Wir fielen aus einem gelben Himmel
Wir fielen aus einem gelben Himmel
Wir beide. Sie und ich. Wir waren ein und dieselbe Seele. Wir fielen aus einem gelben Himmel. Wir fielen aus dem gelben Himmel als eine Harmonie. Sie hört nicht auf zu fallen. Ich will zu ihr. Ich will fallen. Es gibt nichts zu verlieren. Nur die Einsamkeit. Selbst mein Exil ist unrein. Denn niemals bin ich losgelöst von ihr. Meiner gelben Lilie. Mein Stück Himmel. Ich bin unwiderruflich verbunden mit ihr. Weil sie ich ist.
Es gab Momente in unserem Dasein, da kannten wir den anderen bis auf den bittersten, bösesten Wunsch. Wir konnten uns in unseren gegenseitigen Abgründen suhlen ohne Scham und uns emporheben durch die elfenreine Liebe, die jeder von uns trägt. Es machte keinen Unterschied mehr, wer von uns dachte, wer von uns fühlte. Sie tauschten unsere Seelen. Bis die Grenzen zwischen uns verschwammen wie Sommerfarben, wie die Klangfarbe der Höllen. Die Kräfte der Welt ließen nach. Wir huldigten dem ewigen Fall. Vertrauen ins Bodenlose.
Wenn man wissen möchte, ob man jemanden liebt, muss man sehr aufmerksam in sich horchen. Man stellt sich diese Person mit ihren Gewohnheiten, Eigenschaften und Gedanken vor. Und wenn nur ein Anflug von Ekel aufkommt, liebt man diese Person nicht. Wenn man sie liebt, dann ist ein ´Ich will immer bei ihr sein` falsch. Auch ein ´Ich will, dass sie glücklich ist´ wäre falsch. Richtig ist ´Sie muss glücklich sein`, ganz ohne Ich.
Sie muss glücklich sein. Die Bereitschaft, sie gehen zu lassen ist keine Bürde mehr. Denn das lachende Bewusstsein über unsere ungeteilte Existenz inhaliert mir Geduld. Wir sind auf unbegrenzte Zeit getrennt. Es ist die Sequenz unserer lebbaren Wirklichkeit in der sich unsere Seele entzweit, um zu lernen, was gelernt werden muss. Eine einmal geknüpfte Freundschaft lässt sich nicht kündigen. Jedenfalls nicht einseitig.
Das Preisen der Hoffnung reißt mich manchmal zu Boden. Dann hängt die Unüberwindbarkeit unserer Distanz an meiner Kehle, nährt den verdrängten Gedanken der Endgültigkeit. Die möglich ist. Es bleiben immer noch die Erinnerungen. Erinnerungen, die mich den Schmerz der Gegenwart noch deutlicher spüren lassen.
Die Bürde, welche bleibt, ist die Idee meiner eigenen Illusion. Die schlaftrunkene Ahnung, dass nicht alles irgendwann wieder gut wird.
Ich bin eine zerbrochene Melodie. Das Ableben unserer Symphonie macht mich zum Krüppel. Vielleicht bekommt man für jeden Tag auf den elysischen Feldern zwei Tage in der Hölle. Da ist keine Fairness in ihren Augen. Nur dieses dröhnende Bedauern um die eigene Ohnmacht. Sie sagt, es gäbe keine Zeichen für das Lächeln eines Sinnes in diesem Leben. Nur für barrikadierte Gemüter. Für Menschen, die ihr egozentrisches Schicksal vor sich auftürmen und im Sumpf des Unrealismus in ihrer begrenzten Welt dem Gedanken der Sinnlosigkeit entfliehen. Sie sagt, das Leben sei eine Bestrafung. Sie verletzt mich stärker, als ich ihr zeige. Denn sie begräbt, was wir waren.
Nun glaube ich zu wissen, was den Ekel der gelben Lilie so aufleuchten lässt. Sie verachtet meine Illusion. Fast schäme ich mich. Doch sie ist der Antrieb meiner Kraft, ohne sie ist das Scheitern gewiss. Verachtungswürdig. Nur die Illusion hält mich am Leben. Ich beobachte, wie der Sinn mir durch die Finger schlüpft.
Noch bin ich mutig genug für meinen Glauben an die Wiederkehr der Farben.