Was ist neu

Georg Büchner: Woyzeck

tfa

Mitglied
Beitritt
21.04.2003
Beiträge
70

Georg Büchner: Woyzeck

Hallo zusammen,

ich möchte euch an dieser Stelle einmal eine Rezension zum Film Woyzeck mit Klaus kinski vorlegen. Ein Film und ein Buch, der mir sehr sehr gut gefallen hat.

;)

Stiller Woyzeck ganz lebensnah

"Still, alles still, als wäre die Welt tot", bemerkt Woyzeck und ist somit
der Einzige, der die Stille "hört".
Mit Woyzeck setzt Georg Büchner einen neuen Trend gegenüber dem klassischen Drama. In seiner sogenannten "offenen Form" kommt dieses absurde Drama nicht nur durch seinen Fragmentcharakter, sondern auch durch seine natürliche Darstellung zur Geltung. Woyzeck, Füsilier, Wehrmann, 3. Regiment, 2.Bataillion, 2.Kompanie absolviert eine Ausbildung zum Soldaten und verdient dabei als Lakaie seines Hauptmanns und als Versuchskaninchen eines Doktors ein paar Groschen, damit er seine Frau Marie, seinen Sohn und sich selbst durchbringen kann. Sein Hauptmann, dem die Tränen kommen, wenn er seinen Rock an der Wand hängen sieht und der sich in Tautologien verheddert ("Ewig ist was, wenn es ewig ist") oder der Doktor, der Woyzeck als
"interessanten Kasus" schätzt und Katzen im Sinne der Wissenschaft aus dem
Fenster schmeißt, sie beide bringen Woyzeck auf den Weg einer fortschreitenden Demenz. Als sich dann noch seine Frau Marie mit einem
Tambourmajor auf ein Stelldichein einlässt, kommt es zur Katastrophe.

Während MacBeth in Shakespeare das Böse in die königliche Welt einziehen
lässt, erzählt uns Georg Büchner in einer ungeschlagen revolutionären Art
und Weise von den sozialen Verhältnissen seiner Zeit und macht Woyzeck den
Amokläufer zu einem Opfer dessen, wobei er sogar keine Rücksicht auf seinen
eigenen Stand, nämlich die Ärzteschaft nimmt. Auch ist Woyzeck ein Beispiel
für das allgemeine menschliche Schicksal, was sich in den fatalistischen
Aussagen der Protagonisten zeigt ("Ist eh alles eins!"). Mit Woyzeck setzt
Büchner einen Meilenstein im absurden Theater, dessen Fragmentchrakter sich in der Postmoderne in Filmen wie "Pulp Fiction und Snatch" immer noch wieder finden lässt. Auch wenn das Leiden des Woyzeck unendlich erscheint, schafft Büchner mit der ironischen Darstellung der gehobenen Klasse eine durchaus amüsante Vorstellung.
"Still, alles still...", "hört" Woyzeck und wird somit zu einem ersten Revolutionär der Naturalisten, als einer der ersten, der sich nicht von Wertvorstellungen leiten lässt, die ihm in die Wiege gelegt wurden.
Sei es im Sinne der Literaturgeschichte oder aufgrund der absurd grotesken
Form des Woyzeck, Lesen sollte man ihn auf jeden Fall und wer hat schon mal
ein Buch rückwärts gelesen?!


mfg ~tfa

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom