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Leuchtfeuer

Team-Bossy a.D.
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23.02.2005
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Leuchtfeuer

Wie in einem Bienenstock wuseln sie um mich herum. Ab heute sind sie wohl nur noch für ihn da. Wieso hat er soviele um Hilfe gebeten, obwohl es doch nur Kleinigkeiten sind, die er mitnimmt? Fast kommt es mir wie ein stummes Ade von ihnen vor, wie sie mich anblicken. Es sind seine Freunde, für mich sind manche Bekannte geworden.

Der einsam Gestrandete auf der kleinen Insel macht sich um nichtige Dinge Gedanken. Mitten im Flur stehe ich auf dem maisgelben Teppich und keiner sieht mein Leuchtfeuer.

Scheppernd fällt die alte Blechdose aus der Küche auf den Boden – was räumen die denn alles ab? Endlich kommen die übrigen Plätzchen, die noch von Weihnachten, in den Müll.
Wir beide mögen kein Anis. Wir beide mochten uns.

Ich will gehen, raus aus – wieder – meiner Wohnung. Raus bis alle draußen sind.
Er hält mich zurück. Nicht seine Hand auf meinem Unterarm tut mir weh, sondern sein Blick.
„Bitte bleib,“ sagt er, „wir haben gestern einfach nicht alles durchgesprochen, was ich zu mir nehmen kann.“ Bitte bleib.
„Mir ist es doch egal, was du mitnimmst.“ Wenn du weg bist, ist doch alles egal.
„Das Bücherregal...ist das okay?“ Nichts ist in Ordnung.
„Ich gehe jetzt, die Schlüssel kannst du ja in den Briefkasten schmeißen.“
Ich kann noch nicht Adieu sagen.

Im Aufzug drängeln sie sich mit Kartons. Ich gehe lieber die Treppe abwärts.
Jeder Versuch, etwas anderes als an den gestrigen Abend zu denken, scheitert. „Damit sich es nicht so lange hinzieht, habe ich gedacht, gleich morgen zu gehen.“ Sie alle wussten es vor mir.

Vor der Haustür sehe ich sie. Sie kommt mir mit einem warmen Lächeln entgegen.
„Das ist jetzt grade blöd hier mit uns zwei, was? Vielleicht werden wir irgendwann Freunde?“
Ich schau sie schräg an. Angriff ist die beste Verteidigung.
Sprachlos gehe ich weiter, denn ich finde keine Worte. Noch nicht.

Wörterbörse: Blechdose – Aufzug – Bücherregal – abwärts - Plätzchen

 

Hallo bernadette!

Obwohl ich die Geschichte erst nach dem zweiten Lesen ganz verstanden habe, gefällt sie mir ganz gut. Erstens bringst du die traurige Stimmung der Prot gut rüber und zweitens erzeugst du wunderbare Bilder, diese haben mich besonders berührt. Ich bin aber nicht der Meinung, dass man (oder ich zumindest) jede Geschichte auf Anhieb verstehen muss, die knappen Sätze widerspiegeln ja das Befinden deiner Prot sehr gut. (Und da deine kg nicht so lang ist, hat man sie schnell ein zweites Mal gelesen ;) )

Sprachlich habe ich den Satz mit den Plätzchen ein wenig holprig gefunden, ich denke, den könntest du sicher noch ein wenig eleganter formulieren.

Liebe Grüsse
sirwen

 

Hallo bernadette!
Mir gefällt deine Geschichte.
Ich finde es gut, dass du das Thema, das plötzliche Ende der Beziehung deiner Prot, anhand ihrer Gefühle beschreibst. Meiner Ansicht nach, wird so deutlich, was sie empfindet, wie überfordert und verzweifelt sie mit dieser Situation ist. Und wenn mich nichts täuscht, wolltest du dies zeigen. Da ist es nicht nötig, unnötig viele Details über die Prot oder Gründe für die Beendigung der Beziehung zu schreiben, da dies gar nicht das Thema der Geschichte ist. Ich finde sie auch nicht verwirrend, wie manche angemerkt haben. Nach einmal lesen war mir alles klar (denk ich zumindest ;) )
Gut finde ich auch, dass du hinter die wörtliche Rede noch die unausgesprochenen Gedanken deiner Prot schreibst. Das macht weiter deutlich, wie sie sich fühlt.
Alles in allem eine flüssig geschriebene Geschichte, bei der ich nur die Sache mit dem gestrandeten auf der einsamen Insel noch einmal überarbeiten würde. Hier könnte deutlicher werden, was du mit dieser Beschreibung aussagen willst.
Hat Spaß gemacht zu lesen.
Lg, Katimaus
PS: Danke auch für deine Kritik

 

@ DracheBarbara

Gut, dass jeder anders liest und interpretiert - sonst wärs ja langweilig hier.

@ sirwen

Diese Plätzchen...hätt ich doch nur den Hund eingebaut... ;)
Freut mich, dass dich meine Bilder berührt haben...
dann auf bald mehr Sinne...

@ katimaus

Das mit der Insel...da hat doch jeder irgendwelche Assoziationen...egal wie...
man(n)/frau fühlt sich alleine...

@ all:

danke für eure Gedanken und die Zeit, die ihr mir geschenkt habt

bernadette

 

Tach,

eine fast typische "bernadette". Ja, am Schreibstil erkennen, das kann man nicht bei Jeder oder Jedem. Natürlich ist es spartanisch. Und bernadettes Schreibstil erschließt sich einem Leser umso tiefer und vielfältiger, je mehr Erfahrung und Alter er oder sie auf dem Buckel hat. Aber das ist ja nix Schlimmes. Man kann ja nicht verschiedene Altersversionen anbieten.

Jedenfalls hat mich das daran erinnert, wie ich mal aus Südfrankreich zurück kam und die Wohnung fast leer vorgefunden hab. Kein Bett, kein Schrank, eine kleine Couch, ein kleiner Küchentisch und ein Stuhl. Okay, Herd und die kleine Edelstahlspüle. Selbst von meiner Oma geerbtes Geschirr war weg. Dafür waren noch alle gemeinsamen Urlaubsbilder da.

Sehr schön und bilderreich beschrieben. Hat mir gut gefallen. Ich warte jetzt langsam echt mal auf nen Roman von Dir. Wird Zeit.

Heiko

 

Moin Morphin,

Sehr schön und bilderreich beschrieben. Hat mir gut gefallen. Ich warte jetzt langsam echt mal auf nen Roman von Dir. Wird Zeit.
Danke für das Lob. Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, einen Roman zu schreiben oder es in Angriff zu nehmen :D - wann denn? Obwohl, wenn ich alle Zeit, die ich in kg.de investiere, zusammenrechne, würde es vielleicht sogar klappen, zeittechnisch gesehen. Mein Können jedoch reicht nicht aus, eines zu schreiben. Jedenfalls so eines, was ich dann auch gerne lesen würde :D.

Liebe Grüße
bernadette

 

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