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James Hilton - Der verlorene Horizont

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James Hilton - Der verlorene Horizont

Titel: Der verlorene Horizont
Originaltitel: Lost Horizon
Autor: James Hilton
Jahr: 1933
Verlag: DTV
Umfang: 198 Seiten, broschiert
ISBN-10: 3596109167
ISBN-13: 978-3596109166

In Berlin Tempelhof treffen einander drei alte Schulfreunde und quatschen über vergangene Zeiten. Dabei kommt die Rede auf die Entführung von vier Engländern, von denen seither, bis auf eine Person, jede Spur fehlt. Einer der drei, er ist Romanautor, hat diesen Mann ein Jahr nach seiner Entführung in einer chinesischen Stadt getroffen und gemäß seiner Berichte ein Roman-Manuskript geschrieben. Dieses Manuskript leiht er dem namenlosen Icherzähler, der den Leser durch Prolog und Epilog der Handlung führt. Und damit beginnt die Geschichte:
Wegen eines Volksaufstandes im fiktiven Ort Baskul, (Britisch-Indien) werden massenhaft Engländer auf dem Luftweg evakuiert. Eines dieser Flugzeuge, eine Spezialmaschine, die für besonders große Höhen gebaut ist, wird von einem Chinesen mit Waffengewalt entführt, an Board befinden sich drei Männer und eine Frau. Nach stundenlangem Flug über schneebedeckte Gipfel kommt die Maschine in heftige Turbulenzen. Der Pilot setzt zu einer Notlandung auf einer steinigen Hochebene an, verletzt sich dabei und stirbt kurz danach. Die Passagiere bleiben unverletzt. Bevor der Pilot stirbt, erzählt er einem der Vier, der Hauptfigur des Romans, Conway, dass es ganz in der Nähe eine Lamaserei mit Namen Schangri La gäbe, in der sie Aufnahme und Verpflegung finden würden.
Die Vier machen sich nach seinen Angaben auf den Weg und begegnen bald einer Gruppe von Tibetern, allesamt Bewohner der Lamaserei. In Schangri-La angekommen, werden die Neuankömmlinge freundlich behandelt, sie sind erstaunt über die westliche Bequemlichkeit der Unterbringung, die riesige Bibliothek, und die vielen Kunstgegenstände aus aller Welt, die sie hier vorfinden. Auf ihre drängenden Fragen wird nur mit freundlichem Lächeln geantwortet, alles wird zur rechten Zeit erklärt, heißt es monoton von ihrem hilfsbereiten Führer, dem chinesischen Mönch Tschang.
Eine Atmosphäre der Ruhe und Zufriedenheit scheint über Schangri-La und seinen Bewohnern zu liegen, die sich schon nach kurzer Zeit auf die Entführten überträgt. Alle Menschen, die hier leben, wirken freundlich und gut gelaunt, es gibt keinen Streit, keine Gewalt, keinen Zwang. Nur heitere Gelassenheit. Ehrgeiz gilt als verpönt, Müßiggang als Tugend. Die vier Neuankömmlinge dürfen sich im gesamten Klostergelände frei bewegen, nur die geistliche Führung des Klosters, den Hohenlama bekommen sie vorerst nicht zu Gesicht. Der vom ersten Weltkrieg traumatisierte Conway freundet sich langsam mit dem Gedanken an, dauerhaft zu bleiben. Auch die anderen, mit Ausnahme des jungen Hitzkopfs Mallison, der möglichst rasch nach Hause will, sympathisieren mehr und mehr mit dieser Möglichkeit.
Das ist gut, denn eine Rückkehr scheint vorerst unmöglich. Es wird Monate dauern, bis die nächste Trägerkarawane eintrifft. Ohne Führer und guter Ausrüstung ist es unmöglich, die vereisten Bergketten zu überwinden, von den Klosterleuten findet sich niemand dazu bereit. Zudem gibt es keine Karte, in der Schangri La eingezeichnet ist. Der Standort der Lamaserei ist ein streng gehütetes Geheimnis.
Nach einigen Wochen des Aufenthalts wird Conway zu einem Gespräch mit dem geheimnisumwitterten, obersten Lama von Schangri La eingeladen, einem völlig vergeistigten Greis unbestimmbaren Alters. Von ihm erfährt Conway, dass die Entführung kein Zufall war, außerdem werden ihm derart unglaubliche Dinge über Schangri-La und seine Bewohner offenbart, dass Conway bald nicht mehr weiß, was er glauben kann.
***
Die Geschichte ist eine Rahmenhandlung. Der Rahmen wird aus der Ich-Perspektive erzählt, die eigentliche Handlung aus der Sicht Conways. Das zentrale Thema des Romans kreist um die Sehnsucht der Menschheit nach dem verlorenen Paradies, einem sicheren Zufluchtsort, geschützt vor dem Unbill und Hader der Welt. Schangri La scheint ein solcher Ort zu sein. Geradezu das Idealbild einer maßvollen, menschlichen Gesellschaftsform, eine zur Realität gewordene Utopie. Aber obwohl Conway in der Lamaserei sein persönliches Paradies entdeckt zu haben glaubt, muss er, als es um die ultimative Entscheidung geht, feststellen, dass die kulturelle Identität einen langen Schatten wirft.
Der Roman erschien im Jahr 1933, geriet sofort zum Bestseller und machte James Hilton mit einem Schlag weltberühmt. Zugleich war es das weltweit erste veröffentlichte Taschenbuch.
Die Geschichte liest sich spannend wie ein Krimi, obwohl kaum etwas Aufregendes passiert. Primär wird die Handlung über Dialoge vorangetrieben, im besonderen durch die philosophischen Gespräche zwischen dem Hohenlama und Conway. Es gibt dennoch kein sinnloses Geschwafel, ganz im Gegenteil, jeder (kluge) Satz bringt die Geschichte weiter, immer wieder gibt es neue Wendungen. Sprachlich und stilistisch ein Genuss, beeindruckende Landschafts- und Stimmungsbilder, tiefe Innensichten der Hauptfigur und des Hohenlamas runden das gelungene Werk ab. Es war mir ein Vergnügen.

Manuela :)

 

Liebe Manuela,

wieder hast Du mich mit einer schönen Rezension auf ein Buch aufmerksam gemacht, das ich wohl lesen sollte. Sie gibt zwar zu einem großen Teil den Inhalt wieder, aber reflektiert und bewertet auch und läßt, so denke ich, genug zu lesen übrig. Anstatt nun weiter darauf einzugehen, möchte ich eine Fortsetzung der Lektüre empfehlen: nach längerer Suche habe ich endlich die Erzählung "The Secret of Dr. Honigberger" von Mircea Eliade (1940) gefunden, und zwar in der Ausgabe "Two strange tales", shambala, 1986. Ich stelle das als eigenständige Rezension ein, damit sich keiner beschwert, ich würde vom Thema abkommen.

Herzlichen Gruß

Set

 

Hi Set,

und danke für's Vorbeischauen. :)
Der Begriff Schangri La wird seit James Hiltons Roman häufig verwendet. Es gibt Hotels, Restaurants, Wellness-Oasen und vieles mehr, das sich mit diesem Namen schmückt. Nicht zuletzt taucht er auch in Romanen und Novellen immer wieder auf. Der Erfinder dieses Begriffs ist und bleibt jedoch J. Hilton.

Sie gibt zwar zu einem großen Teil den Inhalt wieder, aber reflektiert und bewertet auch und läßt, so denke ich, genug zu lesen übrig.
Keine Sorge. Da bleibt schon noch genug zu entdecken.

Lieben Gruß,
Manuela :)

 

Hehe, und mich hast du daran erinnert, dass ich dieses Buch bereits gelesen habe und es auch mochte. Werde es mir wahrscheinlich bald mal wieder zu Gemüte führen. Danke fürs Erinnern. :)

 

hallo Manuela,

weißt Du, ob es einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Buch von Borley: The lost Horizon, 1920, gibt? So kurz hintereinander zwei Romane mit demselben Titel wäre sonst etwas merkwürdig.- Ich habe beide bestellt.

Gruß Set

 

hi,
ich denke nicht. hab auch noch nie was davon gehört. hab bisschen rumgegoogelt, ich glaube das buch von borley ist keine fiktion. über den autor hab ich leider nix rausgekriegt.

lg, manuela :)

 

Hi Manuela,
nun habe ich es auch gelesen, sehr lohnend. Auf sehr wenigen Seiten werden sehr grundsätzliche Themen aufgeworfen. Mir ist noch die Debatte über Shangri-La aufgefallen, in der Mallinson meint, der Platz wäre von übler Magie beherrscht, was mit der allgemeinen Beschreibung, der Ort hätte eine seltsam gedämpfte Atmosphäre, nicht wirklich kontrastiert. Von einem durchweg starken und positiven Ort würde man ja auch erwarten, daß dessen Wirkung nicht gleich verpufft, wenn man sich davon entfernt: wer dies tut, altert sofort zu dem wirklichen Alter, wird also nach entsprechender Zeit schnell zum Greis und stirbt.
Interessant auch die Vorkriegsahnungen: Shangri-La könnte sich als Zuflucht eignen angesichts eines bevorstehenden Krieges, der in der übrigen Welt keinen Stein auf dem anderen läßt ... das Buch erschien 1933. Man konnte es wohl schon wahrnehmen, was bevorstand.
Ich habe eigentlich erwartet, daß der Ort gar nicht in unserer Welt ist und irgendwo Übergänge beschrieben werden, wie es sich für eine richtige Fantasystory gehört. So ist das Geheimnisvolle inzwischen überholt: wenn es den Ort gibt, müßte man ihn mühelos mit Google-Earth finden können. Es sei denn, man hätte ihn rausgefaked wie so viele US-Stützpunkte.
Übel finde ich die Aufmachung meines Exemplars: oben über dem Titel steht: "a haunting story of love". Darum geht es hier nun wirklich nicht, aber so macht man Bestseller.

Danke nochmal für den Tip, Gruß Set

 

Hallo Manuela,

nun melde ich mich nochmal. Das Buch von Borley steht nicht in Zusammenhang mit dem von Hilton, soweit ich es sehe; ich habe Borley nicht zuende gelesen.
Nun habe ich den Film angesehen, Frank Capra, 1937. Ein schöner alter Schwarzweißfilm, im Stil der Zeit, Kameraführung weniger stark als bei anderen, aber gut inszeniert. Natürlich sind die Charaktere plakativer gezeichnet und so manches Hintergründige aus dem Roman wird hier vordergründig und derb - so ist Film.
Gefallen hat mir die Stelle, wo sich Conway in die Rolle eines Staatsmannes einer Kolonialmacht versetzt: "Wenn du sie mit deinem aalglatten Gerede nicht überzeugen kannst, schickst du deine Armee." Das ist immer noch aktuell; im Augenblick paßt es auf Obama.

Sehenswert.

Gruß Set

 

Hi Set!

Danke für den Hinweis auf den Film. Ich hab schon davon gehört und werde ihn mir bei Gelegenheit ansehen. Wie schön, dass ich dich mit dieser Buchvorstellung erreicht habe. :)

Zitat:
"Wenn du sie mit deinem aalglatten Gerede nicht überzeugen kannst, schickst du deine Armee." Das ist immer noch aktuell; im Augenblick paßt es auf Obama.

Ja, im Augenblick. Und für den nächsten findet sich jemand anders. ;)

Lieben Gruß,
Manuela :)

 

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