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Der Ägypter

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24.01.2003
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Der Ägypter

Er hatte den Motor nicht gehört, die Erschütterung nicht gespürt, den Lufthauch nicht bemerkt: Die große, dunkle Limousine war an Hans vorübergeglitten, als wäre sie ein Teil der Sommernacht. Wie eine metallische Fledermaus war sie an ihm vorbeigeschwebt, und Hans konnte den Fahrer nur Bruchteile von Sekunden sehen. Doch dieser Moment tauchte ein paar Sekunden später wieder auf, ein wenig matt, ein wenig verzerrt, wie hinter dickem Eis. Das Bild des Fahrers wurde langsam klarer, ein sonnengebräunter Mann mit dunklem Kraushaar, schweren Falten auf der Stirn, einer mächtigen Nase, mit massigen Gesichtszügen wie bei einem Ägypter. Dieser Ägypterkopf hatte einen ungewöhnlichen Gesichtsausdruck gehabt, als er in seinem rollenden Palast fast geräuschlos vorübergeglitten war.

Die Gesichter der meisten Autofahrer, die Hans täglich im Berufsverkehr sah, waren leer, doch bei dem Ägypter hatte sich die Oberlippe über das Zahnfleisch zurückgezogen wie bei einer Mumie, die oberen Scheidezähne standen frei, und die Unterlippe bildete einen nach oben gerichteten Bogen. Etwas Bestialisches spiegelte sich in diesem Gesicht. Etwas Bestialisches, was dieser Mann gesehen hatte, musste auf ihn abgefärbt haben.

Hans wurde aus seinen Phantasien geweckt, als sein Blick unversehens auf den Mond fiel, der sich, ohne dass Hans es bisher bemerkt hatte, zwischen den Tannenwipfeln zeigte. Obwohl der Himmel noch nicht ganz schwarz war, tauchte die blasse Scheibe das Tal in eine seltsame Atmosphäre. Der Mond zeigt eine schauerliche Schlucht: Dieser Satz fiel ihm ein. Wo hatte er das gelesen? Schauerliche Schlucht - Wolfsschlucht. Ja, das war aus dem Textbuch, das er gestern auf dem Flohmarkt entdeckt hatte. Freischütz. Dort hatte das in einer Regieanweisung gestanden. Der Mond zeigt eine schauerliche Schlucht.

Auf einmal lagen ihm seltsame Worte auf der Zunge: Gebein, Gevatter, Finsternis, Todesmut, Besessenheit, Riesenfaust, Teufelsfratze. Hans bemühte sich, einen Zaun gegen diese Sprache zu errichten, hinter dem er sicher war - sicher vor den dunklen Versuchungen, den verfemten Worten aus der Wolfsschluchtoper.

Was war bloß mit ihm? Er hatte einen dunkelblauen Audi A6 oder A8 gesehen, das neue Modell, wenn er es richtig gesehen hatte, und mit Ingolstädter Kennzeichen. Ein fabrikneuer Audi aus Ingolstadt mit einem Ägypter am Steuer. Mehr nicht. Alles andere waren Hirngespinste. Ein Audi-Kunde aus dem nahen Osten vielleicht, dem man für einen Ausflug einen Testwagen gegeben hatte. Kann sein, er wollte Autos für die ägyptische Regierung bestellen. Und das Grinsen? Nur das Produkt aus einem Zwölfzylinder mit Sechsgangschaltung und einem PS-geilen, schlichten Gemüt.

Hans zog die Schulterriemen seines Rucksacks fester. Es lag sicher an seiner Müdigkeit, an den Strapazen der langen Wanderung, die ihn heute vom Parkplatz in steilem Anstieg auf den Bergrücken gebracht hatte und dann, bergauf, bergab, immer den Kamm entlang, bis zum Abstieg brachte. Nun musste er die lange Straße zurück zum Auto gehen. All das steckte nun in seinen Knochen.

Seine Uhr zeigte genau einundzwanzig Uhr neun, die Hüfte schmerzte leicht, um einundzwanzig Uhr neun, kein Wunder nach dreizehnstündiger Wanderung, was hatte er heute alles gesehen, erlebt, gerochen, vom kühlen Morgen über den Mittagsschweiß bis zum warmen Abendlicht, wie oft hatte er einen leichten Schwindel gespürt, wenn er auf spärlich gesichertem Steig in die Tiefe geblickt hatte, eine Freundin hatte ihm einst gesagt, sie fürchte nichts so sehr wie diese Tiefblicke, nicht weil ihr schwindlig davon werde, sondern weil sie Angst habe zu springen. Ja, es gab solche Stellen, an denen die Tiefe einen hinabzusaugen schien, man konnte den Blick davon nicht wenden, und wenn es einen noch so grauste. Einmal hatte Hans sogar den linken Fuß gehoben, an so einer Stelle, er hatte über die Schuhspitze in die Tiefe gepeilt, hinab auf einen zackigen Grat, Hunderte von Metern unter ihm ...

Hans schreckte aus seinen Erinnerungen auf. Zwischen den Tannen rechts, da zuckte es gelb – da wieder, ein Licht, dann zwei, dann wieder weg. Seltsam: Hatte er sich das eingebildet? Halt, da war es wieder. Zwischen den Baumstämmen, die Hans nun in der dunkler werdenden Abendluft kaum mehr voneinander unterscheiden konnte, in dieser dickflüssigen Suppe des Waldes verschwanden die Konturen. Er blieb stehen und suchte, vor- und zurücktappend mit den schweren Bergstiefeln, eine Stelle, an der er die Lichter deutlich sehen konnte. Sie bewegten sich nicht mehr von der Stelle, aber unruhig blieben sie, ein Zucken war in ihnen. Sie flackerten wohl zweihundert Meter von ihm entfernt, rechts im Wald, weit abseits der Straße. Mit Sicherheit war das kein elektrisches Licht, auch keine Taschenlampen, sondern die wackelnden, zuckelnden Flammen von Fackeln.

Er ging weiter auf der Straße und kam nach kurzer Zeit an eine Stelle, wo ein Trampelpfad in den Wald hinein führte, nach rechts, ungefähr dorthin, wo die Fackeln brannten. Hans hielt inne und überlegte.

Dann schüttelte er den Kopf über sich. Der Umweg brachte nichts, so oder so. Seine Hüfte tat ihm weh. Er ging weiter und ersparte sich den Umweg, einen unnötigen Umweg, auch wenn es nur ein paar hundert Meter waren, er war müde, hundemüde. Für Hans ging es darum, den Wagen zu erreichen, er hatte wohl noch eine halbe Stunde zu gehen, das war weit genug. Außerdem: Was ging es ihn schon an, was die dort bei den Fackeln trieben.

Hans wischte über sein Gesicht, als wollte er die Flausen vertreiben, blieb stehen, zögerte noch kurz und drehte um. Er bog in den Waldweg ein. Er wollte wissen, was dort im Dunklen vor sich ging.

Immer langsamer und vorsichtiger ging er, je näher er den Lichtern kam, er bemühte sich, kein Geräusch zu machen, wenn er die schweren Stiefel auf den Boden setzte, einen nach dem anderen, so leise wie nur irgend möglich. Jetzt um Gottes Willen nicht auf einen trockenen Ast treten, dachte er, das würde ein scharfes Geräusch geben, ihn vorzeitig verraten.

Nur noch eine Biegung trennte ihn von den Lichtern. Hans pirschte sich vorsichtig heran und trat hinter einen dicken Baum. Langsam, Stückchen für Stückchen schob er seine Wange an der Rinde entlang und lugte um den Stamm herum.

Im Licht von sechs Fackeln, die im weiten Rund im Waldboden steckten und eine kaum bewachsene Fläche von etwa fünfzehn Metern Durchmesser erhellten, sah Hans eine seltsame Versammlung. Das unruhige Licht der Fackeln zeigte unter einer dunkel aufragenden Felswand, die direkt an die Lichtung stieß, vielleicht zwanzig Leute, alle in schwarze Umhänge gehüllt, die von ihren Schultern herabfielen wie bei einem Musketier.

Sie standen still, nur ein Murmeln war zu hören, wie von Mönchen, die aus ihren Schriftrollen lesen. Ihre Köpfe waren in eine Richtung gewandt, sie sahen auf eine Stelle, die sich links von Hans' Standpunkt befand, auf einen Fleck nahe der Felswand, und dort lag, zwischen zwei recht weit auseinandersteckenden Fackeln, ein länglicher, eckiger Gegenstand auf dem Boden, der von einer Decke verhüllt war.

Erinnerungen stiegen in Hans auf; er musste an ein Erlebnis denken, das wohl fast zwanzig Jahre zurücklag. Selten war er so erschrocken wie damals, als er im Kino gesessen hatte, vielleicht sechzehn oder achtzehn war er gewesen, er hatte sich in die Polster des Kinosessels verkrallt, als der kranke, schwitzende und schreiende Astronaut sich vor Schmerzen krümmte, als alles auf seinen schmerzgepeinigten, zuckenden Körper blickte: Gleich musste das Scheusal in seinem Bauch die Haut durchstoßen und seine grässliche Fratze zeigen, gleich musste das Monster hervorbrechen.

Vielleicht kam diese Erinnerung jetzt, weil die Anwesenden offenbar gespannt auf etwas warteten, etwas, was von dem rechteckigen Gegenstand dort ausgehen würde. Genauso hatten die Astronauten im Film gewartet, als sich das Hervorbrechen des Monsters aus dem Bauch des infizierten Astronauten andeutete: dieselbe gespannte Stille, dasselbe hirnlose Starren, dasselbe atemlose Warten.

Dann hielt Hans es nicht länger aus. Er machte abrupt kehrt und bewegte sich so schnell nur irgend möglich rückwärts, dann drehte er sich um, ging den Weg zurück, rasch von der Stelle weg.

Er hatte schon zwei oder drei Wegbiegungen hinter sich gebracht, da fiel ihm ein, was er damals im Kino getan hatte, als das Monster aus dem Astronauten herauswollte: Er war abrupt aufgestanden und hatte das Kino fluchtartig verlassen, und in dem Moment, wo er durch den Ausgang gegangen war, hatte er den Aufschrei der Zuschauer durch die sich schließende Tür gehört, den Aufschrei der Publikums, der sich mit dem Geräusch der aufreißenden Haut des Astronauten gemischt hatte.

Nur das jetzt nicht, schoss es Hans durch den Kopf, nur nicht noch einmal dieses Geräusch, aber er hörte nichts als seinen eigenen Atem, das viel zu laute Geräusch, das die Gummisohlen seiner Stiefel auf dem Waldboden machten und die laute Stille um ihn herum.

Je weiter er kam, desto ruhiger wurde er, die Panik ließ nach, er ging nun langsamer. Er war froh, kein Monster gesehen zu haben, froh, noch einmal heil davon gekommen zu sein, und er war schon wieder ganz bei sich, als er noch auf dem Waldweg auf eine Weggabelung stieß, die ihm auf dem Herweg nicht aufgefallen war. Welcher von den beiden Wegen führte zur Straße zurück? Der linke oder der rechte?

Er hatte keine Lust, sich in diesem Wald zu verirren, und womöglich plötzlich wieder auf die Versammlung zu stoßen, vor der er eben weggelaufen war. Aber die Straße konnte nicht mehr weit sein, und die beiden Wege führten fast in dieselbe Richtung. Keiner von den beiden Wegen konnte ganz falsch sein und so entschloss sich Hans für den rechten Weg, nahm sich aber vor, keine Biegung zu akzeptieren, sondern in diesem Fall lieber wieder umzukehren und den anderen Weg einzuschlagen.

Er nahm also den rechten Weg und erblickte schon nach Kurzem das Licht einer einzelnen Fackel. Vorsichtig ging Hans weiter und befand sich bald auf einem gekiesten Wegstück. Das hatte es auf dem Herweg nicht gegeben, er war also den falschen Weg gegangen. Aber er konnte nun schon die Straße sehen, so dass er beruhigt war. Plötzlich stand er neben der Fackel, die wohl ein Baum verdeckt hatte. An ihren Schaft war auf der zur Straße zeigenden Seite ein Pappschild getackert: "Religiöse Zeremonie" stand darauf in dicker schwarzer Schreibschrift. "Bitte nicht stören. Griechisch-orthodoxe Kirche, Murnau."

Hans atmete auf. Es war nichts Geheimnisvolles, nichts Schreckliches dort hinten im Wald, nur eine stille Zeremonie, ein paar christliche Mystiker. Erleichtert ging Hans weiter, trat aus dem Wald hinaus auf einen Parkplatz. Etwa ein Dutzend Autos stand dort, eines dicht neben dem anderen. Hans zwängte sich zwischen den Autoreihen hindurch und hatte fast die Straße erreicht, als er den Audi wiedererkannte, den Audi, den er vorher auf der Landstraße gesehen hatte. So löst sich also alles in Wohlgefallen auf, dachte Hans, der Ägypter war nur ein Grieche auf dem Weg zu dieser frommen Versammlung. Als seine müden Füße endlich wieder die feste Straße unter sich fühlten, hatte er den Schrecken hinter sich gelassen.

Zwanzig Minuten später erreichte er sein Auto, öffnete seufzend vor Erleichterung die Tür und hörte im selben Moment einen Schrei hinter sich, aus der Ferne, aus der Tiefe des Waldes, den Schrei eines Menschen oder eines Tieres, und mit einem Mal musste Hans wieder an das panisch-brutale Grinsen im Gesicht des Ägypters im Audi denken: Halb Mensch, halb Tier.


Börsenwörter: Sommernacht, Sechsgangschaltung, Schweben, Palast, Textbuch

 

Hallo leixoletti,
also erst einmal bewundere ich Deine anschauliche Sprache, ich fühle mit dem Helden mit, es ist spannend, unterhaltsam. Das Unheimliche findet eine einfache Erklärung und nachdem der Leser sich also entspannt hat, kommt dann doch nach etwas unerwartetes. Im Großen und Ganzen also Klasse!
Jetzt mein Gemecker:
Der Titel führte mich anfangs in die Irre, in der Wörterbörse weiß man ja nicht, ob es jetzt eine SF-Geschichte ist. Und wenn dann noch eine metallische Fledermaus am Helden vorbeischwebt, führst Du uns vielleicht noch mit Absicht an der Nase vorbei. Das ist noch ganz amüsant, aber als Dein Prot dann aus seinen Phantasien geweckt wurde und zusätzlich noch ein Textbuch einer Oper aus seinem Gedächtnis auftaucht, da war ich etwas verärgert. Eine dreiviertel Din-A4-Seite Abschnittsweise immer wieder noch einmal lesen zu müssen, macht mir keinen Spaß mehr. Und im Nachhinein scheint das Wort Textbuch etwas mühsam in den Text gezwängt.
Dann noch ein paar Kleinigkeiten:

In dieses Gesicht hatte eine seltsame Welt mit dickem, schwarzem Pinsel hineingemalt, eine Welt, in der das Tier im Menschen sichtbar war.
Den Satz verstehe ich immer noch nicht genau. Wie kann eine Welt malen? Und vor allem was wurde gemalt? Wenn Du den Satz wenigstens mit "Eine seltsame Welt hatte..." angefangen hättest, wäre es einfacher.
Es lag sicher an seiner Müdigkeit, an den Strapazen der langen Wanderung, die ihn heute vom Auto in steilem Anstieg auf den Bergrücken gebracht hatte
Vom Parkplatz wäre verständlicher, und Du vermeidest die Wiederholung kurz danach.
In dem Abschnitt, der mit "Seine Uhr zeigte..." anfängt, ist der erste Satz fast fünf Zeilen lang. Muss das sein?
ungekiester Weg
War der Weg bisher gekiest. Ich hätte lieber eine positive Beschreibung. Trampelpfad oder Waldweg reicht.
Kann ein Kinogang wirklich zu solchen Erinnerungen führen? Und dass der Held Panik spürte, kommt nicht so ganz rüber. Vielleicht glaube ich es auch einfach nicht.
Doch insgesamt habe ich es gerne gelesen. Ich wollte vor allem wissen, wie jemand schreibt, der Kitsch nicht ausstehen kann!!! :D Habe gerade einen Blick auf Deine Homepage mit Schreibtipps geworfen. Gefiel mir sehr gut, werde ich bestimmt noch einmal reinschauen. Ich habe da auch ein paar Tippfehler gefunden. Aber jetzt reichts erst einmal
Gruß Tamara

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe tamara,

danke fürs Lesen. Schön, dass es dir im Großen und Ganzen gefallen hat. Und psychologisch geschickt, dass du deine Kritik mit dem Positiven beginnst.

- Titel: Geändert
- Textbuch: Ich hab versucht, das mit einer Änderung plausibler zu machen

als Dein Prot dann aus seinen Phantasien geweckt wurde und zusätzlich noch ein Textbuch einer Oper aus seinem Gedächtnis auftaucht, da war ich etwas verärgert. Eine dreiviertel Din-A4-Seite Abschnittsweise immer wieder noch einmal lesen zu müssen, macht mir keinen Spaß mehr.
Aua. Da hat offensichtlich was gar nicht funktioniert an meinem Text. Ich hab an der Stelle mit dem Textbuch gefeilt. Aber wodurch bist du rausgefallen? Glaub mir, das hab ich nicht gewollt. :heul:
- Schwarzer Pinsel: Raus
- Auto: Geändert
- Satz mit fünf Zeilen: Vielleicht ist der Satz "nur" ungeschickt gebaut.
- Kies: Geändert
- Panik: Das ist schade, dass das nicht rumkommt, wirklich sehr, sehr schade. Das wär wichtig, glaub ich.

Ich fang gleich mal das Ändern an.

Danke + Grüße,
dein Stefan

 

Hallo leixoletti,
schön, dass Du aus meinem Gemecker etwas positives machen kannst! Und dass Du die Leser nicht ärgern wolltest glaube ich Dir natürlich! Es waren nur einfach zu viele Unklarheiten am Anfang und es hätte vielleicht gereicht, wenn am Anfang klar wäre, wo der Prot gerade ist. Ich kann jetzt leider nicht mehr genau sagen, ob die Verwirrung ganz weg ist, weil ich den Plot ja schon kenne und den ursprünglichen Text nicht mehr habe. Also jetzt wieder Kritik:
Der neue Titel ist mir zu nichtssagend und deutet meiner Meinung nach nicht auf das wesentliche der Geschichte. Wie wäre es mit etwas ähnlichem wie: "Geheimnisvolle Lichter im Wald". Finde ich wiederum zu reißerisch, na ja, was besseres fällt mir auch nicht ein und wenn Du jetzt noch mehrmals den Titel änderst, bekommst irgendwann wahrscheinlich Ärger mit den Moderatoren! ;)
Folgende zwei Textstellen finde ich überflüssig:

ohne dass Hans es bisher bemerkt hatte
die Hans täglich im Berufsverkehr sah
Das suggeriert sogar, dass er jetzt im Berufsverkehr ist
Tja, wann schreibt man zu wenig, wann schlägt man beim Überarbeiten ins
Gegenteil. Das kenne ich! Seufz!
Die Stelle mit dem Textbuch finde ich jetzt viel besser, ich würde allerdings nie auf die Idee kommen, in Regieanweisungen von Opern zu blättern und ich bin eben neugierig, es interessiert mich als Leser, warum der Held das tut und ob es für die Geschichte wichtig ist. Mein Satz ist jetzt leider nur drei Zeilen lang, schade! ;)
Jetzt dreht Dein Held sich zweimal um:
Er machte abrupt kehrt und bewegte sich so schnell nur irgend möglich rückwärts, dann drehte er sich um, ging den Weg zurück, rasch von der Stelle weg.
Folgende Stelle fand ich klasse, besonders den Kontrast zu seinem lautlosen Hinweg:
aber er hörte nichts als seinen eigenen Atem, das viel zu laute Geräusch, das die Gummisohlen seiner Stiefel auf dem Waldboden machten und die laute Stille um ihn herum.
Trotzdem, wenn ich in Panik bin, höre ich die Stille nicht mehr, höchstens noch mein Herz klopfen!
liebe Grüße Tamara

 

Hallo noch mal,

danke Tamara für deine Mühe. Ich glaub, ich werd die Story erst mal liegen lassen und später nochmal durchschauen. Ich hab im Moment das Gefühl, ich muss mehr schreiben und weniger überarbeiten. Andreas Eschbach ("Das Jesus-Video") sagt, man macht als Autor alle 100.000 Seiten einen Qualitätssprung. Bis zu meinem nächsten Sprung sind es dann noch ein paar Seiten.

Grüße,
dein Stefan

 

Hallo leixoletti,

du spielst geschickt mit den Zutaten für Gruselgeschichten. Die Fantasie reicht, damit uns etwas unheimlich erscheint. Ein paar Fackeln, eine Gruppe Menschen in dunklen Umhängen, ein abendlicher Wald. Da schlagen, wie bei deinem Prot, auch im Leser eigenen Erinerungen an Filme, an Gelesenes hoch und erzeugen Spannung. Das hat mir gut gefallen. Dass es nur die Fantasie ist, welche die Angst in deinem Prot und so auch im Leser weckt, scheinst du als Stilmittel zu mögen. Jedenfalls meine ich mich zu erinnern, dass du es bei "Ein nettes Reihenhaus in einem guten Viertel" auch so verwendet hast.
War es Absicht, dass die Kirche in Murnau steht, um eine Verbindung zum Film zu schaffen, der die Fantasie deines Prot anregt?
Eine Anmerkung habe ich noch.

Seltsam, auf einmal lagen ihm seltsame Worte auf der Zunge:
Kann gut sein, dass ich es durcheinander bekomme. Ist "Worte" nicht aber nur die Mehrzahl von Wort, wenn es sich um Zitate handelt? Jemand hat weise Worte gesprochen, aber Wörter aufgezählt?

Aber das ist narülich nur eine unbedeutende Spitzfindigkeit zu einer gelungenen Geschichte.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo leixoletti,
ja, manchmal braucht man erst einmal ein bisschen Abstand zu einer Geschichte. Und wie Sim auch sagte, ist sie gut!

Ich hab im Moment das Gefühl, ich muss mehr schreiben und weniger überarbeiten. Andreas Eschbach ("Das Jesus-Video") sagt, man macht als Autor alle 100.000 Seiten einen Qualitätssprung.
Heißt das, wir sollten alle einfach nur schreiben auf Teufel komm raus ohne irgendetwas zu überarbeiten? So alt wie ich bin, habe ich bestimmt schon 100.000 Seiten geschrieben. Zumindestens Einkaufszettel! ;)
Gruß Tamara

 

Lieber sim,

danke für deine freundliche Kritik.

Die Parallele zu meiner Putzfrau-Geschichte hast du gut erkannt. Ich weiß aber nicht genau, woher das kommt, beabsichtigt war es nicht.

Murnau: War keine Absicht. Ich dachte nur an ein bestimmtes Tal, und da ist Murnau in der Nähe.

Worte/Wörter: Von der Bedeutung her ist "Worte" falsch, aber vom Klang her gefiel es mir besser. Ich wollte eine alte, raunende Sprache verwenden. "Worte" klingt für meine Ohren geheimnisvoller als "Wörter", das leider einen helleren Klang (ö statt o) hat. Deswegen hab ich es stehen gelassen.

Grüße,
dein Stefan

 

Hallo leixoletti!

Die Geschichte, in die Du die vorgegebenen Wörter gut eingefügt hast, liest sich flüssig und lässt Spannung aufkommen, die m. E. zum Schluss hin ein wenig abflacht. Wie Tamara bereits anmerkte, ist das Gefühl aufkommender Panik bei dem Prot. nicht so ganz nachvollziehbar beschrieben.

Selten war er so erschrocken wie damals, ...
Der Vorgang des Erschreckens wird zwar angedeutet, diesbezügliche emotionale Tiefe kommt jedoch zu kurz. Da könntest Du ruhig noch dicker auftragen. :D

Zwei Kleinigkeiten, die mir auffielen:

Genauso hatten die Astronauten im Film gewartet, als sich das Hervorbrechen des Monsters aus dem Bau des infizierten ...
... Bauch ...
Vorsichtig ging Hans weiter und befand sich bald auf einem gekieste Wegstück.
... gekiesten ...

Atmosphärisch gefällt mir das Ganze gut, zumal kleine Details helfen, die Gegend zu durchwandern.


Ciao
Antonia

 

Liebe Antonia,

danke fürs Lesen. Das mit der Panik hab ich mir hinter die Ohren geschrieben, die Rechtschreibfehler sind korrigiert.

Wir sehen uns dann ja am und im Dachstein wieder, oder? Ich bin gespannt, wie geländegängig ihr seid - du und Morpheus.

Grüße,
dein Stefan

 

Hallo Illusionist,

mit dem Genre kenn ich mich auch nicht aus. Welches ist das überhaupt? Horror? Weiß nicht. Hat jedenfalls Spaß gemacht.

Grüße,
Stefan

 

Lieber Stefan!

Erst einmal nachträglich alles Gute zum Geburtstag! :anstoss: :)

Also, ich finde: Es würde sich bestimmt auszahlen, wenn Du die Geschichte noch ein wenig bearbeitest, da sie eigentlich ganz gut ist, es aber für meinen Geschmack noch an zu vielen Stellen hapert.
Daß Du gerne Deine Protagonisten in Angst versetzt, um sie anschließend aufatmen zu lassen, fällt mir auch schon auf. Sicher wartest Du nur, bis wir uns daran gewöhnt haben und versetzt uns dann unerwartet mit einem ganz grauslichen Ende in Angst und Schrecken. :D

Am Anfang fand ich es, ebenso wie Tamara, störend, daß ich nicht wußte, von wo aus der Protagonist den Ägypter sieht, und auch beim Berufsverkehr bin ich in die Falle getappt und hab ihn dann geistig erst einmal in eben diesen gesteckt, bis er die Schulterriemen des Rucksacks fester zog… Eventuell könntest Du da gleich in der ersten Zeile bei »die Erschütterung nicht gespürt« einfügen, wo er gerade steht oder geht, dann weiß man zumindest schon einmal, daß er nicht selbst in einem Auto sitzt. ;-)
Bei Deiner Beschreibung des Autos als »große Limousine«, »metallische Fledermaus« (müßte eigentlich »metallene« heißen, da das Auto ja tatsächlich aus Metall ist und nicht nur so aussieht, als ob) und »Palast« sah ich eigentlich keinen Audi A6 oder A8 vor mir, wie Du später schreibst, sondern habe eher an sowas in der Richtung gedacht…

Daß die Angst nicht so richtig rüberkommt, wurde auch schon gesagt. Ich seh das so, daß Du nach der Beschreibung des Gesichtes hier viel vergibst:
»Etwas Bestialisches spiegelte sich in diesem Gesicht. Etwas Bestialisches, was dieser Mann gesehen hatte, musste auf ihn abgefärbt haben.«
Weil im zweiten Satz nicht die Angst rüberkommt, sondern eher schon sowas wie Mitgefühl – was mag der wohl gesehen haben, daß er so dreinschaut? –, streich vielleicht den zweiten Satz und schreib was in der Richtung wie »Hans lief ein kalter Schauer über den Rücken, seine Körperbehaarung stellte sich in Verteidigungshaltung, es schüttelte ihn«, eventuell könntest Du hier oder an einer anderen Stelle auch das Textbuch besser unterbringen, indem Du es für seine Panik verwendest: Er wünschte sich ein Textbuch mit Regieanweisungen, um nichts falsch zu machen/um sich nicht selbst entscheiden zu müssen. – Dann müßtest Du nämlich seine Phantasien nicht so gezwungen dran aufhängen, sondern könntest sie dramatischer gestalten, die Gedanken an die im Buch erwähnte schauerliche Schlucht haben mir nämlich auch nicht sein Angstgefühl vermittelt, er spricht ja nur von Worten, daß er sich da irgendetwas zusammenspinnt, kommt bei mir nicht an…

Ohne den entsprechenden Aufbau funktioniert nämlich auch diese Stelle nicht so richtig (zumindest bei mir):
»Was war bloß mit ihm? Er hatte einen dunkelblauen Audi A6 oder A8 gesehen, das neue Modell, wenn er es richtig gesehen hatte, und mit Ingolstädter Kennzeichen. Ein fabrikneuer Audi aus Ingolstadt mit einem Ägypter am Steuer. Mehr nicht. Alles andere waren Hirngespinste.«
– Er beruhigt sich von etwas, was ich noch gar nicht so empfunden habe. Ich bezeichne es einfach mal als eine »Aha?«-Stelle. ;)

Ähem, an dieser Stelle…
»Seine Uhr zeigte genau einundzwanzig Uhr neun, die Hüfte schmerzte leicht, um einundzwanzig Uhr neun, kein Wunder nach dreizehnstündiger Wanderung«
…dachte ich, die Uhrzeit wäre wichtig und ich müßte ab jetzt mitrechnen, er ist also um acht in der Früh losmarschiert … :D

Die anschließenden schwindelerregenden Tiefblicke fände ich irgendwie besser ungefähr einen Absatz später, bei der Entscheidung, ob er in den Wald gehen soll, um zu sehen, was es mit den Lichtern auf sich hat. Denn so, wie Du beschrieben hast, daß es einen hinuntersaugen kann, zieht es ihn ja zu den Lichtern, aber wenn das mit den Blicken vom Berg hinunter schon vorher steht, fehlt mir der Zusammenhang und es liest sich wie einfach nur so weit ausschweifend.

»Hans wischte über sein Gesicht, als wollte er die Flausen vertreiben«
– Irgendwie hast Du sie noch nicht beschrieben, die Flausen. ;-)

An der Stelle, wo er hinter dem Baum hervorlugt, würde ich ihn erst einmal nichts sehen lassen, da es nämlich sehr schwierig ist, im finstern Wald etwas hinter einer Fackel (oder auch hinter einer Taschenlampe, die einem entgegenstrahlt) zu erkennen. Wenn wir zum Beispiel ein Lagerfeuer machen, sitzen wir immer hinterm Feuer, sodaß man uns vom Weg aus nicht gleich sehen kann (außer der Wind/Rauch weht genau dort hin), oder wenn man mit einer Fackel in der Hand im Wald geht und man hält sie vor sich, sieht man genau nichts. – Daß er anfangs nichts so richtig erkennt, sondern erst nach und nach, wenn sich das Auge eingestellt hat, ließe sich bestimmt gut zum Gruseln verwenden.

Die Erinnerungen an den Film finde ich hingegen sehr gut untergebracht, da kann ich nachvollziehen, daß es dieselben Gefühle sind, die sie wachrufen.


Hm, eigentlich hab ich jetzt zwei Listen produziert, wenn ich meinen Kommentar so betrachte… :hmm:
Also, jetzt gehts noch einmal von vorne los…:D


»Die große, dunkle Limousine war an Hans vorübergeglitten, als wäre sie ein Teil der Sommernacht. Wie eine metallische Fledermaus war sie an ihm vorbeigeschwebt, und Hans konnte den Fahrer nur Bruchteile von Sekunden sehen. …
… mit massigen Gesichtszügen wie bei einem Ägypter. Dieser Ägypterkopf hatte einen ungewöhnlichen Gesichtsausdruck gehabt, als er in seinem rollenden Palast fast geräuschlos vorübergeglitten war.«
– zweimal »vorübergeglitten«, das zweite »Hans« würde ich durch ein »er« tauschen
– wie Du die Szene beschreibst, so mit Gleiten und Schweben, klingt es eher nach recht langsamer Fahrgeschwindigkeit, weshalb es mir dann seltsam vorkommt, daß er den Fahrer nur Bruchteile von Sekunden sehen kann
– statt »wie bei einem Ägypter« würde ich schreiben »wie ein Ägypter«
– nach den »Gesichtszügen« würd ich eventuell den »Gesichtsausdruck« vermeiden, »Ausdruck im Gesicht« ist vielleicht besser, das »gehabt« würd ich streichen

»die oberen Scheidezähne standen frei, und die Unterlippe bildete einen nach oben gerichteten Bogen.«
– Wiederholung oberen/oben

»Etwas Bestialisches spiegelte sich in diesem Gesicht. Etwas Bestialisches, was dieser Mann gesehen hatte, musste auf ihn abgefärbt haben.«
– daß er etwas gesehen hat, was auf ihn abgefärbt haben soll, ist mir hier fast ein bisschen zu viel Vermutung, würde den zweiten Satz streichen

»Ein Audi-Kunde aus dem nahen Osten vielleicht,«
– dem Nahen Osten

»an den Strapazen der langen Wanderung, die ihn heute vom Parkplatz in steilem Anstieg auf den Bergrücken gebracht hatte und dann, bergauf, bergab, immer den Kamm entlang, bis zum Abstieg brachte. Nun musste er die lange Straße zurück«
– zweimal lange(n)

»Einmal hatte Hans sogar den linken Fuß gehoben, an so einer Stelle, er hatte über die Schuhspitze in die Tiefe gepeilt,«
– würde nach »Stelle« einen Punkt machen oder das folgende »er« streichen

»er hatte wohl noch eine halbe Stunde zu gehen, das war weit genug.«
– da eine halbe Stunde kein Streckenmaß ist, würde ich eher »das war lang genug« schreiben

»weil die Anwesenden offenbar gespannt auf etwas warteten, etwas, was von dem rechteckigen Gegenstand«
– etwas, das wäre schöner

»dieselbe gespannte Stille, dasselbe hirnlose Starren, dasselbe atemlose Warten.«
– würde statt einem »dasselbe« einmal »das gleiche« schreiben

»und bewegte sich so schnell nur irgend möglich rückwärts,«
– irgendwie fehlt da ein »wie«, »so schnell wie …«

»als das Monster aus dem Astronauten herauswollte:«
– heraus wollte (auseinander)

»Er war abrupt aufgestanden und hatte das Kino fluchtartig verlassen,«
– »abrupt« hattest Du gerade im vorigen Absatz auch schon

»sich in diesem Wald zu verirren, und womöglich plötzlich wieder«
– ohne Beistrich nach »verirren«

»Aber er konnte nun schon die Straße sehen, so dass er beruhigt war.«
– statt »so dass« würd ich entweder einfach »und war beruhigt« schreiben (in dem Fall ohne Beistrich nach »sehen«), oder eher beschreiben: und atmete erleichtert auf, zum Beispiel, sehe aber gerade, daß er kurz danach auch aufatmet…

»und mit einem Mal musste Hans wieder an das panisch-brutale Grinsen im Gesicht des Ägypters im Audi denken: Halb Mensch, halb Tier.«
– die Feststellung »halb Mensch, halb Tier« gefällt mir als Schluß eigentlich gar nicht, würde sie entweder einfach weglassen, da der Satz davor eh paßt, oder einen anderen Ersatz finden, ihn mit voller Kraft aufs Gas steigen lassen oder so.


Alles Liebe,
Susi :)

 

Hallo Susi,

danke für die Geburtstagswünsche. Ich war überrascht, dass du die Geschichte nochmal rausgezerrt hast. Hab sie ziemlich schnell geschrieben und wollte sie auch nicht so hoch aufhängen. Was zum Üben halt. Aber ich schau mir das gern nochmal an, da du dir so viel Mühe gemacht hast.

Danke,
dein Stefan

 

Lieber Stefan!

Aber ich schau mir das gern nochmal an, da du dir so viel Mühe gemacht hast.

Also wegen mir bzw. meiner Kritik mußt Du sie nicht überarbeiten, wußte ja nicht, daß Du sie schon ad acta gelegt hast. ;)

Alles Liebe,
Susi :)

 

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