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Donnerstag

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13.04.2015
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Donnerstag

Es war an einem Donnerstag. Ein riesiger Braunbär stapfte wütend durch den Wald. Sein Honigtopf war alle! Mit den Tatzen schlug er rechts und links in die Büsche. Zweige und Blätter wirbelten herum. Kein Honig mehr! Ein Baum stand ihm im Weg. Der Bär brüllte gewaltig und fing an zu rennen. Er stieß so heftig mit seiner Schulter gegen den Baum, dass dieser laut krachend umstürzte. Der Bär wurde immer wütender. Ein Fels stand ihm im Weg. Er brüllte umso lauter und rannte so schnell er konnte auf den Felsen zu.

Als der Bär wieder aufwachte, lag er auf dem Rücken und blickte in den blauen Himmel. In seinem Kopf summte und surrte es. Da spürte er ein Kribbeln auf dem Bauch. Eine winzige rote Waldameise spazierte mit ihren vier Hinterbeinen auf seinem Fell herum. In den vorderen Beinen hielt sie jeweils eine Tannennadel. Sie zog die beiden Tannennadeln, wie zwei Degen, zischend durch die Luft und fragte: »Warum liegst du hier im Gras?«
Der Bär antwortete »Ich bin gegen einen Felsen gerannt.«
»Wozu das denn?« Die Ameise schüttelte den Kopf und ihre Fühler.
»Ich weiß nicht. Ich war so wütend.«
Die Ameise trat einen Schritt zurück, »Hast du das öfter?«
»Mmmmm«, brummte der Bär.
»Und, wie ist es jetzt?«, fragte die Ameise mitfühlend: »Geht es Dir besser?«
»Ja, ja. Ganz friedlich. Was machst du den da mit den beiden Tannennadeln?«
»Ich lerne zweihändig fechten«, antwortete die Ameise stolz. »Ich kenne auch ein Super-Mittel gegen Wut. Du musst wissen, ich werde dauernd wütend. Auf die Millionen anderer Ameisen. Auf das endlose schwere Schleppen. Und am meisten auf mich selbst.«

Der Bär staunte, dass eine kleine Ameise so viele Gründe hatte, wütend zu werden. »Stapfst du durch den Wald und haust alles kurz und klein?«
»Nein, nein«, erwiderte die Ameise. »Wenn ich wütend bin, dann zwinkere ich mit den Augen. So schnell es geht. Es dauert keine Minute und ich bin den Ärger los.« Sie sprang in einem hohen Bogen vom Bauch des Bären.

Der Bär stand auf und stellte sich auf die Hintertatzen. Sein Bauch grummelte gar fürchterlich. Er erinnerte sich an den leeren Honigtopf und fletschte die Zähne.
Die Ameise schrie: »Zwinkern!«
Erst brummte er. Doch dann fing er an zu zwinkern. Die Sonne blitzte in den braunen Augen. Hell. Dunkel. Hell. Dunkel. Er zwinkerte immer schneller und verlor seinen Groll. Fröhlich tanzend drehte sich der Bär um die Ameise: »Das ist viel besser, als mit dem Kopf gegen einen Felsen zu rennen.« Der Braunbär winkte der roten Waldameise zum Abschied und trollte sich in den Wald. Auf der Suche nach Beeren, Pilzen und Nüssen.

 

Hallo oheim,

eine kleine, süße (Vorlese-)Kindergeschichte.

Für welches Alter soll sie in etwa sein? Ich vermute mal Kindergartenalter, richtig?
Die Sprache passt. Ich persönlich würde nur überdenken, das Wort "elegant" ggf. auszutauschen.

Besser passen könnte z.B.:
"Die Ameise sprang in einem hohen Bogen vom Bauch des Bären."

Gerne gelesen. Mit zwei, drei zusätzlichen Abbildungen sicher ein tolles Minibüchlein. :thumbsup:

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Deinen Vorschlag habe ich gerne übernommen. :)

Ja, Kindergartenalter. :thumbsup: Meine Enkelin ist jetzt vier Jahre alt.

Herzliche Grüße
Heiko

 

Hi oheim!

Eine kleine Kindergeschichte, bei der es darum geht, Kindern zu zeigen, dass man bei Wut lieber mal durchschnaufen sollte, als alles kurz und klein zu schlagen. Von der Idee her ist das sicherlich gut geeigenet als Vorlesegeschichte, das ist auch flüssig geschrieben, aber ich kann mir vorstellen, dass die Geschichte davon profitieren würde, wenn du sie noch ausbauen würdest.
Der Bär z.B.: Ich glaube, Kindern würde es gefallen, wenn du ihn mehr charaktersieren würdest - lass den Bär eine Macke haben, lass es eine Sache geben, die den Bär vollkommen auf die Palme bringt, bei der er diese Wutanfälle bekommt; er wohnt in einer Höhle und hat einen Topf Honig, und er ist total süchtig nach Honig, und immer wenn der Topf alle ist, dreht er total durch - irgendwie so etwas. Umso mehr Details du in eine Geschichte packs, umso anschaulicher wird das - und ich glaube, Kinder sind ein sehr kritisches Publikum, die schalten sofort ab, wenn eine Geschichte Längen hat oder uninteressant wird.
Dass der Bär blinzelt, und sich dann einfach denkt: Ach ja, blinzeln ist echt viel besser - das ging mir auch zu schnell. Du könntest ihn wieder einen Wutanfall kriegen lassen, und ihn so peu a peu lernen lassen, dass es tatsächlich besser ist, durchzuatmen, als alles kaputtzuschlagen.

Also ein paar mehr Details und Besonderheiten der Figuren und einen wirklichen Lernprozess, den die Kinder dann beim Zuhören auch nachvollziehen können, damit könntest du deine Geschichte noch aufwerten, finde ich zumindest.

Viel Erfolg und Grüße,
zigga

 

Hi zigga,

Du hast Recht und ich habe die Geschichte überarbeitet. Vielen Dank für den Honigtopf :thumbsup: und auch das Ende habe ich abgerundet.

Herzliche Grüße
oheim

 
Zuletzt bearbeitet:

Eine wirklich gelungene, nette Kindergeschichte, oheim, vor allem sehr charmant und sprachwitzig geschrieben. Ja, gefällt mit wirklich.

Einzig zwei Stellen passten mir nicht recht:

»Wozu das den [denn]?«, schüttelte die Ameise den Kopf und ihre Fühler.
Solche (Infodumping)-Redebegleitsätze finde ich immer … na ja, nicht so toll halt. Ich mein, schütteln verwendest du hier im Sinne von fragen, und das klingt halt schon seltsam.

Besser: »Wozu das denn?«, fragte die Ameise und schüttelte den Kopf und ihre Fühler.
Oder: »Wozu das denn?« Die Ameise schüttelte den Kopf und ihre Fühler.

und trollte sich in den Wald auf der Suche nach Beeren, Pilzen und Nüssen.
Das haut nicht recht hin, merkst du’s?
Auf die Suche nach Beeren, Pilzen und Nüssen kann sich der Bär je erst machen, wenn er im Wald ist, aber während er sich in den Wald trollt, ist er ja erst auf dem Weg dorthin und noch nicht drin. Äh … weißt du was ich meine?

Eventuell: … trollte sich in den Wald, um nach Beeren, Pilzen und Nüssen zu suchen.


offshore

 

Hallo oheim,

nach dem ersten Absatz dachte ich: Wenn ich noch einmal mit einem Kind zusammen sein sollte, das vor lauter Wut mit dem Kopf durch die Wand will, werde ich diese Geschichte vorlesen.
Und dann diese kleine Waldameise - süß. Und dass das Zwinkern nicht nur gegen die Wut hilft, sondern auch den Sinn auf andere Nahrungsquellen - also auf andere Lösungsmöglichkeiten - richtet. Ein guter Vorschlag.

Sehr gerne gelesen

Liebe Grüße

Jobär

 

Dankeschön ernst offshore für die Blumen, Rechtschreibkorrektur, Deine Hinweise und Deine konkreten Vorschläge, die ich gerne einfach übernommen habe :thumbsup:

oheim

 

Hey oheim,

klein und fein :). Gefällt mir. Stilistisch ginge da aus meiner Sicht noch ein bisschen mehr, wenn Du nicht versuchen würdest niedlich zu schreiben. Schreib nicht niedlich. Das ist so ein Ding, was man anfangs hat, Kindergeschichten sollten niedlich sein, wie ihre Leser. Das "niedliche" in den Kindergeschichten kommt aber nicht über die Sprache. Das kommt aus den Themen und den Protagonisten selbst heraus, wie bei dir zum Beispiel, die degenschwingende Ameise.

Ein Baum stand ihm im Weg. Der Bär brüllte gewaltig und fing an zu rennen. Er stieß so heftig mit seiner Schulter gegen den Baum, dass dieser laut krachend umstürzte. Der Bär wurde immer wütender. Ein Fels stand ihm im Weg. Er brüllte umso lauter und rannte so schnell er konnte auf den Felsen zu.

Ich weiß, das ist jetzt viel individueller Geschmack. Aber ich würde das noch deutlicher schreiben:

Ein Baum stand ihm im Weg. Der Bär brüllte und lief darauf zu. Er rammte den Baum. Der Baum fiel krachend um. Das machte den Bären noch wütender. Da stand ein Felsen neben dem Weg. Der Bär brüllte gewaltig. So schnell wie er konnte, rannte er auf den Felsen zu. Da fiel er selbst um.

Als der Bär wieder aufwachte, lag er auf dem Rücken und blickte in den blauen Himmel. In seinem Kopf summte und surrte es. Da spürte er plötzlich ein klitzekleines Kribbeln auf dem Bauch. Eine winzige rote Waldameise spazierte mit ihren vier Hinterbeinen auf seinem Fell herum.

Das sind diese Niedlichkeitsdinger, die Kindergeschichten in den seltensten Fällen wirklich Gutes tun. Und "plötzlich" - naja, so ein totales Unwort das einem Glauben macht, Drama zu erzeugen. Tut es auch nur selten ;).

Als der Bär wieder aufwachte, lag er auf dem Rücken und blickte in den blauen Himmel. In seinem Kopf summte und surrte es. Da spürte er ein Kribbeln auf dem Bauch. Eine rote Waldameise spazierte mit ihren vier Hinterbeinen auf seinem Fell herum.

Und? Fehlt hier wirklich irgendetwas? Falls nicht - streiche alle niedlich machenden Adjektive und Kunst-Dramawörter. Falls Dir doch was fehlt, lass alles so :).

In den vorderen Beinen hielt sie jeweils eine Tannennadel. Sie zog die beiden Tannennadeln, wie zwei Degen, zischend durch die Luft und fragte: »Warum liegst Du hier im Gras?«

das gehört kleingeschrieben in der wörtlichen Rede - hast du immer falsch.

Der Bär antwortete »Ich bin gegen einen Felsen gerannt.«
»Wozu das denn?« Die Ameise schüttelte den Kopf und ihre Fühler.
»Ich weiß nicht. Ich war so wütend.«

Das finde ich einen sehr hübschen Dialog.

Und was mich noch irritierte - erst ist der Bär total groß und stark und "böse" und auf einmal hat er Knopfaugen. Das passt nicht in mein Bärenbild. Lass ihn doch groß und stark bleiben, er muss sich ja nicht auch äußerlich zu einem "Teddybären" verändern.

Kleinkram irgendwie. Such Dir davon was aus (außer die großen "Du", die sind einfach falsch).
Beste Grüße, Fliege

 

Hallo Oheim,

Ich bin ein Fan von Kindergeschichten und Märchen und ich muss schon sagen, "Donnerstag" gefällt mir sehr.
Ich werde meine Tochter, die Kindergärtnerin ist, darauf aufmerksam machen. Da sie mit den Kindern einen Tag pro Woche im Wald ist, würde diese Geschichte gut passen.

Die Ameise schrie: "Zwinkern!"
Wenn ich das nächste Mal wütend bin, werde ich das ausprobieren. Super!

Das mit den Knopfaugen des Bären stört mich auch. Vielleicht kannst Du das weglassen.

Danke für diese schöne Geschichte.
Alles Gute wünscht Dir
Marai

 

Hallo Fliege,

vielen Dank für Deine Hinweise!

  • falsche Rechtschreibung "du" ist behoben
  • "Plötzlich"-Unwort ist raus
  • Einiges von den klitzekleinen zuckersüssen :Pfeif: Verniedlichungen ist raus. Aber einige, zum Streichen vorgeschlagene, Adjektive habe ich gelassen, da für mich wichtig (riesiger Bär - winzige Ameise).
  • den Absatz den Du noch deutlicher schreiben würdest habe ich gelassen, meine Version gefällt mir besser :shy:
  • ich meinte mit Knopfaugen die kleinen runden Augen eines Bären; aber es stimmt die Assoziation geht zu Knöpfen als Augen eines Teddybären -> also auch raus

Hallo jobär,
Hallo Marai,

ich freue mich das Euch die Geschichte gefallen hat. Sehr geholfen haben mir GoMusic, zigga, ernst offshore und Fliege mit Ihren Anregungen zur Verbesserung der Geschichte.

Herzliche Grüße,
Heiko

 

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