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Tanzende Drachen
(Flaschenpost * Drache(n) * eisig * Wüste * Arm)
Ein eisiger Wind peitscht rauschende Wellen hoch und schaumgekrönt schlagen sie ans nahe Ufer. Der Himmel, der über dem Meer prangt, hat sich verfinstert.
Ein Sturm zieht heran.
Die Luft ist nun schon fast zu schnell, um sie noch einzuatmen und drückt eisig kalt gegen mein Gesicht.
Ich ziehe meine dünne Stoffjacke enger um meinen Körper und kämpfe gegen den kalten Wind. Nur langsam komme ich vorwärts, denn es ist schwer geworden gegen den Wind anzulaufen und er trägt Sandkörner mit sich, die mein Gesicht zerkratzen.
Ich halte die Hand vor mein Gesicht.
Dunkle Wolken stehen drohend am Horizont und es ist finster geworden.
„Was habe ich mir nur dabei gedacht, bei diesem Wetter das Haus zu verlassen?“, denke ich und stampfe tapfer weiter.
„Es ist ja nicht mehr weit.“, doch irgendwie wollen diese Worte nicht trösten, tragen eher eine Trostlosigkeit in sich.
Mein Blick gleitet über das tobende Meer, die Wellen nehmen immer mehr vom Strand in Besitzt. Die Welt um mich wirkt trostlos und ich in ihr verloren.
Dann, als einzelne Sonnenstrahlen kurz durch schwarze Wolken blinzeln, sehe ich etwas glitzern, die heranschlagenden Wellen treiben es und spielen damit.
Zögernd entschließe ich mich näher zu treten, beuge mich vorsichtig vorn über, greife in das eiskalte Wasser und halte schließlich eine Flasche in der Hand.
„Eine Flaschenpost!“, formen sich erstaunte Worte in meinem Kopf und ich stecke die sandignasse Flasche in meine Tasche.
Sofort kämpfe ich mich weiter durch die wetternden Naturgewalten und lande endlich bei meinem kleinen Strandhaus.
Zuerst nehme ich ein warmes Bad und entzünde überall Kerzen, die mit ihrem Licht alles in Wärme tauchen.
Das Knistern und Knacken meines Kamins breitet sich nun im ganzen Wohnzimmer aus und durch die hohen Fenster kann ich hinaus in die Sturmwelt sehen.
„Von innen betrachtet, birgt es sogar Schönheit in sich.“, denke ich und wünsche mir ein Maler zu sein, um die dunklen Wolkenformationen auf ein Blatt Papier bannen zu können als wären sie dort geboren.
Das Heulen des Sturmes ist nun abschwächt, erscheint nicht mehr so grausam und ja, es trägt sogar etwas Melodie in sich.
Erst nach einer Weile, denke ich wieder an die Flaschenpost in meiner Tasche und als ich den Verschluss öffnend das Papier herausziehe, bin ich wirklich sehr neugierig, ja fast aufgeregt.
Vorsichtig entfalte ich das Papier auf meinem Schoß und lese dann die Worte.
Sogleich begreife ich, dass es sich hierbei um keine normale Flaschenpost handelt.
Es ist kein Brief von Personen, kein Schriftstück, welches mich vom Ende der Welt erreichte, auch keine Schatzkarte ist es.
Es ist ein Gedicht.
„Ob nun Wüstensand, der staubge Wüsten gelblich leuchten lässt.
Sei es Wasser, durch das ein jedes Meer blau erstrahlen kann.
Oder Wind, der über Blüten und Wälder wehend, Melodien formt.
Manchmal auch Erde, die allem Lebenden Leben schenkt.
In all dem ist ein Märchen, sorgsam gewebt aus Geheimnissen.“
Zuerst kann ich nicht verstehen, was mit diesen Worten gemeint sein könnte, doch dann bildet sich ein Lächeln auf meinen Lippen.
„Ein schönes Gedicht.“, murmele ich leise für mich und blicke aus dem Fenster.
„Als Kinder haben wir immer ein Ratespiel gemacht. Jede Wolke stellte ein Wesen da, wer es erriet bekam ein wenig aus der gemeinsamen Naschkiste. Jack hat immer gewonnen.“. An diese Zeit habe ich lange nicht mehr gedacht und ich wundere mich, dass gerade jetzt diese Erinnerungen in meinem Kopf herumspuken.
Ich blicke aus dem Fenster und betrachte die Wolken, eine davon sieht aus wie ein Drache, der im Wind tanzt, sich hin und her schlängelt. Es wirkt richtig lebendig, richtig echt.
Ein leise Kribbeln fühle ich in meinem Bauch, dann schließe ich meine Augen und lege meinen Arm entspannt auf die Stuhllehne.
Und plötzlich ist da wieder das Kind in mir, das in Wolken seine Träume sucht.
„Was eine Flaschenpost alles ausmachen kann.“, denke ich noch und dann beobachte ich wieder die tanzenden Drachen.