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Labsal

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11.03.2008
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Labsal

Das Zusammensein mit dir ist mir ein Labsal. Du hast es geschafft, mir ein unendliches Urteil, wenn nicht abzunehmen, so doch für die Zeit unseres Beeinanderseins vergessen zu machen. Für Momente erlaubt mir die Berührung deiner porzellanfarbenen Haut kein Hadern mehr mit mir selbst. Es ist merkwürdig, wie sich die Zeit mit dir anfühlt: Träge, nur außerhalb stattfindend.
Ich beobachte, liegen wir im Bett und sehen nach draußen, nicht nur das, was da ist. Nicht nur die Wolken, die Vögel, die Menschen an Fenstern, die sich im Wind bewegenden Blätter der Bäume.
Sondern auch etwas, was andere nicht zu sehen vermögen: Wie besessen, auch mit dir, das Bild meines Vaters, so erfolgreich, wie ich es nie werden könnte.
Doch mit anderem Blick. Denn mit dir bin ich anderswo. Was vorher noch bedrohlich wirkte, gerinnt zu etwas Neuem und ich umarme sogar die Zeit die war und vor allem wohl die Zeit, wie ich sie mir gewünscht hätte.
Dann wende ich mich ab und sehe deine Lippen, küsse sie.
Ein Lächeln erscheint in deinem Gesicht noch bevor es dann auch über meines geht.

Irgendwo heißt es, wir müssten mit den Sünden unserer Väter leben. Mein Vater tötete sich, als ich Zehn war. Das ist auch meine Sünde.
Wir leben auch mit ihren Urteilen. Mein Vater ist tot und lebt doch.
Sein Bild erscheint mir auch deshalb immer nur unklar und blass vor Augen. Und so ist auch sein Urteil rätselhaft und nur reine Form.
Er hat es nie ausgesprochen, doch ich habe immer gut verstanden, es klingen zu hören, ohne es zu greifen. Ich habe immer verstanden, es zu umschiffen wie eine karge Insel aus Fels am Rand der Welt, die sich faszinierend und zugleich leblos vor mir auftürmt. Ich kann mich ihrem Anblick nicht entziehen, wie ich mich auch nicht getrauen kann, an ihr anzulegen, da ich ihre Leere fürchte.

Wenn ich diesen Anblick schließlich nicht mehr ertrage, lege ich an anderer Stelle an. Gehe in das Land hinein, um diese Bilder zu vergessen und eine andere Leere tut sich stetig weiter werdend vor mir auf. Hier ist es karg und nichts mehr kennt ein Ziel.
In dieser Wüste, die ich mein Leben nenne, bricht etwas, wie eine Bromelie, durch die Steine hartnäckig ans Tageslicht, ohne je gewaltsam zu sein. Das bist du.
Doch gehe ich weiter in ihr umher, auch wenn mich dein Anblick erfreut, mehr als alles, was sonst ist. Meine Wanderung bleibt von Dauer.
Hier kann nichts mehr werden und ich verstehe nicht, das du blühst.
Dann, des Nachts, warte ich auf den einen großen, stürmischen Regen, der auch in dieser, meiner, Wüste kommen muss, mich mitreissend und auf den Sand, der mich von der Nässe schwer geworden, unter sich begrabend verschwinden lässt. Du wirst es überleben und erneut blühen. Wie sie.


Die verwendeten Wörter von sim waren: Labsal, Bromelie, Vater, merkwürdig, Wüste

 

Hallo tagträumer,

diesen Text habe ich leider bisher tatsächlich übersehen. Und da nur wenige in die Wörterbörse blicken, bist du wohl bisher hier leer ausgegangen.
Es kann natürlich auch an der Sperrigkeit des Textes liegen, an dessen depressiver Grundstimmung, die im Blühen der anderen nur das eigene Defizit zu sehen in der Lage ist.
Die Saat der Bromelie geht in deinem Erzähler nicht auf. Liebe kann nicht wachsen, da sie nicht auf fruchtbaren Boden fällt.
Manchmal verhedderst du dich etwas in deinen Bildern, manchmal erscheinen sie mir zu reichlich. Gerade der vorletzte Satz ist ein gutes Beispiel: auf - unter - Partizip.
Etwas verwirrend finde ich auch die Last durch den Vater. Erst "erfolgreich", sodass man meint, der Sohn leidet darunter, ihm in der eigenen Leistung nicht gerecht werden zu können (wie etwa ein junger Schauspieler, der immer nur an seinem prominenten Vater gemessen wird), dann auf einmal der Suizid, das in diesen Fällen ja durchaus häufige Schuldgefühl beim Erzähler, ohne dies genauer zu betrachten. Ein Anklang von Erbsünde ertönt, als läge die Sünde des Sohnes nur in der (nach christlichem Maßstab) Sünde des Vaters.
Erbsünde ist durchaus (nicht nur für Christen) ein spannendes Thema, wenn man sie in den Schwierigkeiten sucht, die bei denen auftreten, die mit der Tat, dem Leben oder dem Tod der Ahnen weiterleben müssen. Leider belässt du es bei dem etwas pauschalen Einwurf. Durch all dies empfinde ich deine Geschichte als wenig greifbar.

Liebe Grüße
sim


Hattest du diese Geschichte schon mal für zwei Wochen in einer anderen Rubrik?

 

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