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Hallo Mama - Hallo Papa!

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10.05.2010
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Hallo Mama - Hallo Papa!

Hallo Mama - Hallo Papa!

die Fahrt mit dem Zug war gar nicht schön. Es gab viel zu wenig Plätze und unser Waggon war nicht gut belüftet. Sind abends angekommen und mussten direkt in's Bett. Die Unterkunft ist auch nicht schön und die Betten ungemütlich.

Kussi, euer Schatz

Hallo Mama - Hallo Papa!

wir müssen hier ganz früh aufstehen und haben heute das erste Mal Frühstück bekommen, hat aber leider nicht geschmeckt. Mir gefällt's hier überhaupt nicht. Nach dem Frühstück sollten wir bis zum Mittagessen im Garten arbeiten. War total hungrig, aber das Essen war nicht mal warm! Mamas Essen schmeckt viel besser!

Kussi, euer Schatz

Hallo Mama - Hallo Papa!

hier gibt es leider keine tollen Spielplätze und es gibt nur wenige Duschen und die Warteschlangen sind immer gaaaanz lang. Aber ich darf hier länger aufbleiben als Zuhause. Ein Kind ist gestern Abend hingefallen und hat noch nicht einmal ein Pflaster bekommen. Ich vermisse euch!

Kussi, Euer Schatz

Hallo Mama - Hallo Papa!

habe heute eine Freundin gefunden. Sie ist ein Jahr jünger als ich und hat braunes Haar. Sie vermisst ihre Eltern auch! Wir hoffen, dass die Zeit schnell vorüber geht und wir wieder nach Hause können. Das Wetter ist auch schlecht und hier regnet es rein. Ich denke an euch.

Kussi, euer Schatz

Hallo Mama - Hallo Papa!

heute Morgen sind einige Kinder und Aufpasser wandern gegangen. Das Wetter ist zwar nicht so gut, aber hier ist es langweilig, weil wir meistens nur im Garten arbeiten lernen sollen. Habe Schnupfen, aber die haben hier keine Medizin. Trotzdem würde ich lieber in den Wald gehen.

Kussi, euer Schatz

Hallo Mama - Hallo Papa!

habe meine Freundin von der ich euch erzählt habe schon seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Hoffe sie mag mich noch und schläft nicht bei jemand anderem. Muss jetzt auch noch husten, soll aber trotzdem in den Garten. Bis bald.

Kussi, euer Schatz

Hallo Mama - Hallo Papa!

bin jetzt richtig krank und will ganz schnell nach Hause. Die Aufseher sagen, dass das nicht geht und ich euch lieber noch einen Brief schreiben soll.
Ich will nach Hause!

Euer Schatz

 

Hey RJames,

ich habe gestern schon mal zu einem Kommentar angesetzt und hab dann abgebrochen, ich musste erst mal mit diesen paar bitterbösen Zeilen klar kommen und mich wieder sammeln. Aber nun!

WOW. Da sind sieben Postkarten eines Kindes und jede Menge langer Absätze. Ein paar Zeilen, die kindlich naiv anmuten. In den Leerblöcken ganze Geschichtsbücher. Wobei sich mir die Bedeutung, warum sooo viele, noch nicht ganz erschlossen hat. Wären es weniger, würde in den wenigen Zeilen ebenso viel drinstecken. Aber ich denke, Du hattest Deine Gründe und es mag gut sein, dass Andere das anders empfinden. Zuerst dachte ich, okay, für jedes verdammte Jahr eine, aber die These hat sich nicht behaupten können.

Das tut den Bildern, die Du erzeugst keinen Abbruch. Sie tauchen auf und stehen da, würgen in einem, stimmen traurig, benommen und wütend.
Übrigens ist das der erste Text, den ich hier lese, in welchem RS-Fehler als Stilmittel völlig okay gewesen wären. Aber so liest sich natürlich schöner.

So schlicht und doch so brrrh.
Beste Grüße Fliege

 

Ich verstehe nicht, wo in diesen Zeilen irgend etwas bitterböses stecken soll.
Vielleicht haben die Leser ne ganze Menge mitgebracht, um in diesen Postkarten, die meines Erachtens auch nicht wie aus kindlicher Feder wirken, was zu finden. Vielleicht Inhalte, die der Text nicht hergibt.
Nachdem ich Flieges Kommentar las, hatte ich überlegt, ob der Text auf KZ's anspielen will, aber den Gedanken verworfen, weil von dort keine Postkarten geschrieben werden.
Traurig, benommen und wütend? Geschichtsbücher in Leerblöcken. Das sind doch Phrasen, Fliege! Kannst du mir erklären, was diese Geschichte auszeichnet? Ich verstehe es nicht.

RJames, du merkst schon, dass mir die Geschichte nicht gefällt. Das beginnt schon bei der Überschrift - welches Kind schreibt an seine Eltern mit einem Trennungsstrich in der Anrede? Umso unschöner, da sie sich wieder und wiederholt.

Dann ist das so statisch, immer nur in die eine Richtung, warum stellst du keine andere Perspektive dar? Eine, die sich mit den Postkarten abwechselt? Das ist zu dünn.

Grüße
Kubus

 

Hallo RJames,

ich habe leider meine Schwierigkeiten mit dieser "Geschichte", die ich für keine richtige Geschichte halte. Es sind eben Postkarten von einem Kind an seine Eltern, mehr nicht.
Der Inhalt ist zwar bedrückend, er lässt aber zu viele Interpretationsmöglichkeiten offen. Ich weiß weder Zeit noch Ort, weiß nicht, in was für einer Einrichtung sich das Kind befindet, was das für Betreuer sind, und warum es alleine dort ist, wo es nicht sein will.

Ich habe am Ende mehr Fragen als Antworten, denn der Text lässt alles offen.

Ratlos
Giraffe

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka RJames,

der Text funktioniert für mich ebenfalls nicht, leider - obwohl man aus der Form etwas hätte machen können. Ein knapper Text sollte idealerweise eine kondensierte Aussage / Inhalt vermitteln; also reduziert werden auf das Wesentliche. Und was hier das Thema genau sein soll, erschließt sich mir nicht. Entweder verstehe ich etwas nicht, oder der Text ist trotz der wenigen Worte schlecht durchdacht.

Erstmal liegt nicht viel Spannung darin. Alleine der Titel läßt erahnen, daß hier was Fieses kommen soll, dann deutet der zweite Absatz schon genug an, daß es hier nicht einfach ein Landverschickungsheim sein soll; und die Erwähnung der "Aufpasser" erledigt den Rest. Für mich ist damit die Pointe vertan.

Dann weiß ich nicht, um was es sich hierbei handeln soll. Und damit läßt der Text mich kalt. In Rußland gibt es Kindergefängnisse, und auch Dokumentarfilme dazu, einer davon heißt sogar Love Letters from a Children's Prison. Die Briefe werden vorgelesen von der Adressatin, und es ist tatsächlich sehr beklemmend - allerdings: selbstverständlich sind die inhalftierten Mörder und Vergewaltiger zw. 14 und 18 Jahre alt, der Stil Deiner Briefe hier macht aber ein Alter von allerallerhöchstens 10 Jahren nötig.

In den USA und in Polen gibt es Erziehungslager, ist das gemeint? Soweit ich weiß, werden dort aber auch keine Kinder unter 12 Jahren eingewiesen. Zwölfjährige schreiben aber schon KGs, und sicher nicht so naive Briefe - die ja auch zeigen, daß das Kind seine Umgebung noch nicht einordnen kann. In geschlossenen therapeutischen Einrichtungen gibt es jugendliche Serientäter, die ihre Taten verdrängt haben, und tatsächlich ganz naiv fragen, wann sie wieder nach Hause dürfen. Aber dort herrschen selbstverständlich nicht diese desolaten Zustände. Und hier im Text wird auch nirgends gesagt, ob der Verfasser eigentlich Opfer oder gar Täter ist.

Um ein KZ oder Gulag oder sowas kann es sich nicht handeln, denn - wie Kubus richtig anmerkte - es wurden von dort keine Postkarten geschrieben. Zudem dürfte es kaum sein, daß ein Kind verhaftet wird, die Eltern aber weiterhin unbehelligt unter der alten Adresse wohnen. Daß die Eltern tot sind, und das Kind nur angehalten wird, Postkarten zu schreiben, sehe ich auch nicht, das paßt nicht zum schlechten Essen, dem Reinregnen, der Tatsache, daß Wunden nicht behandelt werden. Das wäre ein überflüssiger, teurer Aufwand, für den ich keinen Grund erkennen könnte.

Mir gehen die Möglichkeiten aus. Das einzige, was logischerweise bleibt, ist ein SciFi-Szenario. Eine Diktatur, eine aus dem Ruder gelaufene Demokratie, die das von Dir konstruierte möglich macht. Hm. Da wäre ein abstrakteres setting günstiger gewesen, so wie Seytanias Protokoll "Phönix Blau".
Wenn ich nicht weiß, worum es hier gehen soll, nützt es in meinen Augen auch nix, eine beklemmende Atmosphäre herstellen zu wollen - nicht zielgerichtete Kritik versandet im Vagen.

Diese extremen Absätze wären für mich nicht nötig - ein paar Zeilenumbrüche mehr als üblich hätten dicke genügt; das wirkt auf mich wie ein billiges Mittel, um Spannung zu erzeugen, die der Text leisten sollte. Und hat mich z.B. ungeduldig gemacht - der Inhalt blieb jeweils hinter meinen Erwartungen zurück.

Hoffe, Du kannst mit diesen Eindrücken etwas anfangen.

Herzlichst,
Katla

 

Hallo RJames!

Das ist ja eine Geschichte in "Experimente" und das Experiment besteht wohl darin, harmlose Postkartengrüße zu entfremden und mit der Deportation eines Kindes (ins KZ?) zu verbinden. Ich hab selbst hier schon einmal so etwas versucht, allerdings dort eine Entfremdung des Postkartenbildes.

Leider kommt hier nur Betroffenheitskitsch dabei raus: Weil du unbedingt Postkartengrüße nachahmen willst, musst du diesen naiven Ton beibehalten, das Kind von belanglosen Dingen reden lassen - Essen, Wetter, Unterhaltung (Garten), neue Freunde, was man eben so auf eine Postkarte schreibt. Mag schon sein, dass ein Kind nicht weiß, um was es dabei geht, aber es würde auf jeden Fall mehr Angst verspüren, die Worte wären dringlicher oder was weiß ich. Dieses Kind hier fühlt sich nicht wohl, ja, aber Angst spür ich da auch keine.

Betroffenheit allein zu erzeugen, macht noch keine gute Geschichte aus.

Gruß
Andrea

 

Für mich funktioniert dieser Text hervorragend, ich würde daran keinesfalls etwas ändern. Gerade dass der Leser sich so völlig selbst überlassen ist mit der Interpretation, macht diesen Text so besonders. Es ist natürlich nicht einfach, sich von einer verkopften Lesart zu lösen, um tatsächlich berührt zu sein, aber das ist ja auch nicht Aufgabe des Autors, hier ist jeder Leser selbst gefordert.

Bin aber gespannt, was du selbst zu den bisherigen Reaktionen sagst.

 

Huhu,

ich finds auch voll schräg. KZ kanns nicht sein, Erziehungscamp ... bei dem Mustertüddelkind? Neee. Leute, die dahin kommen, schreiben keine solchen Postkarten.

Für mich funktionierts ebenfalls nicht, weil der Text bei mir keine Emotionen weckt und ich auch keine Spannug dabei empfinde. Eine Beklemmung kann ich ebenfalls nicht empfinden. Das würde besser passen, wenn ich vllt. Ähnliches mal erlebt hätte ... oder so ... dann würde mich der Text an etwas erinnern. Er kann es jedoch nicht wecken. Dafür ist er zu flach.

Der Text hat ja allerdings wohl seine Zielgruppe, wie man an der Empfehlung sehen kann. :)

Bis bald,

yours

 

Hey,

erstmal Danke für die Antworten. Bin eben kürzlich über diese Rubrik gestoßen und dachte ich versuch's einfach mal mit einer Idee und schaue wo mich meine 'Feder' hinbringt.

Bin eigentlich auch nicht so der Schreiberling und bin noch in meiner Findungsphase, will ein paar Sachen ausprobieren, weil ich nicht weiß wo meine Stärken und wo meine Schwächen liegen.

Danke natürlich auch an die Leute, die die Geschichte nicht mochten und mir durch ihre Ausführungen mal eine Perspektive eröffnet haben, wie ich es hätte anders machen können.

Grüße,
RJames, der noch seinen Platz sucht

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, RJames.

Mitten im zweiten Satz habe ich gedacht: Hier geht es um ein KZ. (siehe meine Erläuterung unten).
Das hat einiges vorweggenommen und natürlich auch überzogene Erwartungen an grauenvollere Geschehnisse geweckt. Der größere Horror konnte sich so bei mir nicht einstellen - aber groß war schon.

Als Experiment aber: gelungen.

Achtung, meine Damen und Herren, zum Thema KZ:
Hier ist öfter der Einwand gebracht worden, dass aus KZs keine Postkarten gesendet wurden. Dies ist jedoch keine Voraussetzung für den Text. Diese Briefe/Postkarten/Texte könnten dennoch geschrieben worden sein. So ohne Kontext könnten es sogar geistig verfasste Briefe sein.

 

hallo,

ich hab eigentlich nur eine Frage dazu, denn der Rest wurde schon genannt und ausgiebig erörtert:
Warum bekommen die Eltern auf Postkarte sieben keinen "Kussi" mehr?

mir gefiel sie, wenn auch nicht sehr,
lg,
tierwater

 

Kubus schrieb:
Ich verstehe nicht, wo in diesen Zeilen irgend etwas
Traurig, benommen und wütend? Geschichtsbücher in Leerblöcken. Das sind doch Phrasen, Fliege! Kannst du mir erklären, was diese Geschichte auszeichnet? Ich verstehe es nicht.

@ kubus

Ich kann Dir nicht wirklich erklären, was diese Geschichte auszeichnet, da ich sie sehr emotional gelesen habe. Und nun erkläre mal Emotionen :).
Aber ich will versuchen, warum die Geschichte so auf mich gewirkt hat. Das hängt sehr stark mit meiner Lesart zusammen und ich kann auch Deine Einwände und die der Anderen nachvollziehen, wenn man den Text mehr rational betrachtet.

Also, ich habe angefangen die Postkarten zu lesen, wie sie ein Kind aus dem Ferienlager schreibt. Habe den Text innerlich zerrissen, wieso macht sich ein Kind Gedanken um die Luft im Zug? Wieso muss sie da im Garten arbeiten - Ferien auf dem Bauernhof - aber kein Wort davon zuvor? Wieso kein Pflaster? Der Autor will hier doch voll auf: och, das arme Kind ... Und irgendwann eben - ah kein Ferienlager. KZ Bilder drängten sich auf. Und nun stand ich da, vor dem einen Auge Bilder von Kindern im Ferienlager, vor dem anderen - Kind sein im zweiten Weltkrieg. Und es war nicht Betroffenheit die ich empfunden habe, sondern Wut. Der Versuch Kind zu sein, sein zu dürfen, sprach für mich aus den Zeilen. Das keine Postkarten geschrieben werden durften, klar - ebenso die Frage, woher die braunen Haare der Freundin, wenn wir es mal genau nehmen. Aber ich bin den Fragen nicht wirklich nachgegangen und es war mir auch egal, weil die Bilder waren da. Warum nicht imaginäre Postkarten? Wie sind den Kinder damit klargekommen? Was für Träume und Hoffnungen hatten sie? Wie sind sie mit einem solchen Alltag umgegangen. Inwieweit ist es ihnen gelungen, das "Kind" in ihnen am Leben zu erhalten. Wie haben sich Kinder diese Situation erklärt? All diese Fragen hab ich mir gestellt. Dazu die kontroversen Bilder in meinem Kopf.
Damit hat der Text in mir etwas ausgelöst, er hat mich einen halben Tag lang beschäftigt, was nicht viele Texte erreichen. Auch wenn sie noch so richtig und realistisch geschrieben sind. Und deshalb empfinde ich den Text eben so, wie im Komm erwähnt. Das Du es als Phrase formuliert empfindest, mag sein, war aber weniger so von mir gemeint.

Gut möglich, dass ich für dieses Thema gerade sensibilisiert bin, weil ich erst ein paar Wochen zuvor "Die Bücherdiebin" gelesen habe. Ebenfalls als Protagonistin ein Mädchen in dieser Zeit.

Und ja, ich bin ziemlich davon angetan, was diese wenigen Zeilen in mir auszulösen vermochten. Und genau darin liegt für mich die Besonderheit des Textes. Das dies nicht allgemein verbindlich ist, nicht auf jeden so wirken mag, wie gesagt, kann ich gut verstehen.

Hoffe Dir ein wenig Aufschluss gegeben zu haben.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo RJames,

die starke Wirkung, die dieser Text auf manche Leute hat, die hat er bei mir nicht entfaltet. Ich fand ihn aber anregend, wegen der immer wiederkehrenden und doch leicht abgewandelten Form und der möglichen Lesarten. Mich würde interessieren, welche Bedeutung der Autor in den Text hineinlegen wollte.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Danke, Fliege, für die ausführliche Antwort. Jetzt kann ich mir eher vorstellen, warum der Komm aussieht wie er aussieht. :)
Es ist großes Glück, dass Geschichten so verschiedene Reaktionen auslösen können und diese Perspektiven sollte man nebeneinander stehen lassen können.
Meine Perspektive bleibt davon allerdings unberührt, gerade weil ich eine Briefgeschichte aus der Zeit des II. WK's kenne - Addressat unbekannt -, die für mich alles beinhaltet, was darüber gesagt werden kann.
Ich finde es etwas ärgerlich, wenn man ein emotional stark besetztes Thema zum mal eben experimentieren ausquetscht. Seis drum.
Danke noch mal für die Aufklärung und beste Grüße.

 

Hallo RJames!


Der Text und das Experiment.
Zunächst …

Mir erzählt dein Text keine Geschichte.
Das liegt nicht an der Briefform, sondern am berichtartigen Stil, an der fehlenden Charakterisierung und an einem Konflikt, den der Autor weder mit Hintergrund unterlegt (wer, was, wann, wo, warum) noch in seiner Entstehung zeigt und zu dem er nicht mal einen Lösungsansatz anbietet.


Direkt gesagt: der Text ist inhaltsleer. Er bietet keinen Blick über den Zaun auf eine andere Welt, sondern drückt lediglich auf Knöpfchen, die eigene Erinnerungen an ähnliche Situationen – blödes Ferienlager, obendrein kränklich, mieses Essen und vor allem Heimweh – oder Gelesenes – wie z.B. Suchkind 312 – und die damit verbundenen Gefühle hervorlocken (sollen).

Ganz anders bewerte ich das Experiment.
Dieses verdammt geschickte Knöpfchendrücken, kombiniert mit den großzügigen Leerstellen (die ich nicht verkleinern würde) gibt den Leser nach jedem Briefchen Zeit, sich seiner Erinnerungen hinzugeben, ob nun freudig oder wehmütig. Vielleicht sogar, das wäre dann der Idealfall, erinnert sich der Leser an die Antwortbriefe seiner Eltern, und kann so die Lücken füllen.


Gruß

Asterix

 

Hey liebe Leser,

meine Intention würde ich ganz ungerne preisgeben, weil ich es extra so gedacht habe, dass es etwas Platz für Interpretationen und vorallem Spekulationen auf Umwegen lässt.

Kann aber nachvollziehen, wenn man von einer Geschichte auf einer Seite für "Kurzgeschichten" mehr erwartet und stimme euch da eigentlich vollkommen zu. Deswegen habe ich es in Experimente gepackt, weil es für mich und für die Leser echt mal ein Experiment sein soll ;)

RJames

 

Hallo RJames,

auch auf die Gefahr, es zu Tode zu kommentieren:

Das Experiment -so wie ich es für interpretiere- ist gelungen. Der Leser wird gezwungen, nachzudenken, eigene Bilder zu entwickeln, die Geschichte zu interpretieren.

Und genau beginnt für mich das Scheitern der Geschichte. Durch den Zwang hinterlässt die Geschiichte für mich den faden Beigeschmak, sehr manipulativ zu sein und mich als Leser in eine genau berechnete Ecke zu zerren, ob ich will oder nicht. Und das mag ich als Leser nicht. Möglicherweise hast du die Bilder wirklich nicht auf ein KZ-Szenario ausgerichtet, aber die Ereignisskette der Postkarten und die damit einhergehende Eindruckverschiebung beim Leser lässt wenig interpretativen Spielraum. Denn auch "blöd/böse Feriencamps" (an die ich eigentlich gar nicht gedacht habe), werden immer auch einen leisen Anklang an den Holocaustwahnsinn haben.

Insofern als Fazit:
Experiment gelungen, Empfehlung diskussionswürdig.

lg
Dave

 

Hallo Kollegen,

grüß Dich, RJames!,

gerade hier angekommen.

Hinfahrt zwotklassig. Wetter nicht mehr gar so heiß, wenn auch trocken, Unwetter hat wohl nicht den Ort hier gefunden. Bierchen schmeckt aber immer noch. Leide noch etwas unter Nachwirkungen des gestrigen Tages, so dass ich keinen rechten Hunger hab und nix zum Essen hier sagen kann, das aber sehr fast-foodig aussieht.

Ciau


Gerade hier in die virtuelle Welt eingestiegen.

Ansichtskarten – aber ohne Ansicht - vorgefunden. Mit kindlichen Texten, die selbst ausgewachsene Reisende mal zum Besten geben, wenn ihnen nix mehr einfällt oder weil sie’s eh nicht besser können.
Nix gegen 08/15-Urlaubsgrüße, aber dass man einem verwöhnten Drecksblag, das nix als seinen Launen folgt, wahlweise unterstellt, im Erziehungslager oder (Höhepunkt!) im KZ angekommen zu sein – da lob ich mir doch Roberto Benigni - und bissken Gartenarbeit hat noch niemand geschadet!, macht doch Gartenarbeit besonders frei. Außerdem ist der Balg viel zu jung für Weibergeschichten!

(T)schau(t)

Das KL – wie die Nazis es amtlich nannten – ist ein nichtmilitärisches Internierungslager, in dem idR ohne rechtl. Grundlage missliebige Personen (u. a. auch potenzielle politische Gegner) gefangen gehalten wurden. Erste moderne Beispiele finden sich im amerikanischen Bürgerkrieg/Sezessionskrieg, im kubanischen Unabhängigkeitskrieg und im Burenkrieg. KZs tauchen also zu Kriegszeiten auf.
Man denke darum über die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 28. 2.1933 nach, welche die vorbeugende Inhaftierung politischer Gegner ohne Gerichtsverfahren ermöglichte. Befand sich die Elite im Bürgerkrieg mit der Bevölkerung des Reichs? Wie weit sind ir davon entfernt, wenn erstmal die WM wieder vorbei ist?

In der Tat wurden polizeiliche Schutzhaftlager eingerichtet wie auch erste KZs durch SA und SS, die aber 1934 als „wilde“ Lager wieder aufgelöst wurden. Himmler ließ eine Reorganisation vornehmen und 1938 bestanden vier KLs (darunter Buchenwald, in dem seit 1936 Eugen Kogon einsaß, der in amerikanischem Auftrage den SS-Staat mit all seinen Gräueln beschrieben hat, das man sich gelegentlich zur Hand nehmen sollte). Zu den politischen Gegnern gesellten sich bald „Volksschädlinge“. Das System kann man am besten beschreiben mit dem SCHLAGwort „Vernichtung durch Arbeit“ – denn alle wurden solange als möglich in Wirtschaftsbetrieben eingesetzt. Die statistische Lebensdauer eines Häftlings betrug neun Monate. Wer nicht für die Arbeit geeignet war, konnte auch für medizinische Experimente verwendet werden. Überfüllung und sinnlose Fußmärsche taten ein Übriges.
Um auch das anzusprechen: KLs sind zu unterscheiden von „reinen“ Vernichtungslagern („Endlösung“) und den sowjetischen Arbeitserziehungslagern, wohingegen die elf amtlichen „Speziallager“ der Militäradministration auf dem Gebiet der SBZ, später DDR sind durchaus KZs.

Ansonsten behaupt ich immer: Eltern sollte man abschaffen!

Gruß

Friedel

 

Hallo!

Schon als ich gelesen habe, dass das Kind mit dem Zug unterwegs war und da wenig Platz war, dachte ich "Oha, KZ", worauf ja mit den langen Schlangen vor den Duschen wieder angespielt wurde.

Ich lese allerdings keine Angst, keine Beklemmung in diesen Postkarten, keine Verwirrung. Dieser Text liest sich schlichtweg nicht so, als wäre er von einem Kind geschrieben worden. Es liest sich wie ein Text von einem Erwachsenen, der kindliche Naivität im Angesicht einer nur schwer zu ertragenden Situation imitiert, und Kinder sind in solchen Situationen nicht naiv und schauen mit Kulleraugen durch die Gegend. Ich weiß nicht, ob du jemals mit jemandem gesprochen hast, der als Kind im KZ war, aber was ich hier lese ist nicht überzeugend.

Aber angenommen, es wäre plausibel. Angenommen, ein Kind würde mit solch einer Latzhosen-und-Pusteblumen- Mentalität reagieren. Selbst dann: Mir fehlt die Tiefe, die Substanz. Zu suggerieren, dass hier ein Kind womöglich in einem Konzentrationslager steckt, das alleine macht eine Geschichte noch lange nicht ergreifend oder verstörend, und das sollte eine solche Geschichte sein.

Dennoch einen schönen Sonntag noch,

Patrick

 

Guten Tag, RJames,

Interessant sind die Reaktionen der Leser, sehr interessant ist, daß die Geschichte empfohlen wurde. Weniger interessant ist der Text.
Damit zwischen Zeilen etwas steht, muß in den Zeilen etwas stehen, das zwar durch die Worte transportiert wird, aber darüber hinausgeht, z.B. Kraft, Geheimnis, Zeit oder Tiefe. Das sind Dinge, die man nicht nachweisen, aber erkennen kann.
Ich finde: Das hat Dein Text nicht. Die Worte sind schwach, der Stil unglaubwürdig, auch hatte ich das Gefühl, daß nicht viel mehr Zeit in die Zeilen geflossen ist, als ich zum Lesen brauchte.
Wie um diese dürfigen Zeilen zu strecken, hast Du irre viel Platz dazwischenstehen. Aber eben nur Platz, wie er z.B. durch den ruinösen Einsatz der Entertaste geschaffen wird. Hier ist, was zwischen den Zeilen Deiner Geschichte steht:


Da kann sich der Leser beim Scrollen vieles denken. Nicht alles, denn es sind ja gewisse Dinge vorgegeben: Ein der deutschen Sprache schriftlich rudimentär mächtiges, sich selbst "Schatz" nennendes Geschöpf wendet sich aus eventueller Ferne an "Mama" und "Papa" und erzählt unerfreuliche Dinge. Ob da jetzt ein Kind im Erziehungslager dahintersteckt, die kleine Jane Eyre bei den bösen Nonnen, ein versprengtes Alien-Wechselbalg, das den Würzburger Bahnhof fehlinterpretiert oder Konrad Kujau, der, schnupfengeplagt, über der Lampe brütet und die "Postkarten der kleinen Maria aus dem KZ" fälscht - unklar, egal, Nebensache. Der Leser muß sich das hinbiegen.
Experiment könnte natürlich sein, generelle und tagesformabhängige Aufmerksamkeit, Aufnahmebereitschaft, Betroffenheitswilligkeit, Themenaffinität und Interpretationsfreude der Leserschaft abzuchecken. Wie man sieht, hattest Du zwar eher Pech, aber nicht nur Pech.
Wäre das Experiment aber in diesem Fall nicht erst dann konsequent zu Ende geführt, wenn auch noch der Resttext gestrichen und die Leserschaft ganz allein mit einer zum Lesen empfohlenen leeren Seite gelassen wäre? Die könnte man sich ausdrucken, mit ins Bett nehmen und sich hineinversenken. Da gäbe es sicher kein Halten und keine Grenzen mehr, kein Anfang wär' und Ende nicht! Eine leere Seite! Was da alles drinsteckt! Jeder hat da schon so einiges erlebt.

Jetzt hab ich viel geschrieben und damit immerhin kompensiert, daß ich von Dir hier nichts zu lesen bekam. Das ist doch auch was.

Gruß,
Makita.

 

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