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3 Jahre

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04.11.2003
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3 Jahre

Susanne am Abend ihres 16. Geburtstages. Sie sitzt mit ihrer ersten großen Liebe im Auto und bewundert mit ihm zusammen den Sternenhimmel. Zärtlich kuschelt sie sich in seinen warmen muskulösen Arm und genießt den Wind der ihr sanft durch ihre blonden Locken streicht. Plötzlich macht er eine schnelle Bewegung mit der Hand, sie folgt seiner Geste und entdeckt eine Sternschnuppe, die langsam am Horizont verglüht. Und sie hat nur einen Wunsch, dass dieser Abend nie zu Ende gehen möge.
Als er sie nach einer, für sie, viel zu kurzen Zeit nach Hause gebracht hat, schreibt sie erfüllt von Liebe einen kleinen Vers in ihr Tagebuch
Getragen auf Engelsschwingen
Steige ich zum Himmel empor
Mein Herz hör ich voll Freude singen
Keine Klage klingt in meinem Ohr

Einige Tage später, als sie abends noch zum Kiosk an der Ecke gelaufen ist, da ist es dann passiert. Er roch nach Schweiß und kaltem Zigarettenqualm. Er wirkte so riesig und seine Hände griffen wie zwei Schraubstöcke nach ihren dünnen Handgelenken. Sie war so verschüchtert, dass sie nicht mal schreien konnte. Dann lies er sie einfach liegen, wie ein altes Kleidungsstück und lief davon.
Zu Hause versucht sie unter der Dusche ihn abzuwaschen, sie fühlt sich so schmutzig und reibt mit der Seife solange über ihren Körper, bis ihre ganze Haut rot ist und an einigen Stellen schon blutet, dann bricht sie weinend in der Dusche zusammen. Nach einer halben Ewigkeit geht sie in ihr Zimmer, und nimmt ihr Tagebuch
Geworfen ins Verderben
Nichts wäscht meine Seele rein
Fühle meine Gefühle sterben
Möchte bei den Toten sein

Und sie verändert sich, ihre langen Haare weichen einem Kurzhaarschnitt, ihre fröhlichen Augen sind von dunklen Ringen umhüllt und jede Nacht wacht sie weinend auf. Die langen blutigen Schnitte an ihren Armen sind weder ihren Eltern noch ihrem Freund entgangen, und so findet sie sich nach einigen Tagen auf einer Polizeiwache wieder. Erst bekommen alle Polizisten mit was ihr passiert ist, dann muss sie einem fetten, grinsenden Polizisten den „Tathergang“ schildern. Es folgt eine ärztliche Untersuchung und jede Berührung ist wie er. Zuhause angekommen rennt sie wieder in ihr Zimmer und greift sich eine Rasierklinge, als der äußere Schmerz den inneren verdrängt hat nimmt sie wieder ihr Tagebuch
Ich weine Tränen aus Blut
Grader Weg so schrecklich krumm
Nur noch Leere, kein Hass keine Wut
Sag mir einfach nur warum

In den nächsten Tagen ist ihr Freund jeden Tag bei ihr. Sie fühlt seine Hilflosigkeit und es zerreist ihr fast das Herz. Er will sie umarmen, sie schreckt zurück, er will mit ihr reden, sie lenkt ab. Die Maske die sie vor ihm aufsetzt durchschaut er jedes Mal, und sobald er gegangen ist lodert ein Hass in ihm stärker als jedes Feuer als je ein Wort es wiedergeben kann. Eines Tages, als sie kurz das Zimmer verlassen hat schreib auch er etwas in ihr Tagebuch.
Ein Ritter auf einem Pferd
Reitet um dich zu rächen
Er zieht sein goldnes Schwert
Um das Schwein ab zu stechen

Nach einer sehr langen Zeit hat man den Mann endlich gefunden, er wurde bei einer Routinekontrolle der Polizei festgenommen. Als sie ihn vor Gericht sieht tauchen all die Bilder wieder auf. Der Mann leugnet die Tat, er kenne das Mädchen, sie wollte ihn mit der Drohung einer Anzeige schon um Geld erpressen, sagt er mit einem breiten Grinsen. Er führt als Zeuge seine Freundin an, welche bestätigt, dass er ein liebevoller Mann sei. Am Ende der Verhandlung sagt der Verteidiger noch etwas, was Susanne wie einen Peitschenhieb trifft: „Es ist durchaus denkbar, dass das Opfer meinen Mandanten zu der Tat provoziert hat.“ Das Gericht zieht sich zurück.
Der Täter bekommt eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung. „Der Gerechtigkeit wurde genüge getan“, schließt der Richter. Ein Aufschrei, sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter rennen mit hassverzerrten Gesichtern auf den Täter zu. Die Gerichtsdiener verhindern jedoch dass etwas passiert.
Sie schreibt auf dem Rückweg einen kleinen Vierzeiler in ihr Tagebuch.
Ich werde gehen
Nur einen Wunsch hab ich dann
Auf dem Stein soll stehen
„Der Gerechtigkeit wurde genüge getan“

Am nächsten morgen findet man sie mit durchtrennten Adern in der Badewanne…

 

Hallo Demon,

ein sehr ernstes Thema, dass du dir hier herausgegriffen hast.

Leider hat mir die Umsetzung nicht allzu gut gefallen, so dass ich nicht so ergriffen war, wie du dir was vielleicht vorgestellt hattest.
Zum Einen fehlt mir ein größerer Blick in Susannes Innenleben. Du wolltest das vermutlich mittels der Tagebucheinträge erreichen, aber ich fand sie ehrlich gesagt nur kitschig. Sie waren sicherlich dem Niveau eines 16-jährigen Mädchens angemessen, aber denoch kitschig. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich und meine Freundinnen früher wegen jedem Schmarrn solche Einträge geschrieben haben. Situationen die nicht annähernd so schrecklich waren wie das, was deiner Prot. widerfährt.
Daher glaube ich du würdest mehr durch das Erklären ihrer Gefühlswelt erreichen. Verstehst du, wie ich das meine?

Das die Strafen für Vergewaltigung ungerechtfertigt sind - darüber sind sich wahrscheinlich die meisten Leute einig. Es ist eine richtige Sauerei, dass die Täter hier nahezu ungeschoren davon kommen, während das Opfer das ganze Leben lang unter den Folgen des sexuellen Mißbrauchs zu leiden hat.

Kleinigkeiten im Text:

Als er sie nach einer, für sie, viel zu kurzen Zeit nach hause gebracht hat, schreibt sie erfüllt von Liebe einen kleinen Vers in ihr Tagebuch

Hause (groß)
Nach Tagebuch würde ich einen Doppelpunkt setzen.

Nach einer halben Ewigkeit geht sie in ihr Zimmer, und nimmt ihr Tagebuch

Auch hier würde ich einen Doppelpunkt setzen.

Erst bekommen alle Polizisten mit was ihr passiert ist, dann muss sie einem fetten, grinsenden Polizisten den „Tathergang“ schildern.

Ganz ehrlich. Ich glaube nicht, dass in so einer Situation jemand grinst.

LG
Bella

 

Hallo
danke erstmal für die Mühe, die du dir mit meinem Haibun gemacht hast. Dass der Gedichtepart einer der Schwachpunkte dieses Werkes ist, muss ich dir leider zustimmen. Ich wollte ihn eher naiv einfach halten, also ohne Beachtung der Metrik und ohne Metaphern, so wie halt ein Teenager im allgemeinen schreibt. Ich denke das kommt aber nicht so gut rüber.

Der fette grinsende Polizist, war eher ein Stilmittel, ich wollte das Gefühl der Scham etwas besser auskleiden, war auch nicht so wirklich gut denke ich.

Gefühle: ich hab extra versuch die Gefühle des Protagonisten weniger zu vermitteln, weil ich befürchtet habe, dass dieser Haibun dann etwas zu theatralisch wird. Ich hab wohl das richtige Mittelmaß noch nicht gefunden, werde aber daran arbeiten.

Die Doppelpunkte: in diesem Fall lasse ich sie lieber weg, da in einem Haibun die Gedichtspassage von der Textpassage nicht durch Satzzeichen getrennt werden soll, sondern nahtlos einfliessen soll.

Werde mir aber alle anderen Hilfen in zukunft zu Herzen nehmen.

 

Anmerkung aus Story entfernt.

Anmerkung des Autors: Der Titel 3 Jahre kommt daher, dass ein Sexualstraftäter im Falle einer einfachen Vergewaltigung maximal 3 Jahre Haft ohne Bewährung bekommen kann, wobei die Opfer ein Leben lang unter den Folgen leiden. Sind 3 Jahre genug für ein Leben voller Leiden?

 

Darf ich, rein neugierdehalber, mal fragen, warum die Antwort entfernt wurde? War das gegen irgentwelche Regeln so einen Komment da rein zu schreiben?

 

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