Was ist neu

Das Lbn dr Spfrdchn

Seniors
Beitritt
17.09.2002
Beiträge
1.941
Zuletzt bearbeitet:

Das Lbn dr Spfrdchn

E war erschöpft. Er hatte sich überanstrengt. Im ganzen Alphabet gab es keinen Buchstaben, der so viel und so hart arbeitete, wie E. An manchen Tagen musste er bis spät in die Nacht dafür sorgen, dass in allen Büchern und Zeitschriften, in allen Zeitungen und Werbekatalogen, in allen Briefen und Emails an den richtigen Stellen ein E oder ein e stand. Und E oder e tauchen sehr, sehr häufig in unseren Wörtern auf. Das merkt man sofort, wenn man versucht einen langen und sinnvollen Satz zu schreiben, in dem überhaupt kein E vorkommt. Natürlich könnte man schreiben: „Das Boot sank langsam.“ Oder „Das Blaukraut roch gut.“ Aber sowie man eine vernünftige Geschichte schreiben will, braucht man das E - unbedingt!
Deshalb stand E morgens noch vor dem Morgengrauen auf und ging zur Arbeit, und abends kam es oft erst nach Hause, wenn die Sterne schon lange am Himmel standen. Schlafmangel und ungesunde Ernährung führten dazu, dass E anfällig für jede noch so kleine Krankheit wurde und so verkühlte er sich eines Tages, als er im Morgennebel eilig zur Arbeit lief. Obwohl er sich schwach und fiebrig fühlte, erledigte er seine Aufgaben gewissenhaft und fiel am Abend ohne Abendbrot todmüde ins Bett. Am nächsten Morgen überhörte er den Wecker und erwachte erst, als die Sonne schon hoch am Himmel stand. Sein Kopf schmerzte und als er sich aufsetzen wollte, wurde ihm schwarz vor Augen. E hatte sich ziemlich doll erkältet. Er sank zurück in seine Kissen und schlief wieder ein.
In der großen Druckerei am Ort wurde gerade ein dickes Buch über das Leben der Seepferdchen gedruckt. Alle Buchstaben arbeiteten angestrengt und zunächst bemerkte niemand, dass E fehlte. Doch dann nahm der Druckereidirektor die erste Seite des Buches in die Hand, um einen letzten prüfenden Blick darauf zu werfen. Fassungslos las er: „Das Lbn dr Spfrdchn. Spfrdchn lbn am Mrsgrund. Si ssn grn Plankton.“ Ohne ein Wort zu verstehen blickte er auf.
„Verflixt und zugenäht!“, brüllte er wütend.
Die Buchstaben zitterten vor Schreck. X, der gerade über einen Witz von Q gelacht hatte, verschluckte sich und begann zu husten.
„Was ist denn los?“, fragte W verdutzt.
„WER HAT DIESEN CHINESISCHEN TEXT HIER VERFASST?“, schrie der Direktor.
„Chinesisch? Wieso chinesisch?“, fragten die Buchstaben. „Wir haben deutsch geschrieben, wie sonst auch.“
„Deutsch?“, tobte der Direktor. „Spfrdchn? – Mrsgrund? Was soll das sein?“
Die Buchstaben waren total erstaunt.
„So etwas Komisches steht da?“ Keiner wusste, was passiert war. Sie hatten sich doch alle an die richtigen Stellen in den Wörtern gestellt, so wie immer. Was war da bloß geschehen?
Plötzlich wusste X die Antwort:
„E fehlt! Schaut mal, wenn man bei dem Wort Spfrdchn viermal das E an den richtigen Stellen einsetzt, dann stimmt alles. Dann heißt es nämlich „Seepferdchen“!“
„Ach! – Und wo ist er, unser E?“ Der Direktor war immer noch wütend. Es stellte sich heraus, dass niemand E heute gesehen hatte.
„Er fehlt!“, rief B. „Es wird ihm doch nichts passiert sein?“
Niemand konnte sich vorstellen, dass E seine Kollegen absichtlich im Stich gelassen hatte. Das gesamte Alphabet sorgte sich.
In wildem Lauf galoppierten deshalb alle Buchstaben, gefolgt vom Direktor, zu E’s Wohnung, um nach dem Rechten zu sehen.
Dort war es ganz still. Alle kletterten sie aufeinander und übereinander, um ihre Ohren an die Wohnungstür pressen zu können. Was hörten sie? War E zu Hause? Lebte er noch?
„Da drinnen stöhnt jemand!“, flüsterte A voller Angst.
„Und ich höre ein Seufzen!“, sagte U.
„Das ist E!“, stammelte I. „Ich kenne seine Stimme. Ich stehe ja öfter neben ihm.“
„Was sagt er denn?“, wollte T wissen.
„Pst!“, wisperte P. „Ich kann ihn verstehen – er – er sagt – „Eisbär, geh weg!“ - und – „Nein! – Ich mag keine Himbeergrütze!““
„Eisbär? Himbeergrütze? – E ist verrückt geworden!“, riefen die Buchstaben. „Wie schrecklich!“
„Beruhigt euch“, unterbrach der Direktor sie. „Ich glaube, E spricht im Fieber. Er fantasiert. Lasst uns hinein gehen und nach ihm sehen.“
Leise öffneten die Buchstaben die Wohnungstür. Auf Zehenspitzen schlichen sie in das Schlafzimmer. Schließlich standen sie alle in einem großen Kreis um E’s Bett: V T S M L O P Q U X R B A C D F H I G J K N W Y Z.
E atmete schwer. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und er murmelte im Fieberschlaf. Die Worte „Eisbär“ und „Himbeergrütze“ waren immer wieder zu hören.
„Dachte ich’s mir doch!“, sagte der Direktor. „Fieberträume. Unser E ist wirklich krank. Da kann er natürlich nicht arbeiten. Er muss gesund gepflegt werden!“

Der Direktor schloss die Druckerei für einige Tage und half den Buchstaben, den Kranken zu pflegen. Dank der liebevollen Zuwendung erholte E sich rasch. Bald schon kam er wieder zu Kräften und hatte auch einen gesegneten Appetit. Am liebsten aß er das Erdbeergelee, das R, D, B, G und L gemeinsam kochten.

Nach einer Woche konnte E seine Arbeit wieder aufnehmen. Endlich wurden wieder Bücher und Zeitschriften gedruckt und die Menschen konnten neue Geschichten lesen.
Das erste Buch, an dem der gesunde E mitarbeitete, hatte den Titel „Das Leben der Seepferdchen.“

Die vorgegebenen Wörter waren: Eisbär, Himbeergrütze, Morgennebel, lachen, erkältet

 

Hallo al-dente,

E kann einem wirklich Leid tun. Klar, dass er bei der Überlastung irgendwann auch einmal krank zusammenbrechen muss.
Die Geschichte hat mir gefallen und bietet natürlich auch kreative Möglichkeiten so unterschiedliche Wörter wie Eisbär und Himbeergrütze einzubauen.

in allen Briefen und emails
Emails
„Ach! – Und wo ist es – unser E?“
In diesen direkten Fragen und Antworten solltest du beim "er" bleiben.

Lieben Gruß und schöne Weihnachten, sim

 

niedlich

Hallo al-dente,

eine schöne, niedliche Geschichte hab ich hier gelesen. Bin immer wieder begeistert, was für Dingen du Leben und eine Persönlichkeit einzuhauchen vermagst, deine Phantasie scheint mir da grenzenlos. Ob man es als Wermutstropfen bezeichnen soll, dass ich dieser Geschichte einfach keine Moral für mich selbst abgewinnen kann, außr villicht dn Buchstabn _ wnigr zu banspruchn, das lass ich mal dahingestellt - ist eben eine reine Unterhaltungsgeschichte, nicht wahr?

Ein paar Anmerkungen:

A1 { Deshalb stand E morgens noch vor dem Morgengrauen auf und ging zur Arbeit (1) und abends kam es oft erst nach Hause, ... }
:: 1) Komma oder neuer Satz.

A2 { E hatte sich anständig erkältet. }
:: Gefällt mir nicht so, wie soll man sich anständig erkälten? Soll es sowas sein wie "ziemlich" oder "ganz schön"? Hm...

A3 { „Ach! – Und wo ist es – (1) unser E?“ Der Direktor war immer noch wütend. Es stellte sich heraus, dass E heute noch nicht gesehen worden war (2). }
:: 1) Hier würde ich einen Beistrich setzen, ein Gedankenstrich ist mE zu stark; 2) Das Passiv wirkt so schwerfällig >> dass heute noch niemand E gesehen hatte / dass ihn heute noch niemand gesehen hatte.

Am liebsten aß er das Erdbeergelee, das R, D, B, G und L gemeinsam kochten.
Hehe, gute Idee :).

A4 { Endlich wurden wieder (1a) Bücher und Zeitschriften gedruckt und die Menschen konnten wieder (1b) neue Geschichten lesen. }
:: 1) Wortwiederholung, würde b streichen.


Schöne Weihnachten,
FLoH.

 

Hallo sim, hallo FloH,

vielen Dank fürs Lesen und die schnellen Kommentare! Sie waren ein schönes Weihnachtsgeschenk für mich :).

All Eure Korrekturvorschläge habe ich schon eingearbeitet - sie haben mich alle überzeugt. Vielen Dank für das sorgfältige Fehlersuchen! :D

Lieber FloH, eine richtige Moral soll die Geschichte wirklich nicht haben. Ich arbeite schon länger an einer Sammlung von Buchstabengeschichten und Buchstabengedichten für Grundschüler und finde es sehr schwierig, immer neue Szenarien zu erfinden, um jeden (!) Buchstaben einzeln und individuell vorzustellen. Deshalb bin ich einfach mal die Wörterbörse-Vorgaben durchgegangen und habe geschaut, ob mir bei der Lektüre eine Idee für einen von mir noch nicht bearbeiteten Buchstaben kommt. Die Geschichte soll also den Kindern einfach nur etliche E's bieten und vielleicht den Blick dafür schärfen, wie unendlich oft in unserer Sprache dieser Buchstabe vorkommt - mehr nicht!

Lieben Gruß und frohe Weihnachtstage wünscht Euch beiden
al-dente

 

Hallo liebe, leider überarbeitete Jynx,

so eine liebevolle, nette, freundliche Kritik am Weihnachtsfeiertag! Ich freue mich sehr darüber und danke Dir.

Ich gebe es ehrlich zu: Das Bild der übereinander kletternden und wuselnden Buchstaben vor E's Haustür gefällt mir auch sehr und ich würde es mir als Illustration zu meiner Geschichte wünschen. :)

Ich wünsche Dir einen Haufen Freunde, die Dir jetzt sofort eine Riesenschüssel Erdbeergelee zubereiten - nachgewiesener Maßen die beste Medizin für überarbeitete Wesen.

Lieben Gruß und bis demnächst in der Kinderrubrik :D
al-dente

 

Hallo al-dente,

nun hast du wieder einen Buchstaben aus dem Alphabet verarbeitet und zwar sehr gut.
Ja, es ist schon ein Graus, wenn das E fehlt. Da kann man erst mal sehen, wie oft man den kleinen Buchstaben gebraucht beim Schreiben. Besonders wenn man die Überschrift zu der Geschichte liest und denkt, was hat die denn da für ein Kauderwelsch geschrieben. Dabei ist am Ende nur das E krank und überarbeitet.
Weshalb ist das E eigentlich männlichen Geschlechts und nicht sächlich?

Wie immer eine tolle Geschichte aus der Buchstabensuppe.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo bambu,

fein, dass Dir auch diese Buchstabengeschichte wieder gefällt! :)

Das E ist hier einmal männlich, weil es sich um den Buchstaben E handelt - der Buchstabe, masculinum ... :D

Lieben Gruß und danke fürs Lesen

al-dente

 

Libe al-dnt!

Zum Glück ist der E ja wieder gesund geworden - sonst könnte ich dir gar nicht schreiben, dass auch mir deine Geschichte gefallen hat. Besonders, weil sie gleich zwei Fliegen erledigt - Buchstabengeschichte und Wörterbörse. Das erfordert ja eine ordentliche Portion Kreativität. Und so habe ich nur einen (Kritik-)Punkt, an dem mir - weil die Geschichte ja zur Zeit in Kinder steht - erst klar wurde, dass hier noch eine andere Aufgabe hineinspielt.

Am liebsten aß er das Erdbeergelee
- da dachte ich - Ach, Wörterbörse - und dann musste ich feststellen: Der Verdacht war richtig, aber das Erdbeergelee gehörte gar nicht zu den geforderten Wörtern. Das fand ich ja nun besonders - äh - mich so aufs Glatteis zu führen. :D

Liebe Grüsse :thumbsup:

 

Hi jobär,

fein, dass die Geschichte Dir gefiel. :)
Danke!

Wie schön, dass ich Dich aufs Glatteis führen konnte! Himbeergrütze war das Wort, was mich auf die Idee mit dem Erdbeergelee brachte :D.

Lieben Gruß
al-dnt (di das "e" in wnig schonn will)

 

Hallo al-dente!

schöööön! Wie sich die anderen alle ums E kümmern. Ich hab eigentlich nix konstruktives zu sagen, außer, dass es schade ist, dass ich die Geschichte wieder wegschieben muss ;)

liebe Grüße
Anne

 

Hallo maus,

wie schön, dass Du die Geschichte "schöööön!" findest.
Ja, ist wirklich irgendwie schade, dass sie hier wieder verschwinden wird ... Diese Rubrik ist ihre eigentliche Heimat! :)

Lieben Gruß
al-dente

 

Tssss, al-dente,

meiner schönen Rubrik magst du die Geschichte also nicht gönnen, jaja ;)
Ich gebe ihr auch ein liebevolles Zuhause, das verspreche ich.

Leider kann ich gar nichts Kreatives dazu schreiben, weil eigentlich schon alles gesagt wurde. Deine Kreativität und Art, Kindern etwas nahe zu bringen, ist wirklich bewundernswert.

Danke für diese schöne Geschichte.

Liebe Grüße,

Ronja

 
Zuletzt bearbeitet:

Doppel-posting! Gelöscht!

 

Hallo Ronja,

doch, doch - natürlich gönne ich die Geschichte auch der Wörterbörse - aber - Du musst doch zugeben - in aller erster Linie ist es eine Kindergeschichte, oder?

Ich freue mich sehr, dass sie Dir gefallen hat! Danke fürs Lesen und die Kritik! :)

Liebe Grüße
al-dente

 

Liebe Penny,

ich freue mich, dass Dir die kleine Geschichte gefallen hat und danke Dir für das Lob! :)

Lass Dir von Deinen Freunden ruhig auch mal Erdbeergelee zur Genesung kochen!

LIeben Gruß
al-dente

 

Hallo al-dente,
auch mir hat deine süße Geschichte gut gefallen. Ich mag deine "Buchstabengeschichten". :)
Ich kann mir richtig gut vorstellen, was die Krankheit des E für ein Chaos angerichtet hat. Hier bei uns sind mal das A und das I zusammen in Urlaub gefahren, und das für drei Wochen! Du kannst dir bestimmt vorstellen, was hier los war. :D

LG
Blanca

 

Hi al-dente,

deine Geschichten sind immer so richtig erfrischend, gemischt mit viel Liebe zu den Wörtern. Witzig fand ich dann am Ende auch, dass ich mit der gleichen Wörterbörse-Vorgabe was ganz anderes zusammengeschustert habe (Grauzone). Das ist noch mal ein Aha-Erlebnis.

Liebe Grüße
bernadette

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hi bernadette,

so richtig erfrischend, gemischt mit viel Liebe
das ist wirklich nett von Dir! :)

Danke fürs Lesen und die freundlichen Worte - "Grauzone" - da muss ich doch wohl mal nachsehen, was Du aus den Wörtern gemacht hast ...

Lieben Grüße
al-dente

Hallo Blanca,

auch mir hat deine süße Geschichte gut gefallen. Ich mag deine "Buchstabengeschichten".
Das freut mich! Danke! :)

Tut mir Leid, dass ich mich erst heute melde, aber mit dieser Geschichte scheint etwas falsch gelaufen zu sein - plötzlich gibt es sie doppelt, sowohl in der Rubrik "Kinder", als auch hier ...

Kann da ein Mod helfen?

Liebe Grüße
al-dente

 

Hallo al-dnt,
auch mir hat di Gschicht shr gut gfalln!
Ich hab mal von inm Roman ghört, dr ohn dism Buchstabn auskommt. Knnst du dn?
libn Gruß
tamara

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom