Was ist neu

Trennung von Narziß

Mitglied
Beitritt
12.08.2004
Beiträge
309
Zuletzt bearbeitet:

Trennung von Narziß

Mein Holder, schenk mir nur einen Blick. Den will ich fangen aus Deinen Augen, ihn für immer in mir verschließen.
Ja, lächle mir zu. Dreh´ Deinen Kopf ein wenig, ja so ist es gut. Oh ich könnt´ tausend Stunden vor diesem Bilde sitzen, darin versinken und doch nie Ruhe finden vor unbändiger Verzückung. Allein Dein Auge, nur ein Teil Deines Auges, die feinen Verästelungen der Iris, sie erzählen Geschichten, denen ich ewig lauschen könnte. Es sind Straßen auf dem Weg zu Deiner Seele. Ich bin auf dem Weg zu Dir.
Du lachst. Du lachst und mir zerspringt das Herz vor Glück, es quillt über und ergießt sich über dem Deinen. Dieses Glück, das wir beide teilen, diese Zweisamkeit, soll ewig dauern. Allein die Vorstellung dieses immerwährenden Glückes verdoppelt meine überschäumende Zufriedenheit, in die ich hinwegsinke in einen ewigen Traum. Kein anderer wird jemals gleiches spüren, wie ich in diesem Moment.
Doch was ist dies? Was höre ich Stimmen, lärmende Stimmen? Du hast Recht Liebster. Was kümmern uns Stimmen, wo doch allein der Gedanke an Deine Stimme, allein ein Atemzug von Dir, ach könnte ich der Atem sein, der durch Deinen Mund in Dich einschwebt, wenn dieser Atemzug mehr bedeutet als alle Stimmen. Wir sind unsere Idylle und wir lassen uns auch nicht durch ihr Hämmern stören.
Mögen Sie mit ihren Werkzeugen in den Stein eindringen, allein ich bei mir ein Nest in der Vertiefung Deines Halses. Da rolle ich mich ein und spüre das Vibrieren Deiner Brust, wenn neuer Atem Wärme und Liebe bringt. Nein Schlafen möchte ich nicht Du ewiger, schlafen könnt ich gar nicht, ich kann nur immer wachen, das Glück hält mich wach, macht mich zum standhaftesten Wächter unseres Reiches. Auch wenn sie verzücken und Lobpreisungen verstreuen, wenn sie sich ergehen über die Schönheit der Formen und die Anmutigkeit der Wölbungen. Deine Stirn ist mir die einzigste Wölbung, die ich brauche.
Schon der Gedanke an eine Berührung lässt meine Unruhe wachsen. Sie stehen und vergleichen mich mit dem, was da steht. Lodernder, sollen sie mich vergleichen, sie werden nie das sehen, was ich sehe. Dich habe ich für mich allein auch wenn dort ein Abbild die einsamen Tage äst.
Oh die Bestürzung in Deinem Gesicht. Sie schnürt mir das Herz. Beruhige Dich Unvergleichlicher, es ist nichts. Nur einen kurzen Augenblick werde ich das Mühsaal auf mich nehmen und den Blick von Dir lösen. Oh Lösung welch Grausamkeit, es ist nur der Blick, der für die Ewigkeit eines Wimpernschlags von Dir lässt. Dafür das Herz verzehnfacht seine Schläge, meine Rufe Dich tausendfach widerhallen und mein Streben mich an Dich meißelt. Nein Liebster, die Stirn laß doch glatt, damit ich wieder zu Dir kommen kann, wie ich Dich verlassen. Versteh´, Einmaliger, meine Unruhe doch, wie können wir Ewigkeiten in Glückseeligkeit verbringen, wenn ein silberner Faden den Blick zu jenem unwürdigen Platze zieht. Weine nicht, Du Ewiger. Es ist kein Abschied für immer, laß mich Dir erklären. Ich fleh´ Dich an, zürne mir nicht. Laß mich nicht noch mehr leiden. Ich muß es tun, Du wirst es verstehen. Er wird nicht so sein wie Du, wer könnte das Unübertroffener, wie kannst Du auch nur denken, daß es etwas gibt, was Dir gleichen könnte. Dein bin und bleibe ich, in Dir lebe ich, mein Geist ist Dir verwoben. Allein mein Körper ist an anderem Orte für einen Tropfen im Ozean der Zeit. Mein Körper, Schillernder, was brauch´ ich jenen, wen ich Dich habe, er kehrt zurück, bevor wir es bemerken. Und das Streben wird ein Ende haben, uns wird ein Gewand des Glücks umhüllen, dichter und zugleich sanfter als jemals zuvor. Warum weinst Du, warum glaubst Du mir nicht, warum beben Deine Schultern? Hör auf Strahlender, ich kann Dich nicht mehr richtig erkennen. Warum entfliehst Du Grausamer? Warum vergehst Du...der Blick bricht mir ...ich kann Dich nicht mir...laß mir nur diesen Augenblick...ich bin ein anderer...leb wohl

 

Hallo macsoja,

nur ein flüchtiger, erster Eindruck, aber es wirkt kitschig auf mich, sorry. Das liegt an altertümlicher Sprache (Holder, Herz, Seele, Liebster etc.) und vielen Abstrakta: Glück, Liebe, Schmerz etc.

Außerdem sind für mich die Rhythmen nicht stimmig. Beispiel:
Komm´ Du Holder schenk mir nur einen Blick. Den will ich fangen aus Deinen Augen, ihn für immer in mir verschließen und auch wenn es der letzte wäre, es würde mich nicht stören, denn ich habe ja Deinen Blick.

Besser klingt für mich:
Komm´ Du Holder, schenk mir nur einen Blick. Den will ich fangen, aus Deinen Augen, für immer verschließen, auch wenn es der letzte wär; es würd mich nicht stören, denn ich hab Deinen Blick.

Grüße,
dein Stefan

 

Leixolettis Urteil, der Text sei kitschig, kann ich nachempfinden. Doch die Art und Weise, in der das Thema angegangen wird, Narziß, der zu seinem Spiegelbild spricht, läßt kaum eine andere Wahl zu: Liebesbekundungen und Ewigkeitsbeteuerungen sind es, die da gedacht werden, am Ende Treueschwüre, denn der ewig Liebende will seinen Blick von seinem Gegenüber abwenden. Nur für einen Augenblick soll es, doch wird es nicht sein.

Der Text verzichtet darauf, die Motivation des Wegsehers zu schildern. Die offensichtliche Zweiteilung impliziert keine Motivation. Im ersten Teil wird Liebe versprochen, im zweiten darauf hingeführt, weshalb der Sprecher sich für einen Moment dem Liebesdienst entziehen muß.

Aus einem ganz individuellen Urteil heraus, geht mir dabei das verloren, was ich für den interessantesten Aspekt betrachte. Der Monolog impliziert die Motivation nur sehr unzureichend, stellt lediglich die anfänglichen Schwüre in Frage, entlarvt sie durch die Beteuerungen am Ende als nichtig.

Details:

  • "Oh Du mein Holder schenk mir nur einen Blick." - 'Holder, schenk'
  • "Was kümmern uns Stimmen, wo doch allein der Gedanke an Deine Stimme, allein ein Atemzug von Dir, ach könnte ich der Atem sein, der durch Deinen Mund in Dich einschwebt, wenn dieser Atemzug mehr bedeutet als alle Stimmen." - "wo doch allein der Gedanke" ... was? "Atem" ist, denke ich, nur, was dem Mund entweicht.
  • "Wir sind unsere Idylle und wir lassen uns auch nicht durch ihr Hämmern stören." - 'Idylle, und'
  • "Mögen Sie mit ihren Werkzeugen in den Stein eindringen, allein ich bei mir ein Nest in der Vertiefung Deines Halses." - Der zweite Teil birgt einen Syntaxfehler.
  • "Nein Schlafen möchte ich nicht Du ewiger, schlafen könnt ich gar nicht, ich kann nur immer wachen, das Glück hält mich wach, macht mich zum standhaftesten Wächter unseres Reiches." - 'Nein, schlafen möchte ich nicht, Du Ewiger'
  • "Deine Stirn ist mir die einzigste Wölbung, die ich brauche." - 'einzige Wölbung'; "mir" halte ich für redundant
  • "Dich habe ich für mich allein auch wenn dort ein Abbild die einsamen Tage äst." - Weshalb die Wortumstellung hier? Weshalb nicht 'Ich habe Dich für mich allein'; 'allein, auch'; der Zusammenhang ein Abbild frißt die einsamen Tage will sich mir nicht erschließen
  • "Nein Liebster, die Stirn laß doch glatt, damit ich wieder zu Dir kommen kann, wie ich Dich verlassen." - Vorschlag: 'verlassen habe'
  • "Allein mein Körper ist an anderem Orte für einen Tropfen im Ozean der Zeit." - 'Allein, mein' oder 'Nur mein'; das Bild mit dem Tropfen verstehe ich zwar, doch halte ich es für unglücklich formuliert
  • "wen ich Dich habe," - 'wenn'
  • "Hör auf Strahlender, ich kann Dich nicht mehr richtig erkennen." - 'auf, Strahlender'; den zweiten Teil fände ich besser mit einem 'Dein Bild verschwimmt' ausgedrückt
  • "ich bin ein anderer" - Rimbaud. Interressante Ausdeutung.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom