Bierkonsum
Bierflaschen standen im ganzen Zimmer herum, alle leer. Seit vier Monaten war Francis nicht mehr aus der Wohnung gekommen. Der Laden lag um die Ecke, doch Francis war nicht mal fähig, Schuhe anzuziehen und aus der Tür zu treten. Alles in dem 2- Zimmer- Appartement stank, von dem Berg ungespülten Geschirrs in der Küche über die überall herumstehenden Aschenbecher bis zu den schimmeligen Fugen im Bad. Francis, 33 Jahre alt, arbeitslos, geschieden, saß Tag für Tag in seinem Sessel und rührte sich nicht. Links und rechts neben ihm, überall leere Bierflaschen. Keiner der Nachbarn sah ihn mehr, die Korridore des Wohnblocks blieben von seiner Anwesenheit verschont. Sein Briefkastenfach am Eingang quoll über von Werbung und Rechnungen und wurde seit vier Monaten nie geleert. Kein einziger persönlicher Brief, keine Postkarte eines Freundes; Francis hatte keine Freunde mehr. Früher hatte seine Frau die Post morgens heraufgeholt, doch vor vier Monaten hatte sie ihn endgültig verlassen. Die Einsamkeit überkommt einen schnell, wenn man ein geliebtes Wesen verliert. Die Einsamkeit lädt Freunde in die Wohnung ein. Neue Freunde. Bierflaschen. Sie halten Einzug, bevölkern den Wohnzimmertisch, den Bücherschrank, den Fernsehsessel. Francis sah die Bierflaschen nicht, seine Augen waren geschlossen. Er saß still und starr auf dem Sofa, tagein, tagaus. Bier war oft, seit es mit seiner Frau nicht mehr lief, sein Trost gewesen. Doch wie soll dieser Saft wirklich trösten? Seit vier Monaten war Francis’ Wohnungstür nicht mehr aufgegangen. Seit vier Monaten war keine Bierflasche mehr bewegt worden. Francis saß entseelt mit aufgeschnittenen Venen, das Messer noch in der Hand, in dem Sessel. Seit vier Monaten.