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3 Jahre
Susanne am Abend ihres 16. Geburtstages. Sie sitzt mit ihrer ersten großen Liebe im Auto und bewundert mit ihm zusammen den Sternenhimmel. Zärtlich kuschelt sie sich in seinen warmen muskulösen Arm und genießt den Wind der ihr sanft durch ihre blonden Locken streicht. Plötzlich macht er eine schnelle Bewegung mit der Hand, sie folgt seiner Geste und entdeckt eine Sternschnuppe, die langsam am Horizont verglüht. Und sie hat nur einen Wunsch, dass dieser Abend nie zu Ende gehen möge.
Als er sie nach einer, für sie, viel zu kurzen Zeit nach Hause gebracht hat, schreibt sie erfüllt von Liebe einen kleinen Vers in ihr Tagebuch
Getragen auf Engelsschwingen
Steige ich zum Himmel empor
Mein Herz hör ich voll Freude singen
Keine Klage klingt in meinem Ohr
Einige Tage später, als sie abends noch zum Kiosk an der Ecke gelaufen ist, da ist es dann passiert. Er roch nach Schweiß und kaltem Zigarettenqualm. Er wirkte so riesig und seine Hände griffen wie zwei Schraubstöcke nach ihren dünnen Handgelenken. Sie war so verschüchtert, dass sie nicht mal schreien konnte. Dann lies er sie einfach liegen, wie ein altes Kleidungsstück und lief davon.
Zu Hause versucht sie unter der Dusche ihn abzuwaschen, sie fühlt sich so schmutzig und reibt mit der Seife solange über ihren Körper, bis ihre ganze Haut rot ist und an einigen Stellen schon blutet, dann bricht sie weinend in der Dusche zusammen. Nach einer halben Ewigkeit geht sie in ihr Zimmer, und nimmt ihr Tagebuch
Geworfen ins Verderben
Nichts wäscht meine Seele rein
Fühle meine Gefühle sterben
Möchte bei den Toten sein
Und sie verändert sich, ihre langen Haare weichen einem Kurzhaarschnitt, ihre fröhlichen Augen sind von dunklen Ringen umhüllt und jede Nacht wacht sie weinend auf. Die langen blutigen Schnitte an ihren Armen sind weder ihren Eltern noch ihrem Freund entgangen, und so findet sie sich nach einigen Tagen auf einer Polizeiwache wieder. Erst bekommen alle Polizisten mit was ihr passiert ist, dann muss sie einem fetten, grinsenden Polizisten den „Tathergang“ schildern. Es folgt eine ärztliche Untersuchung und jede Berührung ist wie er. Zuhause angekommen rennt sie wieder in ihr Zimmer und greift sich eine Rasierklinge, als der äußere Schmerz den inneren verdrängt hat nimmt sie wieder ihr Tagebuch
Ich weine Tränen aus Blut
Grader Weg so schrecklich krumm
Nur noch Leere, kein Hass keine Wut
Sag mir einfach nur warum
In den nächsten Tagen ist ihr Freund jeden Tag bei ihr. Sie fühlt seine Hilflosigkeit und es zerreist ihr fast das Herz. Er will sie umarmen, sie schreckt zurück, er will mit ihr reden, sie lenkt ab. Die Maske die sie vor ihm aufsetzt durchschaut er jedes Mal, und sobald er gegangen ist lodert ein Hass in ihm stärker als jedes Feuer als je ein Wort es wiedergeben kann. Eines Tages, als sie kurz das Zimmer verlassen hat schreib auch er etwas in ihr Tagebuch.
Ein Ritter auf einem Pferd
Reitet um dich zu rächen
Er zieht sein goldnes Schwert
Um das Schwein ab zu stechen
Nach einer sehr langen Zeit hat man den Mann endlich gefunden, er wurde bei einer Routinekontrolle der Polizei festgenommen. Als sie ihn vor Gericht sieht tauchen all die Bilder wieder auf. Der Mann leugnet die Tat, er kenne das Mädchen, sie wollte ihn mit der Drohung einer Anzeige schon um Geld erpressen, sagt er mit einem breiten Grinsen. Er führt als Zeuge seine Freundin an, welche bestätigt, dass er ein liebevoller Mann sei. Am Ende der Verhandlung sagt der Verteidiger noch etwas, was Susanne wie einen Peitschenhieb trifft: „Es ist durchaus denkbar, dass das Opfer meinen Mandanten zu der Tat provoziert hat.“ Das Gericht zieht sich zurück.
Der Täter bekommt eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung. „Der Gerechtigkeit wurde genüge getan“, schließt der Richter. Ein Aufschrei, sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter rennen mit hassverzerrten Gesichtern auf den Täter zu. Die Gerichtsdiener verhindern jedoch dass etwas passiert.
Sie schreibt auf dem Rückweg einen kleinen Vierzeiler in ihr Tagebuch.
Ich werde gehen
Nur einen Wunsch hab ich dann
Auf dem Stein soll stehen
„Der Gerechtigkeit wurde genüge getan“
Am nächsten morgen findet man sie mit durchtrennten Adern in der Badewanne…