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Er gehört zu mir

sim

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13.04.2003
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Er gehört zu mir

»Papa!« Henning fliegt vom Ausgang der Schule auf mich zu, breitet seine Arme aus, lässt sich von mir anheben und einmal im Kreis drehen. Ist er so viel schwerer geworden oder ich so viel schwächer? Ich kann ihn kaum halten, wenn die Fliehkraft an seinen Füßen zerrt und die Beine wie Flügel in der Luft schwingen. Nach einem Kuss setze ich ihn zu Boden.
»Schau mal in den Kofferraum meines Wagens.« Aufgeregt läuft er los und öffnet die Heckklappe.
»Du willst fort.« Sein Gesicht betrübt sich, als er die beiden Rucksäcke sieht. Daran hatte ich nicht gedacht, dass er es so auffassen könnte. Ich schüttle den Kopf.
»Nein, Henning. Ich will nicht fort. Wir verreisen.«
»Jetzt gleich?« Ungläubig schaut er mich an. »Kommt Mama auch mit?«
»Deine Mama muss arbeiten. Und da du Ferien hast, hat sie mich gebeten, mit dir wegzufahren.«
Hennings Augen werden immer größer, der Mund ist weit geöffnet. »Aber warum hat sie heute Morgen nichts gesagt?«
»Es sollte eine Überraschung sein.«
Hatte ich erwartet, dass er mir vor Freude noch einmal um den Hals fällt? Ich weiß doch, wie es ist, wenn Überraschungen zu gut gelingen. Man kann sich nicht freuen. Hennings Mund bleibt offen, aber er jubelt nicht. Er sagt nicht einmal etwas. Er steigt wortlos in den Wagen und erst, als er schon auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, fragt er: »Darf ich vorne sitzen?«
»Klar«, antworte ich und spüre den strafenden Blick Elaines auf mir. Wie mächtig können Menschen sein?
»Wohin fahren wir?«
»Wohin möchtest du?«
»In die Berge.«
Das Meer hat ihn nie gereizt. Immer, wenn wir gefragt haben, wollte er in die Berge. Das muss er von mir haben. Elaine hasst die Berge.
»In Ordnung. Fahren wir in die Berge.«


»Schau mal!« Henning zerrt mit seinen kleinen Händen an meinem Hemd, während er gebannt aus dem Fenster sieht. Vor ihm der aufgeklappte Tisch mit einer Flasche Apfelsaft darauf. Immer näher rückt er an die Scheibe, presst seine Nase ans Glas, um nichts zu verpassen.
»Pass auf, Henning, sonst schmeißt du noch die Flasche um.« Ich fange schon an, wie seine Mutter. Wird man so, beladen von Verantwortung?
Unter uns rattern die Räder über die Gleise, ich gähne und übersehe lieber, dass Henning sich die Schuhe nicht ausgezogen hat, bevor er sich auf den Sitz kniete.
»Schau doch mal!« Kurz dreht er sich zu mir um, während er aufgeregt mit dem Finger nach draußen zeigt. Sachte erheben sich dort die ersten Ausläufer der Alpen. Hinter den Weiden türmen sich Mischwälder auf, aber Henning zeigt in den Himmel. »Siehst du den Vogel dort? Was ist das für einer?«
Hätte ich doch bloß besser aufgepasst in der Schule. Dann wüsste ich, ob es ein Adler ist, der dort oben kreist. Ich stehe auf, stelle mich ans Fenster und umschließe den zarten Körper des Jungen. »Ein Habicht oder ein Bussard? Ich kann es dir nicht sagen.«
Mund und Nase hinterlassen Spuren an der Scheibe.
»Mama hätte es bestimmt gewusst.«
»Ja, deine Mama ist klug.« Henning soll nicht schlecht über sie denken.
Ein paar Stunden Zugfahrt noch, dann werden wir am Ziel sein. Zum Glück ist der Blick aus dem Fenster aufregend für Henning.
»Siehst du einen Hasen oder ein Kaninchen auf den Weiden? Wenn der Vogel so kreist, könnte er sich bald hinab auf sein Opfer stürzen.«
»Nein.« Der Junge muss den Kopf schon weit drehen, um seinen Blick von dem winzigen Punkt im Himmel hinunter ins Tal lenken zu können. Bald wird der Vogel nicht mehr zu sehen sein.
»Schade.« Wie schön ist es, meine Hand auf seine Schulter zu legen, meinen Kopf nah an seinen zu halten und mit ihm in die gleiche Richtung zu schauen. Wie habe ich es vermisst, dass er sich so vertrauensvoll an mich schmiegt.
Die Sohlen seiner Schuhe sind zum Glück sauber. Trotzdem ziehe ich sie Henning sicherheitshalber aus, bevor ich mich wieder auf meinen Platz setze.
Der Vogel ist hinter dem Horizont verschwunden, die Geschwindigkeit des Zuges achtet nicht auf das, was wir sehen wollen, aber sie bringt uns immer weiter in Sicherheit. Die Hügel fangen an, Henning zu langweilen. Er rutscht wieder hinunter auf seinen Platz.
»Wann sind wir da?«
»Ein paar Stunden noch. Hast du Hunger?«
Henning nickt. Ich hole ein paar Brote mit Cervelatwurst und Gurken aus meinem Rucksack. Die hat er immer gerne gegessen, damals.
Damals. Das klingt, als ob es ewig her wäre. Dabei sind zwei Jahre nur dann eine Ewigkeit, wenn sie mit wartender und verzweifelter Sehnsucht gefüllt sind. Damals ist er noch nicht zur Schule gegangen.
Die Alufolie knistert, als ich eines der Brote auspacke und es ihm gebe. Wie vertraut einem Geräusche doch bleiben. Früher habe ich dieses Knistern immer nur gehört, wenn Elaine Henning ein Brot gab, während ich mich auf den Verkehr konzentrierte.
»Warum fährt Mama nicht mit mir in den Urlaub?« Brot quillt aus seinem Mund. Die Ungeduld lässt keinen Raum dafür, erst zu schlucken.
»Deine Mama muss doch arbeiten. Aber sie freut sich schon darauf, dich in zwei Wochen wieder zu sehen.« Wann würde er mich das nächste Mal fragen?
»Früher sind wir immer zusammen weggefahren.«
Früher. Als wir noch glaubten, so viel Glück gar nicht verdient zu haben und gemeinsam tief befriedigt lächelten, wenn wir noch einmal in sein Zimmer schauten, bevor wir ins Bett gegangen sind. Früher ist die Zeit der gemeinsamen Reisen, Henning auf der Rückbank und Elaine, die sich zu ihm umdrehte und dabei lachte.
»Ja, das war schön.«
Früher, als wir uns noch nicht dafür verletzten, dass wir uns auseinander gelebt haben.
Henning nickt bekräftigend. Das Brot hält er mit beiden Händen, wenn er hineinbeißt. Das blonde Haar hat er von Elaine, genau, wie die leicht angestupste Nase und die Sommersprossen. Nur die braunen Augen hat er von mir. Etwas scheint in seinem Kopf vorzugehen. Die Augen bewegen sich unruhig, schauen auf die beiden Rucksäcke, die über uns im Gepäcknetz liegen.
»Ich hoffe, Mama hat Nasi eingepackt.«
Das Nashorn. Wie konnte ich das vergessen. Hatte ich gehofft, dass er es nicht mehr braucht, wenn er in der Schule ist?
»Hey, beim Wandern nimmt Nasi doch viel zu viel Platz weg.«
Wie konnte ich erwarten, dass er sich damit zufrieden geben würde.
»Hat Mama ihn nun eingepackt?«
Ich darf ihn nicht belügen, nicht die Schuld auf Elaine schieben. Schließlich habe ich alle Sachen für ihn neu kaufen müssen. Ich weiß ja noch nicht mal, ob sie ihm passen.
»Nein. Ich habe es vergessen.«
Einen Moment lang vergisst er, zu kauen, mustert mich aus weit geöffneten Augen. Wenn ich ihm jetzt durch das Haar streichelte, würde der Schweiß meiner Hände es nässen. »Es tut mir Leid.« Ich könnte ihm anbieten, ein anderes Tier zu kaufen, sobald wir am Urlaubsort angekommen sind. Aber wäre das ein Ersatz für sein Nashorn?
»Armer Nasi«, sagt Henning. »Jetzt muss er zwei Wochen ohne mich auskommen.« Dann legt er seine Hand auf mein Knie. »Mach dir nichts draus, Papa. Ich vergesse ja auch manchmal etwas.«

Es muss schön sein, wenn man noch so klein ist, dass man mit zwei Sitzen auskommt, um sich hinzulegen. Es ist gut, dass er schläft. So kann er Kraft tanken für die Wanderungen von Hütte zu Hütte.
Gleich morgen in der Früh werden wir aufbrechen. In der Einsamkeit der Berge können wir verschnaufen, Vater und Sohn sein und gemeinsam etwas erleben. Dort werden sie uns hoffentlich nicht suchen.
Was spricht dagegen, dass er seinen Kopf so selig auf meine Beine bettet und ich ihn sacht streichle, während er schläft? Wie gefährde ich ihn in seinem Wohl? Was hat sie mir nicht alles angedichtet, nur damit ich ihn nicht sehen darf? Er würde nicht zu mir wollen, käme verstört von mir zurück. Er würde sich neuerdings im Bad einschließen, nachdem er bei mir war. Wie kommt sie auf solche abstrusen Ideen?
Ahnt er, dass Elaine mir hat verbieten lassen, mich ihm zu nähern? Weiß er um die Aufsicht, die immer dabei sein muss, wenn wir uns legal sehen wollen? Weiß er um die Bannmeile von fünfzig Metern? Wäre er dann so hoffnungsvoll auf mich zu gelaufen?
»Henning, wir müssen gleich umsteigen.« Ich mag ihn kaum wecken, so friedlich schläft er auf meinem Schoß. Er blinzelt leicht, murrt ein bisschen, bevor er die Augen öffnet.
»Was ist los?«
»Wir sind gleich in München.«
Langsam reckt er sich hoch, die Augen sind noch verklebt, die Haare verwuselt und platt gedrückt. Er schaut sich im Abteil um, blickt aus dem Fenster, dann auf mich.
»Guten Morgen Papa«, sagt er verwundert. »Dann habe ich ja doch nicht geträumt.«
So unwirklich bin ich schon für ihn.
»Nein, du träumst nicht.«
»Wo fahren wir hin?« Er blickt aus dem Fenster, sieht die Häuser an der Bahnlinie.
»Heute Abend erst mal nach Ainring.«
»Zum singenden Wirt?« Langsam kommt Leben in ihn. Den singenden Wirt kennt er aus der glücklichen Zeit. Aber darauf würde Elaine kommen. Ich reiche ihm seine Schuhe.
»Nein«, antworte ich währenddessen. »Dort hatten sie leider kein Zimmer mehr frei. Wir übernachten im Ainringer Hof. Und morgen früh kaufen wir dir neue Stiefel und wandern über das Steinerne Meer.«
»Ich kann das alleine«, wehrt er ab, als ich ihm die Schuhe zubinden will. So viele Fortschritte ohne mich. Also hole ich das Gepäck aus der Ablage. Einen Rucksack wird er tragen müssen. Aber ich habe nur ganz leichte Dinge darin.
»Ich habe es nur gut gemeint.« Irritiert schaut er kurz auf, bevor er den Knoten ein letztes Mal festzurrt.
»Wie kommt es, dass du auf einmal wieder etwas von mir wissen willst?« Er schaut mich nicht an, als er das fragt. Meine Hand schüttelt er ab, als ich seinen Kopf zu mir drehen möchte.
»Wieso denkst du, dass ich das nicht mehr wollte?«
»Mama hat es gesagt.«
Wütend beiße ich die Zähne zusammen. Wie schaffe ich es, ihm die Wahrheit zu erzählen, ohne Elaine schlecht zu machen? Wie schaffe ich es, ihr nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen, was sie mit mir tut. Sie ist seine Mutter. Er soll sie lieben. Wir sind doch noch nicht einmal im Streit auseinander gegangen.
»Ich wollte immer etwas von dir wissen.« Den Zusatz - ich durfte ja nicht – verkneife ich mir. Damit hat er nichts zu tun. »Ich konnte nur nicht. Aber jetzt habe ich Zeit für dich.« Ob er sich damit zufrieden gibt? Ich halte ihm seinen Rucksack hin, sodass er mit seinen Armen durch die Träger greifen kann. Die Gurte zieht er sich alleine zurecht. Er hat viel gelernt in den zwei Jahren. Wir stolpern im Gang, als der Zug bremst. In München wollen viele Passagiere aussteigen. Ich nehme Henning an die Hand. Wir müssen uns beeilen, denn der Zug nach Freilassing fährt schon bald ab.


Hat jemand gesehen, wie Henning zu mir ins Auto gestiegen ist? Ich sollte Henning bei Elaine anrufen lassen, damit sie weiß, dass es ihm gut geht und er in zwei Wochen wieder kommt. Sie würde mir selbst diese zwei Wochen nicht gönnen. Vielleicht war es keine gute Idee, ausgerechnet nach Ainring zu fahren. Oder ist es nur Zufall, dass ein Polizeiwagen am Bahnhof steht?
Wir könnten überall sein. Das schlechte Gewissen redet mir Gespenster ein. Ich hoffe, Henning spürt meine Angst nicht. Bisher hat er mir geglaubt, dass seine Mutter mich gebeten hatte, mit ihm zu verreisen. Als ob wir noch anders als über Anwälte miteinander reden würden.
Wir sind nur Vater und Sohn, kein Grund zur Panik. Wir werden jetzt das Gepäck schultern, aus dem Zug aussteigen und den schmalen Weg zum Gasthof gehen.
Einer der Beamten lächelt freundlich, als wir auf den Bahnsteig treten. Bin ich auffälliger, wenn ich grüße, oder wenn ich an ihm vorbeischaue?
Wir müssen warten. Die Schranke öffnet sich erst, wenn der Zug fort ist. Dann können wir über die Gleise. Henning ist hellwach. Zum Glück redet er pausenlos auf mich ein, zeigt auf die Berge der Umgebung, auf den Watzmann, auf den Hundstot und auf den Untersberg, der sich als gewaltiges Massiv über das Tal erhebt und es dominiert.
Es ist erstaunlich, wie gut sich Henning die Namen der Berge merken kann. Fast, als wäre er hier zu Hause. Solange die Schranke unten ist, knie ich mich zu ihm, lasse mir alles erklären, was ich ihm gezeigt habe, als wir das erste Mal mit ihm hier waren.
Im Rücken spüre ich den Schatten, der auf mich zukommt.
»Herr Gravensen?«


Die Wörter des Illusionisten waren Zugfahrt, kreisen, hoffnungsvoll, beladen, Tal

 

Hallo Sim,

deine Geschichte hat mir gut gefallen. Auch wenn schon zum Anfang klar ist, dass der Vater "unerlaubt" mit dem Jungen wegfährt, bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob er je vor hatte, den Jungen zurück zu bringen? Hatte er? War es wirklich nur ein Urlaub?

»Deine Mama muss doch arbeiten. Aber sie freut sich schon darauf, dich in zwei Wochen wieder zu sehen.« Wann würde er das wieder vergessen haben?

Dies spricht ja irgendwie dafür, dass er den Jungen gar nicht wiederbringen will...
Na ja, Du kannst mir sicher weiterhelfen.

Mir hat noch ein kleiner Hinweis gefehlt, ob die Mutter den Vater berechtigterweise von dem Jungen fern hält oder ob dieses Verhalten nur ein Druckmittel oder Rache gegen den Vater ist.

Aber sonst eine sehr einfühlsame Geschichte.
Auf rechtschreibliche oder grammatikalische Fehlschläge hab ich mich nicht konzentriert - grobe Schnitzer sind mir aber nicht aufgefallen, deshalb nur dies hier:

sim schrieb:
Er steigt wortlos in Wagen
Mir scheint, es fehlt ein den vor dem Wagen. Kann das?

Ja, so viel von mir.

Bea

 

Hallo sim!

Mir ging es ein bisschen wie Bea - ich habe recht früh vermutet, dass das KEIN normaler, von der Mutter "genehmigter" "Urlaub" ist. Das liegt allerdings nicht an Deiner Schilderung, sondern an meiner Erwartung - ansonsten wäre es zu reibungslos gelaufen, das wäre untypisch für Dich. Auch ich bin unklar, ob er ihn nach dem Urlaub wiederbringen wollte, tendiere aber dagegen:

Wann würde er das wieder vergessen haben?
Die Beziehung der beiden hast Du sehr lebendig charakterisiert, man kann sie sich gut vorstellen. Schön finde ich das angedeutete - aber einseitige Verhältnis zur Mutter - zumindest vor Henning. Die Gefühle des Vaters - Bannmeile, Liebe ... werden spürbar.

schöne Grüße
Anne

 

Hi Sim,

wie furchtbar muß es sein, wenn ein liebender Vater, sein Kind nicht sehen darf? :(
Was ist geschehen, dass die Eltern sich so zerstritten haben?
Da lässt du unserer Fantasie freien Lauf.
Wenn der Vater seinen Sohn nicht sehen durfte, muß er etwas getan haben, was gesetzlich nicht in Ordnung ist.
Er könnte im Gefängnis gesessen haben, denn zwei Jahre auf das geliebte Kind zu verzichten, ist eine sehr sehr lange Zeit.

Aber egal, darauf kommt es in deiner KG nicht an.
Du beschreibst sehr eindrucksvoll die Gefühle des Vaters.
Die Gedanken die ihm kommen.
Das Bedauern, die Entwicklung seines Kindes nicht mitbekommen zu haben.

Da kommt mir gerade etwas in den Sinn.

»Ich hoffe, Mama hat Nasi eingepackt.«
Das Nashorn. Wie konnte ich das vergessen.

Wie ist er eigentlich an die Sachen von dem Kleinen gekommen?
Wenn er Nasi vergessen hat, muß er ja im Kinderzimmer gewesen sein.
Wo war seine Frau? Wie ist er da rein gekommen?
(ach nee, sie lebt noch, hab gerade noch mal nachgelesen :shy: , hatte schon gedacht, dein Prot hätte sie ... :Pfeif: )

Was mir noch auffällt, wenn dein Prot, Henning von der Schule abgeholt hat und ihm sagt, sie wollen verreisen, wieso sagt der Kleine nicht: "Aber es sind doch noch keine Ferien?"

Zh, ich glaube, ich stelle zu viele Fragen. ;)

Deine KG hat mir sehr gut gefallen, ich war richtig geschockt, als der Vater die Stimme hinter sich hörte.
Der Urlaub mit seinem Sohn war viel zu kurz.

ganz lieben Gruß, coleratio

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sim,

auch mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen. Im Gegensatz zu den anderen hab ich auch nicht gemerkt, dass der Vater unerlaubt mit dem Kind wegfährt.

Die Gefühle des Vaters zu dem Jungen hast du sehr schön geschrieben und auch das Kind selbst fand ich seinem Alter gemäß sehr authentisch.

Es ist sehr schade, dass solche Dinge heute so oft vorkommen. Das Eltern sich trennen und es danach nicht einmal mehr fertig bringen, sich normal zu unterhalten. Die Leidtragenden sind leider viel zu oft die Kinder, die am wenigsten dafür können und eigentlich doch ein großes Anrecht auf beide Elternteile haben.

Ich habe nur einen Kritikpunkt und der betrifft das Besuchsverbot des Vaters:
Soweit ich informiert bin, ist es nicht so einfach so ein Verbot einzuleiten. Sogar bei Müttern, die nicht wollen, dass Väter nicht die Möglichkeit haben, die Kinder zu sehen - ist es einklagbar sofern sich der Vater nichts zuschulden kommen lässt. Wenn also dein Prot. beispielsweise seine Frau geschlagen hätte, dann könnte sie damit argumentieren oder natürlich, wenn er dem Kind selbst etwas angetan hätte. So etwas kann ich mir aber bei deinem Prot. nicht vorstellen.
(Es gibt natürlich noch nen ganzen Haufen anderer Möglichkeiten, aber irgendwie hat mich das bissl gestört.)

Sprachlich habe ich nichts auszusetzen. Ich fand deinen Stil wie üblich angenehm und flüssig zu lesen.

LG
Bella

 

Hey sim,

sehr schöne, flüssig geschriebene Geschichte. Die Beziehung zwischen den beiden und die Liebe deines Protagonisten hast du wirklich gut rausgearbeitet.
Ich würde mich aber insofern Bella anschließen, dass so eine "Bannmeile" nicht leicht zu erwirken ist. An der Stelle, wo er sich überlegt, dass es ja wohl in Ordnung ist, wenn Henning auf seinem Knie schläft, hab ich mich gefragt, ob die Mutter vielleicht mit Kindesmissbrauch argumentiert hat. Aber ich weiß natürlich nicht, wie leicht oder schwer man mit so einem Vorwurf durchkommt. Vielleicht magst du da noch etwas einbauen?

Ansonsten hat die Story mir sehr gut gefallen (wie eigentlich nicht anders zu erwarten). Deinen Stil mag ich sehr, hab ich das schon mal erwähnt? :)

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hallo Bea, Maus, Coleratio, Bella und Ronja.

Vielen Dank fürs Lesen, für eure Kommentare, fürs Lob und für eure Anregungen.

die-magd schrieb:
bin ich mir noch nicht ganz sicher, ob er je vor hatte, den Jungen zurück zu bringen? Hatte er? War es wirklich nur ein Urlaub?
Für mich wollte der Prot das Kind zurückbringen. Letztlich weiß er, dass er nicht weit kommen wird. Es geht ihm nicht um das Sorgerecht, nur um das Recht, Zeit mit seinem Sohn zu verbringen. Die Frage: "Wann würde er das wieder vergessen haben" bezieht sich eher darauf, dass Henning schon einmal danach gefragt hat, ob seine Mutter mitkommt.
die-magd schrieb:
Mir hat noch ein kleiner Hinweis gefehlt, ob die Mutter den Vater berechtigterweise von dem Jungen fern hält oder ob dieses Verhalten nur ein Druckmittel oder Rache gegen den Vater ist
Ja, das würde es sicherlich einfacher für uns machen, darüber Bescheid zu wissen. Wir könnten eine eindeutigere Antwort finden. Aus diesem Grund habe ich mich dagegen entschieden, das zu erläutern. Durch die Entführung verhält der Vater sich schon nicht korrekt. Man stelle sich die Sorgen der Mutter vor, wenn das Kind nicht aus der Schule kommt.

Das vergessene Wort habe ich nachgeholt. :)

Maus schrieb:
Auch ich bin unklar, ob er ihn nach dem Urlaub wiederbringen wollte, tendiere aber dagegen:
Den Satz mit dem Vergessen muss ich wohl anders aufbauen. Der Vater ist ja trotz der Entführung bemüht, kein schlechtes Bild über die Mutter zu vermitteln. Trotzdem belügt und entführt er das Kind. Er weiß sich nicht mehr anders zu helfen. Eher sucht er wohl auf falsche Weise den Dialog.
coleratio schrieb:
Wie ist er eigentlich an die Sachen von dem Kleinen gekommen?
Er hat ihm neue Kleidung gekauft. Um zu wissen, wo die Schule ist, muss er das Kind ja ab und zu beobachtet haben. So hatte er eine Vorstellung von der Größe. Nur die, der Schuhe wusste er nicht. Ich werde versuchen, das noch einmal deutlicher einzubauen.
coleratio schrieb:
wieso sagt der Kleine nicht: "Aber es sind doch noch keine Ferien?"
Es war der letzte Schultag vor den Ferien. Das wird auch erwähnt.
Bella schrieb:
Ich habe nur einen Kritikpunkt und der betrifft das Besuchsverbot des Vaters:
Soweit ich informiert bin, ist es nicht so einfach so ein Verbot einzuleiten. Sogar bei Müttern, die nicht wollen, dass Väter nicht die Möglichkeit haben, die Kinder zu sehen - ist es einklagbar sofern sich der Vater nichts zuschulden kommen lässt.
Ich habe auf Seiten organisierter Trennungsväter recherchiert. Da kam es leider häufig zu dem Fall einer Bannmeile auch ohne, dass die Väter straffällig geworden wären. Vor allem bei Paaren, die trotz gemeinsamen Kindes nicht verheiratet waren, gab es große Kämpfe darum. Ich werde aber auf alle Fälle noch einmal lakita als Familienrechtlerin und Scheidungsanwältin dazu befragen.
Felsenkatze schrieb:
An der Stelle, wo er sich überlegt, dass es ja wohl in Ordnung ist, wenn Henning auf seinem Knie schläft, hab ich mich gefragt, ob die Mutter vielleicht mit Kindesmissbrauch argumentiert hat. Aber ich weiß natürlich nicht, wie leicht oder schwer man mit so einem Vorwurf durchkommt.
Bei meinen Recherchen habe ich festgestellt, dass Mütter das zumindestens im Scheidungskrieg oft versucht haben. Auch da werde ich nich mal lakita fragen. :)

Vielen Dank noch einmal euch allen.

Liebe Grüße, sim

 

Hallo sim,

mir hat die Geschichte auch sehr gut gefallen. Es gelingt dir sehr gut, atmosphärisch zu schreiben und Gefühle und Gedanken der Figuren dem Leser zu vermitteln. Dabei wirkt das absolut ungekünstelt, sondern einfach realistisch und glaubhaft. Sehr, sehr genial.

Inhaltlich habe ich auch mit einer Stelle meine Schwierigkeiten. Der Junge war vor zwei Jahren noch nicht in der Schule. Sagen wir mal, er ist jetzt sieben Jahre alt. Wenn er Ferien hat und die Mutter arbeiten ist: Passt nicht irgendjemand auf ihn auf? Eine Kinderfrau oder ein Babysitter oder irgendjemand? Mir hat sich diese Frage zumindest aufgedrängt. Im Moment liest es sich so, als würde der Junge alleine zu Hause rumlungern. Vielleicht muss man das noch ein bisschen verdeutlichen, wo denn der Vater ihn nun einsammelt und wie er an ihn alleine herankommt. coleratio hat ja sogar herausgelesen, dass der Vater ihn von der Schule abholt. Könnte natürlich auch sein, am letzten Schultag vor den Ferien. Irgendwie wirft diese Stelle jedenfalls Fragen auf.

Die Problematik mit der Bannmeile und dem Besuchsverbot war mir beim Lesen nicht aufgestoßen, einfach weil ich mich mit diesem Gesetz nicht so auskenne. Ich war einfach davon ausgegangen, dass die Mutter aus eher persönlichen Gründen die Beziehung von Sohn und Vater unterbinden will. Mir kam das alles schlüssig vor. Wenn das aber in der Praxis nicht so einfach ist, ein Besuchsverbot aussprechen zu lassen und Väter dagegen auch rechtlich vorgehen können, ist hier natürlich noch eine zweite Stelle, die inhaltlichen Klärungsbedarf beinhaltet.

***

Noch ein paar (sehr wenige) Fehlerteufelchen:

Was spricht dagegen, dass er seinen Kopf so selig auf meinen Beinen bettet und ich ihn sacht streichle, während er schläft?
auf meine Beine (-n)

Und morgen früh kaufen wir dir neue Stiefel und wandern wir über das Steinerne Meer.«
und wandern über (-wir)

Bin ich auffälliger, wenn ich grüße oder, wenn ich an ihm vorbeischaue?
Das zweite Komma sitzt falsch. Ich würde es ganz weglassen. Ansonsten würde es vor das "oder" gehören, was aber in diesem Zusammenhang keinen Sinn macht, weil beide Textteile direkt und gleichberechtigt zusammengehören.

Alles in allem: Einfühlsame, sehr schön geschriebene Geschichte mit "lebendigen" Charakteren, mit denen der Leser mitfiebern kann und einem sehr ernsten Hintergrund. Hat mir gut gefallen! :)

 

Ich nochmal. :)

Nun hat sich deine Antwort mit meinem Posting überschnitten. Das mit dem letzten Schultag vor den Ferien muss ich überlesen haben. Habe es jetzt auch beim Überfliegen des Anfangs nicht entdeckt. Aber wenn das irgendwo steht, ist ja alles klar. Dann Asche auf mein Haupt fürs zu unkonzentrierte Lesen.

Lieben Gruß
Kerstin

 

Hi Katzano,

daran, wer auf Henning im Alltag aufpasst habe ich tatsächlich nicht gedacht. Vielleicht, weil es von so vielen ledigen Müttern irgendwie geschafft wird.

Dass der Vater seinen Sohn von der Schule abholt hat coleratio feinsinng, wie sie für Interpretationen und Stimmungen nun einmal ist, erkannt. Ich habe es allerdings bisher nicht explizit geschrieben. Das werde ich noch einmal deutlicher machen.

Vielen Dank für deine Anmerkungen, Anregungen und das dicke Lob. :)
Die Fehler werde ich gleich ausbessern.

Liebe Grüße, sim

 

Dass der Vater seinen Sohn von der Schule abholt hat coleratio feinsinng, wie sie für Interpretationen und Stimmungen nun einmal ist, erkannt.
Ach Sim, das hast du soooo schön gesagt. :kuss:

 

Immer wieder gern, coleratio. :)

So, ich habe ein paar Dinge eingefügt, welche die Fragen nach der Bannmeile hoffentlich ein bisschen besser beantworten.
Die Frage, wie sich die arbeitende Mutter organisiert, habe ich nicht berücksichtigt, katzano. Es ist für die Geschichte des Kindsentzugs ehr weniger von Bedeutung und hätte höchstens in einer Überlegung eingefügt werden können, wann die Kindersitterin oder das Kindertagesheim wohl Alarm schlagen würden, wenn Henning nicht auftaucht. Dafür habe ich keine geeignete Stelle gefunden.

Lieben Gruß, sim

 

Hi sim!

Wieder eine schöne Geschichte von dir - ist man ja gewöhnt inzwischen.
Für mich war es relativ schnell klar, dass der Junge unerlaubt mit seinem Vater unterwegs ist, schließlich sind ja genug Hinweise im Text. Aber das ist für mich nebensächlich, denn die Geschichte hat trotzdem genug Kraft, um zu fesseln: man will wissen, wie es ausgeht und wünscht dem Vater, dass alles klappt. Das Ende ist dann gelungen und kommt genau rechtzeitig; länger hätte die Geschichte nicht sein dürfen.

Sprachlich flüssig und gut, auch hier nichts Neues. :D

Details:

Wie mächtig können Menschen sein, die gar nicht in der Nähe sind?
Ich weiß nicht, ob dieses Zusatz "die gar nicht in der Nähe sind" nötig ist, irgendwie scheint mir der Satz ohne ihn wirkungsvoller, weil universeller.

Wird man so, beladen von Verantwortung?
Das mit diesen "Selbstfragen" machst du gerne, nicht? War auch in deiner letzten Geschichte so (kleine Helden), aber hier finde ich es etwas übertrieben, vor allem an dieser Stelle - würde ich streichen.

Keine negativen Bemerkungen.
Völlig unnötiger Satz - es reicht völlig, wenn da steht:
"»Ja, deine Mama ist klug.« Henning soll nicht schlecht über sie denken."
Finde ich.

In diesem Sinne
c

 

Hallo chazar,

vielen Dank auch dir fürs Lesen und Loben. :)

Zu deinem ersten Einwand.

Ich weiß nicht, ob dieses Zusatz "die gar nicht in der Nähe sind" nötig ist, irgendwie scheint mir der Satz ohne ihn wirkungsvoller, weil universeller
Ich stimme dir vollkommen zu, hatte es auch ursprünglich so. Aber gleich mein erster Probeleser fragte mich, ob die Mutter denn anwesend war. ;) Ich streiche es also gern wieder.
Das mit diesen "Selbstfragen" machst du gerne, nicht? War auch in deiner letzten Geschichte so (kleine Helden), aber hier finde ich es etwas übertrieben, vor allem an dieser Stelle - würde ich streichen.
Ja, das mache ich in der Tat gern. Und gerade an dieser Stelle kann ich es nur sehr mühsam streichen, schon, weil ich dann das Wort "beladen" an anderer Stelle unterbringen müsste (ok, das dürfte bei den Rucksäcken nicht so sehr das Problem sein). Ich überlege mir das noch mal.
Völlig unnötiger Satz - es reicht völlig, wenn da steht:
"»Ja, deine Mama ist klug.« Henning soll nicht schlecht über sie denken."
Finde ich.
Da hast du Recht. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

bevor ich noch etwas zum Thema der Bannmeile schreibe, denn, dass wir beide darüber schon ausführlichst telefoniert haben, nützt all deinen Lesern ja nichts, da sie den Inhalt nicht kennen, noch Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

Mann kann sich nicht freuen.
(Man)
Wird man so, beladen von Verantwortung?
Irgendwie funktioniert dieser Satz für mich nicht. Ich würde ihn ändern in :
"Wird man so? Beladen von Verantwortung?" oder "Wird man so mit Verantwortung beladen?"

Unter uns rattern die Räder über die Gleise
finde ich etwas missverständlich, weil du sicherlich nicht meinst, dass die beiden laufend über Gleise fahren.
Oh, jetzt sehe ich erst, die beiden befinden sich im Zug. Aber dann wäre es irgendwie besser, dass man das vielleicht ein Stückchen eher erfährt, denn für mich waren sie zuletzt im Auto.

So mehr hab ich nicht gefunden.

Zunächst zu deiner Geschichte:
mein Kompliment, du hast das Thema sauber verarbeitet und für meine Begriffe die richtigen Zufügungen vorgenommen, um genauer zu erläutern, weshalb der Vater nicht mit dem Sohn, so ohne Probleme und Gefahr allein verreisen durfte.

Deine Geschichte hat mir gut gefallen. Ich finde, sie ist, wie fast alle deine Geschichten eine, die einen nach kurzer Weile in den Bann zieht und man möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht. Aber was mir obendrein an deinen Geschichten gefällt ist, dass sie einen nachdenklich werden lassen, wenn man sich die Zeit dazu nehmen möchte. So auch hier.
Die Frage, die übrig bleibt, schließendlich,weil du sie offen lässt ist, die, ob es nicht für das Kind die furchtbarere Erfahrung ist, jetzt miterleben zu müssen, wie dem Vater ein Recht auf Kontakt zu ihm abgeschnitten wird.
Ob es nicht traumatisierender ist, von der Polizei überrascht zu werden als gar keinen Kontakt zum Vater zu haben?

Ich möchte mir diese Frage nicht beantworten. Klar ist nur, dass es immer nur die Wahl zwischen zwei furchtbaren Übeln sein kann.

So und nun zur Frage, ob eine Mutter so ohne, dass etwas vorgefallen ist, es schafft, dem Vater den Kontakt zum Kind verbieten zu lassen.

Innerhalb einer Trennung bzw. Scheidungsphase ist es grundsätzlich unter bestimmten Bedingungen möglich und ich hab leider!! nicht nur einmal solche Situationen als Anwältin miterleben müssen.

Im Normalfall, den ich zuvor vorstellen möchte, damit keine Missverständnisse entstehen, ist es so, dass sich die Eltern eines Kindes trennen und darüber einigen, wo das Kind zukünftig leben und versorgt sein soll.
Derjenige Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, hat dann von Gesetzes wegen das Recht und die Pflicht den Kontakt zum Kind regelmäßig zu halten. Dieser Kontakt wird mit dem juristischen Begriff: Umgangsrecht umschrieben.

Neben der Möglichkeit, dass sich die Eltern frei einigen, wie es ihnen grad terminlich und persönlich zum Wohle des Kindes passt, gibt es natürlich auch Situationen, in denen sie dies aus eigenen Ressentiments gerichtet gegen den andern nicht vermögen.
Für diese Fälle kann dann ein Elternteil das Gericht darum bemühen, eine Regelung des Umgangsrechts herbei zu führen.

Üblicherweise gehen die Gerichte davon aus, dass der Elternteil alle zwei Wochen übers Wochenende (je nach Alter des Kindes) das Kind bei sich haben kann und in der Hälfte der Schulferien, sowie jeweils am 2. Feiertag zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten.
Wohlgemerkt: dies ist die Regelung, wenn sich die Eltern nicht einigen können und einen anderen Umgangsmodus vereinbaren.

Genau innerhalb dieser Phase einer gerichtlichen Auseinandersetzung über das Umgangsrecht entstehen häufig dadurch Streitigkeiten, das der sorgende Elternteil gar nicht möchte, dass das Kind Kontakt zum andren Elternteil hat.

Dem liegt oftmals ein Bündel von Ursachen mehr oder weniger stark zugrunde und ich nenne hier nur beispielshaft dasjenige, was mir innerhalb meiner Praxis begegnet ist:

der betreuende Elternteil hat Furcht, dass das Kind jeweils nach dem Besuch beim anderen Elternteil rebellisch wird und Wünsche äußert,
er hat Angst, dass das Kind mit unliebsamen Fragen zurückkehrt, Fragen die ansich die Ehe der Zertrennten betrifft und dass das Kind quasi als sog. Waffe gegen ihn eingesetzt wird,
oder er fürchtet, dass man ihm vorwirft, das Kind nicht gut genug und richtig zu betreuen und ihm, weil das Kind vielleicht auch mal etwas dem anderen aus Unbedarftheit erzählen könnte, er sei zur Ausübung der Sorge nicht fähig,
und nicht zu vergessen, der dringende Wunsch, dem anderen Elternteil damit weh tun zu wollen, als späte Rache für all dasjenige, was man selbst innerhalb der Ehe hat erdulden oder erleiden müssen,
manchmal stecken auch schlicht finanzielle Gründe dahinter, man möchte einfach vermeiden, dass das Kind irgendwann kommt und den Wunsch äußert, beim andren Elternteil zu leben, womit der zuvor sorgende Elternteil auf der Stelle in die Situation gesetzt ist, Unterhalt für das Kind, das dann ja bei dem anderen lebt, bezahlen zu müssen,
diese Situation nimmt in manchen Fällen für manche Elternteile eine bedrohliche Haltung an.
Es gibt gewiss noch mehr mehr oder weniger perfide Gründe, den Umgang zu torpedieren, habe hier nur die häufigsten aufgezeigt.

Natürlich gibt es auch den Grund, den Umgang zu verweigern, weil dieser dem Kind schlicht sehr schadet.
Dies ist immer dann der Fall, wenn der Umgangsberechtigte das Kind psychisch oder körperlich verletzt.
Das mag vielleicht schon damit beginnen, dass er nicht in der Lage ist, das Kind während des Besuchskontakts richtig zu versorgen, er vielleicht unter Drogen steht oder betrunken ist, oder sich schlicht nicht um das Kind kümmert.

Das mag sich aber auch in subtiler oder auch völlig plumper Form der Indoktrination des Kindes äußern. So gibt es häufig die Situation, dass das Kind permanent damit konfrontiert wird, was der sorgende Elternteil für ein Miststück ist. Auch diese Form der psychischen Folter wäre dann ein Grund den Umgang einzustellen.

Kein Grund, den Umgang zu behindern oder zu verhindern ist jedoch, wenn der Kontakt dazu genutzt wird, ausschließlich wunderschöne Dinge mit einander zu erleben. Es ist normal, wenn der nicht betreuende Elternteil mit seinem Kind in der kurzen Zeit der Begegnung etwas besonders Schönes machen möchte.
Dass danach das Kind fast traumatisiert in den "grauen" Alltag mit all seinen Verpflichtungen zum anderen Elternteil zurück kehrt, ist leider eine hinzunehmende Sache und zeigt nur um so deutlicher, dass eine Trennung der Eltern immer!!! zu Lasten des Kindes geht.

Dies soweit zum sog. Normalfall, wenn man überhaupt von einem solchen sprechen kann. Aber bei der Häufigkeit der Scheidungen in der BRD, ist das sog. Scheidungskind schon durchaus als Normalfall zu bezeichnen.

Richtig ist, dass es darüber hinaus Extremfälle gibt und vermutlich meint sim in seiner Geschichte einen solchen.
Wenn ein Elternteil keinen Kontakt zum Kind haben darf, so gibt es sog. Abstufungen dazu.
Zunächst muss ein Grund vorhanden sein, der dazu führt, dass man den Kontakt zwischen Elternteil und Kind nicht so zulassen mag, wie es üblich wäre.

Die möglichen Gründe habe ich oben bereits angedeutet, sie sind aber nicht abschließend.
Wenn z.B. dem Elternteil vorhalten werden kann, dass er sein Kind misshandelt hat, es sexuell belästigt hat, so erfolgt keinesfalls mehr ein freier Umgang mit dem Kind, sondern ein sog. geschützter begleiteter Umgang.
Dies bedeutet, dass der Elternteil sich dem Kind nicht mehr so ohne weiteres nähern darf und nur noch Kontakte im Beisein einer Begleitperson stattfinden dürfen.

Der uneinsichtige Elternteil erhält dann eine Verfügung, in welcher festgelegt ist, dass er sich dem Kind nicht mehr nähern darf, um auf diese Weise das Kind zu schützen.

Sim hat dies Bannmeile genannt, der juristische Ausdruck wäre richtiger das sog. Näherungsverbot oder die Näherungsverfügung. Der Begriff Bannmeile ansich hat eine andere Bedeutung. Die Bannmeile ist die Schutzzone innerhalb der etwaige Demonstranten z. B. einem Regierungsgebäude wie einem Rathaus ,Bundestag nicht näher kommen dürfen.
Dies nur zur Klarstellung, tatsächlich ist innerhalb sims Geschichte nur wichtig, dass man versteht, was er meint.

Unter den Kritiken ist die Anmerkung zu finden, dass man als Elternteil eine solche Verfügung nicht so ohne weiteres erhält.
Das ist richtig, es muss jeweils immer etwas vorgefallen sein.
Aber es gibt durchaus auch Situationen, in denen nichts vorgefallen ist, aber dennoch es behauptet wird und daraufhin eine Verfügung gegen den Elternteil ergeht.

Dies passiert immer dann, wenn der betroffene Elternteil sich nicht rechtzeitig oder gar nicht gegen solche vor Gericht aufgestellten Behauptungen wehrt.

Unser Rechtssystem setzt nämlich voraus, dass sich jeder Betroffene gegen falsche Anschuldigungen verteidigt und zwar unverzüglich, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat.
Schließt sich ein Elternteil von dieser Möglichkeit aus, z.B. weil er infolge Drogenkonsums oder Depression einfach den Kopf in den Sand steckt, so kann es durchaus passieren, dass die gegen ihn aufgestellten falschen Behauptungen eine solche gerichtliche Bannung und somit Einschränkung des Umgangsrechts zur Folge haben können.
In diesem Zusammenhang ist aber wichtig zu wissen, dass eine solche Verfügung wie überhaupt das Umgangsrecht immer nur sog. Momentaufnahmen sind.

Der einmal gerichtlich festgestellte Status unterliegt einer stetigen Veränderung dahingehend, dass jederzeit ein neuer Sachverhalt dazu führen kann, das Umgangsrecht neu und somit anders zu gestalten.
Es ist also nicht wie ein Urteil, welches nach Ablauf der ungenutzten Rechtsmittel unabänderlich in der Welt bleibt.

Um das Bild noch ein Stück weiter abzurunden, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass sämtliche gerichtliche Verfügungen und Urteile aber nur so viel wert sind, wie sich auch daran gehalten wird.

Sims Geschichte ist so ein klassisches Beispiel in dieser Hinsicht. Gegen den Vater besteht offensichtlich eine Verfügung , ob nun zu Recht oder Unrecht, sei dahingestellt, dass er sich dem Sohn nicht zu nähern hat, es sei denn eine Begleitperson ist dabei. Der Vater umgeht diese Verfügung, indem er das Kind einfach abholt und mitnimmt.
Damit macht er sich zwar strafbar, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er sich praktisch gegen das Gesetz stellen konnte.

Gerechterweise möchte ich auch noch die gegen das Gesetz gerichteten Handlungen auf der anderen Seite darstellen, weil diese leider gar nicht so unüblich sind.

Wenn ein Elternteil durch Gerichtsentscheidung das Recht bekommen hat, das Kind in regelmäßigen Abständen zu sehen und mit ihm Zeit zu verbringen, so bedeutet dies leider noch lange nicht, dass der Elternteil sein Recht auch ausüben kann.

Praktisch ist es oftmals so, dass feste vom Datum her festgelegte Umgangstermine bestehen. Wenn diese kurz vorher, manchmal auch erst am Tage der Ausübung, mit der Begründung abgesagt werden, dass das Kind krank sei, obwohl es das vielleicht gar nicht ist, oder keinesfalls gravierend ist, so steht der berechtigte Elternteil häufig ratlos und mit dem schalen Gefühl da, dass man ihn ausgetrickst hat.

Er hat nämlich nicht so ohne weiteres erstens das Recht, an das "Krankenbett" des Kindes zu gelangen, denn der andere Elternteil hat das Hausrecht und muss den Zugang zur eigenen Wohnung nicht erlauben und zweitens hat er schon gar nicht das Recht, die Behauptungen, das Kind sei krank, durch ärztliches Gutachten überprüfen zu lassen. Diese Möglichkeiten hat er erst, wenn sich Auffälligkeiten ergeben, die sein Recht in diesem Punkt dann erweitern.
Wenn also der Elternteil, bei dem das Kind lebt, nicht möchte, dass ein Kontakt stattfindet, wird ihm dies über eine lange Zeit auch gelingen.
In dieser Zeit entfremdet sich das Kind vom Elternteil schlicht dadurch, dass kein Kontakt besteht. Sim hat in seiner Geschichte dies deutlich gemacht.
Da der Gerichtsapparat behäbig und zeitraubend ist, vergeht oftmals unerträglich viel Zeit bevor dem ausgegrenzten Elternteil wieder rechtlich und praktisch die Möglichkeit verschafft wird, mit dem Kind in Kontakt zu treten. Oftmals ist dann das Kind, aus diversen Gründen, von denen auch dankenswerterweise sims Geschichte handelt, nicht mehr in der Lage, uneingeschränkt und fröhlichfrei auf den Elternteil zuzugehen.

Eine lange Pause im Umgangskontakt wirkt sich also immer fatal auf die Beziehung zwischen Elternteil und Kind aus und schadet regelmäßig dem Kind.


Dass bei alledem die Eltern häufig vergessen, was sie ihren Kindern nur deswegen antun, weil sie selbst nicht mit der Beziehung zum Ehepartner klar kommen, steht derweil auf einem anderen Blatt, aber das Problem beginnt ja oftmals schon damit, dass Kinder in die Welt geborenwerden, um eine Beziehung zu kitten und zu festigen.

Vielleicht für dich, lieber sim, neuer Stoff für eine deiner guten Geschichten.

Ich hoffe, man mochte meinen Ausführungen bis hier folgen,es tut mir leid, dass sie so lang waren, aber das Thema selbst gebot es.

Lieben Gruß an alle
lakita

 

Hallo lakita,

ich mochte deinem rechtlichen Exkurs gerne folgen. Er war äußerst interessant.
Wahrscheinlich ließe sich tatsächlich noch so manch bitterer Stoff für Geschichten daraus filtern. Und wie ich mich kenne, wird das auch bestimmt hin und wieder noch geschehen.

Erstmal danke ich dir aber für die rechtliche Beratung und Unterstützung.
Und dann danke ich dir natürlich fürs Lesen, für deine Anmerkungen und für dein Lob. Die aufgeführten Stellen werde ich mir morgen früh noch einmal genauer unter die Lupe nehmen und die Fehler berichtigen.

Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat.

Lieben Gruß, sim

 

hey Lakita,
vielen Dank. Man hat ja immer nur so Halbwissen und ich zumindest kann Deine Ausführungen zumindest als Hintergrundwissen für eine meiner geplanten Geschichten gut gebrauchen. Nochmals danke.
Bea

 

Geschichte für zwei Wochen aus der Wörterbörse verschoben.
Zurück am 6. Februar

 

Hallo sim,
es ist schrecklich, wenn der Twist der Eltern auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Mir ist unklar, warum der Vater seinen Sohn nicht sehen darf. Ich denke, das hast du gewollt. Denn: Der Vater ist im Umgang mit Henning sehr umsichtig, will die Mutter nicht schlecht machen. So entsteht einerseits der Eindruxk, die Mutter hat vielleicht mit gezinkten Karten beim Familiengericht gespielt, um sich für eine Kränkung zu rächen. Andererseits kann es auch sein, dass der Vater tatsächlich zu Recht die Auflagen bekommen hat. Die Rückblicke geben wenig Auskunft: nur das mal alles in Ordnung war. Weshalb die Ehe gescheitert ist, kann ich auch nur vermuten

Darf ich vorne sitzen?«
»Klar«, antworte ich und spüre den strafenden Blick Elaines auf mir. Wie mächtig können Menschen sein?
Ich fange schon an, wie seine Mutter. Wird man so, beladen von Verantwortung?
Diese Hinweise kann man mehrdeutig interpretieren.

Wenn ein Kind geboren wird, wird es oft zur Prüfung für die Beziehung. Die Mutter gibt sich verantwortungsvoll. Väter kommen manchmal nicht damit zurecht nur noch der Dritte zusein. Sehen die Frau zu einem Wesen mutieren, das ihnen fremd vorkommt. Konflikte werden nicht ausgetragen. Alles bauscht sich auf. Vielleicht bis zum Ehebruch.

Es kann aber auch sein, dass der Vater überfordert von seiner Rolle zutrinken angefangen hat....oder spielsüchtig wurde.....

Fazit:
Du lässt dem Leser Freiraum für seine Erfahrungen und Gedanken. Er kann Partei ergreifen.

Ich ergreife sie für Henning. ;)

Textliches

Der Vogel ist hinter dem Horizont verschwunden,
Horizont in einer Hügellandschaft passt nicht so richtig. Wie wäre es mit einer Kurve?

Wenn der Vogel so kreist, könnte er sich bald hinab auf sein Opfer stürzen.«
Hört sich wenig lebensnah an.
Bau den Dialog doch noch ein wenig aus. Etwas so:
Wenn der Vogel so kreist, sucht er Beute.
Von da oben?
Ja, er hat ganz scharfe Augen
Und dann?
...... ;)

LG
Goldene Dame

 

Hallo sim,

eine wirklich, wirklich gute Geschichte. Irgendwie hab ich mir gewünscht, dass es zu dem erhofften Urlaub tatsächlich kommt, auch wenn ich geahnt habe, dass dem nicht so sein wird.

Du schilderst die jeweiligen Situationen sehr eindringlich und detailliert, als Leser fühle ich mich fast schon als Voyeur, will fast, wegen der Illegalität des Unternehmens, gar nichts davon wissen :)

Die Fragen, die während dem Lesen auftraten, wurden fast alle von lakita beantwortet, Danke dafür :) .

Die einzige, die zum Schluss noch übrigblieb:
Warum hat er sein Kind zwei Jahre nicht gesehen, obwohl er mit Aufsichtsperson gedurft hätte? Das legt die Vermutung nahe, dass er tatsächlich im Gefängnis war.

lieben Gruß,
Anea

 

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