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Die Freiheit

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Die Freiheit

Zu # 97 von bernadette

Wörter: Bleistift, Magenknurren, sensibel, Linoleum, schnuppern.

Bello drehte sich umständlich zweimal um die eigene Achse, legte sich dann schwerfällig auf seine Matte und bettete den Kopf zwischen die Vorderpfoten. Den Weg zwischen seinem Platz neben dem Kühlschrank und der Küchentüre hatte er in den letzten Minuten sicher mehr als zwanzig Mal zurückgelegt. Hauptsächlich das Magenknurren machte dem Hund zu schaffen. Sein Fressnapf wurde schon lange nicht mehr aufgefüllt. Angewidert schaute er zu „seinen" Haufen, die er in die entfernteste Ecke des Raumes auf das saubere Linoleum gesetzt hatte. Warum hatte man ihn hier eingesperrt? Wieder stand er auf, kratzte an der Türe und ließ ein lang gezogenes, jämmerliches Heulen hören. Ein kräftiges Bellen - so, wie es einem ausgewachsenen Bernhardiner geziemte - hatte er wiederholt ergebnislos versucht. Niedergeschlagen trottete das schwere Tier wieder zu seinem Platz zurück, setzte sich und behielt die Küchentüre fest im Auge.

Aber nichts tat sich. Sie blieb zu.

Ein Duft drang in Bello's Nase. Er begann aufgeregt zu schnuppern. Endlich etwas Fressbares? Der Geruch kam unter der Türe herein, durch die schmale Ritze. Aber es war nicht der Wohlgeruch von frischem Fleisch, den er so liebte. Sein sensibles Geruchsorgan nahm etwas Neues, Fremdes wahr.

Alle Schwerfälligkeit fiel von Bello ab. Aufgeregt fing er an, am Küchenboden unterhalb der Türe zu scharren. Wie beim Gartenzaun versuchte er, sich einen Graben zu schaffen, um dann unten durch zu schlüpfen. Aber seine fleischigen Pfoten glitten auf dem glatt polierten Kunststoff ab.

Das Schellen der Glocke unterbrach das eifrige Scharren und zeigte an, dass jemand an der Wohnungstür war. Bello stellte die Ohren, legte den Kopf schief und lauschte aufmerksam. Sollte er endlich aus seinem Gefängnis befreit werden? Vorfreude brachte die äußerste Spitze seines Schwanzes vorsichtig zum Wedeln. Erneutes Klingeln, diesmal länger und fordernder. 'Warum öffnet mein Herrchen nicht?' Ein hartes Klopfen an der Wohnungstüre, dann ein harscher Ruf: "Aufmachen!" Nach kurzer Pause wurde die Türe gewaltsam geöffnet. Bello setzte zu einem wütenden Bellen an. Hier wacht Bello! Dann wurde die Küchentüre aufgerissen.

"Hier ist er nicht", sagte ein Uniformierter, nachdem er in die Küche schaute, "aber ich will feststellen, wem dieses riesige Tier gehört. Um den werden wir uns vielleicht auch noch kümmern müssen."

Routiniert griff er nach der Hundemarke an Bello's Halsband und notierte die Steuernummer mit einen Bleistift auf einem Zettel.

"Es riecht seltsam hier, um nicht gleich zu sagen es stinkt fürchterlich", sagte ein ganz junger Polizist und hielt sich die Nase zu, als er die Türe zum Wohnzimmer öffnete. "Nein, das darf nicht wahr sein", schrie er auf und zog sie mit einem Ruck wieder zu. "Hier liegt einer in einer Blutlache", stotterte er mit fahlem Gesicht.

Der Bernhardiner nutzt den Augenblick der allgemeinen Verwirrung, drängte sich an den Beamten vorbei und trabte durch die Wohnungstüre hinaus, die Treppe hinunter und ins Freie.

Endlich ......

 

Hallo Ernst Clemens,
nett, die Geschichte aus der Sicht eines Hundes zu erzählen. Leider ist dann aber schon ab da klar, was passiert ist:

Endlich etwas Fressbares? Der Geruch kam unter der Türe herein, durch die schmale Ritze. Aber es war nicht der Wohlgeruch von frischem Fleisch, den er so liebte. Sein sensibles Geruchsorgan nahm etwas Neues, für den Hund Fremdes wahr.
Ich bin mir auhc nicht sicher, ob Aasgeruch für Hunde fremd ist.

Bello drehte sich umständlich zweimal um seine eigene Achse, legte sich dann schwerfällig auf seine Matte und bettete den Kopf zwischen die Vorderpfoten.

Ich war gespannt bei den Wörten, weil sim ja auch eine Geschichte damit geschrieben hat. Diese ist nun ganz anders, und die Wörter sind gut verpackt.

Gruß, Elisha

 

hallo elisha,

danke fürs lesen. sicher ist allgemeiner aasgeruch für einen hund etwas natürliches. aber ist es auch der spezifische aasgeruch eines menschen?

ehrlich gesagt, ich weiß es nicht - muss dazu aber auch sagen, dass ich bis jetzt noch nie hund war...

herzliche grüße

ernst

 

Hallo Ernst Clemens,

nun wollte ich mal wieder in der Wörterbörse stöbern und da habe ich deine Geschichte gefunden.
Ich finde, es ist eine gute Idee, die story aus der Sicht des Bernhardiners zu schreiben. Und ich finde, dass du die vorgegebenen Worte ganz wunderbar in deinem Handlungsablauf untergebracht hast - keines fällt störend heraus. :)

Die Geschichte selbst fand ich allerdings, wie Elisha auch bemerkt hat, ein wenig sehr vorhersehbar - der Leser erwartet schon bald das Auffinden einer Leiche.
Außerdem finde ich schade, dass du die ursprünglich wohl geplante Erzählperspektive (aus Hundesicht) nicht immer konsequent durchgehalten hast. Ein Beispiel: Bello würde doch von sich selber wohl kaum als von dem "schweren Tier" sprechen, oder? Hier beobachtet eindeutig ein anderer, ein Mensch den traurigen Hund.

Noch ein bisschen Textkram:

Bello drehte sich umständlich zweimal um seine eigene Achse, legte sich dann schwerfällig auf seine Matte und bettete den Kopf zwischen die Vorderpfoten.
eine der Wortwiederholungen "sich" und "seine" könntest du vermeiden, indem du
... zweimal um die eigene Achse
schreibst.
sicher mehr als zwanzig mal zurückgelegt
zwanzig Mal
gesetzt hatte. Warum hatte man ihn hier gefangen gesetzt
zweimal "gesetzt" - vielleicht
Warum hielt man ihn hier gefangen?
hatte er schon öfters ergebnislos versucht
"öfters" empfinde ich als ziemlich umgangssprachlich - mehrfach?
Sein sensibles Geruchsorgan nahm etwas Neues, für den Hund Fremdes wahr.
Ich würde schreiben etwas Neues, Fremdes wahr - dass es für den Hund fremd ist, ist doch eh klar, oder?
Endlich ......
Endlich Leerstelle...

Lieben Gruß
al-dente

 

hallo al-dente,

danke für's ausgraben der alten geschichte.


deine hinweise zum handwerklichen des textes habe ich praktisch alle umgesetzt. ich weiss nicht warum: wortwiederholungen fallen mir selbst selten auf ..... manchmal benutze ich sie sogar als stilmittel.

um jeden vorschlag zur kürzung des textes bin ich froh und dankbar.


wie kommst du darauf, dass die erzählperspektive beim hund liegt? das würde mich interessieren, denn beabsichtigt war es von mir nie.

herzliche grüße

ernst

 

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