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Bücher über die RAF/Bücher von RAF-Mitgliedern

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31.08.2008
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Bücher über die RAF/Bücher von RAF-Mitgliedern

Christiane Enslin/Gottfried Ensslin (Hrsg.): Gudrun Ensslin: Zieht den Trennungsstrich, jede Minute. Briefe an ihre Schwester Christiane und ihren Bruder Gottfried 1972-73. 2005.
Wer Gudrun Ensslin kennenlernen will, kann es hier: diese Texte sind authentisch. Ihre Wut, ihr Fanatismus, ihr Mitgefühl – vielleicht die einzigen echten Texte vom Anfang der RAF überhaupt, wenn man in Betracht zieht, daß Ulrike Meinhof immer sehr intellektuell/distanziert/abgehoben an ihre Themen herangeht, ohne die von ihr abgeleiteten Konsequenzen ganz begriffen und verinnerlicht zu haben, Baader nur labert und die anderen nur hinterherlaufen.

Stefan Wisniewski: Wir waren so unheimlich konsequent. 2003.
Ein knappes Interview, gegen den Strom der RAF-Bekenner. Tiefe Einblicke in die Welt der Schleyer-Entführer, keine Entschuldigung und keine Betroffenheit, aber eine Selbstkritik vom revolutionären Standpunkt aus: „Wir waren so unheimlich konsequent, als es darauf angekommen wäre, menschliche Stärke und Großzügigkeit zu zeigen, und waren politisch so wenig radikal, sogar harmlos, als es darum ging, die gesellschaftlichen Verhältnisse zum tanzen zu bringen.“ Von seinem heutigen Standpunkt aus hätte er befürwortet, Schleyer nicht zu töten, sondern freizulassen, dafür aber von ihm ein Geständnis über seine Tätigkeit vor 45 zu erpressen und dieses zu veröffentlichen.

Till Meyer: Staatsfeind. 2008.
Bommi Baumann: Wie alles anfing. 1975.
Bommi Baumann: Rausch und Terror. 2008.

Drei unfaßbar dumme Bücher; die politische Aktion wird in einem Stil beschrieben, als würde ein Skinhead schildern, warum er gerne Penner totschlägt. Auch ein Aspekt dieser schrecklichen Bewegung.

Inge Viett. Nie war ich furchtloser. 1997.

Inge Viett berichtet aus ihrer Zeit in der RAF und später unter falschem Namen in der DDR. Unerschrocken und unbelehrbar glaubt sie an ihre Sache, bis zuletzt.

Ulrike Meinhof: Die Würde des Menschen ist antastbar. Aufsätze und Polemiken. 1980.
Aufsätze, die zumeist in der „konkret“ erschienen sind und die kontinuierlich wachsende Empörung der Autorin über die politischen Verhältnisse sichtbar machen. Ulrike Meinhof schreibt immer emotional polemisch und wurde damit in breiten Kreisen angenommen.

Ulrike Meinhof: Bambule. Fürsorge – Sorge für wen? 1974.
Das Buch über das ZDF-Projekt zum Thema Heimkinder. Ulrike Meinhof scheitert an der Aufgabe, eine politische Botschaft mit dem Medium Film zu vermitteln. Der „Filmemacher“ Eberhard Itzenplitz geht in einem Nachwort auf dieses Problem ein. Trotzdem hat Ulrike Meinhof eine besondere Rolle bei der Auflösung der Mißstände in den Heimen. Der Film wurde kurz vor der geplanten Ausstrahlung im ZDF vom Programm abgesetzt, weil Ulrike Meinhof in den Untergrund gegangen ist.

Stefan Aust: Der Baader Meinhof Komplex. 1997.
Ein dickes Kompendium, dessen Lektüre sich schwer vermeiden läßt. Allerdings will es auch gegen den Strich gelesen werden, denn Aust betreibt ständig freche Geschichtsklitterung. Jede, wirklich jede Botschaft ist durch andere Quellen zu prüfen. So betrachtet ist das Buch trotzdem wertvoll, schon wegen der vielen Informationen.- Aust fokussiert auf die erste Generation der RAF, eine Phase, aus der die Protagonisten bekannt sind bzw. zu sein scheinen und verzichtet auf die späteren Phasen, bei der keine Täter mehrt entlarft werden und bei der militärisch präzise Anschläge den unbedarften „Untergetauchten Sympatisanten“ zugeordnet werden, die nie Lebenspuren oder Täterhinweise hinterlassen.- Aust selbst hat die Rolle des Journalisten früh verlassen; spätestens mit der Entführung der Kinder von Ulrike Meinhof ist er selbst zum Akteur in Sachen RAF geworden.

Wisnewski/ Landgraeber/Sieker: Das RAF-Phantom. Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen. 1992.
Die Gegenthese zu Stefan Aust; hier geht es um die Drahtzieher im Hintergrund, um die Akteure bei dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem BND und der NATO. Dies These läßt sich an der dritten Generation, deren Anschläge nie aufgeklärt wurden, leicht demonstrieren, die Autoren vernachlässigen daher die zweite und verzichten auf die Beschreibung der ersten Generation.

Andreas von Bülow: Im Namen des Staates. CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste. 2000.
Hier ist auch über die Verflechtung von staatlichen Behörden und RAF etwas enthalten. Eine dicke Sammlung, die immer dann aufhört, wenn es spannend wird. Radikal kritisch, aber oberflächlich.

Michael Buback: Der zweite Tod meines Vaters. 2008.
Es ist schon eine besondere seelische Problematik, wenn der Tod des eigenen Vaters unbewältigt bleibt. Viele Unklarheiten der Ermittlungen tragen dazu bei, daß sich der Autor als älterer, renommierter Wissenschaftler nochmal auf die Reise in die Vergangenheit begibt. Wer dem Autor unterstellt, deshalb unsachlich und unlogisch zu arbeiten, geht fehl: Buback liefert eine präzise kriminalistische Analyse ab mit dem Ergebnis, daß für den Tod seines Vaters die falschen im Gefängnis gesessen haben und daß die Ermittlungen, die zu der wahren Täterin geführt hätten, von Anfang an systematisch unterbunden wurden. Daraus angemessene Schlußfolgerungen zu ziehen, überläßt er dem Leser. Sehr weise.

Regine Igel: Terrorjahre. Die dunkle Seite der CIA in Italien. 2006.
In Italien muß man nicht mutmaßen; hier sind die Verwicklungen zwischen Staat und Terror gerichtsaktenkundig. Am Beispiel Italiens werden diese Hintergründe seziert und Bezüge zur deutschen Geschichte hergestellt.

Klaus Stern/Jörg Herrmann: Andreas Baader. Das Leben eines Staatsfeindes.
Nochmal eine Chronologie der 60er und 70er. Viele Bilder, sehr deskriptiv. Die Grundfrage, die diese Biographie eigentlich zu beantworten hat, nämlich: wie kommt ein labiler Junge, verhätschelt, unselbständig, der enge Hosen ohne Unterwäsche trägt, um sexy auszusehen, der andere betrügt, z.B. um eine Mietkaution, der ohne Führerschein Auto fährt und dafür mehrmals in das Gefängnis kommt (???), dem große Autos wichtig sind, der nie eigene politische Gedanken entwickelt, also: wie kommt so ein Nichts dazu, in einer politischen Auseinandersetzung eine besondere führende Rolle einzunehmen? Oder ist es gar nicht so, daß er diese eingenommen hat? Wenn ein Mensch nicht plausibel ist, sollte ein Biograph darum ringen, ihn zu verstehen. Fehlanzeige, das Buch bleibt wie der Mensch: unglaubwürdig, nicht nachvollziehbar.

 

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