinungen dazu. Aber das mit der Unschuld der Geschichte gefällt mir. Ich glaub, ich gebe Dir da total recht. Bestimmt hat mein Unterbewusstsein das schon beim Schreiben gewusst.

Und die Dialoge sind dir auch gelungen und das mit der Bettdecke, am Anfang und am Schluss, das hat eine überwältigende Kraft! Das hat mir am besten gefallen.

Das freut mich auch total.

Und dass das der Dame nicht aufgefallen ist! Ganz ehrlich, mir wäre das auch nicht aufgefallen, also kriegst dafür auch 1000 Punkte.

Liebe macht blind oder so. Sehr schön, wie das bei Dir ankommt. Das macht mich sehr glücklich und ein bisschen stolz.

Nur das mit dem Hof, das verstehe ich nicht. Warum ist der Hof klein oder ist das eine Metapher?

Ja, das ist es. Jorskas Leben spielt sich ja größtenteils da ab. Küche, Hof, Zimmer. Und für einen Typen wie Jorska, ist das eben zu eng. Anfangs ging er noch in die Stadt, zum Markt, ans Meer. Das lässt er ja irgendwann bleiben, weil er sich nicht mehr den Blicken und Sprüchen aussetzen will. Im Hof ist er sicher davor, in der Küche auch, aber es ist eben eine sehr, sehr kleine Welt in der er sich bewegt.

Er ist ein riesen Geheimnis. Da sind so viele Fragen über ihn, die die Geschichte nicht beantwortet. Wieso macht er sich solche Gedanken über den Hof? Wieso landet er in dieser Stadt oder Dorf? Welche Herkunft hat er? Zigeuner haben unterschiedliche Herkunftsländer? Wieso muss er plötzlich weg? Hat er sie wirklich geliebt oder wollte er nur was zum Ficken? Wieso redet er nicht viel über sich? Wieso ist er so schlecht gezeichnet?

Ich kann das alles nachvollziehen. Jede einzelne Frage. Und es kam ja auch schon früher in den Kommentaren, da ist verschenktes Potential, da geht mehr. Zu viele lose Fäden. Geht auch, keine Frage. Für mich lag der Fokus allerdings nicht auf Jorska, sondern auf dem Umfeld, wie die Gesellschaft da um ihn herum tickt. Gut, ihn zu einer zentralen Figur zu machen und ihn dann nur so bisschen agieren zu lassen, war vielleicht nicht ganz so clever. Aber mir gefällt es. Das große Geheimnis Jorska. Der Undurchschaubare. Das ist es wohl auch, was Franca an ihm fasziniert. Also, ich nehme die Kritik voll und ganz an, aber ich habe im Augenblick nicht vor, hier groß weiterzustricken. Schon auch, weil ich die Geschichte einfach total gern hab, wie sie ist. Vielleicht ein Fehler, aber manchmal steht man sich halt selbst im Weg rum. Wahrscheinlich tue ich das gerade.

Ach, ich weiß nicht, aber gebe es Jorska in der Geschichte nicht, hätte ich die Geschichte sofort empfohlen.

Okay. Aber ohne ihn, wäre die Geschichte auch irgendwie halb :). Nee, ich verstehe schon was Du meinst. Aber ich freue mich jetzt einfach trotzdem, dass da scheinbar noch genügend übrig bleibt, was Dir gefallen hat.

Liebe maria, es war mir eine Freude. Ich mag deine Kommentare immer total gern, aber das weißt Du.

Ganz herzlich liebe Grüße,
Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Fliege,

ich erinnere mich an das erste Durchlesen, das ist schon ein paar Tage her, und an das große Fragezeichen innerhalb der ersten Absätze, mit was für einem Protagonisten ich es zu tun habe. Für mich war die Erzählstimme schwierig einzuordnen, was das Alter betrifft. Erst dachte ich an eine junge Frau, so, wie man sie zuhauf eben in Restaurants bedienen sieht. Vielleicht gegen 20 oder so.

Dann kommt sie heim und kümmert sich um ihr Geschwister, das jung ist - also muss sie ja auch eher noch jünger sein und ich stellte mir ab da eine Vierzehn- bis Sechzehnjährige vor.
Die ist aber dann nachts unterwegs, also muss sie doch wiederum etwas älter sein. Also ich wollte mit diesen Worten ausdrücken, dass mir da eine kleine Verortung gefehlt hat, es würde ja ein kleiner eingestreuter Hinweis reichen. Ich habe mir jedenfalls mehrfach Gedanken darum gemacht, wie ich mir das Mädel vorstellen muss, also das kam nicht einfach für mich rüber.

Wieder ein Fall für Onkel Luca, denke ich. Der Onkel wird entzückt sein.
Mir gefällt die Wiederholung von Onkel nicht, wieso denn nicht einfach er?

Durch das Fenster beobachte ich, wie der Typ zu einem der Tische mit Blick auf den Hafen schlufft, seinen Rucksack abwirft und auf einen Stuhl niedersinkt.
Am Rande: Mit dem Schluffen habe ich kein Problem, ich kenne den Begriff Schluffi.


Hier unten zitiert führst du den Leser unnötigerweise auf falsche Gedanken, weil ich von dem Feierabendmachen vom ersten Absatz darauf schloss, dass sie anschließend von der Mittagsschicht heimkommt, dabei gibt es da einen zeitlichen Abstand von einer Woche. Sowas irritiert mich.


„Was weiß ich. Vielleicht denkt er, er muss den bezahlen. Ist mir auch egal. Ich habe jetzt Feierabend.“
....
"Bin wieder da", rufe ich ins Haus, als ich von der Mittagsschicht heimkomme.
....
Wie lang ist er schon da?“
„Eine Woche.“

Jorska ist nun schon seit drei Wochen bei Onkel Luca. Der Onkel hat ihm eines der drei Gästezimmer überlassen.
Ich finde das noch ungebrochen komisch, wenn da kein er steht.
Jorska hebt mich hoch und wirft mich wie ein Handtuch über die Schultern.
Also bildlich gesehen fände ich einen Kartoffel- oder Mehlsack besser, oder ist der Jorska ein Herkules?
Er ist doch eher hager, so ein schmaler Wurf halt, und dann packt er die Protagonistin mit einer Verve, so dass sie über seine Schulter schwebt? ;) Ach, wahrscheinlich wolltest du damit sagen, dass die Protagonistin spindeldürr und federleicht ist, oder?

Zurück im Dorf nimmt Jorska das Küchenradio, das kaputt ist, solange wie ich mich erinnern kann, setzt sich auf die Hoftreppe und schraubt es auseinander.

Dieser Satz holpert für mich. Ich würde ihn auseinandernehmen.
Zurück im Dorf nimmt Jorska das Küchenradio, setzt sich auf die Hoftreppe und schraubt es auseinander. Solange wie ich mich erinnern kann, ist es kaputt.

Oder:

Zurück im Dorf nimmt Jorska das Küchenradio, das kaputt ist, setzt sich auf die Hoftreppe und schraubt es auseinander.

Es gibt sehr viele schöne Stellen, die ich aber nicht separat aufzeigen will, das haben die anderen ja auch schon getan. Du hast mich mit der Geschichte gefangen, ich kam mir selber wieder wie zwischen fünfzehn und zwanzig vor und konnte dem Liebestaumel nachfühlen, den anscheinend nur die Teenager so intensiv packen kann - inklusive ganz furchtbarem Herzschmerz.

Ja, und nachdem ich etwas darüber nachgedacht habe, bin ich der Meinung, dass Franca wirklich gehofft und geglaubt hatte, dass Jorska bleibt. Vielleicht wegen ihr. Und dass sie einfach weggeschoben hat, dass er einer ist, der nicht bleibt, sowieso nicht wegen einem Mädchen.

Sehr, sehr schön, Fliege.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe bernadette,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Und endlich finde ich auch die Zeit, Dir zu antworten. Ich kam mir schon ganz undankbar vor.

ich erinnere mich an das erste Durchlesen, das ist schon ein paar Tage her, und an das große Fragezeichen innerhalb der ersten Absätze, mit was für einem Protagonisten ich es zu tun habe.

Kann ich nachvollziehen, so wie Du das darlegst. Ich muss ja eh noch mal an den Text und wo ich jetzt bisschen Zeit hab, werde ich mich die Tage mal dran machen. Aber da immer irgendwie platt reinschreiben, Franca, 18 Jahre alt, mag ich auch nicht. Im Augenblick fällt mir dazu nicht wirklich eine Lösung ein. Mal schauen.

Ach, wahrscheinlich wolltest du damit sagen, dass die Protagonistin spindeldürr und federleicht ist, oder?

Eigentlich wollt ich nur sagen, dass er sie eben forstschleppt und die Situation damit beendet. Und Franca einem Kartoffel- oder Mehlsack gleichzusetzen fand ich wenig charmant.

Die anderen angemerkten Stellen, werde ich mir auch anschauen und nachbessern. Vielen Dank für dein Adlerauge.

Du hast mich mit der Geschichte gefangen, ich kam mir selber wieder wie zwischen fünfzehn und zwanzig vor und konnte dem Liebestaumel nachfühlen, den anscheinend nur die Teenager so intensiv packen kann - inklusive ganz furchtbarem Herzschmerz.

Wie schön!

Ja, und nachdem ich etwas darüber nachgedacht habe, bin ich der Meinung, dass Franca wirklich gehofft und geglaubt hatte, dass Jorska bleibt. Vielleicht wegen ihr. Und dass sie einfach weggeschoben hat, ...

Ich glaube das auch. Aber im Teenealter gibt es ja ohnehin nur Himmel oder Hölle. Die kennen ja keine Graustufen. Oder nur sehr wenige. Die müssen erst die Erfahrung machen, dass Hollywood nicht das Leben, sondern eine Traumfabrik ist.

Sehr, sehr schön, Fliege.

Freu, freu, freu!

Ich wünsche Dir einen tollen Tag und einen noch tolleren Sommer!

Liebe Grüße, Fliege

 

Liebe Fliege,

eine wahre, traurig-schöne Geschichte. In ihrer Art ähnlich grausam wie der inspirierende Jorskatext. Leider wie dieser auch auf der Höhe der Zeit. Du schilderst fast nebenbei, ins Alltägliche eingebettet, zwischen Schicht und Süßgkeitenklau - wie Vorurteile die Menschlichkeit aushebeln, wie sie brutal in einer ansonsten eher fürsorglichen Familienszenerie Beziehungen zerschneiden, inner- wie außerhalb. Und wie schwer es ist, dagegen anzukommen! Für mich macht der Kontrast das Ganze noch herber, selbst wenn hier vermutlich niemand zu Tode kommt. Denn wie schön ist die Landschaft, das Meer, wie liebevoll sind die Geschwisterbeziehungen und wie wunderbar ist die zart wachsende Liebe der Beiden. Wie abgründig und alltäglich dagegen die Vorverurteilung, das unbestimmte 'man hat ...'.
Das alles fängst du genial ein. Am tollsten finde ich die vielen Dialoge, genauso könnte sich das anhören - der Leser als stiller Zeuge.
Deine Geschichte schafft Emotionen, die werden eine Weile bleiben.
Der einzige Punkt, der für mich etwas schwierig ist, sind die Cuts. Für mich sind die Wechsel von Zeit und Raum ein wenig zu unmittelbar, die einzelnen Zeitfenster zu knapp gehalten. Aber das liegt sicher nur daran, dass ich gerne noch ein bisschen länger gelesen und das abzusehende Ende damit ein wenig rausgezögert hätte.

Feine Sache,
viele Grüße,

Eva

 

Liebe Eva,

was für eine Überraschung, damit habe ich ja so gar nicht gerechnet. Vielen Dank!

Du schilderst fast nebenbei, ins Alltägliche eingebettet, zwischen Schicht und Süßgkeitenklau - wie Vorurteile die Menschlichkeit aushebeln, wie sie brutal in einer ansonsten eher fürsorglichen Familienszenerie Beziehungen zerschneiden, inner- wie außerhalb. Und wie schwer es ist, dagegen anzukommen! Für mich macht der Kontrast das Ganze noch herber, selbst wenn hier vermutlich niemand zu Tode kommt.

Wenn der Text so wirkt, ach, da ist einfach nur schön. Bringt mich ja fast dazu, es mal wieder mit einer Geschichte aufzunehmen, aber nur fast. Ich genieße gerade meine Schreibfaulheit ;).

Der einzige Punkt, der für mich etwas schwierig ist, sind die Cuts. Für mich sind die Wechsel von Zeit und Raum ein wenig zu unmittelbar, die einzelnen Zeitfenster zu knapp gehalten.

Wäre sicher ein guter Punkt noch mal in die Geschichte reinzugehen. Kann ich absolut nachvollziehen. Aber irgendwie - siehe oben. Und ich habe auch irgendwie abgeschlossen mit ihr. Aber wer weiß. Sollte ich doch je und so, dann habe ich das mit auf der Liste.

Aber das liegt sicher nur daran, dass ich gerne noch ein bisschen länger gelesen und das abzusehende Ende damit ein wenig rausgezögert hätte.

Nee, ich glaube, das kann man nicht schönreden.

Liebe Grüße und hundert Dank!
Fliege

 

Hallo Fliege,

die Geschichte hat mir wirklich gut gefallen, sie ist richtig lebendig! Da ist nichts zu lang oder gar langweilig - ich denke, ich hätte immer noch weiter lesen können. Dabei ist die Geschichte nicht zu kurz, das Ende hat mir auch gefallen; dein Erzählstil macht einfach Lust auf mehr.
Ich hatte durch und durch das Gefühl, dass du deine Charaktere verstanden hast und das konntest du auch super rüberbringen.

Auf die Geschichte wurde ich überhaupt erst aufmerksam, weil Kanji deine Geschichten wegen der guten Dialoge empfohlen hat und jetzt, wo ich die Geschichte gelesen habe, kann ich nur zustimmen: Sehr natürlich und, wie gesagt, sehr lebendig geschrieben.

Eine Sache zum Abschluss: ich hab da so meine Theorie, warum Luca der Hof zu klein ist und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich richtig liege, weil der Satz just nach Jorskas Verschwinden kam. Und zwar denke ich, dass Luca sich trotz der vielen Gäste, die er tagtäglich bedient, sehr einsam auf diesem Hof fühlt. Vielleicht wünscht er sich ja sogar, ein paar Untermieter aufnehmen zu können?

Ich wünsch dir noch einen schönen Abend!

Liebe Grüße,

Jana

 

Hey Jana,

und lieben Dank für deinen Besuch. Und wenn ich ihn Kanji zu verdanken habe, Danke auch Kanji. Habe gelsen, du willst Dich auch an Dialoge trauen. Mach das! Dialoge sind was wunderbares!

die Geschichte hat mir wirklich gut gefallen, sie ist richtig lebendig! Da ist nichts zu lang oder gar langweilig - ich denke, ich hätte immer noch weiter lesen können.

Das freut mich sehr.

Eine Sache zum Abschluss: ich hab da so meine Theorie, warum Luca der Hof zu klein ist und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich richtig liege, weil der Satz just nach Jorskas Verschwinden kam. Und zwar denke ich, dass Luca sich trotz der vielen Gäste, die er tagtäglich bedient, sehr einsam auf diesem Hof fühlt. Vielleicht wünscht er sich ja sogar, ein paar Untermieter aufnehmen zu können?

Unbedingt! Unterschreib ich voll und ganz. Freut mich sehr, dass Du das so rausgelesen hast.

Vielen lieben Dank für deine Worte und deine Zeit. Hat mich sehr gefreut.

Beste Grüße, Fliege

 

Danke für den Text, @Fliege,

in Vielem erinnert er mich an meine Kindheit, die Plätze in der Stadt, die dem "fahrenden Volk" zugewiesen wurden, umzäunt, Wohnwagen neben Wohnwagen. Der Bus in die Stadt fuhr dort vorbei und Oma sagte immer: "Das sind Zigeuner, die dort wohnen. Sie fahren schon immer durchs Land, wohnen hier und da." Aber das war es. Ich hörte nie etwas Negatives aus ihrem Mund. Es waren eben einfach Menschen, die auf eine andere Art lebten. Da muss ich auch meine Eltern absolut loben. Weder von Mama noch von Papa kam je ein negatives Wort über Menschen aller Couleur. Papas Kollegen bei den Fensterputzern waren Spanier, Portugiesen, Jugoslawen, Italiener. Mal abgesehen vom unseligen Saufen, waren wir oft bei ihnen eingeladen und ich spielte mit Kindern, die ich kaum verstand. Es war diese Offenheit allen gegenüber, die mich tief geprägt hat.

In deinem Text können wir einige Worte herausziehen, die sich im Laufe der Jahre geändert haben, verfeinert, aber im Prinzip immer denselben Inhalt haben

  • Fremdenfeindlichkeit
  • Antiziganismus (modern)
  • Stereotype(s) bzw. stereotypes Denken
Aber auch
  • Unvoreingenommenheit
  • Offenheit
Gerne gelesen.
Grüße
Morphin

 

Lieber @Morphin,

vielen Dank für deinen Besuch und verzeih mir die späte Antwort. Die letzten zwei Wochen war ich schwer im RL beschäftigt. Gefreut habe ich mich natürlich sehr!

Aber das war es. Ich hörte nie etwas Negatives aus ihrem Mund. Es waren eben einfach Menschen, die auf eine andere Art lebten. Da muss ich auch meine Eltern absolut loben. Weder von Mama noch von Papa kam je ein negatives Wort über Menschen aller Couleur.

Da haben wir sehr ähnliche Erinnerungen. Wobei ich mein eher verklärtes, romantisches Bild aus dem Fernsehen hatte. Da mir in der DDR nie welche begegnet waren, setzte mein kindliches Ich sie mit Zirkusleuten gleich. Die Wagen, die bunten Kleider ... Erst als ich Anfang der 90'ziger eine Gruppe vor Belfast aus dem Busfenster sah, konnte ich mein Bild korrigieren. Hartes Leben. Aber Belfast verwirrte mich noch mehr, die Stadt konnte ich nur ganz schwer ertragen. Überall die LKWs mit Soldaten, die schwer bewaffnet in Häuser stürmten. Geschäfte waren vergittert und überhaupt wirkte auf mich alles sehr strange. Dagegen war es vor den Toren der Stadt so viel friedlicher.

Und jetzt freue ich mich sehr, dass durch die Verschiebung des CWs auch @ernst offshore sein Original dem Projekt besteuert. Yeah!

Liebe Grüße und frohe Ostern für Dich,
Fliege

 

Hallo @Fliege

ich habe Deine Geschichte sehr gern gelesen, konnte mich total hineinversetzen. Du zauberst schöne Bilder, gehst subtil vor. Ich mag die Dichte des Textes, das Kopfkino, die Nähe, die ich zu Deinen Protagonisten aufbauen kann. Der Einstieg ist gelungen, ich bin sofort drin. Lediglich hab ich ziemlich lange gebraucht, um zu erkennen, dass Deine Prota weiblich ist, dadurch konnte ich anfangs kein richtiges Bild entstehen lassen. Ich erfahre, dass wir in Italien sind und Du sprichst über Rassismus gegen Zigeuner, übers Verliebtheit, dass keine Rasse kennt. Der Liebe ist die Herkunft, die Hautfarbe egal. Du zeigst die Klischees auf, wie die Mutter Jorska beschuldigt, wie die Prota nicht offen reden kann, weil sie weiß, sie würde Ärger kriegen. Ist Dir sehr gut gelungen!

Hier einige Leseeindrücke:

Wieder ein Fall für Onkel Luca, denke ich. Der Onkel wird entzückt sein.

Hier war ich natürlich sofort neugierig :)

Er wird das nicht bezahlen.“
„Er zahlt, was er bestellt.“
„Warum machst du das immer?“
„Weil ich sehe, wenn jemand Hunger hat. Und in meiner Küche liegen fünf frische Doraden. Schau dir die schmalen Schultern an. Diese Beinchen. Und dieses Ungetüm von Rucksack. Er hat Hunger. Basta

Die Szene find ich herrlich. Der Onkel wirkt ein wenig durchtrieben. Und seine Erklärungen. Herzallerliebst :herz:

Ich streife die Sandalen ab und lauf barfuß in unsere Küche.

laufe

„Stell die Kekse zurück!“, befiehlt Mama. Sie kann Lore nicht gesehen haben, und doch weiß sie genau Bescheid.

Die typische Mama. Kriegt alles mit :)

„Frag sie. Und mach endlich, dass er mit dem Geplärr aufhört.“ Damit hastet Mama ins Badezimmer. Ich nehme jeden einzelnen Verband aus der Schublade und errichte einen Turm aus Mul

Mull.

Lore nickt eifrig.
„Wie lange seid ihr schon zusammen?“
„Seit heute.“

Sehr amüsant die Stelle.

„Mit zwölf knutscht man nicht gleich am ersten Tag“, sage ich streng, während ich Enrics anderes Bein verbinde.

Hier hab ich mich gefragt, ob Dein Prota weiblich oder männlich ist. Hast Du das absichtlich nicht von Anfang an klar machen wollen? Ich finds ziemlich verwirrend.

Als Mama das Badezimmer verlässt, bin ich bereits mit Enrics Armen fertig. In Unterwäsche steht sie mitten in der Küche und hält zwei Blusen auf Bügeln hoch. Ich verbinde Enrics Bauch.

Du hattest geschrieben, dass Enric sich die Knie aufgeschlagen hat. Daher hab ich mich gewundert, dass die Arme und der Bauch verbunden werden. Mmmh. Dann würd ich eher schreiben, er ist schwer gestürzt.

Inzwischen habe ich auch Enrics Kopf verbunden. Geheilt klettert er vom Tisch und rennt zu seinen Freunden auf die Straße.

Und dann auch noch der Kopf. Ist bisschen viel. Da muss es ihn doch ordentlich hingeauen haben.

Er bemüht sich, Italienisch zu lernen, er lernt schnell.

Ah, wie schön. Jetzt weiß ich, dass wir in Italien sind. Bei dem anfänglichen "si si" und "no no" wären auch noch andere Länder in Frage gekommen. Gut, die Pasta war natürlich auch ein Hinweis :)

Warum eigentlich nicht. Morgen ist Ruhetag. So entkomme ich Mamas Bügelwäsche. „Ja.“
Jorska lächelt. Er ist schön.

Hier dämmert mir zum ersten Mal, dass Dein Prota weiblich sein könnte.

Als unsere Flaschen leer sind, geht Jorska an die Bar, zwei neue kaufen. Einer der beiden Männer sagt etwas zu ihm. Ich kann nicht verstehen, was er sagt, aber Jorskas Lächeln verschwindet. Der andere bläst ihm seinen Zigarrenrauch ins Gesicht. Der Wirt knallt die Flaschen auf den Tresen, so dass das Bier überschäumt. Jorska bezahlt, lässt die Biere stehen, kommt zu mir und sagt: „Wir gehen.“

Eine eindringliche Szene. Hier erlebt die Prota mit, wie Jorska ausgegrenzt wird.

„Nein!“ Ich stemme die Arme in die Hüften. „Was glotzt ihr so? Wo ist das Problem?“, brülle ich.

Ich finds klasse, wie mutig sie ist, wie sie ihn verteidigt.

Wir stehen ganz nah beieinander. Jorskas Geruch macht etwas mit mir. Ich werde ganz ruhig und weich und zärtlich und wild.

Eine sehr schöne Stelle.

Ihm fehlen immer mal Hühner“, sage ich und feile weiter meine Nägel, ohne aufzublicken.
„Er hat es geklaut“, sagt meine Mutter.
„Wer?“
„Der Zigeuner.“
„Er heißt Jorska. Zigeuner sagt man nicht.“

Ich kann mir den inneren Kampf der Prota vorstellen und es ist toll, wie sie die Mutter beleert.

Was fragst du denn so dämlich? Bei Alfredo natürlich.“
Das kann nicht sein, denke ich. Aber ich kann es Mama nicht sagen. Sie würde auf der Stelle einen Herzinfarkt bekommen.

Absolut nachvollziehbar. Ein wahres Dilemma.

Sein Zigeuner ist abgehauen. Heute Morgen. Mit dem Bus.“
Ich spucke den Kaffee aus, pruste ihn über den Tisch. „Nein!“
„Er hat die Kasse mitgenommen. Bestimmt hat er das. Sag Luca, ich hab ihn gewarnt.“
„Woher weißt du?“
„Man hat ihn gesehen.“
So, wie man ihn bei Alfredos Hühnern gesehen hat? Ja, so muss es sein. Ich verzichte auf mein Frühstück, beeile mich mit Anziehen und wische noch schnell den Tisch ab.

Hier tut mir die Prota mega leid. Ihr Liebster einfach verschwunden. Sie kanns nicht fassen, macht sich sofort auf den Weg und hofft ...

ls wäre er nie da gewesen. Ich lasse mich darauf fallen, zerwühle es, schlage es, ersticke meine Schreie in den Kissen. Schmiere Rotz und Tränen aufs Laken.

Da bin ich ganz nah bei Deiner Prota und leide mit.

Onkel Luca legt mir eine Hand aufs Knie. „Irgendwann wirst du es verstehen.“
„Was? Was soll ich verstehen?“
„Dass der Hof zu klein ist.“ Dann nimmt er seine Hand wieder fort und gießt uns Wein ein.

Eine sehr berührende Stelle.

Gern gelesen!

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Silvita

 

Liebe @Silvita

Da habe ich mich aber gefreut! Das war schön :gelb: Irgendwie ist nice, wenn zu den "alten" ein Kommentar aufploppt, mit dem man so gar nicht mehr rechnet. Und wenn man so was liest:

ich habe Deine Geschichte sehr gern gelesen, konnte mich total hineinversetzen. Du zauberst schöne Bilder, gehst subtil vor. Ich mag die Dichte des Textes, das Kopfkino, die Nähe, die ich zu Deinen Protagonisten aufbauen kann. Der Einstieg ist gelungen, ich bin sofort drin.
ist eh perfekt.

Lediglich hab ich ziemlich lange gebraucht, um zu erkennen, dass Deine Prota weiblich ist, dadurch konnte ich anfangs kein richtiges Bild entstehen lassen.
Okay. Damit habe ich gar nicht so gerechnet, dass es einem so gehen könnte, ich guck mal die Tage drauf.

Die Szene find ich herrlich. Der Onkel wirkt ein wenig durchtrieben. Und seine Erklärungen. Herzallerliebst :herz:
Durchtrieben wollt ich eigentlich gar nicht, Herzallerliebst dagegen schon :D

Du hattest geschrieben, dass Enric sich die Knie aufgeschlagen hat. Daher hab ich mich gewundert, dass die Arme und der Bauch verbunden werden. Mmmh. Dann würd ich eher schreiben, er ist schwer gestürzt.
Aber ist doch gar nicht schwer gestürzt und Du bist die Erste, die hier nicht den "Männerschnupfen" rausliest. Viel hilft viel, das weiß doch jedes Kind ;). Also, es ist eigentlich ganz viel Liebe und weniger Blut, was dabei rauskommen sollte.

Und dann auch noch der Kopf. Ist bisschen viel. Da muss es ihn doch ordentlich hingeauen haben.
Aber Du musst auch den nächsten Satz lesen:
Geheilt klettert er vom Tisch und rennt zu seinen Freunden auf die Straße.
Macht man doch nicht, wenn man einen Totalschaden erlitten hat.

An der Stelle auch vielen, vielen Dank für all die Stellen, die Du magst und mich daran teilhaben lässt. Ich saß da wie ein Honigkuchenpferd. Ein ganz dickes und fettes.

Onkel Luca legt mir eine Hand aufs Knie. „Irgendwann wirst du es verstehen.“
„Was? Was soll ich verstehen?“
„Dass der Hof zu klein ist.“ Dann nimmt er seine Hand wieder fort und gießt uns Wein ein.

Eine sehr berührende Stelle.

Darüber habe ich mich mega gefreut. Hat ja nicht bei allen so funktioniert.

Vielen Dank nochmals für den schönen Kommentar! Ich honigkuchenpferde gleich nochmal durch den Tag.

Liebe Grüße, Fliege

 

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